Auf der Zielgeraden

homestretchHome Stretch

Pferderennen sind ein sehr beliebtes Thema für Brettspiele – es vergeht kaum ein Jahr, in dem nicht irgendwo ein neues Spiel zu dem Thema erscheint. So haben wir beispielsweise voriges Jahr auch Horse Fever rezensiert, auf der letzten SPIEL war es dann RnRGames, die mit Home Stretch ein Spiel zum Thema vorstellten.

Der Verlag, der in Tampa, Florida beheimatet ist, gibt als Erscheinungsdatum des Spiel auf der eigenen Webseite zwar 2013 an, aber so weit ich weiss, war das Spiel bereits seit November in den USA verfügbar – und in Essen wurde es auch verkauft.

Wer sich mit Pferderennspielen auskennt, erinnert sich vielleicht noch an ein uraltes Spiel namens Across the Board, das in den 70er Jahren verkauft wurde. Leider ist mein Exemplar bei den verschiedenen Umzügen, die ich seither mitgemacht habe, im Laufe der Zeit vernichtet worden, aber an das Spiel erinnere ich mich noch. Und Home Stretch erinnerte mich in einigen Bereichen stark an Across the Board.

In der Schachtel mit der typischen Rennszene auf dem Deckel findet sich folgendes Material:

  • ein Spielbrett
  • 6 Spielermarker
  • 30 Wettmarker: je 5 in den sechs Spielerfarben
  • 9 Handicapmarker
  • 6 Wertungsquader in Zuckerwürfel-Form
  • 11 Pferdefiguren
  • 33 Besitzanteilkarten für die Pferde
  • 23 Rennkarten
  • 2 Würfel
  • die Spielregel in Englisch und Deutsch

Die Spielregel kann man (auch auf deutsch) von der Webseite des Spiels downloaden. Interessanterweise war die deutsche Version auf deutlich stabilerem Papier gedruckt als die englische Version.

Die Pferdefiguren sind zwar aus Plastik, sehen aber richtig gut aus, wie Pferde, die gerade an einem Rennen teilnehmen. Sehr dynamisch. Die Pferde sind mit Nummern von 2 bis 12 versehen – leider auf den Bodenplatten, wodurch die Nummern nicht immer gut zu sehen sind. Die Pferde-Anteilskarten zeigen jeweils ein Pferd mit einem passenden Namen, und der Nummer des Pferdes: jede Nummer gibt es genau dreimal. Außerdem steht auf jeder Karte ein '’Preis’' für den Anteil, der zu zahlen ist: je größer die Chance eines Pferdes auf den Sieg, desto teurer ist der Anteil. Die Rennkarten wiederum gelten für je ein Rennen. Auf jeder Rennkarte werden neben Preisgeldern auch Handikaps angegeben, die für einzelne Pferde in den Rennen gelten: je langsamer die Pferde eigentlich sind, desto höher die Boni durch die Handikaps.

Die '’Zuckerwürfel’' sind aus Hartkunststoff, die Marker sitzen in Stanzbögen, aus denen sie gut herausgelöst werden können. Die Würfel sind einfache sechsseitige Würfel ohne besondere Merkmale. Eine Kleinigkeit war beim Auspacken aber weniger schön: die Karten klebten zum einen durch das Schneiden stark aneinander und waren zum Anderen schlecht aus der Plastikverpackung herauszuholen. Dies wurde noch erschwert dadurch, dass die Karten auf zwei Päckchen aufgeteilt waren, wodurch die Plastikverpackung noch schlechter zu greifen war. Ein einzelnes Päckchen wäre leichter auszupacken gewesen.

Zu Spielbeginn werden vier Rennkarten verdeckt gezogen, das Spiel geht um genau diese Rennen. Jeder Spieler erhält die Marker einer Farbe, der Zuckerwürfel wird verwendet, um auf einer Kramer-Leiste den aktuellen Vermögensstand zu markieren. Der Begriff Kramerleiste ist hier dennoch zu Recht, denn das Spielziel ist es, am Ende möglichst viel Geld zu haben.

