Sentinels of the Multiverse (Enhanced Edition)
Superhelden als Phänomen sind in den USA viel verbreiteter als in Deutschland – und damit auch Spiele, die sich um Superhelden drehen. So war seinerzeit das Marvel Superhelden-Rollenspiel in Deutschland eher im Bereich Ladenhüter einzuordnen, und das DC Heroes RPG wurde erst gar nicht übersetzt. Und auch neuere Inkarnationen dieser und anderer Rollen- und Brettspiele führen hierzulande eher ein Mauerblümchen-Dasein: im Rollenspielbereich wüsste ich so auf Anhieb nur Super-N.O.V.A., das seit Jahren erscheinen soll, und das einzige, was ich aktiv auf Cons angeboten gesehen habe, war Cartoon Action Hour.
Entsprechend haben auch Superhelden-Brett- und -Kartenspiele es hierzulande eher schwierig. Und so sind wir denn meist auf Importe aus den USA angewiesen, wie beispielsweise bei Sentinels of the Multiverse, das von Greater Than Games hergestellt wird. Auf der SPIEL waren eine Reihe von Exemplaren zu erwerben, und Milan Spiele vertreibt das Spiel auch in Deutschland, ansonsten ist es hierzulande eher schwer zu finden.
Wenn man die Schachtel öffnet, denkt man erst, man abe es mit einem Deckbuilding Game zu tun. Man findet nämlich vor allem jede Menge Karten:
- 10 Helden-Charakterkarten
- 400 Heldenkarten (40 je Charakter)
- 8 Schurken-Charakterkarten (2 je Schurke)
- 100 Schurkenkarten (25 je Schurke)
- 60 Umweltkarten (4 Sets zu je 15 Karten)
- 36 Kartentrenner-Karten
- 120 runde Zählmarker
- 42 rechteckige Statusmarker
- die Spielregel in Englisch
Wer nachrechnet, wundert sich vielleicht: Es sind 36 Kartentrenner, aber nur 18 Kartensets. Das liegt daran, dass nicht nur die Trenner für die Basiskarten mitgeliefert werden, sondern auch gleich die Trenner für die ersten zwei Erweiterungen und für die Bonus-Sets, die über die Kickstarter-Kampagnen für diese Erweiterungen verteilt wurden. Spielen kann man aber auch ohne diese.
Die Karten haben gute Qualität, sie sind in mehreren Folienpäckchen verpackt, von denen ein, zwei sehr schwer zu öffnen waren. Die anderen waren leicht zu öffnen. Die Marker stecken in insgesamt 4 Stanzbögen, waren aber sehr gut auszulösen, ohne zu locker zu sitzen.
Aus dieser Liste kann man erkennen, dass mir die sog. Enhanced Edition, also der Neudruck, vorlag. In der ursprünglichen Version waren keine Counter zu finden, keine Trennkarten und so weiter. Außerdem sind die Regeln (hier zum Download zu finden) angepasst worden, so dass das Spiel ein wenig mit der Spielerzahl skaliert.
Jeder Spieler stellt einen Superhelden dar, die Spieler gemeinsam ein Superheldenteam, das versucht, einem Superschurken das Handwerk zu legen. Es gibt zehn Helden zur Auswahl, die die gesamte Bandbreite abdecken: vom Damage Dealer über den Tank bis hin zum Supporter. Jeder Held hat ein eigenes Kartendeck, mit dem er seine Aktionen durchführen kann, und jedes Deck spielt sich, dem Charakter des Helden entsprechend, anders – man muss in einigen Fällen erst einmal dahinter kommen, wie man einen Helden effektiv einsetzt…
Neben den Helden der Spieler wählt man noch einen Schurken, der ebenfalls ein eigenes Deck hat … und den Ort der Auseinandersetzung, der ebenfalls Einfluss auf den Kampf hat, und ebenfalls ein eigenes Deck. All diese Decks werden getrennt gemischt, die Charakterkarten ausgelegt, und jedem Helden Zählcounter für die eigenen Trefferpunkte hingelegt. Auf der Schurken-Charakterkarte stehen noch weitere Regeln für den Spielaufbau, die zu berücksichtigen sind. Dann zieht jeder Spieler noch 4 Handkarten, und das Spiel kann beginnen.
Zuerst hat der Schurke eine Runde, dann die Helden jeder für sich eine, zuletzt kommt die Umwelt. Rede Runde besteht aus drei bis fünf Phasen: Start, Spielen, Kräfte, Ziehen, Ende, wobei Kräfte und Ziehen nur für die Helden stattfinden.
Auf einigen Karten stehen Effekte, die in der Startphase aktiviert werden. Einige in der Startphase des Schurken, andere in jeder Startphase etc. Diese Effekte werden zuerst ausgeführt.
