Steinzeit-Spiele

caveCaveMaster

„Rollenspiel, wie es unsere Vorfahren in der Steinzeit gespielt haben“ – das ist die Behauptung, die die Macher von CaveMaster verwenden, um das neue Rollenspiel anzupreisen.

Aber bevor ich mehr über das Spiel selber sage, im Sinne einer Full Disclosure : CaveMaster wurde über Kickstarter finanziert, und bei einem Finanzierungsziel von 3.000 Dollar wurde mit 3.291 Dollar Einzahlungen das Ziel nur knapp erreicht – und der Autor dieses Artikels hat ebenfalls mit eingezahlt.

Mir liegt das System dementsprechend auch als PDF-Datei vor, eine Datei von insgesamt knapp 20 MB, insgesamt 107 Seiten (einschließlich einer Reklameseite am Ende).

Zunächsteinmal ein paar Worte zu den "Äußerlichkeiten“: neben der Titelseite ist nur eine großmaßstäbliche Landkarte farbig, der Rest ist schwarz-weiß. Die Illustrationen reichen von hervorragend bis hin zu "hat das ein Kind gezeichnet?“ – wobei letztere Zeichnungen dann oftmals sehr stimmungsvoll wirken, beinahe wie Höhlenzeichnungen. Die Seiten werden eingerahmt von einer Schmuckleiste mit Pfeilspitzen, was erst in dem Moment verwirrend ist, wenn man bemerkt, dass der Bogen bereits eine Waffe ist, deren Technik sich den Spielerrassen (noch) nicht erschlossen hat.

Der Aufbau des Regelwerks ist eher klassisch: nach dem unvermeidlichen Flavortext (der mir hier aber gut gefallen hat) kommt zunächst die Charaktererschaffung, dann kommen die Regeln zu Konflikten, und erst am Ende kommt die Weltbeschreibung. Angesichts der Themenstellung – Steinzeit – stört die "Unkenntnis“ der genauen Kampagnenwelt hier weniger als es bei vielen anderen Systemen der Fall wäre: Mit dem Thema kann wohl jeder ein wenig anfangen.

Was benötigt man außer dem Regelbuch noch? Vor allem: Man benötigt weder Würfel noch eine ausgefeilte Charakterverwaltung. Alles, was man benötigt, hätte ein Steinzeitmensch bereits zur Verfügung gehabt.

Zunächst einmal braucht man ein Stück Tierhaut, etwa so groß wie zwei gespreizte Hände – moderne Menschen dürfen auch ein Blatt Papier verwenden. Dann einen Zweig, der im Feuer angekokelt wurde – für modernere Menschen bietet sich ein Bleistift oder gar ein Kugelschreiber an. Und man benötigt ein paar Kieselsteine, etwa so groß wie ein Zahn. Wer nicht in den Garten gehen will oder kann, kann auch gläserne oder andere Schmucksteine im Hobby- oder Einrichtungsladen erwerben: die Steine sollten so groß sein, dass man sie gut handhaben kann, aber so klein, dass man etwa ein halbes Dutzend in der geschlossenen Faust halten kann, ohne dass man sieht, dass die Steine drin sind.

Während die Steinzeitspieler in einer Höhle im Schneidersitz im Kreis saßen, ist natürlich auch nichts dagegen einzuwenden, das ganze ins Wohnzimmer an den Tisch zu verlegen. Und wo die Steinzeitmenschen evtl. Zweige, Stöckchen oder ähnliches verwendeten um Situationen nachzustellen, kann man natürlich auch Zinnminiaturen verwenden – aber die sind eindeutig nicht mehr "in style“.

Die Fähigkeiten eines Charakters werden ausgedrückt in "Steinen“. Ein großer Kreis auf dem Zettel wird verwendet für alle "nicht spezialisierten“ Steine, um diesen Kreis herum kommen einige kleinere Kreise für Spezialisierungen. Zur Erschaffung werden sechs "Kernsteine“ empfohlen, von denen ein paar während der Erschaffung noch spezialisiert werden.

Die erste Spezialisierung ist die Rasse des Charakters. Hier sollte die Gruppe sich vorher einigen, ob alle Charaktere aus einer, maximal zwei Sippen (und damit Rassen) stammen sollen, oder es sich um eine wirklich gemischte Gruppe handeln soll. Jede Rasse hat ihre eigene Spezialisierung – zum Beispiel sind die Tanui besonders begabte Bootsbauer und -fahrer, oder die höhlenbewohnenden Rogok sind besonders stark. Um dies zu kennzeichnen, wird ein Stein von den Kernsteinen in den Rassenkreis verlegt – außer bei den "Erfindern“ Yorwa und den Rogok-Frauen, die so aber einen extra Kernstein übrig behalten und somit etwas flexibeler bleiben.

Die zweite Spezialisierung ist der "Beruf“: Jäger, Sammler, Krieger, Heiler… Auch hier wird ein Kreis angelegt und ein Stein verschoben.

Zuguterletzt hat jeder Charakter noch die Möglichkeit eine Eigenschafts-Spezialisierung zu haben: schnell, stark, scharfe Augen… Auch hierfür wird ein Kreis gezeichnet und ein Stein verschoben. Hier kann man allerdings auch die größere Flexibilität wählen, und keine zusätzliche Eigenschaft markieren.

Für alle diese Dinge braucht man keinen einzigen Buchstaben zu schreiben: Es reicht, Symbole zu zeichnen, die die Fähigkeiten kennzeichnen – und im Regelwerk werden für die Rassen und Berufe passende Symbole vorgeschlagen.

