Weltgeschichte, einmal anders

A Brief History of the World

Das Spiel History of the World hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Ursprünglich von den Ragnar Brothers herausgegeben, wurde es von Gbison Games, später von Avalon Hill herausgebracht und unter letzterem Label berühmt. Zwischenzeitlich lagen die Rechte dann auch noch bei Hasbro, sind aber mittlerweile wieder bei den ursprünglichen Herausgebern gelandet. Zu den Internationalen Spieltagen dieses Jahr wurde dann eine neue Ausgabe herausgebracht, mit einigen auffallenden Veränderungen.

Diese Veränderungen waren allerdings wohl auch nötig. Immerhin hatte das 'klassische' History of the World nicht zu Unrecht den Ruf eine Wochenendunternehmung zu sein, ähnlich lange wie beispielsweise eine Partie Diplomacy. Mit der neuen Version soll das Spiel jetzt schneller gehen, und auch für 'normale' Spielabende geeignet sein. (Übrigens: wenn ich hier von der 'alten' Version spreche, meine ich damit die von Avalon Hill, obwohl die Unterschiede zwischen den vier 'alten' Versionen m.W. eher kosmetischer Natur waren.)

Die beste Nachricht gleich vorweg: das Spiel läuft tatsächlich deutlich schneller. Das heisst nicht, dass es ein schnelles Spiel geworden ist: pro Mitspieler muss man etwa eine halbe Stunde rechnen, und die 'Einarbeitungszeit' für Neulinge ist hierin noch nicht enthalten. zwei bis dreieinhalbe Stunde bei Kennern, bzw. bis zu viereinhalb Stunden bei vielen Neulingen sind aber schon ein großer Schritt verglichen mit dem 'klassischen' History of the World.

Dies wird auf mehreren Wegen erreicht, die an gegebener Stelle dann auch kurz angesprochen werden.

Das Spielmaterial in der Schachtel ist schön geworden. Das beginnt damit, dass es nicht mehr Pappcounter für jeder einzelne Volk gibt, sondern Plastikspielsteine für jeden einzelnen Spieler. Diese sehen aus wie kleine Säulen mit einer Büste darauf, und sind verglichen mit den alten Pappchips nicht nur angenehmer sondern auch übersichtlicher.

Insgesamt findet man in der Schachtel

  • ein Spielbrett
  • ein 'Zugbrett' (Array), auf dem der Spieler, der an der Reihe ist, die aktiven Armeen vor- und auch eine Reihe anderer Details nachhalten kann
  • ein Setzbrett (Epoch chart)für die Imperiums- und Ereigniskarten der einzelnen Perioden
  • zweiundvierzig Imperiumskarten: sechs Epochen zu je sieben Karten
  • 180 Spielsteine
  • 54 Ereigniskarten
  • 6 Übersichtskarten über die Epochen
  • 130 Plattpöppel für Forts, Monumente etc.
  • 6 Würfel
  • 3 Stellfüße
  • die Spielregel in Englisch – eine Deutsche Version kann als PDF von der Herstellerwebsite heruntergeladen werden.

Die Papppöppel muss man vor Spielbeginn aus vorgestanzten Kartons herausholen, wobei man feststellt, dass die Stanzungen teilweise nicht sonderlich gut funktionieren. Mir sind beimn Auspöppeln bereits zwei Monumentencounter teilweise zerfallen – was bei echten Monumenten ein Gütezeichen ist, ist hier doch eher nachteilig. Auch die anderen Pöppel waren meist schwer aus dem Stanzbogen herauszuholen, die Ansatzpunkte blieben auffällig, und in einem Fall kam sogar ein weing vom Stanzbogen mit dem Counter mit.

