Crowdfunding für Spiele
In den letzten gut drei Jahren hat sich ein Phänomen ausgeweitet, das vom Ansatz her bestenfalls für hochgezogene Augenbrauen gesorgt hätte – bevor die ersten Beispiele dieses Phänomens Erfolg zeitigten. Es begann schon im vorigen Jahrhundert mit Privatprojekten – die britische Rockgruppe Marillion bat ihre Fans, für eine USA-Tour Geld zu spenden … und verdiente damit 60.000 $. Später ließ die Band auf dem Wege noch mehr Produkte finanzieren, zum Beispiel das Album Anoraknophobia.
Anfang dieses Millenniums kamen dann die ersten Websites, die nicht für eigene Projekte, sondern für dritte Parteien Geld sammelten. Richtig durchgestartet ist die Idee aber erst mit Kickstarter.
Und es sind auch nicht mehr nur Musikproduktionen, die sich so finanzieren lassen. Armbanduhren, Computerspiele, Filme, Bücher, Schmuck, Socken die nie Löcher zeigen sollen, Steaksaucen, Pralinen … und natürlich auch Spiele. Nicht nur Computerspiele, sondern auch Brett-, Karten- und Rollenspiele werden so finanziert.
Beispiele für Spiele, die auf der SPIEL ab Donnerstag erhältlich sein sollen, die über Kickstarter finanziert wurden: die Sid Sackson Signature Series, Mutant Meeples…
Ein gewisses Risiko ist natürlich immer bei solchen Projekten gegeben. Es kann immer passieren, dass jemand ein Projekt vollmundig ankündigt, und dann feststellt, dass das nicht (oder nicht so) funktioniert. Andererseits gibt es auch immer wieder "mal Projekte, die sogar deutlich früher als in der Ausschreibung versprochen ausliefern.
So sollte das oben bereits erwähnte Mutant Meeples schon im April erscheinen. Aber dann wurde Pegasus Spiele bei Bézier Games vorstellig, und bot an, das Spiel zur selben Zeit auf den europäischen Markt zu bringen, wie es auf dem Amerikanischen erscheinen sollte, und das Spiel (bei höherer Materialqualität) bei LudoFact drucken zu lassen. Allerdings führte das auch zu etwa einem halben Jahr Verspätung, so dass die ersten Exemplare eben auf der Spiel verfügbar sein werden…
Manchmal kann es auch spannend sein, zu sehen, wie sich ein Projekt entwickelt. Das von mir hier bereits einmal erwähnte "SMASHING SONGS OF STAGE AND SCREEN“ von Big Daddy war so ein Fall. Ein Finanzierungsziel von 35.000 Dollar ist schon ein ziemlicher Brocken, und es sah dementsprechend auch lange Zeit so aus, als würde es nicht klappen. Auf knapp einen Monat angesetzt, hatte das Projekt nach 5 Tagen gerade einmal die 5.000-Dollar-Marke geknackt, und wenn ich mich recht erinnere, waren es etwa eine Woche vor Ende des Kickstarters noch immer mehr als 10.000 Dollar, die fehlten.
11 Stunden vor Toresschluss stand der Zähler dann bei 28.000, zwei Stunden später bei 29.000. Ich denke, viele dachten, dass der Kickstarter knapp unterfinanziert bleiben würde – ich fürchtete das zu diesem Zeitpunkt jedenfalls.
Noch einmal fünf Stunden später: 4 Stunden vor Ende wurde gerade einmal die 30.000 überschritten. Und dann ging es plötzlich rund. In den nächsten zwei Stunden kamen noch einmal 2.000 Dollar rein, und in den letzten zwei Stunden stieg der Zähler dan von ca. 32.000 auf über 36.000. Das stimmt: rund 4.000 Dollar in den letzten zwei Stunden! Ich kann mir vorstellen, dass das für viele eine (nette) Überraschung war.
Sicher war ein wichtiger Grund für den Erfolg, dass Neil Gaiman persönlich für diesen Kickstarter Reklame machte – sein eigener, den er zusammen mit seiner Ehefrau Amanda Palmer angeboten hatte, eröffnete damals IIRC an einem Mittwoch gegen 2 Uhr mittags unserer Zeit – und als ich gegen 4 Uhr nachsah, waren die minimalen 20.000, die nötig waren, bereits überschritten…
Aber auch Spiele können derart massiv überfinanziert werden. Beispiele aus jüngerer Zeit hierfür sind die Miskatonic School for Girls (Ziel: 11.500 / erreicht: 63.700), Appendix N Adventure Toolkits (1.000 / 18.900), Deadlands Noir (8.000 / 117.600), tremulus (5.000 / 62.700), Tenra Bansho Zero (9.000 / 129.600) und rein vom Verhältnis Ziel/erreicht her beeindruckt der noch 15 Tage laufende Cthulhu Haiku and other Mythos Madness (13 Dollar nötig – steht jetzt bei über 1.000 Dollar)
Gemeinsam können also auch Projekte verwirklicht werden, für die auf normalem Wege keine Finanzierung möglich ist. Ein gutes Beispiel für den alten Spruch "Einigkeit macht stark“…
(Dieses Posting wurde geschrieben als Teil des diesjährigen Blog Action Day zum Thema "The Power of We“.)
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