Heredium: Menschen Göttern gleich
Nachdem 13 Mann mit Heredium 2008 mal ein weiteres Genre und ein ganz frisches System ins Programm genommen hat (das offenbar eine etwas andere Klientel ansprechen möchte als die anderen beiden "Haussysteme“, Rolemaster und Traveller – ein begrüßenswerter Schritt meiner Meinung nach), liegt nun mit Menschen Göttern gleich das erste echte Abenteuer für dieses Setting vor.
Wer Heredium noch nicht kennt, dem sei gesagt: Das Setting spielt auf der Erde, allerdings postapokalyptisch, und die Überbleibsel der Menschheit, oder das was aus ihnen geworden ist, haben sich nicht nur gegenseitig als "Probleme“.
Nun stehe ich mal wieder vor dem Problem, eine Rollenspielabenteuerrezi zu schreiben, ohne potentiellen Spielern allzuviel vom Plot zu verraten. Ich werd’s versuchen, also beschwert euch bitte nicht, wenn es stellenweise mal schwammig klingt, aber das ist eine Rezi, kein Spoiler. Das Szenario ist in sich dreigeteilt, und startet zunächst in Temora, genauer in Hirohito City, der einzigen "High-Tech-Metropole“ die überhaupt noch existiert. Die Aufhänger für die Charaktere, um in den Plot zu kommen, können unterschiedlich sein – hier finde ich es eigentlich gut, daß kein so starrer Kurs gefahren wird, und es auch möglich ist, mit Charakteren zu spielen, die nicht aus Temora stammen (was sonst beim Heredium-Setting schwierig erscheinen mag, aber es gibt gute Ansätze, warum auch z.B. Debellatoren, Raging Bulls etc. über den Plot stolpern könnten).
Je nachdem auf welchem Weg werden die Ermittlungen die Charaktere ggfs. aus ganz unterschiedlichen Gründen zu einer eher bizarren Szenerie führen – der erste Teil ist eher ein "Ermittler“-Teil, und die Spieler suchen wahlweise nach vermißten Personen, Stoff oder was auch immer. An sich gute Ideen führen hier leider ein wenig zu Railroading, was ein erfahrener, wortgewandter Spielleiter vielleicht kaschieren kann, eine unerfahrene Gruppe vielleicht nicht merkt – aber auf jeden Fall erfordert es ein wenig Arbeit. Über kurz oder lang führen die Ermittlungen jedenfalls zum "Aufhänger“ für den zweiten Teil – der aus der Stadt herausführt, in eine reichlich lebensfeindliche Umgebung, oder – cineastisch ausgedrückt – von Blade Runner nach Mad Max.
Der Vergleich mit besagtem Film kommt nicht von ungefähr – es geht auf Vehikeln durch eine Art lebensfeindliche Wüste, und die Hindernisse sind ganz unterschiedlicher Natur. Hier genaueres zu verraten, wäre natürlich wieder ein Spoiler, und dementsprechend lasse ich das, aber auch hier fällt einem auf, daß der Teil relativ "gerailroadet“ rüberkommt – die Reihenfolge der Ereignisse ist schon ziemlich zwingend, und es sind auch genug "Leitplanken“ enthalten, um auch Spieler, die mal "abbiegen“ wollen, wieder auf die (und zur Not vielleicht zur?) Strecke zu bringen.
Positiv hingegen fällt die relativ offene Gestaltung des Finales aus: Der Autor will nicht vorschreiben, zu welchem Showdown es kommen soll – das sollen vielmehr der SL und die Aktionn der Charaktere entscheiden, und die haben gewissermaßen die Wahl, ob sie lieber Sieben Samurai, Resident Evil, Enemey Mine oder Mad Max meets Running Man spielen wollen – oder noch etwas anderes. Diese Vergleiche sind nicht von ungefähr, weil sie doch recht gut die jeweilige Stimmung der Finalideen widerspiegeln, und damit sind nicht mal alle Ansätze ausgereizt (allerdings sind diese vier zumindest soweit ausformuliert, andere Ideen sind nur angedeutet). Hier ist sicherlich einige Arbeit des SL erforderlich, schon was eine gewisse Anpassung an die Spielgruppe angeht, aber das ist es sicherlich wert, schon weil die Railroad hier komplett verschwunden ist.
Hieraus nun ein Gesamtfazit zu ziehen ist schwer – man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, daß der Autor nicht so recht entscheiden wollte, ob er ein sehr gerailroadetes Abenteuer "für Einsteiger“ liefern möchte, oder ob er lieber mehr Ansätze zum Selberweiterspinnen geliefert hätte (wie es am Ende wirkt). Das ganze ist irgendwie ein Kompromiß geworden, und nicht mal ein schlechter, obwohl ich das Abenteuer nicht unbedingt als so "einsteigertauglich“ einordnen würde. Da erwähnt wird, daß es durchaus mit Startcharakteren spielbar sein soll, möchte ich mal dagegenhalten, daß ich diese Aussage insofern für sehr gwagt halte, als daß die Opposition mir dafür als (zu) stark erscheint. Das Heredium-Setting ist sicherlich hart, aber was da – sogar an "Futter“-NSCs – aufgefahren wird, ist durchaus in der Lage, "Starter“ einfach aus den Latschen zu pusten, also ist entweder etwas Anpassungsarbeit oder entsprechendes "Würfeln hinterm Schirm“ vom SL nötig. Der Plot an sich gefällt mir aber sehr gut, paßt prima ins Setting, und kann sicherlich dazu dienen, neue Spieler an die Spielwelt von Heredium heranzuführen.
Was ich ein wenig vermisse – und das obwohl es bei Heredium im Grundregelwerk ja Templates gibt – sind trotzdem eine Handvoll Beispielcharaktere, mit denen man das Abenteuer so vom Fleck weg spielen kann. Platz genug dafür wäre gewesen – denn 2 Seiten Werbung für Traveller und 3 für Rolemaster müssen wirklich nicht sein (zumal ich die Mehrzahl der Heredium-Spieler nicht gerade im üblichen Spielerumfeld dieser Systeme vermute). Trotzdem summa summarum ein gut gemachter Abenteuerband: erfordert meines Erachtens zwar etwas mehr SL-Arbeit als man auf den ersten Blick denken mag, ist es aber wert.
Hersteller |
13Mann |
Autor |
Daniel Meyer |
Spieler |
RPG |
Denken |
RPG |
Glück |
RPG |
Geschicklichkeit |
RPG |
Preis |
14,95 € |
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