Zu Spielbeginn erhält jeder Spieler eine Reihe Anteile an den Rennpferden. Jeder Spieler erhält eine bestimmte Anzahl Anteilskarten, von denen er eine auswählt, und den Rest nach links weitergibt. Von den neu erhaltenen Karten wählt man wieder eine aus und gibt des Rest weiter, etc. Der Mechanismus ist beispielsweise bekannt von 7 Wonders.

Leider ist genau an diesem Punkt die deutsche Regelübersetzung fehlerhaft: bei 4-6 Spielern erhält jeder Spieler eine Menge Karten, beschrieben als '’Gleiche Anzahl wie Spieler’'. Allerdings gibt es zu Spielbeginn nur 22 Karten zur Auswahl. Gemeint ist: "Jeder Spieler erhält dieselbe Anzahl Karten“, was auch in der englischen Version so steht.

Die ausgewählten Pferdeanteile müssen natürlich bezahlt werden. Sollte jemand tatsächlich 5 Anteile an den schnellsten Pferden erhalten können, würde das das komplette Startgeld (50.000 Dollar) kosten, im anderen Extremfall (nur die langsamsten Pferde) käme man auf 12.000 Dollar. Da man aber immer wieder Karten erhält, die andere Spieler nicht haben wollten, wird man meist irgendwo dazwischen landen.

Nun erfolgt das erste Rennen, nach dem weitere Anteile verkauft werden. Hierfür werden die restlichen Anteile (plus einige Anteile, die zu Spielbeginn nicht zur Verfügung standen) gemischt, und so viele aufgedeckt wie Spieler teilnehmen. In der Reihenfolge der Spielsteine auf der Geldleiste (niedrigstes Guthaben zuerst) darf jetzt jeder Spieler wählen: eine offene Anteilskarte für den aufgedruckten Betrag kaufen, oder die oberste verdeckte Anteilskarte für den Nominalwert plus 3.000 Dollar, oder nichts kaufen. Nachdem jeder Spieler eine Wahl getroffen hat, werden die Karten einmal aufgefüllt, und eine zweite Kaufrunde schließt sich an. Alle dann nicht verkauften Karten bleiben aus dem Spiel. Es werden dann noch drei Rennen durchgeführt, dann endet das Spiel.

Ein Rennen verläuft relativ simpel.

Zunächst wird die Rennkarte aufgedeckt. Sie gibt zum einen die Gewinnsummen vor, zum anderen die Handikaps für die Pferde. Entsprechende Handikap-Marker werden zu den entsprechenden Pferden auf die Rennbahn gelegt, damit jeder Spieler die Handikaps sieht.

Nun wettet jeder Spieler auf das Rennergebnis. Hierfür verteilt er die fünf Wettmarker (1-1-2-2-3) auf einem Wettfeld auf dem Spielbrett. Man kann wetten aus Sieg (erster), Platz (zweiter) oder Show (drittes). Die Wetten beginnt der Spieler mit dem meisten Geld, indem er seine Marker verdeckt auslegt, keine zwei Marker auf demselben Feld. Spätere Spieler dürfen ihre Marker auch auf besetzte Felder legen – später wetten zu können, ist daher ein Vorteil. Außerdem darf der zweite Spieler zwei Marker auf ein Wettfeld legen, de dritte sogar drei etc.

Da jeder Spieler alle fünf Wettmarker setzen muss, werden auch keine Wettbeträge vom aktuellen Geldbestand abgezogen (dies könnte auch zu negativen Beständen führen, vor allem nach dem ersten Wetten, denn das wären noch einmal 9.000 Dollar. Und wenn jemand tatsächlich im ersten Rennen nichts gewinnen sollte, wäre das für das zweite Rennen ziemlich schlecht…)

Wach dem Wetten rennen die Pferde. Der Grundmechanismus ist einfach: die beiden Würfel werden geworfen, die Summe sagt, welches Pferd zieht. Allerdings kann der Spieler nach dem ersten Wurf wählen: entweder das Pferd zieht zwei Felder, und der Spieler endet seinen Rennzug, oder das Pferd zieht nur ein Feld, und er darf noch einmal würfeln. Das Pferd, das durch den zweiten Wurf bestimmt wird, zieht auf jeden Fall zwei Felder.