Spielen heißt, dass eine Karte ausgespielt wird und die hierauf angegebenen Effekte ausgeführt werden. Beim Schurken und der Umwelt geschieht dies automatisch mit der obersten karte des Zugstapels. Die Helden können diese Phase nach Wahl auch überspringen, und dürfen eine der Handkarten wählen.
Anschließend darf ein Held seine Kräfte (Superhelden-Fähigkeiten) einsetzen, jede Kraft einmal pro Runde. Wenn ein Held mehrere Kräfte zur Verfügung hat, kann er sie alle einsetzen, aber keine mehr als einmal.
Nachdem die Kräfte verwendet wurden (oder auch nicht), darf der Spieler eine Karte vom Stapel auf die Hand ziehen. Wenn ein Spieler weder eine Karte spielt noch eine eigene Kraft verwendet, kann er auch zwei Karten ziehen, weil er ansonsten nichts tut. Wer seinen Zug überspringt (z.B., weil ein Effekt dies erfordert), kann auch keine Karte ziehen – auch Start- und Ende-Effekte würden ausfallen.
Ende-Effekte sind wiederum auf verschiedensten Karten uz finden, und werden je nachdem am Ende der Schurkenrunde, am ende jedes Heldenzuges etc. ausgeführt.
Die Karten sind deutlich beschrieben, was ihre Effekte betrifft, für wichtige Punkte gibt es Schlüsselworte. One-shot sind Effekte, die nur einmal stattfinden, on-going bleibt im Spiel und kann das Spiel stark beeinflussen, limited sind Karten, die mehrfach vorhanden sind, von denen aber nur eine einzelne gleichzeitig aktiv sein kann.
Andere typische Begriffe, die aus Comicbüchern bekannt sind, sind Effekte wie toxisch, Feuer, Strahlung etc., die teilweise aufeinander Einfluss haben können.
Ein schöner Effekt sind die sog. "Nemesis“-Markierungen. Hierbei hat ein Charakter oder ein Schurke ein Symbol, das mit dem Symbol bei einem anderen Charakter oder Schurken übereinstimmt. Diese sind gegenseitig besonders verfeindet, und verursachen einen Punkt Schaden mehr, wenn sie aufeinander einprügeln. Dies betrifft eventuelle Mooks aber nur, wenn diese ebenfalls das Symbol tragen, ansonsten gelten hier wieder die normalen Schäden.
Das Spiel spielt sich jedes Mal anders, weil unterschiedliche Heldengruppen unterschiedlich (gut) zusammenarbeiten, und man die Zusammenarbeitsmethoden erst einmal finden muss. Auch sind die Charaktere nicht ganz gleichwertig: Abgesehen davon, dass sie verschiedene Rollen einnehmen, sind sie auch unterschiedlich komplex und kompliziert zu spielen. Eine Übersichtstabelle im Heft vergleicht die Komplexität der verschiedenen Helden. Im Forum von Greater Than Games wird hierüber auch teilweise erbittert gesstritten, inwieweit die Helden doch oder auch nicht ausgewogen sind. Ein wenig eingewöhnen muss man sich aber an jeden.
Das Spiel ist in sich einigermaßen ausgewogen – die Schurken haben ihre Chance, sich gegen die Heldenteams durchzusetzen, wenn diese nicht gut zusammenarbeiten, aber der Vorteil liegt tendenziell doch eher bei den Helden. Kooperation ist aber wichtig – wie bei anderen kooperativen Spielen gewinnen hier die Spieler nur gemeinsam, oder verlieren alle.
Wer ein Superheldenspiel such und keine Angst vor kooperativen Spielen hat, findet mit Sentinels of the Multiverse ein Spiel, das das Gefühl der Superheldencomics hervorragend widerspiegelt. Es ist nicht ausdrücklich für Vielspieler gedacht – häufiger Spiele zu spielen, hilft, ist aber keineswegs notwendig -, viel wichtiger ist es, Fan der "vierfarbigen Hefte“ zu sein. Außerdem gibt es bereits mehrere Erweiterungen mit jeweils neuen Helden, Schurken und Umgebungen.
Hersteller | Greater Than Games |
Autor | Christopher Badell |
Künstler | Adam Rebottaro |
Spieler | 2-5 |
Denken | 8 |
Glück | 5 |
Geschicklichkeit | 0 |
Preis ca. | 32 € |
Sentinels of the Multiverse bei Milan Spiele
[…] ebenfalls über Kickstarter finanzierten Sentinels of the Universe sind das Universum für Sentinel Tactics, ein hexbasiertes Brettspiel, in dem sich Superhelden und […]