Selbstverwirklichung

sorprenSorprendedores

Spiele zu Büchern oder Filmen gibt es ja des öfteren. So auch dieses – Sorprendedores ist von El Sorprendedor, einem spanischen Bestseller inspiriert worden. Der Name läßt sich schwerlich übersetzen, das englische "Karma Business“ geht in die richtige Richtung, aber ein wirklich treffender deutscher Begriff fällt mir dazu auch nicht ein.

Im Spiel übernimmt jeder Spieler die Rolle eines Unternehmers, der sich seinen jeweiligen Lebenstraum erfüllen möchte. Dazu wählt man zu Beginn einen von je 5 Vorschlägen aus, die man erhält – auf der Rückseite erfährt man dann, was man zur Erfüllung erreichen muß – Gewinnpunkte in 1-3 Bereichen und Karmapunkte.

Ja, Karmapunkte – und das hier ist nicht Shadowrun. Karma – das Prinzip zieht sich durchs ganze Spiel, und je mehr Punkte man hat, umso besser ist das Karma, und umso bessere Dinge können einem durch Zufallsereignisse widerfahren – wer schlechtes Karma hat, hat möglicherweise viel Geld, aber dafür auch Probleme anderer Art. Und Karma erhält man hier eher durch einige selbstlose Aktionen – oder auch dadurch, dass man jemandem einen Arbeitsplatz gibt (in einer der eigenen Unternehmungen – diese zu gründen und aufzubauen ist das Hauptelement des Spieles).

Ja, Unternehmungen. Diese wollen die Spieler gründen, aufbauen, damit Geld verdienen und dieses in wieder größere Unternehmungen stecken, denn diese liefern die gewünschten Siegpunkte (je nach Unternehmung vom Typ Herz, Stern oder Lotos); um diese gründen zu können, braucht man die jeweils passenden Ressourcen (bekommt man jede Runde aus Karten, aber ob sie passen ist ggf. etwas Glückssache), sowie eine "persönliche Entwicklung“ (auch eine Karte), und – auf Stufe 2 und 3 – auch Kapital in Form von Geld. Geld hat man zwar etwas zu Anfang, aber um weiterzukommen braucht man davon mehr, und dafür sind die Unternehmungen ja da – je weiter man sie ausbaut (sprich, Mitarbeiter einstellt, Werbekampagnen fährt etc.) umso mehr Chancen haben diese, Gewinn abzuwerfen.

Unternehmungen höherer Grade werfen natürlich mehr Gewinn ab, kosten aber auch mehr im Unterhalt (höhere Personalkosten).

Eine zusätzliche Möglichkeit, Gewinnpunkte aus den Unternehmen zu ziehen, ist, einen Wirtschaftszweig für sich zu sichern (die Unternehmen tragen dafür Icons, die anzeigen, was sie repräsentieren – bspw. Kommunikation, Mode, Ökologie oder Fitness). Wenn man das gleiche Symbol in verschiedenen Unternehmensleveln sein eigen nennt, gibt das Bonuspunkte.

Der Spielverlauf kann, wenn man es einmal verstanden hat, sehr zügig sein, und die angegebene Spieldauer von ca. 30 Minuten kann sogar der Wahrheit entsprechen – aber sicher nicht im allerersten Spiel. Dazu muss man das doch etwas komplexere Procedere erst einmal verstehen. Ist das erst einmal getan, bitte, dann kann eine Runde wirklich schnell zu Ende sein.

Allerdings hat man dann eher wenig vom Flair des Spiels – und hier kommen wir zu den Problemen.

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Erstens: die Ressourcen, Entwicklungs- und Karmakarten sind sehr klein und auch entsprechend klein bedruckt – Leute mit schlechten Augen sind im Nachteil. Schön, dass die Karten zweisprachig sind – spanisch und englisch – aber größer wird die Schrift davon natürlich auch nicht gerade. Zur Einschätzung: Das Bild links zeigt eine der Karten, das Bild rechtsunten die Schachtel mit Inhalt. Die links abgebildete Karte ist eine der Karten in den vier Stapeln ganz rechts unten.

Da sind die Unternehmenskarten schon weit besser – schön groß, mit schöner Grafik und übersichtlich.

