Gilden-Klüngel

GuildhallGuildhall

Guildhall ist das neueste Produkt aus dem Hause Alderac Entertainment, einem für qualitativ hochwertige Spiele sowohl im Gesellschafts- als auch Rollenspielsektor bekannten kanadischen Verlag. Was erwartet nun den Spieler, der die mittelgroße (ca 20 x 20 cm) Schachtel öffnet, auf dem einen schon mehrere mittelalterliche Gestalten gewinnend anlächeln?

Nun, das Spiel besteht vor allem aus Karten – und zwar 120 Berufskarten (6 Berufe in 5 Farben, also je 4 Exemplare jeder Karte), 30 Siegpunktkarten und 52 Siegpunktcountern, die noch aus dem Stanzbogen gedrückt werden müssen, was recht gut ging. Die Karten haben eine angenehme Spielkartengröße und auch gute Qualität, die Grafiken sind stimmungsvoll, und die Symbolik ist passend einfach, um die jeweiligen Funktionen zu erklären.Das Spiel versetzt die Spieler ins Mittelalter, genauer, in die Zeit, als die verschiedenen Berufe sich langsam zusammenrafften, so etwas wie Gilden aufzubauen – und genau das ist das Ziel der Spieler. Sie versuchen, möglichst komplette Berufsgruppen in ihr Gildenhaus zu bekommen, und das bitte bevor es den Gegenspielern gelingt, denn dadurch kann man ordentlich Siegpunkte abstauben. Bei 20 Siegpunkten gewinnt man – zumindest ist das der Vorschlag der Grundregel (die übrigens auf Englisch und Deutsch vorliegt und auch als PDF auf der Site von Alderac heruntergeladen werden kann). Man kann sich auch auf andere Punktzahlen einigen, vielleicht auch im Hinblick auf die Spieldauer (die angegebenen 30 Minuten halten wir nach wie vor für etwas illusorisch, wenngleich das Spiel, wenn man die Mechanik erst einmal verinnerlicht hat, deutlich schneller geht – die Einarbeitung braucht etwas Zeit).

Wie also funktioniert das Ganze? Nun, eine Karte hat zweierlei Funktion – einerseits möchte man sie in sein Gildenhaus bekommen, um damit Punkte zu kassieren. Andererseits hat auch jede Karte eine zum Beruf passende Funktion, für die sie ausgespielt werden kann, und deren Wirkungsgrad davon abhängt, wie viele Karten dieser Berufsgruppe schon im Gildenhaus des Spielers ausliegen – je mehr, desto mächtiger ist die Funktion. So helfen Weberinnen dabei, überhaupt Karten ins Gildenhaus zu bekommen, aber auch Historiker können das, wenn auch über den Umweg des Ablagestapels. Händler tauschen Karten in verschiedenen Gildenhäusern miteinander aus, Tänzerinnen bringen neue Karten auf die Hand und Extraaktionen (und somit neuen Schwung in Spiel), Farmer können schlicht und einfach (wenn auch wenige) Siegpunkte generieren, und Assassinen – nun, die kommen ihrem Handwerk nach und entsorgen schon mal ein paar unliebsame Mitbewerber.

Klingt ja noch relativ einfach – aber klingt auch nur so. Wie erwähnt haben die Berufskarten ja auch 5 verschiedene Farben, und in einer Gruppe, die sich im Gildenhaus ansammelt, darf da keine Dopplung auftauchen. Noch schlimmer: Eine Karte, die man im Gildenhaus hat, darf man nicht zum Ausspielen nutzen, sondern man muss eine Karte spielen, die man noch nicht auf seiner Spielfläche liegen hat. Und ob man gerade die passende Farbe hat…? Eine fast vollständige Gilde ist mächtig, aber dafür auch nur schwer zu bewegen; bis auf den Farmer sind die Powerlevel der verschiedenen Gilden bei 0, 2 und 4 Karten in der eigenen Gilde angesiedelt (beim Farmer 1 und 3), was bedeutet, dass man, um die mächtige 4er Funktion nutzen zu können schon genau eine bestimmte Farbe benötigt (und die ist genau viermal im Spiel). Und um neue Karten zu bekommen, muss man – wenn man nicht gerade eine Tänzerin aktiviert – (optional) abwerfen und wieder auf 6 auffüllen, und das ist, wie das Ausspielen einer Karte oder der Kauf einer Siegpunktekarte eine der möglichen Aktionen, von denen jeder Spieler 2 pro Runde hat (und durch die keine identischen Berufskarten aktiviert werden dürfen).

Wie der geneigte Leser sicher merkt, ist es dadurch gar kein so leichtes Unterfangen, die Gilden voll zu bekommen – vor allem, weil man eben nur zwei Aktionen hat. Und erst die volle 5-personen-Gilde ist sicher und kann gegen Siegpunktekarten getauscht werden (diese kosten je nach Punktzahl 1 oder 2 Kartensets, aber wenn sie nicht die Maximalpunktzahl geben, haben sie dafür einen zusätzlichen Spieleffekt, den der Spieler direkt nutzen darf). Solange die Gilde nicht abgeschlossen ist, kann sie von anderen Spielern manipuliert oder auch schlicht komplett geklaut werden – auch ein Grund, wieso niemand es gerne sieht, wenn woanders schon vier Kaufleute liegen (wieder ein Grund, immer einen Assassinen auf der Hand zu behalten).

Auch wenn es erst anders erscheinen mag, sind die verschiedenen Berufe erstaunlich ausgewogen mächtig, es kommt im Spielverlauf vielmehr darauf an, die richtige Ressource (sprich den richtigen Beruf in der Fehlfarbe) auf der Hand zu haben. Ein wenig Bluff kann auch dabei sein – wer wirklich gut ist, kann Karten mitzählen, da offen abgelegt wird, aber das ist natürlich nicht so einfach, denn wenn das Spiel einmal läuft, können die zwei Aktionen pro Spieler schon recht fix gehen. Es ist oft so, dass Siegpunkte erst kurz vor Spielende, dafür dann aber ganz massiv gekauft werden, während sie selbst in der Spielmitte oft noch ignoriert werden – je nach Kartenverteilung und Mitspielern ist es eben verdammt schwer, die Gilde überhaupt voll zu bekommen. Einige wirklich elegante Kettenreaktionen sind zwar möglich, aber entsprechend selten, weil dazu bestimmte Kartenkonstellationen liegen müssen, und da haben die Mitspieler sicherlich etwas dagegen (was nicht unbedingt ein Assassine sein muss – aber der ist da recht effektiv).

Insgesamt ein schönes Spiel in angenehmem Design, das sowohl Viel- wie auch Gelegenheitsspieler ansprechen dürfte. Der Glücksfaktor ist zwar vorhanden, überwiegt aber nicht, wenn man nicht einfach wild drauflos spielt, und über das kontrollierte Abwerfen kann man schon ein wenig besser steuern, was man so auf die Hand bekommt.

Hersteller Alderac Entertainment Group
Autor Hope S. Hwang
Spieler 2-4
Denken 6
Glück 3
Geschicklichkeit 0
Preis ca. 26,50 €

Guildhall bei der Spiele-Offensive.de

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