Zu Spielbeginn werden die Imperien und Ereigniskarten nach Epochen sortiert, und von jeder Kombination werden so viele Karten verdeckt gezogen und auf die Epoch chart gelegt wie Spieler dabei sind, die übrigen Karten werden unbesehen weggelegt. Dies führt dazu, dass in jeder Epoche mindestens ein Imperium nicht dabei ist. Ein 'Startspieler' wird ausgelost, dieser setzt einen speziellen Marker auf den Punkt 1 einer Siegpunktekarte, die das Spielfeld umläuft, die folgenden Spieler setzen ihren Marker jeweils auf das niedrigste noch freie Feld. Hiermit wird dann auch gleich eine Zugreihenfolge für die erste Runde bestimmt, die genauso funktioniert wie in den weiteren Runden. Auch funktionieren die Siegpunkte gleichzeitig als Gold für bestimmte Aktionen.

Eine beginnt damit, dass die Spieler sich jeweils ein Imperium und ein Ereignis aus der jeweiligen Epoche aussuchen – und wirklich aussuchen. Beginnend mit dem Spieler mit den wenigsten aktuellen Siegpunkten sucht sich jeder Spieler ein Imperium aus den noch verbleibenden im Stapel aus, gleichzeitig suchen die Spieler sich ein Ereignis aus dem Ereignisstapel aus, wobei hier der Spieler mit den meisten Siegpunkten beginnt. Dies sollte wirklich gleichzeitig geschehen, sprich: das Weitergeben der Karten an den nächsten in der Reihe sollte parallel geschehen, da man sich sonst durch Abwarten einen Vorteil verschaffen kann. (Im Original war die Verteilung wesentlich glücksabhängiger)

Auf den Imperiumskarten und auf den Epochenübersichten steht angegeben, in welcher Reihenfolge die Imperien gespielt werden. Auch steht dort vermerkt, wie viele Einheiten dem jeweiligen Imperium zur Verfügung stehen, um Gebiete zu erobern. Dies geschieht üblicherweise mit zwei Angriffswürfeln gegen einen Verteidigungswürfel, wobei bei mehreren Würfeln nur der beste Wurf zählt. Allerdings gibt es Modifikatoren zur Anzahl der Würfel – Überseeangriffe haben einen Würfel weniger, ein Fort gibt einen zusätzlichen Verteidigungswürfel, einige Völker haben einen Ergebnisbonus, wenn der Wurf erfolgreich war. Das Spiel wird dadurch schneller, dass der Verteidiger 'überrannt' werden kann. Hierbei werden überschüssige Würfelaugen verwendet um weitere Gebiete zu erobern, in denen Einheiten desselben Verteidigers stehen (keine Forts).

Früher hatte man Marker, die angaben, aus welchem Imperium Einheiten stammte. hiermit sollte verhindert werden, dass Imperien (unbgewollt) Einheiten früherer Imperien benutzten um sich auszubreiten. Mit den Staturen ist das nicht mehr nötig: das 'aktive' Imperium hat stehende Figuren, sobald ein Imperium abgehandelt ist, werden die Figuren hingelegt. Man sieht also sofort, wo das aktuelle Imperium sich ausweiten kann.

Man kann auch Imperiumseinheiten in Forts umwandeln, was die Verteidigung des Landes verbessert, aber die Ausdehnung des eigenen Imperiums behindert.

Die Taktik wird noch verfeinert durch die Ereigniskarten, mit denen teilweise kleine Imperien zusätzlich aufs Spielfeld kommen, oder die andere Boni geben. Für viele dieser Karten muss man Gold (Siegpunkte) ausgeben, um sie einsetzen zu können, so dass man den Einsatz genau planen sollte – wenn man weniger Punkte machen kann als der Einsatz kostet, lohnt es eben nicht. Hierbei muss man auch noch unterscheiden zwischen Ereigniskarten, die in der betreffenden Epoche ausgespielt werden müssen, und solchen, die man aufbewahren kann. Leider sind diese Unterschiede nicht allzu deutlich auf den Karten zu erkennen – die Farbe, mit der die Epoche angegeben wird, ist der einzige sichere Hinweis.