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Größe ist beim Spielgeld – das in der bei GenX beliebten Pappchipform vorliegt – nun nicht gerade vorhanden, und leider sind die Geldscheine auch nur einseitig bedruckt, was dem Bankier auch nicht gerade Freude bereitet.

Schön sind hingegen wieder die Chips aus durchsichtigem stabilen Plastik, die die Mitarbeiter repräsentieren. Sie sind semitransparent, was nützlich ist, da man durch sie hindurch noch Zahlen erkennen soll,was auch funktioniert.

Die Pöppel, die den jeweiligen Spieler repräsentieren, sind einfach, aber in Ordnung; der Sonderwürfel ist ein blanko W6, der zunächst beklebt werden muss, und der W10 ist ein Standardwürfel.

Bleiben noch die Karmacounter – auch einfache, recht kleine Pappmarken, und da diese im Laufe des Spieles oft dazugewonnen und wieder ausgegeben werden, auch nicht allzu handlich… Ach ja, es gibt auch noch einen Loan-Streifen, zur Markierung von Krediten und entsprechender Tilgung – wir haben ihn bei keinem unserer Testspiele benötigt, vielleicht weil die Möglichkeit, Schulden zu machen, nicht sonderlich attraktiv für den Spielverlauf war. Noch einmal zum letzten Bild: der Loanstreifen ist der große Pappstreifen in der Mitte, die kleinen Pappmärkchen darunter sind Geld- und Karmacounter.

Was bei unseren Spielrunden auch kaum geschah – obwohl es erlaubt ist – ist das Handeln von Ressourcen usw. der Spieler untereinander – erlaubt ist, was die Spieler akzeptieren – ähnlich im Stile wie z.B. bei den Siedlern – aber es geht auch ohne.

Die Spieliedee an sich ist wirklich schön – allein, die Umsetzung ist zumindest materiell ein Problem. Die Spielanleitung ist teilweise etwas holprig (in Englisch) übersetzt (ich kann ja zum Glück auch Spanisch, aber das kann ja nicht gerade jeder von sich behaupten). Das Vokabular auf den Ressourcenkarten ist zwar für das Spiel nicht wirklich nötig (im Endeffekt zählt spieltechnisch nur die Farbe der Karte), aber fürs Flair des Spiels lohnt es sich schon, diese zu lesen, und das verlangt zumindest stellenweise schon etwas mehr als einfaches Schulenglisch.

Bleibt der Karton, der ein derzeit recht populäres, quadratisches Format hat, das derzeit viele europäische Spiele benutzen – und der nicht mal zur Hälfte gefüllt ist, im Gegenteil, und eine Unterteilung ist auch nicht drin. Bei der Menge an Countern sind Ziplocks ein Muss, sonst wird man beim Sortieren rammdösig. Und das ganze zu einem Preis, der bei der Materialwahl einfach nicht gerechtfertigt ist.

Insofern ein sehr gemischtes Fazit – eine schöne Spielidee, und auch das Spiel selbst ist gut und macht auch Spaß, aber das Material steht in keinem Verhältnis zum Preis; bei einem Spiel über 30 € erwarte ich z.B. Glassteine als Counter für Karmapunkte, beidseitig bedruckte Geldscheine und stabilere und vor allem größere Karten. Wäre der Rest des Spieles auf demselben Niveau wie die Unternehmenskarten gehalten, könnte man zumindest über den Preis diskutieren, in dieser Ausführung sollte das Spiel erstens einen kleineren Karton bekommen und zweitens nicht mal die Hälfte kosten.

Ein weiterer Punkt: Es hat, wenn man es erst einmal kennt, nicht unbedingt den hohen Wiederspielwert als Familienspiel. Es macht vielmehr Spaß mit neuen Leuten am Tisch, die vielleicht weniger bekannt und somit berechenbar sind, und wäre daher eher ein guter Kandidat für Spielotheken, Spiele/Freizeitzentren etc.

 

Hersteller GenX
Autoren Rubén Chacón & Sergio Fernández
Spieler 2-4
Denken 6
Glück 5
Geschicklichkeit 0
Preis ca. 35 € (Straße) / 39,95 € (Liste)

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