Psychopet
Nicht nur Plüschis haben psychische Probleme, auch die wesentlich selbständigeren lebenden Haustiere haben manchmal einen Knacks weg und müssen zum Psychologen oder Psychiater. Damit ist nicht gemeint, dass Haustiere zur psychiatrischen Behandlung von gestörten Menschen verwendet werden, sondern dass sie tatsächlich selber psychiatrischer Behandlung bedürfen.
Im Spiel Psychopet von Goldsieber geht es um genau so eine Tierpsychiatrie, in der Haustiere von seelischen Schäden geheilt werden. Woher diese stammen, wird im Spiel nicht näher betrachtet.
Die Schachtel hat das aktuell bei Goldsieber beliebte Format, sie ist quadratisch und hat eine etwa genauso große Grundfläche wie ein Pizzakarton, ist aber etwa doppelt so hoch. Das führt zwar dazu, dass einiges an Luft in der Schachtel ist, aber es bleibt im Rahmen. Auf der Schachtel ist nicht nur ein offensichtlich therapiebedürftiges Huftier unbestimmter Art (ähnelt allerdings dem Schaf im Spiel) zu sehen, sondern auch ein großer Warn’aufkleber‘: Vorsicht lustiges Brettspiel'. So ein Vermerk lässt bei mit eigentlich immer die Warnglocken Sturm läuten. In der – angenehm stabilen – Schachtel findet man folgende Teile:
- ein Spielbrett im selben Format wie die Schachtel
- 6 Doktorfiguren (in jeder Spielerfarbe einen)
- 30 Futternäpfe (in jeder Spielerfarbe 5)
- 110 Spielkarten (35 Patienten, 24 Therapien, 51 Aktionskarten)
- die Spielanleitung und ein Beiblatt mit den Regeln
- Nicht im Heft vermerkt, aber trotzdem da: eine praktische Kartendose, damit diese beim Transport nicht ständig durch die Spieldose rutschen
Dass das Spielbrett dasselbe Format hat wie die Schachtel, hat als netten Effekt, dass es nicht gefaltet werden muss, was einen häufigen Verschleißpunkt ausräumt. Schade, dass dies nicht öfter angewandt wird.
Die Arztfiguren und Futternäpfe sind aus Kunststoff, der von der Haptik her schon richtig an Stein erinnert. Auch die Karten fühlen sich angenehm stabil an, was die Verarbeitungsqualität angeht, kann man bei diesem Spiel wirklich nicht meckern.
Die Patientenkarten (5 Tiere, 7 Werte) werden nach Werten getrennt gestapelt, diese Stapel zeigen an, welche Tiere zur Zeit geheilt werden können. Man benötigt allerdings so viele Therapiepunkte, wie auf der Karte angegeben wird (6 bis 15 Punkte), was recht teuer sein kann.
Jede Runde besteht aus zwei Phasen, in jeder Phase sind alle Spieler aktiv.
In Phase 1 werden mit den Therapiekarten Therapiepunkte gesammelt. Dafür decken die Spieler reihum Therapiekarten auf, und beschließen (jederzeit), dass sie für diese Runde genügend Therapiepunkte gesammelt haben, was sie deutlich machen, indem sie ihre Doktorfigur an die zuletzt aufgedeckte Karte stellen. Aber Achtung: wenn ein Motiv der Therapiekarten zum zweiten Male aufgedeckt wird, endet die Phase 1 sofort, und die Spieler können auch ihre Figuren nicht mehr los werden. Auch endet die Phase 1 natürlich, wenn alle Spieler ihre Figur aufgestellt haben.
In Phase 2 werden die Spieler in der Reihenfolge abgearbeitet, in der sie ihre Figuren platziert haben. Zunächst erhält ein Spieler Therapiepunkte: für jede aufgedeckte Karte bis er seine Figur aufstellte, zunächst einmal einen. Durch Futternäpfe in den Krankenzimmern und durch Aktionskarten kann man zusätzliche Therapiepunkte erhalten.
