Werwolf mit Mäuseohren

Kemomimi Panic

‚Wie bitte? Kemomimi? Meinst Du nicht Nekomimi?' seufz So etwas geschieht, wenn die Mitspieler nur eine gewisse Basisausbildung in japanischer Kultur aufweisen. Nekomimi (Katzenohren) sind allgemein bekannt, weil man diesem Phänomen auch im 'täglichen Leben' begegnen kann – meist allerdings in Filmberichten aus Japan. Und dann gibt es noch NeuroWear, die mit ähnlicher Technik wie NeuroSky gehirngesteuerte Katzenohren verkaufen wollen – die Filme auf der Webseite von Neurowear sehen ganz nett aus.

Kemomimi sind in Japan die verallgemeinerte Form, übersetzt heisst das so viel wie 'Tierohren'. Der Name stammt aus der Tatsache, dass in vielen Manga und Anime anthropomorphe Tiere – die Hände, Füße und allgemein einen menschlichen Körperbau haben, und die oft nur an ihren Tierohren als Tiere zu erkennen sind – die Hauptpersonen oder zumindest wichtige Personen sind. Um ein Dorf, in dem solche Tierwesen hausen, geht es bei Kemomimi Panic – das Überleben des Dorfes steht auf dem Spiel.


In der Spieleschachtel findet sich neben einer japanischen Regel (die englische Regel wurde außen in eine Hülle aufgeklebt, eine deutsche Regel kann man bei Ardclight downloaden(PDF). Die Regel ist auch bei Boardgamegeek zu finden – keine Angst, wenn da auf der Seite steht, die Regel sei auf Englisch – ist sie nicht) noch folgendes Kartenmaterial:

  • 23 Charakterkarten
  • 1 Zielkarte
  • 12 Rollenkarten
  • 8 'Fälschungen‘
  • eine Mondkarte

Die Karten sind, was das Material angeht, von ordentlicher Qualität. Die Illustrationen sind… nunja, japanisch eben. Das heisst zum einen, dass die deutlich im Manga-Stil gezeichnet sind, zum anderen aber auch, dass sie teilweise schon ziemlich … gewagt … sind (nein, nicht hentai, aber als ecchi kann man sie schon bezeichnen). Auch sind alle Charaktere weiblich :)

Die Existenz dieser weiblichen Kemomimi scheint abhängig zu sein von bestimmten Juwelen – wird ihnen das Juwel gestohlen, müssen sie das Dorf verlassen. Daher besitzen auch alle Kemomimi gefälschte Juwelen, die eventuellen Dieben zuerst in die Hände fallen sollen – und es in diesem Spiel auch automatisch tun.

Einem der (bis zu sieben) Mitspieler – bei acht Mitspielern sind es zwei – wird nämlich zu Beginn einer Runde die Rolle des Superdiebes 'Crescent Moon' zugewiesen (in der Deutschen Übersetzung steht an Stelle der 'Mondsichel' "Halbmond“). Bei acht Mitspielern kommt der zweite Dieb "Vollmond“ noch hinzu. Außerdem wird ein Mitspieler möglicherweise als 'Informant' angewiesen, der nur gewinnt, wenn eigentlich ein Dieb gewinnen würde.

Wo ich gerade schon die Bezeichnung 'Halbmond' bekritisiere: auch die deutsche Übersetzung des Spieltitels als 'Chimärenpanik' und der Kemomimi als 'Chimären' finde ich nicht gerade treffend. Chimären haben schließlich eine wesentlich negativere Konnotation als 'Kemomimi' im Japanischen. Schließlich findet sich in der deutschen Spielregel noch ein kleiner Fauxpas: bei der Liste der vorgeschlagenen Rollen (nicht Charaktere) für sechs Spieler werden nur 5 Rollen angegeben. Im englischen Text ist einfach noch ein weiterer Bürger dabei.

Das erwähnte 'möglicherweise' über den Informanten wird schlau eingefädelt: es gibt ja wie gesagt 12 'Rollenkarten‘, von denen je eine die beiden Diebe kennzeichnet, eine ganze Menge 'Bürger' (zum Teil mit zusätzlichen Eigenschaften), und eben eine den Informanten. Zu Beginn einer Runde werden die Rollen ausgesucht – Diebin, Informantin, und für die übrigen Spieler je eine Bürgerkarte. Die Diebin (oder Diebinnen) wird aus dem Stapel genommen, dafür wird eine (zwei) weitere Bürgerkarte untergemischt. Anschließend wird genauso viele Karten aus dem Stapel zufällig und blind entfernt – es ist also gut möglich, dass der Informant nicht im Spiel dabei ist, und man das erst am Spielende mitbekommt. Dann wird der Dieb wieder untergemischt und jedem Spieler eine Rolle geheim zugewiesen.

