PRAios-Vademecum für Das Schwarze Auge
Ein Vademecum ist ein unentbehrlicher Begleiter bei der Berufsausübung oder auf Reisen. Meist wird hiermit ein Buch oder anderes geschriebenes Werk bezeichnet, aber Lord Peter Wimsey bezeichnet beispielsweise in Whose Body? (deutsch: Der Tote in der Badewanne) seinen speziell angefertigten Spazierstock als einen solchen. Klassisch waren es aber Bücher – und ursprünglich religiöser Art -, die diesen Namen erhielten. In romanischen Sprachen ist ersatzweise auch der Begriff Venimecum (übersetzt: 'Komme mit mir' statt 'Gehe mit mir‘) gebräuchlich.
Seit einiger Zeit veröffentlicht Ulisses jetzt 'Reisegebetbücher' für verschiedene Gottheiten Aventuriens als Vademeca, jeweils als kleines Büchlein mit einem einfarbigen Umschlag, der der Farbe des Gottes angepasst ist, und einem Relief des Göttersymbols auf der Vorderseite. Mir wurde das PRAios-Vademecum als PDF-Datei zur Verfügung gestellt, das ich hiermit denn auch besprechen möchte.
Wie bei einigen anderen Produkten erhält man beim Erwerb des Vademecums über den Ulisses-PDF-Shop (der zum Shopsystem von DriveThruRPG gehört) zwei Dateien: einmal als 'Normalversion‘, einmal als 'komprimierte Version'. Der Unterschied zwischen beiden Dateien betrug allerdings nur gut 100 KiB bei einer Gesamtgröße von 6,8 bzw. 6,9 MiB. Ein qualitativer Unterschied in den Grafiken war für mich nicht zu erkennen.
Der Band ist in zwei ungleich große Teile aufgeteilt: der größere erste Teil ist inneraventurisches Material und kann so wie er ist als Brevier für den reisenden PRAiosgeweihten gelten. Nach acht Kapiteln kommen dann noch ein paar irdisch-regeltechnische Anmerkungen, die effektiv nur zwei Kapitel umfassen. Das dritte Kapitel mit den Endnoten beinhaltet nur ein paar Anmerkungen zu den Liedern, wie zum Beispiel nach welcher irdischen Melodie gesungen werden kann, und beschränkt sich auf zwei Seiten. Manche der genannten Lieder dürften aber dem durchschnittlichen Rollenspieler unbekannt sein…
Im ersten und zweiten Kapitel werden Rituale – Gebete bzw. Lieder – beschrieben, die man als Fluff bezeichnen kann, die aber natürlich für eine stimmungsvolle Darstellung eines PRAiosgeweihten hervorragend verwendet werden können. Im dritten Kapitel geht es dann um die Liturgien – eine Übersicht über die den PRAiosgeweihten zugänglichen Liturgien, die auch tatsächliche spieltechnische Effekte haben können. Allerdings werden sie hier rein 'in-universe' beschrieben.
Im vierten Kapitel werden dann die täglichen und regelmäßig wiederkehrenden Zeremonien beschrieben – die Morgenandacht, die Mittagsmesse und so weiter. In Kapitel fünf geht es um das Gefolge PRAios‘, also die Halbgötter und Heiligen der Kirche. Kapitel sechs beschreibt die Pfeiler, auf denen der Glaube ruhen soll: Ordnung, Wahrheit und Recht, mit zusätzlichen Anmerkungen zu weiteren Grundlagen: Madas Frevel, Zauberei, Sünde und Buße und ähnliches.
Im siebten Kapitel folgt ein kurzer geschichtlicher Abriss aus Sicht der PRAioskirche, mit besonderem Auge auf Ereignisse, die für die Kirche bedeutsam waren. Diese Übersicht endet mit dem Angriff Borbarads und der folgenden Ernennung von Hilberian Praiogriff II. Passend hierzu folgt dann im 8. Kapitel eine Übersicht über die aktuelle Struktur der Kirche – vom Oberhaupt über den Rat des Lichts, die kämpfenden Truppen der Kirche und der Orden bis zu den Splittergruppen.
Im 9. Kapitel geht es dann um spielerische Darstellung eines PRAiosgeweihten, wobei mehr Wert gelegt wird auf das erzählerisch-charakterliche, und weniger auf regeltechnische Details. Im Rahmen der Quanionsqueste hat sich die PRAioskirche neu orientiert, und während es immer noch Hardliner gibt, ist die Kirche, so wie sie im Vademecum beschrieben wird, deutlich offener und 'gruppenkompatibler' geworden. Ein Punt, der im 9. Kapiter daher auch deutliche Aufmerksamkeit erfährt, ist daher die Frage, wie man PRAiosgeweihte in einer Gruppe spielen kann, ohne dass der Geweihte sofort in unlösbare Konflikte mit anderen Gruppenmitgliedern verstrickt wird.
Es mag ein wenig seltsam wirken, dass die 'Endnoten' (die irdischen Fußnoten zu den aventurischen Liedern aus dem 2. Kapitel) jetzt im 10. Kapitel erscheinen, da doch noch ein 11. Kapitel folgt. Aber das macht hier Sinn: während das ganze Vademecum bis hierhin in erster Linie für die zeit der Quanionsqueste Gültigkeit hat (wobei weite Teile auch nachher noch verwendet werden können), ist das 11. Kapitel ausdrücklich eine Betrachtung der Situation nach der Quanionsqueste. Insofern ist es auch für einen Spieler während der Questenzeit noch tabu. Ich versuche einmal, spoilerfrei zu bleiben: Es finden sich hier drei neue Kapitel, die inneraventurisch nach der Quanionsqueste hinzugefügt wurden, und ein Abschnitt darüber, wie Praiosgeweihte nach Abschluss der Queste dargestellt werden können.
Spieltechnische Werte – und damit die Möglichkeit, Regeln zu missbrauchen – sind in dem Band nahezu komplett absent. Das Vademecum ist daher auch in erster Linie ein Hilfsmittel für die Darstellung der Geweihten, und es legt ein besonderes Augenmerk darauf, wie man einen PRAiosgeweihten in einer Heldengruppe spielen kann.
Mir hat der Band überraschend gut gefallen, und wer einen PRAiosgeweihten spielen will (aber auch wer als Spielleiter PRAiosgeweihte darstellen will) findet hier eine Menge sehr schöner Ideen und Denkanstöße, die vielleicht helfen können, die PRAioskirche für die Spielerschaft ein wenig genießbarer zu machen.
Hersteller | Ulisses Spiele |
Autor | Stefan Unteregger |
Künstler | Tristan Denecke |
Spieler | Rollenspiel |
Denken | Rollenspiel |
Glück | Rollenspiel |
Geschicklichkeit | Rollenspiel |
Preis | 15 € (Buch), 9,50 € (PDF)* |
* Laut Webshop Preissenkung von 15 €, könnte ein zeitlich begrenztes Angebot sein |
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