Jerusalem
Wahrscheinlich eine der ältesten Städte der Welt – erstmalig erwähnt als 'Uruschalim' ca. 1900 v.Chr., älteste Siedlungsspuren sind allerdings ca. 7.000 Jahre alt – ist Jerusalem auch heute eine Stadt, die die Phantasie anspricht. Und damit meine ich nicht nur die Phantasie der Israelischen Regierung, die im eigentlich palästinensischen Teil Wohnungen bauen lassen will und damit den Friedensprozess zu Fall bringen könnte. Vielleicht liegt das auch daran, dass die Stadt schon immer ein umstrittener Brennpunkt des Geschehens war. Schon die Bibel erwähnt eine Vielzahl von Streitereien – sowohl militärischer wie auch politischer Art – und hat sich auch nach dem Redaktionsschluss derselben nicht wesentlich verändert. Ein weiterer Höhepunkt des bewegten Lebens dieser Stadt waren dann wohl die Kreuzzüge und die zeitweise Eroberung der Stadt durch die Kreuzritter.
In dieser Zeit (und vor allem in den politischen Streitereien) Spielt auch das Spiel Jerusalem des italienischen Verlages Red Glove.
In der großen Schachtel findet man die folgenden Teile:
- ein Spielplan der Stadt Jerusalem
- 4 Markersteine (Holzzylinder), je einer in vier verschiedenen Farben
- 200 – 4 x 50 – Knappen (kleine Holzwürfel)
- 4 Baronsfiguren (Mensch-ärgere-dich-nicht-Pöppel)
- 28 – 4 x 7 – Turmstockwerke (platte Holzrechtecke)
- 42 Geldstücke – 30 Silber und 12 Gold
- 4 Ereigniskarten
- 27 Aktionskarten
- 4 Ämterkarten
- 4 Sichtschirme
Die Karten sind Standardqualität, die Holzspielsteine praktisch. Die Sichtschirme hätten gerne ein wenig größer (und vor allem höher) sein dürfen. Bei den Münzen merke ich, wie sich die Ansprüche und Erwartungen in den letzten vier Jahren entwickelt haben: Pappscheiben, die gut aus dem Stanzbogen gepöppelt werden können, wären bei Eröffnung dieses Blogs wahrscheinlich nicht groß aufgefallen und nur die Frage, wie leicht sie aus den Stanzbögen gehen, wäre interessant gewesen. Irgendwie kommen mir die Stanzbögen für Münzen heutzutage bei großen Spielen ein wenig … staubig vor. Dennoch sehen sie, genau wie die Karten und der Spielplan auch, schön aus.
Das Spiel hat eine festgelegte Länge: 5 Runden. Je nach Anzahl der Spieler und ihren Fähigkeiten kann das zeitlich allerdings dennoch variieren.
In jeder Runde gibt es vier Phasen, in denen jeweils alle Spieler handeln können.
1) Ämter versteigern
In der ersten Phase jeder Runde werden zunächst einmmal so viele Aktionskarten verdeckt gezogen wie Mitspieler teilnehmen, diese bleiben auch erst einmal geheim. Es werden die bis zu vier Ämter des Spiels versteigert, wobei die Gebote reihum gegeben werden und jedes Gebot offen in Münzen auf den Tisch gelegt werden muss – überbieten ist also nicht möglich. Diese Ämter bestimmen nicht nur die Zugreihenfolge, sondern geben auch jeweils dem Spieler besondere Zugoptionen. So kann der Schatzmeister Knappen verbilligt anheuern, oder der Feldmarschall einmal eingesetzte Knappen noch bewegen.
Anschließend suchen sich die Spieler in Ämterreihenfolge aus dem Stapel der Aktionskarten eine aus und geben jeweils den Rest an den nächsten Spieler weiter. Man weiss also weder, was die Spieler vor einem genommen haben, noch, welcher Spieler nach einem welche Aktionskarte erhielt. Mit diesen Aktionskarten kann man später in der Runde wiederum Sonderaktionen durchführen. So gibt es Aktionskarten, mit denen man zusätzliche Knappen erhält, zusätzliches Gold, oder Knappen bewegen kann usw.
2) Knappen einsetzen
Ebenfalls in Ämterreihenfolge werden nun Knappen auf das Spielfeld gesetzt. Wie viele Knappen man setzen darf, hängt ab vom Amt: der Hauptmann (1. Spieler) erhält 7, der Admiral (letzter der Runde) nur 4 Knappen. Die Knappen bleiben grundsätzlich dort wo sie eingesetzt wurden und bilden dort einen Machtfaktor für den Spieler.
