Gefährlichehrlich
Was ich vor wenigen Tagen über meine nicht vorhandene Vorliebe zu Partyspielen schrieb (hier), gilt in noch größerem Maße für sogenannte "Kommunikationsspiele“ – Spiele, bei denen man seine Mitspieler einschätzen muss und dabei weiter kommt wenn man auf derselben Wellenlänge schwimmt wie die Mitspieler. Bei den meisten dieser Spiele habe ich das Gefühl, in einer psychologischen Gruppentherapie zu sitzen, bei dem man sich ein Wollknäuel zuwirft, das die halbe Zeit nicht richtig aufgefangen wird, weil die Teilnehmer zu sehr mit Stricken beschäftigt sind. Aber nachdem ich Del’Roh bereits das hier aufs Auge drücken konnte, musste ich wohl selber mich an dieses Spiel setzen.
Der aktuell-spiele-verlag ist ein Spieleverlag aus Remagen, der sich auf diese Art Spiele spezialisiert hat. Gefährlichehrlich (die Schreibweise ohne Leerzeichen stammt u.a. aus der Spielanleitung – auf der Spieleschachtel steht es als zwei Worte – nun, wenigstens wissen wir, wo die Leute vom Party Alarm das überzählige Leerzeichen geklaut haben) ist eines dieser Spiele, das für 3 – 8 Spieler gedacht ist.
Die relativ kleine, quadratische Schachtel ist gefüllt mit
- der Spielregel in Deutsch
- dem Spielplan
- 8 Spielsteinen
- 110 Karten (8 × 'ohne mich‘, je 34 'Das bist doch Du‘, 'Extrem' und 'Top oder Flop‘)
Die Karten sind Standardmaterial, das Spielbrett ist schwer und massiv. Die Spielsteine sind kleine runde Holzscheiben in verschiedenen Farben, in einer ungewöhnlichen Zusammenstellung: ich konnte keine der kräftigen Farben, wie man sie aus anderen Spielen kennt, entdecken, stattdessen gab es beispielsweise zwei mehr oder weniger blasse Fliedertöne. Abgesehen von der gewöhnungsbedürftigen Farbauswahl sind sie aber funktional und stabil. Die Karten sind allerdings beidseitig mit Fragen bedruckt, so dass man immer bereits im voraus sieht, was als nächsten kommen kann, was bei dieser Spielart allerdings nicht so nachteilig ist, wie man vielleicht denken könnte.
Das Spielfeld zweigt auf einem Gänsespiel-artigen (spiralförmigen) Parcours insgesamt 28 Felder, die je nachdem rot, gel, blau, grün oder rot/gelb geteilt sind. Die Karten werden nach Art getrennt gemischt und ausgelegt, die Ohne-mich!-Karten werden an die Spieler verteilt. Anschließend zieht reihum jeder Spieler eine Aufgabenkarte, die erst abgehandelt wird, bevor der nächste Spieler an die Reihe kommt. Welche Karte man zieht, wird bestimmt durch die Farbe des Feldes, auf dem sich der eigene Spielstein gerade befindet: eine Karte derselben Farbe (bei Rot-Gelb-Feldern darf man sich eine der Farben aussuchen, grüne Felder geben einem freie Auswahl).
Die gelben Karten heißen "Das bist doch du!“ Hier werden Fragen gestellt wie 'Wer in der Runde lacht am meisten?' oder 'Wer in dieser Runde war zuletzt beim Friseur?' Auch bei der letzteren Frage kommt es nicht so sehr darafuf an, die entsprechende Person zu finden als vielmehr die Person, von der die meisten am Tisch glauben, dass sie es sei. Auf Zeichen zeigt jeder Mitspieler auf den/die, der unter 'Verdacht' steht, dass die Karte auf ihn/sie zutrifft. (Ja, man kann hierbei auch auf sich selbst zeigen). Der Spieler, auf den dann die meisten Finger zeigen, erhält zwei Punkte (zwei Felder auf dem Spielplan), jeder Spieler, der auf ihn zeigte, einen Punkt. Wer auf sich selbst zeigt, erhöht damit die Chance, zwei Punkte zu erhalten, kann aber nicht drei erhalten. Und ja, bei Gleichstand erhalten beide 'Mehrheitsspieler' zwei Punkte, und alle, die auf diese zeigten, einen.
