Theater für Jedermann

Freeze

Theaterspielen hat nur sehr bedingt etwas mit Rollenspielen zu tun. Am ehesten sind es noch Improvisationsübungen – auch als 'Theatersport' (im weiteren Sinne), Impro-Theater o.ä. bekannt -, die einen vagen Kontakt mit Rollenspielen haben. Im eigentlichen Theatersport spielen ja zwei Teams gegeneinander, beim Impro-Theater spielen alle miteinander. Freeze, bei dem bis zu zehn Mitspielerinnen gegeneinander spielen, ist eine Art Weiterentsicklung des ganzen in Richtung Gesellschaftsspiel. Äh, ja, in der Spielanleitung wird ausdrücklich nur die weibliche Form benutzt, wo sie von der männlichen abweicht. Direkt bei der Erklärung steht dann auch 'Männliche Spieler sind natürlich ebenso angesprochen'. Deshalb mache ich das hier auch 'mal so.

Das vom Berliner Verlag Bewitched herausgegebene Spiel wird in einer stabil wirkenden Metalldose vertrieben, die leider nicht ganz so stabil ist wie sie aussieht – ein fallendes Taschenbuch kann, wenn es richtig fällt, schon für eine Delle im Deckel sorgen. Dennoch ist die Dose sicher stabiler als die Kartondosen der meisten anderen Spiele.


Die Schachtel wird von der Umweltministerin… äh… Mitarbeiterin im Umweltministerium ;) … gefüllt mit

  • 10 Ansteckschildern mit Punkteleisten und Bildern
  • 10 Spielerkarten
  • 8 Rangkarten – jede Karte von 1 – 4 zweimal
  • 40 Situationskarten mit jeweils 4 Situationen
  • eine Sanduhr zu 45 Sekunden
  • je 1 Karte 'Bühne und Saal
  • ein vierseitiger Würfel
  • eine Spielanleitung
  • einigen Büroklammern (laut Spielanleitung 10 Stück, bei mir waren es 15

Nun ja, das ist die Ausstattung laut Spielanleitung. Wie oben schon geschrieben, sind es in der Regel ein paar mehr Büroklammern, dafür fehlte bei mir dann der vierseitige Würfel. Was in der Redaktion natürlich weniger ein Problem ist… Auf eine Anfrage reagierte Andrea Meyer von Bewitched jedenfalls schnell und freundlich, und bot an, den fehlenden Würfel nachzusenden.

All das Material ist schön und, wenn auch teilweise ungewöhnlich, sehr praktisch. Die 'Anstecker' sind Namensschilder, wie sie auch auf Konferenzen verwendet werden, und die visitenkartengroßen Charakterkarten, die in die Namenssschilder gehören, sind bereits bei Lieferung drin. Die Illustrationen sind richtig hübsch, und einmal etwas anders als die üblichen Cartoon-, Renaissancegemälde- oder Foto-Illus. Über die Qualität der übrigen Karten kann man nicht klagen – es sind handelsübliche Karten, die eine ganze Reihe Spiele aushalten sollten. Kleiner Wermutstropfen: da in der Dose keine Einsätze sind und auch keine anderen Einleger oder ähnliches, fliegen die Teile während des Transports ziemlich ungeregelt durch die Dose. Ich würde empfehlen, Ziplock-Tüten oder ähnliches in der entsprechenden Größe zu verwenden, damit die Karten nicht ganz so schnell abnutzen. (Ich kenne die genauen Werte nicht, aber denke, dass sogar eine brandneue Ziplock-Tüte umwelttechnisch weniger zu Buche schlägt als ein komplettes Ersatzspiel.)

Wie für eine soziale Tätigkeit wie Improv-Theater normal, benötigt man eine Menge Mitspielerinnen: mindestens fünf, maximal zehn Spielerinnen.

Außerdem benötigt man natürlich entsprechend Platz – Improtheater macht man eben nicht am Tisch im stillen Kämmerlein. Aber das dürfte wohl den meisten klar sein.

In jeder Runde spielen vier Spielerinnen Theater (‚Darstellerinnen‘), wer das ist, wechselt jede Runde, wobei ein trickreicher Mechanismus dafür sorgt, dass unabhängig von der Anzahl der Teilnehmerinnen dieselbe Gruppen nicht zweimal zusammen spielt. Die anderen habe in der Runde den Vorteil als 'Zuschauerinnen' das Dargebotene begutachten zu können.

Eine Runde verläuft in vier Phasen: vor, während, nach der Szene und zwischen den Szenen.

