Viele viele bunte Scoville

Zockato

Manche Spielmechanismen sind so gut, dass sie immer wieder neu aufgelegt werden. Ein Mechanismus, dem man immer wieder bei Kartenspielen begegnet, aber der interessanterweise noch gar nicht so alt ist, ist der Mechanismus aus Oh Hell bzw. Stiche Raten, das in verschiedensten Variationen mit normalen Spielkarten oder mit speziellen Karten gespielt wird. Wahrscheinlich wurde der Mechanismus, dass man die genaue Anzahl Stiche vorhersagen muss, die man zu machen gedenkt, erst im 20. Jahrhundert ersonnen – anders als beispielsweise bei Bridge ist es bei Stiche Raten schlecht, wenn man mehr Stiche macht als angesagt. Spiele, die auf dem Mechanismus beruhen, sind u.a. auch Wizard, Rage, Canyon etc.

Die ZOCKATO Baier & Keuchler GbR produziert ein weiteres Spiel mit diesem Mechanismus: eben das genannte Zockato. In einer schönen Metalldose kommt das Spiel daher, das in einer Version für bis zu 4 Spieler und in einer Version für maximal 6 Spieler angeboten wird. Der Inhalt der Dosen unterscheidet sich zwar nach der Version, ist aber grundsätzlich wie folgt zu beschreiben:

  • eine Spielregel
  • je 6 Taktikkarten für jeden Spieler
  • 20 Regelkarten
  • 40 bzw. 60 Zahlenkarten und zwei Sonderkarten für das Stichspiel
  • Spielgeld (20 bzw. 60 Chips und Geldscheine zu 5, 10 und 20 – im 6er-Spiel auch 50) 'Zockaten‘
  • Drehscheiben zur Vorhersage der Stichzahl
  • ein zehnseitiger Würfel

Das Material macht leider bei weitem nicht so viel her wie die Verpackung, die wirklich gut zu gefallen weiss. Die Karten sind einigermaßen stabil (etwas stabiler hätte ihnen sicher nicht geschadet), aber auch ziemlich nüchtern gehalten, die Chips sind einfache rote Plastikscheiben wie aus einem Flohhüpf-Spiel, die 'Geldscheine' fühlen sich ziemlich dünn an – in unserer Testrunde wurden sie zuerst als 'Zigarettenpapier' beschrieben, später hiess es dann eher 'wie Durchschlagpapier aus alten Schreibmaschinenzeiten'. Der Würfel ist ein einfacher 'Solid‘, nur die Drehscheiben sehen wieder schöner aus.

Das Spiel besteht aus einer Anzahl Runden, die vorher festgelegt werden sollte – 10 bis 20 Runden sollten es aber sein. Mehr geht nicht, da es nur 20 Regelkarten gibt.

Diese Regelkarten bestimmen nämlich jeweils für eine Runde, wie gesetzt, gespielt und gewonnen wird. Zu Beginn einer Runde wird erst mit dem zehnseitigen Würfel ermittelt, wie viele Stiche in dieser Runde gespielt werden – jeder Spieler erhält diese Anzahl Karten. Dann wird die Regelkarte für die jeweilige Runde aufgedeckt.

Auf den Regelkarten stehen drei Details: wie man auf das Ergebnis wettet, welche Farbe Trumpf ist, und eine Zusatzregel für die Runde – Beispiele: Mindesteinsatz 15 Zockaten, alle Karten offen legen, die kleinste Zahl gewinnt den Stich… Anschließend darf jeder Spieler reihum eine von vier Taktikkarten ausspielen: hierfür gibt es Taktikkarten, die die Spielhand mit einem Mitspieler tauschen lassen, Karten, die die Trumpffarbe ändern, Karten, die jeden Spieler zwei Karten an den nächsten durchschieben lassen, und Karten, die jeden Spieler eine Karte vor Spielbeginn 'drücken' lassen. Von jeder dieser Kartenarten hat jeder Spieler genau eine. Trumpffarbe ändern und Durchschieben dürfen in jeder Runde nur einmal gespielt werden, hier hat der, der zu spät dran ist, eben das Nachsehen.