Die roten Karten sind 'Extrem‘-Karten – hier hat man die Wahl zwischen zwei 'Extremen‘: ist der Spieler, der an der Reihe ist, eher entspannt oder eher aufgedreht, geht er eher in ein Nobelhotel oder in die Jugendherberge und so weiter. Auf der Karte wird auch angezeigt, welche der beiden Beschreibungen mit einem, welche mit zwei Fingern angezeigt werden (z.B.: Schwätzer zwei, Schweiger ein Finger) – ebenfalls wieder auf Kommando alle gleichzeitig. Hier kommt es ebenfalls darauf an, dasselbe zu meinen wie die Mehrheit – der Spieler, der mm Zug ist, kann hier zwei Punkte machen, wenn seine EInschätzung mit der Mehrheitseinschätzung übereinstimmt. Alle anderen Mehrheitsmeiner erhalten wieder einen Punkt.
Blau sind schließlich die Top-oder-Flop-Karten. Hier muss man Fragen beantworten wie zum Beispiel 'Wenn ich eine Süßigkeit wäre, was wäre ich dann?' oder 'Welche Sportart passt als Rentner zu mir?'. Der Spieler, der an der Reihe ist, benatwortet diese, und die andere Spieler geben dann (gleichzeitig, auf Kommando) ihre Meinung kund mit einem ausgestreckten Daumen: Daumen hoch (Top) oder Daumen runter (nicht überzeugend, Flop). Hier erhält wieder jeder Mehrheitsmeiner einen Punkt, der aktive Spieler erhält zwei Punkte, wenn die Mehrheitsmeinung 'Top' ist.
Wer eine Frage zu 'persönlich' findet (wobei die Fragen in diesem Spiel größtenteils eher harmmlos sind), kann sich jederzeit und beliebig oft mit der Karte 'Ohne mich' aus der Laufenden Runde heraushalten. Man kann dann weder teilnehmen noch in einer 'Das bist doch du‘-Runde als Ziel gewählt werden. Da man auf diesem Wege auch nicht vorwärts kommt und das Spiel dann so noch länger dauert, wird man diese Karte allerdings nur äußerst selten einsetzen.
Zu dritt dauert so ein Spiel mindestens 6 2/3 Runden, eher mehr. Bei mehr Spielern sinkt zwar die Mindest-Rundenzahl, aber es steigt die Zahl der einzelnen Kartenfragen. Alles in allem ist so ein Spiel aber nach einer halben bis einer Stunde abgelaufen.
Wie ich schon schrieb: dies ist, wie auch Partyspiele, nicht unbedingt mein Spiel. (Zudem kenne ich bereits mehrere Beziehungen, die unter anderem, aber natürlich nicht ausschließlich an einem derartigen Spiel untergegangen sind.) Verglichen mit anderen 'Kommunikationsspielen' hat es mich wenigstens ein wenig reizen können, was von meiner Seite aus bereits ein großes Lob ist. Für mich haben die 'Top oder Flop‘-Fragen das Spiel 'gerettet' – manche von diesen sind wirklich ideenreich und regen die Phantasie an.
Für Leute, die solche Spiele schön finden, ist Gefährlichehrlich sicher auch eine gute Wahl – Leuten, die dieses Art Spiele nicht mögen, werden aber auch hierdurch nicht überzeugt werden.
Hersteller | Aktuell-Spiele-Verlag |
Autoren | Konrad Bochennek, Anja Holzapfel |
Spieler | 3-8 |
Denken | 7 |
Glück | 1 |
Geschicklichkeit | 0 |
Preis | € 19,95 |
„(Zudem kenne ich bereits mehrere Beziehungen, die unter anderem, aber natürlich nicht ausschließlich an einem derartigen Spiel untergegangen sind.)“
hey, DAS klingt doch mal nach nem spaßigen spieleabend ;)
[…] Thema Ernährung ist Aufgetischt EUF vom Aktuell-Spiele-Verlag, von dem wir hier ja auch bereits Spiele rezensiert […]