Mit einem der fünf Futternäpfe wird auf einem Zählbalken markiert, wie viele Therapiepunkte ein Spieler gesammelt hat. Die anderen vier kann man gegen Therapiepunkte in Krankenzimmer stellen, wo sie dann in späteren Runden die Werte der Therapiekarten erhöhen können oder auch andere Vergünstigungen nutzen können. Je höher ein Napf eingesetzt wird, desto teurer ist das, desto mehr kann der Futternapf aber auch später einbringen.
Man kann für Therapiepunkte auch Aktionskarten kaufen (maximale Handgröße 3 Karten), mit denen man sich in späteren Runden ebenfalls Vorteile verschaffen kann, allerdings nur einmalig. Zuguterletzt kann man Therapiepunkte verwenden, um Patienten zu heilen: man gibt so viele Punkte aus wie auf der Karte stehen, und erhält die Karte als Zeichen der erfolgreichen Therapie. Allerdings stehen immer nur die obersten Karten der einzelnen Stapel zur Verfügung, und man darf nur einen Patienten pro Runde heilen (Ausnahmen sind über Krankenzimmer-Effekte und Aktionskarten möglich).
Am Ende der 2. Phase verfallen alle noch ungenutzten Therapiepunkte, man kann sie also nicht für spätere Runden aufsparen. Das führt dazu, dass man gezwungen ist, mit Hilfe der Futternäpfe zusätzliche Therapiepunkte zu verdienen, denn nur über die Therapiekarten kann man sicher nicht an die 'teuren' Patienten gelangen.
Das Spiel endet, wenn nur noch ein Patientenstapel übrig ist – die Runde wird allerdings noch zu Ende gespielt. Siegpunkte gibt es für die erfolgreiche Behandlung von gleichen Tieren – je mehr Patientenkarten mit demselben Tier ein Spieler gesammelt hat, desto mehr Punkte ist das wert -, für die Erfolgreiche Behandlung von fünf verschiedenen Tieren, sowie für bestimmte Aktionskarten. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt, bei Gleichstand gewinnt der Spieler, der das am schwierigsten zu behandelnde Schaf behandelt hat.
Wer sich jetzt nach der Besprechung fragt "war da nicht etwas mit Vorsicht lustig?“, braucht nicht überrascht zu sein. Auch wenn die Karten nett gezeichnet sind und auch nicht unbedingt als humorfrei bezeichnet werden können, stelle ich mir unter einem ausdrücklich 'lustigen' Spiel doch etwas anderes vor. Das will nicht heißen, dass das Spiel schlecht wäre, im Gegenteil. Das Managen der äußerst knappen Ressourcen ist schon anspruchsvoll, und die "Can’t Stop“-artige Zuteilung der Therapiepunkte hat auch ihren besonderen Reiz. Planung, ein wenig Chancenabschätzung bei der Verteilung der Therapiepunkte, Mitdenken, welche Tiere die Mitspieler behandelt haben – alles das macht aus Psychopet sogar ein anspruchsvolles Spiel, bei dem ein Vielspieler einem Gelegenheitsspieler deutlich überlegen ist. Spieleexperten unter sich werden dahingegen viel nachdenken und planen, so dass auch die angegebenen 30-45 Minuten bei Testrunden nicht eingehalten werden konnten: in Expertenrunden muss man schon mit einer guten Stunde rechnen. Gelegenheitsspieler, die ihre Züge zwar auch durchdenken, aber nicht ganz so anspruchsvoll sind, werden allerdings wohl mit der dreiviertel Stunde auskommen können.
Trotz des mE nach unzutreffenden Vermerks 'Lustiges Spiel' ist Psychopet dennoch ein empfehlenswertes Spiel, das für den Spieleabend in der Familie – oder auch als eines von zwei, drei Spielen beim Clubabend des Spieleclubs – hervorragend geeignet ist.
Hersteller | Goldsieber |
Autor |
Christian Fiore und Knut Happel |
Spieler |
2-6 |
Denken |
6 |
Glück |
8 |
Geschicklichkei |
0 |
Preis ca. |
€ 19,99 |
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