Der Dieb muss den anderen Teilnehmern die Juwelen stehlen, wobei in jeder Runde jemand angeklagt wird und ihm, wenn er/sie schuldig gesprochen wird, ebenfalls seine Juwelen verliert. Klingt bekannt? Höre ich da jemanden sagen, dass da wohl eine der Kemomimi Wolfsohren (oder genauer Werwolfsohren) trägt? Nunja, das Spiel ähnelt in manchem dem klassischen Werwolf, in anderen Beziehungen eher Lupus Burg, hat aber dennoch einige eigene Besonderheiten.

Die erste ist eine 'Two Strikes‘-Strategie. Dabei geht zunächst immer die Fälschung verloren, erst beim zweiten 'Strike' scheidet ein Spieler aus und deckt seine Rollenkarte auf. Den Schmuck (Fälschung oder Original) verliert man entweder durch einen Schuldspruch (beim ersten Mal ist eine Verurteilung also noch nicht der Ausschluss) oder durch Handlung des Diebes. Wie bestimmt der Dieb aber, wen er bestiehlt, wo es auch hier (wie bei Lupus Burg) keine Spielleitung gibt, die von allen Spielern weiss, was sie sind?

Nun, ganz ähnlich wie bei Lupus Burg: die Zielkarte liegt in der Mitte, alle Spieler legen ihre rechte Hand so, dass sie nahe an der Zielkarte liegt (aber nicht darauf oder diese berührt). Dann schließen alle die Augen, und einer zählt von zehn nach 1. In dieser Zeit kann der Dieb die Karte so drehen, dass sie auf das gewählte Opfer zeigt.

Wieso alle Hände nach innen? Macht es das nicht noch einfacher zu fühlen, wer der Dieb ist? Interessanterweise nein – wenn sich jemand speziell nach vorne lehnt um die Karte zu drehen, merkt das der Sitznachbar noch viel schneller.

Das Spiel endet, wenn entweder der Dieb (die Diebe bei 8 Spielern) verbannt wurde – in dem Fall gewinnen alle Bürger, auch die im Exil, aber nicht der Informant -, oder wenn nur noch zwei Kemomimi im Dorf sind. Wenn dann nur noch ein Dieb dabei ist, und der andere ein Bürger, gewinnt der Dieb. Wenn aber neben dem Dieb noch der Informant übrig ist, gewinnt der Informant, und der Dieb geht doch leer aus.

Laut Regel wird in mehreren Runden gespielt, wobei Bürger beim Sieg 2 Punkte gewinnen, ein Dieb beim Sieg 3, ein Informant 7. Die Punktezuordnung scheint vielleicht den Informanten zu begünstigen, aber da er bis zum bitteren Ende dabei bleiben muss, und auch noch dafür sorgen muss, dass der Dieb es auch schafft, aber ohne den Dieb auf sein Ziel aufmerksam zu machen – dann würde der Dieb ihn ja bevorzugt aus dem Dorf jagen -, ist die saftige Belohnung auch angemessen.

Ein interessanter Effekt ist auch, dass durch die '2 Strikes‘-Regel dem Dieb bestimmte taktische Manöver möglich sind – zum Beispiel, indem er sich selbst die Fälschung stiehlt, um sich unverdächtig zu machen, und dann die Mitspieler auf die 'verdächtigen' Kemomimi hetzt, die noch ihre Fälschung haben… Obendrein bleibt ein Spieler so auch etwas länger im Spiel als bei Werwolf.

Kemomimi Panic ist eine nette Variation des alten Werwolf-Themas. Allerdings sollte man IMHO die Karten, wenn man das Spiel besitzt, in Hüllen stecken (wie sie auch für Sammelkarten- und Deckbuildingspiele verwendet werden) und die Deutsche Erläuterung der Fähigkeiten ausdrucken, ausschneiden und mit in die Hülle stecken. Es erspart einem während des Spiels eine Menge Nachfragen.

Das Spiel ist leider nicht leicht erhältlich – außerhalb Japans scheint es nur Cardhaus anzubieten, zu ziemlich gepfefferten Preisen. Man könnte allerdings bei Arclight einmal per Mail nachfragen. Der Preis in der Tabelle ist der einfache umgerechnete Preis aus Yen nach Euro.

Hersteller Arclight Games
Autor Shin… äh… Masayuki Kudo
Spieler 4-8
Denken 8
Glück 5
Geschicklichkeit 1
Preis € 23,40 (2992 Yen)

Ein Kommentar

  1. […] allem als Distributeur von guten Spielen. Arclight ist ein japanischer Verlag, von dem wir bereits Kemomimi Panic und Tango Cuore – sowie dessen erste Erweiterung – besprochen […]

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