Auch darf man mit mindestens drei Knappen zusammen seinen Baron auf ein Feld des Spielbrettes stellen, auf dem im Rest der Runde niemand einen Knappen stellen darf. Dies kann wichtig sein, denn neben den festen Knappen, die man als Amtsinhaber erhält, darf man noch Söldner für Geld anheuern – und so die Kontrolle evtl. übernehmen. Die Baronsfiguren werden nach der Runde zurückgenommen. Man kann aber auch Knappen wieder entlassen und dafür Geld erhalten – allerdings ist der Wechselkurs denkbar schlecht. Man zahlt je nach Rolle und Aktionskarte zwischen 1 und 3 Silber für einen zusätzlichen Knappen, erhält aber nur ein Silberstück für drei (!) entfernte Knappen.
3) Einkommen
Die Einkommensphase ist wiederum unterteilt in vier Schritte. Erst wird die Macht im Davidsturm überprüft, dann die Privilegien, dann kommt das EInkommen und zuletzt der Turmbau.
Für die Macht im Davidsturm erhält man ein Silber, sowie das Recht, sofort einen Knappen aus dem Turm in ein anderes zulässiges Feld umzusetzen (womit man ggfs. noch die Verhältnisse dort umwerfen kann).
In den Bereichen Patriarchat, Markt und Adel erhält jeweils der, der die meisten Knappen hat, ein 'Privileg‘: sei es, dass man einen Knappen gegen eine Aktionskarte tauschen darf, verbilligt Baumaterial kaufen kann, oder Prestige zu stehlen. Schließlich erhält jeweils der Spieler, der in einem Gebiet die Knappenmehrheit hat (auch in den übrigen Gebieten) entsprechend Geld.
Dann gibt der König von Jerusalem noch Prestige aus: für die Spieler, die die meisten Ressourcen noch nicht verwendet haben, sowie für Spieler, die noch Aktionskarten auf der Hand haben.
Zuguterletzt darf dann am Turm gebaut werden. Das kostet Prestigepunkte (Zahl der Etage +1, noch einmal +1 wenn man der erste Spieler ist, der eine bestimmte Höhe erreicht). Das Bauen ist nicht optional sondern verpflichtend, hier kann es von Vorteil sein, nicht als erster bauen zu müssen.
4) Ereignisse
In der ersten und letzten Runde gibt es keine Ereignisse, ansonsten gibt es vier möglichkeiten, von denen drei im laufe des Spiels stattfinden werden: ein neuer König (entfernt die Knappen aus dem Königspalast), eine Patriarchenwahl (entfernt aus den Feldern Patriarchat und Adel Knappen bis alle gleich viele dort stehen haben), eine Sondersteuer (kostet Geld oder Knappen vom Marktfeld), und ein Krieg (kostet nicht nur Knappen aus dem Tempelritterfeld, sondern auch noch weitere, die von den lieben Mitspielern gewählt werden). Dies Ereignis wird aufgedeckt, sobald der Rundenzähler auf die entsprechende Position (2., 3. und 4. Runde) kommt, man hat also eine Runde Zeit, sich auf den Ärger vorzubereiten.
Sieger ist, wer am Ende des Spiels den höchsten Turm hat, bei Gleichstand, wer mehr übriggebliebenes Prestige hat, wenn auch hier Gleichstand herrscht, wer das höhere Amt (frühere Position) in der letzten Runde hatte.
Das ganze ist ein Ressourcenverwaltungs- / Mehrheitenspiel, bei dem man durch die kleine Anzahl Runden nur wenig Spielraum zum Taktieren hat. Die wichtigste Entscheidung des Spiels ist eigentlich, welches Amt man sich ersteigert, und was man damit anfängt. Hierbei sind die erste und letzte Runde von entscheidender Bedeutung, auch da es hier keine Ereignisse gibt, die die Machtverhältnisse doch stark verändern können. Dennoch ist es ganz gut planbar, und wer diese Art Spiele mag, sollte sich nicht davon abschrecken lassen, dass die Mechanismen altbekannt scheinen. Die Kombination macht es, und die Kombination lohnt in diesem Fall.
Zur Spieleranzahl: auch wenn es eine Zweierregel gibt – Jerusalem ist ein Spiel, das man m.E. zu viert spielen sollte. Ansonsten wird schon die Versteigerung wenig interessant, und das ganze Spiel ziemlich vorhersehbar…
Ein klein wenig muss ich allerdings an der Spielregel anmerken: in allen Sprachen steht hier, dass die Kreuzriter Jerusalem "(z)u Beginn des 12. Jahrhunderts“ erobert hätten. Tatsächlich geschah das aber bereits im Jahre 1098, also noch im 11. Jahrhundert.
Hersteller | Red Glove |
Vertrieb | Abacus Spiele |
Autor | Michele Mura |
Spieler | 2-4 |
Denken | 8 |
Glück | 3 |
Geschicklichkeit | 0 |
Preis ca. | 39,95 € |
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