Neben all diesen Fähigkeiten und den – je nach Charakter – 3 bis 5 Kernsteinen hat man dann noch die Wahl eines besonderen "Gegenstandes“. Das kann ein eigenes Boot sein für einen Tanui, ein Schild, ein Haustier… aber auch ein besonderer Aussichtspunkt, von dem aus ein Jäger besonders gut sehen kann, wo die Jagd sich lohnt. Dieser besondere Gegenstand wird ohne Kreis auf dem Charakterleder markiert, und das Spiel kann beginnen. (Um beim nächsten Mal noch zu wissen, wie viele Steine wo lagen, kann man die jeweiligen Kreise mit entsprechenden Strichen markieren…)

Wie funktioniert jetzt eine "Probe“, wo es doch keine Würfel gibt? Nun, der Spieler nimmt seine Kernsteine in die Hand und verteilt sie (ohne dass der Spielleiter es sieht) auf die beiden Hände. Gleichzeitig nimmt der Spielleiter Steine entsprechend der Schwierigkeit der Aufgabe und tut dasselbe. Dann wählt jeder Spieler eine der beiden Hände des anderen, und grundsätzlich gilt: Wer mehr Steine in der gewählten Hand hat, hat gewonnen.

Ist es hierbei nicht schlecht, dass ein Teil der Kernsteine in andere Kreise ausgelagert werden mussten – die sind ja nicht mehr für die Probe verfügbar? Ja und nein: Wenn eine Eigenschaft, ein Beruf oder ähnliches auf dem Charakterbogen die Probe beeinflusst, werden die entsprechenden Steine mit in die geöffnete Hand gerechnet. Stark-2 (mit späterer Steigerung) würde zum Beispiel bedeuten, dass zu jeder Kletterprobe zwei Steine in die Hand hinzuaddiert werden, bevor die Steine verglichen werden. So sind die Steine, die "ausgelagert“ wurden, zwar effektiver, aber eben nicht mehr so flexibel: ein Stark-Stein kann in der Regel eine Suchen-Probe nicht verbessern, verbessert dafür aber eine Kraft-Probe automatisch, egal welche Hand gewählt wurde.

Entsprechend funktioniert auch Schaden: es werden zumindest zeitweise Steine aus den Kreisen im Charakterzettel entfernt. So kann auch ein (Kopf-)Treffer dazu führen, dass ein verletzter Charakter zwar immer noch genauso gut kämpft, aber bei anschließenden Spurenlesen-Proben durch die Kopfschmerzen noch Nachteile erleidet.

Das ganze wird noch angefüllt mit Regeln zu Patzern (wenn man eine leere Hand riskiert und ausgerechnet die vom Spielleiter gewählt wurde) und Überzahlkämpfen (der Unterzahlkämpfer sucht sich einen Gegner aus, der normal angegriffen wird; gegen den Rest kann er nur verteidigen, aber selber keinen Schaden machen), sowie zu Heilung.

Die Steigerung ist auch interessant geregelt: am Ende jeder Sitzung stimmen die Teilnehmer ab, welcher Charakter am meisten zum Erfolg der Sitzung beigetragen hat – wobei Charaktere nicht gewählt werden können, die bereits einen "Vorsprung“ in Steinen haben. Der Abstimmungssieger erhält einen zusätzlichen Stein, den er verwenden kann um einen bestehenden Kreis zu verbessern, oder auch um einen zusätzlichen Kreis zu erwerben. Also beispielsweise besonders stark (Stark-1 nach Stark-2), oder zusätzlich aufmerksam, oder auch einfach einen zusätzlichen Kernstein, um für künftige Proben mehr Auswahl zu haben…

Haben die Steinzeitmenschen auch Zauberei und Naturgeister? Also, ihnen folgen tun sie natürlich, aber es ist der Spielrunde überlassen, ob und wie sehr Übernatürliches in die Kampagne einspielen soll. Es gibt jedenfalls auch hierzu gute, passende Regeln.

Und die Weltbeschreibung ist teilweise deutlich klischeehaft, was aber auch ausdrücklich gesagt wird. Die Steinzeitwelt, die hier abgebildet wird, ist entsprechend eher ein "Stonepunk“ als "Stone Age“, und die Literaturliste beinhaltet nicht von ungefähr Klassiker wie "One Million Years B.C.“ oder "Clan of the Cave Bear“, und es wird auch ungeniert beispielweise ein T. Rex oder ein Velociraptor als mögliche Gegner (aus einem "verlorenen Tal“ wie in den Geschichten beispielweise um Prof. Challenger) angeboten. Und für Leute, die einen Kampagnenhöhepunkt suchen, gibt es auch Alien-Astronauten oder Zeitreisende im Angebot.

Das System bietet einige neue Gedanken, die man auch für andere Zeiten / Welten verwenden kann (in der Facebook-Gruppe gibt es beispielsweise eine Adaption A Game of Stones, bei der das System für eine Game-of-Thrones-Kampagne angepasst wird). Aber auch für Steinzeit-Fans und alle, die einmal ein etwas anderes System suchen, ist CaveMaster sicher einen Blick wert.

Hersteller UniGames
Autor Jeff Dee & Talzhemir Mrr
Spieler RPG
Denken RPG
Glück RPG
Geschicklichkeit RPG
Preis ca. € 9,05 (PDF; aktueller Preis bei Lulu)

Ein Kommentar

  1. […] fand, aber anderes wurde vernichtet. Jeff Dee, einer der Künstler (und unter anderem auch beim CaveMaster-Rollenspiel beteiligt) will seine eigenen Werke wiedererschaffen, und legt hierfür in […]

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