Vor der Szene werden die Rangkarten aufgeteilt in zwei Gruppen von 1-4. Dann wird aus einer Gruppe verdeckt eine gezogen und in den anderen Stapel gesteckt, ohne dass man sie sieht. Anschließend wird aus dem zweiten Stapel (in dem jetzt fünf Karten sind) jeder Darstellerin eine Karte gegeben, die übrig gebliebene wird offen ausgelegt. Im Ergebnis sind also drei der vier Rangzahlen sicher dabei, ob eine dieser Zahlen doppelt ist, oder alle vier dabei sind, weiss keiner. Und auch untereinander dürfen die Darstellerinnen ihren Rang nicht nennen (diese Rangzahl hat natürlich einen Einfluss auf die Darstellung in der Szene – die 1 soll den höchsten Rang darstellen, die 4 den niedrigsten). Anschließend wird die oberste Situationskarte von einer Darstellerin gezogen, und mit dem vierseitigen Würfel ausgewürfelt, welche der Szenen dargestellt werden soll. Auch dies darf noch nicht bekannt gegeben werden.

Anschließend beginnt die Spielszene, die auf einen Durchlauf der Sanduhr begrenzt ist. Währenddessen dürfen natürlich weder die Ränge noch die Situation genannt werden. Sobald die Zeit abgelaufen ist, heisst es 'Freeze!‘, und die Darstellerinnen erstarren in ihren Bewegungen.

Nach der Szene darf die Zuschauerin mit den wenigsten Punkten versuchen zu erraten welche Situation dargestellt wurde. Wenn sie recht hat, erhält sie zwei Punkte. Dann wird mit dem vierseitigen Würfel ermittelt, welcher Rang geraten werden soll. Alle Spielerinnen zeigen gleichzeitig auf keine, ein oder zwei Darstellerinnen, von denen sie meinen, dass sie den genannten Ran darstellen sollte. Wer den Rang tatsächlich darstellen sollte, muss also einmal auf sich selbst zeigen, wenn man das nicht tut, kostet es 5 Punkte.

Punkte (und zwar drei Stück) erhält man für jedes richtige Raten einer Darstellerin, die auch auf sich selbst zeigt. Wenn man auf eine Darstellerin zeigt, die nicht auf sich selbst zeigt, kostet das einen Punkt. Eine Darstellerin, die auf sich selbst zeigt, erhält nur dann die drei Punkte, wenn mindestens eine weitere Mitspielerin auch auf sie zeigt, ansonsten einen Minuspunkt. Hände, die in die Luft zeigen, erzielen gar keine Punkte. (können aber dennoch 'richtig' sein, wenn es nur eine oder sogar gar keine Darstellerin mit dem Rang gibt. In einer Runde, in der ein nicht vergebener Rang gefragt ist, kan eine Mitspielerin also maximal zwei Punkte (für das korrekte Erraten der Situation) gewinnen, und maximal zwei Punkte verlieren (wenn man auf zwei Darstellerinnen zeigt). Es steht zwar nicht ausdrücklich in den regeln, aber es dürfte klar sein, dass eine Darstellerin, die auf sich selbst zeigt, obwohl ihr Rang nicht stimmt, damit weder für sich selbst noch für jemand anders Pluspunkte verdienen kann.

Unter 0 Punkte kann man hierbei aber nicht absacken.

Wenn das Spiel jetzt nicht zu Ende ist (weil eine Mitspielerin 16 oder mehr Punkte hat), werden die Darstellerinnen ersetzt, und wir sind wieder vord er Szene.

Neben den unzweifelhaft notwendigen Fähigkeiten im Impro-Theater (wenn niemand meinen Rang erkennt, kann ich dafür auch nur Minuspunkte erhalten) stellt sich das Definieren der Ränge als schwieriger heraus als man so denkt. Die Ränge 1 und 4 haben eher den Vorteil, dass sie, wenn sie als Zielgewürfelt werden, wahrscheinlicher Punkte für die Darstellerin geben – aber eben auch für mindestens eine Mitspielerin. Die inneren Ränge haben zusätzlich das Problem einzuschätzen, wo die anderen die einzelnen Ränge ansetzen. Außerdem müssen die Darstellerinnen nicht nur eben darstellen, sondern auch die Mitspielerinnen im Auge behalten, weil auch sie an der Frage 'Wer hat Rang x?' teilnehmen müssen und so Plus- und Minus-Punkte machen können.

Alles in allem ist es ein hübsches Spiel um Improvisationstheater, das dieses auch tatsächlich gut realisiert. Wer so etwas mag, wird mit diesem Spiel sicher Spaß haben. Es steht schließlich nicht umsonst auf der Empfehlungsliste der Jury 'Spiel des Jahres'.

Hersteller Bewitched Spiele
Autorinnen Hans-Peter Stoll, Andrea Meyer
Spieler 5-10 (je mehr, je besser)
Denken 8
Glück 4
Geschicklichkeit 7
Preis 25,00 €

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