Hier werden auch die Handikaps wichtig: ein Bonus wird auf die erste Bewegung eines Pferdes angerechnet, so dass ein Pferd im Extremfall (+6) nach dem ersten Zug bereits acht der zehn Felder der Rennstrecke zurückgelegt haben kann. Allerdings gibt es diesen Bonus nur für die langsamsten Pferde (Nummern 2-4 und 10-12), so dass sie immer noch Glück benötigen, um die restliche Strecke zurückzulegen. Die schnellsten Pferde (6-7-8) erhalten, wenn überhaupt, ein Handikap, dass sie die erste Bewegung eines Rennens nicht ausführen dürfen.

Wenn ein Pferd bereits im Ziel ist, darf man, wenn seine Nummer geworfen wird, eines der Pferde, die am weitesten zurückliegen, bewegen, wobei die Entfernung von der Differenz der Würfelzahlen abhängt.

Die ersten drei Pferde, die durchs Ziel gehen, zahlen Gewinne aus. Zum einen gibt es Geld für den Renngewinn, dieser Betrag steht auf der Rennkarte und wird auf die Anteilseigner des Pferdes aufgeteilt. Für die Wetten gibt es einen Basisbetrag, der von der Nummer des Pferdes abhängig ist, und der auf der Wettleiste steht. Dieser wird mit dem Wert der Wettmarke multipliziert, und das ganze mit 1.000 Dollar. Dies ist der Gewinn für die entsprechende Wette. Und natürlich erhält auch eine Platzwette aus den Sieger das Geld für Platz, und wer auf ein beliebiges der drei Pferde auf Show gesetzt hat, erhält den Show-Wettbetrag.

Kleiner Schönheitsfehler auf der Wettleiste: die Wettmarken verdecken die Wertzahlen der Felder, so dass spätere Spieler immer wieder Wettmarker-Stapel hochheben müssen, um die Werte nachzusehen.

Nach nur vier Rennen ist das Spiel dann beendet – meist nach einer dreiviertel bis eineinviertel Stunde. Wer das meiste Geld hat, gewinnt. Bei Gleichstand gibt es eine ganze Reihe Tiebreaker, so dass ein tatsächlicher Gleichstand unwahrscheinlich ist.

Von der Komplexität ist Home Stretch ein relativ einfaches Spiel, das eher für Gelegenheitsspieler gedacht sein dürfte. Durch die Handikaps sind die Chancen der Pferde bei den einzelnen Rennen allerdings nicht einfach abzuschätzen, und durch die Kürze der Rennen (10 Felder) ist auch der ausgleichende Einfluss der Gesetz großer Zahlen (aus der Statistik) nur sehr eingeschränkt greift. Hierdurch entsteht aber eine richtige Rennbahnatmosphäre, und man feuert zumindest mental die Pferde, auf die man gesetzt hat, an. Wichtig ist allerdings: auch wenn man es zu zweit spielen kann, wird das Spiel um so besser, je mehr Spieler dabei sind. Die Komplexität beispielsweise von Horse Fever wird bei weitem nicht erreicht.

Ich würde dies Spiel daher vor allem Familien empfehlen, und Leuten, die ein nicht so tiefgehendes Spiel suchen. Es liegt zwar ein kleines bisschen über einem "Beer & Pretzels“-Spiel, dürfte aber von der Komplexität in derselben Klasse liegen wie beispielsweise Monopoly.

Und natürlich ist das Spiel ein Muss für alle Liebhaber von renn- und Wettspielen, vor allem, wenn man Pferderenn-Spiele mag.

Hersteller RnR Games
Autor Frank DiLorenzo
Spieler 2-6
Denken 6
Glück 8
Geschicklichkeit 0
Preis ca. 29,95 €

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