Mystery Stories – Expedition des Grauens
Normalerweise rezensieren wir hier ja Brett-, Karten- Rollen- und Tabletop-Spiele. Computerspiele werden hier nur aufgenommen, wenn sie einen direkten Rollenspielbezug haben – wie zum Beispiel die Drakensang-Abenteuer. Aber hin und wieder lohnt es, einmal auch auf den Computerspielsektor zu blicken. Und diesmal bespreche ich sogar ein Computerspiel, von dem ich kein Rezensionsexemplar erhalten habe. Warum? Weil ich es kann. Und weil es auf einem nicht allzu unbekannten themenbezogenen Forum bereits kurz angesprochen worden ist.
Wer die Geschichten von H.P. Lovecraft kennt, kennt auch die Gechichte der Expedition der Miskatonic University in die Antarktis. Dort, bei den 'Bergen des Wahnsinns‘, begegneten die Teilnehmer genau selbigem, und die Expedition ging unter. Eine Nachfolge-Expedition hat es bei Lovecraft anscheinend nie gegeben, obwohl die bekannte Neugier der Wissenschaftler dies doch nahegelegt hätte. Chaosium, und später Pegasus, haben dann mit der 'Berge des Wahnsinns‘-Kampagne genau diese Nachfolge-Expedition, die feststellen sollte, was 'da unten' eigentlich geschehen ist, zum Thema genommen. Eine Alternative zu dieser ziemlich umfangreichen Rollenspielkampagne stellt das Abenteuer 'Mystery Stories: Expedition des Grauens' dar, die Rondomedia und cerasus.media unter dem Label play+smile veröffentlichen.
Die zweite Expedition beginnt, wie sollte es anders sein, mit einem Flug zum Basislager der ursprünglichen Expedition, und einem Absturz an selbiger Stelle. Die Forscherin Lynn Morgan und Professor William Dyer untersuchen die Situation: das Lager ist natürlich größtenteils tot – außer einem einzelnen Schlittenhund scheint hier nichts mehr zu leben, und man macht sich auf den Weg herauszufinden, was eigentlich passiert ist. Schnell stellt sich heraus, dass einer der Expeditionsteilnehmer nicht unter der Tiefkühlkost am Lager zu finden ist, und man macht sich auf den Weg, ihn zu finden – und damit ins Grauen.
Verkauft wird das Spiel als 'Wimmelbild-Abenteuer' (auf Englisch: Hidden Object Adventure), wodurch man erwartet, ein Abenteuer wie in der 'Geheime Fälle‘-Serie vorzufinden – also zum größten Teil Wimmelbilder, mit nur gelegentlichen Rätsel- und Point-&-Click-Einlagen. In Wirklichkeit ist es aber genau andersherum.
Der Großteil des Abenteuers wird als Point-and-Click-Abenteuer durchlaufen. Gegenstände aus dem Inventar werden mit dem Bild kombiniert, oder auch mit anderen Gegenständen im Inventar(so werden aus zwei Zeltstangen eine lange), Gegenstände auf dem Bild aufgenommen und an anderer Stelle verwendet, zum Beispiel, um ein eingefrorenes Zelt öffnen zu können. Schiebe-, Dreh- und Legerätsel sowie Puzzles (Papierfetzen, Stücke der Ringe einer Stadtkarte etc.) machen den zweiten großen Teil des Abenteuers aus. Wimmelbilder im eigentlichen Sinne gibt es auch, aber relativ wenige. Wer sich das Spiel explizit wegen der Wimmelbilder kauft, wird leicht enttäuscht sein.
Eine nette Idee ist es, dass hin und wieder zwischen den beiden Charakteren hin und her geschaltet wird, und so einige Laufwege vermieden werden. Allerdings sind die beiden Spielfiguren, wenn sie aktiv sind, sowieso nur als Porträts zu sehen. Die Szenen sieht man aus ihren Augen, und Anklicken und Bewegen / Einsammeln geschehen unmittelbar, nicht nach den bei Point-and-Click-Abenteuern üblichen Animationen.
Die Rätsel – sowohl die Abenteuer-inhärenten wie auch die expliziten – sind eher leicht zu lösen, allerdings ist das meine persönliche Meinung. Und ich habe bei solchen Aufgabenstellungen meist einen höheren Anspruch als viele. Wer es einfach mag, kann einen Freeplay-Modus einschalten, bei dem man auf Tastendruck eine Anzeige erhalten kann, wo es weitergeht. (In der Alternative, dem Experten-Modus, gibt es diese Tipps nicht.) Das ist bei einigen Rätseln, bei denen man die notwendigen Teile in anderen Bildern finden kann, schon recht praktisch, bei den eigentlichen Wimmelbildern aber auch verführerisch, wenn man das letzte Teil nicht findet. Eine 'Strafe' für falsche Klicks oder Zeitverschwendung gibt es hier nicht – bei den genannten 'Geheimen Fällen' schwingt der Mauszeiger bei zu vielen Fehlklicks eine Zeitlang durch das Bild, bei anderen Abenteuern gibt es eine Zeitbegrenzung pro Bild, Bildgruppe oder für das ganze Abenteuer.
Die Bilder sind wirklich wunderschön, sehr stimmungsvoll und wecken den Wunsch nach mehr. Auch der Soundtrack ist sehr schön – manchmal an Bohren erinnernd, oftmals aber deutlich lebhafter, aber immer düster und zur Szene passend. Er würde auch hervorragend als Soundtrack für eine Rollenspielsitzung funktionieren.
Die Systemvoraussetzungen sind mehr als moderat. Mit einem Gigahertz-Prozessor ist man bereits dabei, 512 MB RAM, Windows XP oder später und DirectX 9.0 sind auch nicht gerade K.O.-Kriterien. Ersatzweise gibt es das Spiel auch für den Mac, DS und den iPad.
Für unter 9 Euro fand ich das Spiel ganz nett. In Deutschland hat es eine USK ab 6, in Resteuropa, wo die PEGI-Ratings gelten, ist es ab 7 (keine weiteren Symbole). Das vermute ich zumindest, denn diese Symbole stehen vorne auf der Verpackung – auf der Webseite steht (zur Zeit da ich dies schreibe) direkt unter dem Packshot (mit eben diesen Symbolen) eine USK 0 und PEGI 3+ angegeben, während auf der Webseite von PEGI eine 7+ und das Spinnensymbol für 'kann Angst einjagen' zu finden sind (das man auch auf der Verpackungsrückseite wiederfinden kann). Mit der Einschätzung laut Verpackung (6 / 7+ / Spinne) kann ich mich anfreunden, anders als bei manchen anderen Spielen dürfte man hier die richtige Entscheidung getroffen haben.
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