Anschließend wird, wieder in derselben Reihenfolge, ein Tipp abgegeben, wer wie viele Stiche machen will. Das kann offen oder verdeckt geschehen – bei verdeckten Tipps zeigt man den anderen einfach nicht, was man auf der Scheibe einstellt. Gleichzeitig setzt man eine Anzahl Zockaten: wenn die Regelkarte für die Runde nichts anderes bestimmt, gilt ein Mindest-Einsatz von 5 und ein Höchsteinsatz von 20 Zockaten. Der Betrag wird offen auf die Setzscheibe gelegt.

Im dritten Schritt kann man dann die Mitspielern ggfs. noch ein wenig ärgern: wenn mindestens drei Stiche in der Runde gespielt werden, kann man eine der übrigen beiden Taktikkarten (+1 oder -1) auf einen Mitspieler ausspielen, der dann entsprechend einen Stich mehr bzw. weniger machen muss als er ursprünglich angesagt hat. Allerdings dürfen einem einzelnen Spieler auch nicht mehr als eine dieser Karten pro Runde untergejubelt werden.

Nun folgt das Stichspiel, das ganz 'normal' abläuft – Bridge-, Skat-, Doppelkopf- etc. Spieler kennen das. Farbe bedienen, Trumpf darf stechen, wenn man nicht bedienen kann, etc. Es gibt noch den 'Zockato' – eine Spezialkarte mit einer Chilischote, der jeden beliebigen Stich gewinnt – und den Stern – eine Karte, die garantiert nicht gewinnt und dem, der den Stich mit den Stern macht, noch einen Bonus von 10 Zockaten gibt.

Am Ende der Runde werden die Vorhersagen mit den erreichten Ergebnissen verglichen. Wenn die Vorhersage stimmte, gibt es den Einsatzbetrag aus der Kasse drauf, war die Vorhersage falsch, verliert man den Einsatz. (Die Regelkarten können hier eingreifen. Es gibt bspw. Karten, die sagen dass man nichts setzt sondern für jeden Stich einen Betrag aus der Kasse erhält u.ä.

Im Endeffekt hat das Spiel seinen Namen zu Recht: es ist wesentlich stärker ein Zockerspiel als beispielsweise Wizard. Nahezu immer ist den Spielern nicht deutlich, wie viele Karten welcher Werte überhaupt dabei sind / sein können – der Effekt, den man bei Wizard in den ersten Runden hat, kann hier eventuell in jeder einzelnen Runde zuschlagen. Nur bei wirklich hohen Würfelztahlen auf dem Zehnseiter kann man enigermaßen seine Chancen abschätzen, ansonsten ist es ein reines Glücksspiel, ob man mit der Trumpf-7 die höchste Trumpfkarte hat oder nicht – planen kann man es jedenfalls nicht. Andererseits hat man durch die Wahl, dass man selber entscheiden kann, wie viel man auf seine Ansage setzen will, wieder eine Einflussmöglichkeit, die man bei anderen Spielen dieser Gattung oft nicht hat.

Wer Stichansagespiele wie Wizard und Rage mag, wird sicher auch an Zockato Gefallen finden. Mit einer Spieldauer von gut 5 Minuten pro Runde (10 Runden etwa eine, 20 etwa zwei Stunden) hält es sich aber im Rahmen eines Familienmittags.

Hersteller ZOCKATO – Baier & Keuchler GbR
Autor Thomas Baier & Sven Keuchler
Spieler 2-6
Denken 4
Glück 8
Geschicklichkeit 0
Preis ca. 21,90 € (4er), 29,90 € (6er), 15,90 (Upgrade 4 auf 6)

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