Direkt nachdem ein Spieler seine Runde beendet hat, werden alle Gebiete, in denen er Eingluss hat, bewertet, und der Spieler erhält Gold dafür. Dabei verändert die Wertigkeit der Gebiete sich im Laufe der Zeit, was zwar in der jeweiligen Runde über Chips angezeigt wird, aber leider nicht in einer Übersicht zu finden ist – für eine Zukunftsplanung leider nicht sehr nützlich. Es gibt Punkte, wenn man in einem Erdteil (oder Teil eines solchen, wie Nordeuropa)

  • anwesend ist
  • die Mehrheit der Einheiten besitzt (mindestens 2, mehr als jeder andere Spieler für sich)
  • Alleinherrscher mit mindestens drei Armeen ist

Außerdem gibt es Gold für Monumente und Städte, die man besitzt (und die bei späteren Eroberungen langsam vernichtet werden).

Wenn am Ende einer Epoche mehrere Spieler gleich viel Gold haben (die Marker aufeinander liegen), werden die Marker am Ende aufgeteilt, indem der jeweils oberste Marker auf den nächsten höheren leeren Punkt auf der Goldskala gezogen wird. Dann gibt es Bonuschips für die drei höchsten Zwischenergebnisse, die ein bis drei Siegpunkte wert sind, aber erst zu Spielende aufgedeckt werden und bis dahin auch nicht in die Berechnung der Reihenfolge eingehen. Nach den sechs Epochen (und der sechsten verteilung der Bonustokens) werden die Bonuspunkte zu den aktuellen Punkten hinzugezählt, der Spieler mit den meisten Punkten ist der Sieger. Da die Bonuspunkte als letztes bewertet werden, kann es also geschehen, dass zwei Spieler doch auf demselben Zähler des Bonustracks landen. In dem Fall ist es tatsächlich ein Unentschieden.

Die Plazierung der Siegpunkteskala ist ein wenig unglücklich gewählt – es geschieht doch recht leicht, dass man mit einem Ärmel einen Marker ungewollt verschiebt. Ansonsten ist das Spielmaterial und das Lay-out sehr angenehm und gefällt mir besser als in der alten (Avalon-Hill-)Version, die ich kenne.

Das Spiel scheint recht gut ausgewogen zu sein, was die Bonuspunkte, die Kartenverteilung und so weiter betrifft, und jeder einzelne Spielerzug ist deutlich schneller vorbei als früher, ohne dass das Spiel an Reiz verliert. Die Landkarte wurde deutlich überarbeitet: es gibt wesentlich weniger einzelne Gebiete, damit geht einher, dass die Imperien auch weniger Truppern zum Einsatz erhalten. Zusätzlich sind eine Reihe Imperien 'degradiert' worden um auf sechs Epochen statt sieben zu kommen – vor allem die Niederländer wird es ärgern.

Schade ist nur, dass man nach einem Zug nicht mehr sieht, welche Einheit ursprünglich aus welchem Imperium stammt. In der alten Version konnte es ohne weiteres geschehen, dass beispielsweise Rom bis zum Ende des Spiels eine 'Kolonie' in China hatte, die einfach nicht verschwand. Das kann zwar immer noch mit viel Würfelglück geschehen, ist aber wesentlich weniger auffällig als früher. Allerdings ist das Würfelglück ein eher kleiner Teil der Gewinnstrategie – gute Planung, Kriegsführung, Einsatz der Ereigniskarten und Erkennen von Möglichkeiten spielen wie beim klassischen Vorgänger eine wesentlich größere Rolle.

Durch die Straffung des Spielverlaufes wird History of the World hiermit endlich auch für Otto Normalspieler spielbar, aber auch der Experte wird das Spiel mögen. Mir gefällt es jedenfalls deutlich besser noch als das Originalspiel. Der relativ hohe Preis wird durch das Material und die Regeln mMn gerechtfertigt.

Hersteller Ragnar Brothers

Autor

Steve Kendall, Phil Kendall, Gary Dicken

Spieler

3-6

Denken

8

Glück

4

Geschicklichkeit

0

Preis

43,95 €

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