Hopp Helvetia!

helvetiacupHelvetia-Cup

Dass Schweizer Fußball spielen können, wissen wir spätestens seit dem FC Basel. Dass Schweizer gute Spiele herausgeben, wissen wir spätestens seit Anno Domini, und dass Schweizer einen etwas schrägen Humor haben, merkt man auch recht schnell… außerdem verfügen sie wohl über eine gute Portion Selbstironie, und heraus kommen dann… Spiele wie Helvetia Cup.

Worum geht es hier? Stehen da allen ernstes irgendwelche Spinner mit Steckenpferden und Narrenkappen auf dem Platz und spielen Fußball gegen Drachen…? Ja, genau das passiert hier bei Helvetia Cup. Und die Verrückten wie auch die Drachen sind nicht nur auf Karten abgebildet – nein, auch die Figürchen, die die Mannschaften repräsentieren, sind sehr aufwendig und niedlich gestaltete Figuren, passend bemalt bis hin zur Spielernummer, da weiß Helvetia Cup definitiv zu begeistern. Auch das übrige Spielmaterial ist von sehr hoher Qualität – ein schöner Spielplan, der ein in verschiedene Bereiche aufgeteiltes Fußballfeld zeigt, Karten mit den Spielerprofilen (beidseitig bedruckt für beide Versionen des Spiels), Teamkarten (sehr schöne Artwork und gute Qualität), Tore aus Karton, farbige Marker aus Holz (für Boosts und gelbe Karten), Würfel (W20 und spezielle W6, einfach, aber gut), noch dazu eine Karte von Helvetia – denn hier spielt das ganze, wie auch andere Spiele aus diesem Verlag. Dazu später mehr.

Aber vorneweg etwas zum Konzept der Spiele von Helvetia Games – es gibt hier grundsätzlich zwei Sätze Regeln: "Family“ und "Geek“, wobei erstere ein sehr vereinfachtes Spiel bieten, bei dem ohne Probleme auch Kinder mitspielen können, das zweite den Vielspieler anspricht, der eben gerne viele taktische Möglichkeiten zur Verfügung hat und auch nutzt. Ich werde hier in der Rezension vor allem auf die Geek-Variante eingehen, da sie eben die vollen Möglichkeiten des Spiels ausnutzt. Die Family-Variante passt hingegen auf eine Doppelseite Anleitung, die übrigens in Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch vorliegt. Wenn die irgendwann auch noch eine Anleitung in Rätisch reinpacken würde es mich auch nicht wundern.

So hat man hier also zwei sehr verschiedene Teams – die Drachen von Basela und die Verrückten von Valé (dass der Verlag sich hier selbst aufs Korn nimmt, sitzen sie doch im Kanton Vallis, ist kein großes Wunder), mit je 9 Figuren, von denen jeweils der Goalie und 4 Feldspieler eingesetzt werden (maximal 1 Mannschaftskapitän – davon gibt es 2 zur Auswahl). Und diese Spieler haben alle unterschiedliche Eigenschaften, sei es Dribbling, Kopfball, Ballabnahme oder Tackling. Es gibt hierbei 4 offensive und 4 defensive Werte, und auf diese wird mit dem W20 gewürfelt, wenn man eine entsprechende Aktion startet – der Begriff Probe aus dem (DSA-)Rollenspiel erklärt ganz gut wie. In den meisten Fällen wird diese Probe noch modifiziert, beispielsweise, wenn man einen kurzen Pass vor dem Tor direkt volley nehmen will, ist der Schuss zwar um 4 Punkte schwieriger, aber der Goalie darf nur einen Torbereich weniger abdecken als gewöhnlich – das kann diesen Nachteil durchaus ausgleichen). Zudem gibt es für beide Teams noch "Power“- und "Legende“-Karten, die eingesetzt werden können – aber das jeweils einmalig, und diese werden je nach Variante gezogen oder ausgewählt.

Was man so in einem Spielzug machen kann hängt von der Situation ab – wer gerade in Ballbesitz ist, zählt als Angreifer, der andere als Verteidiger, und dann wird sich eben bewegt und danach agiert. Nach einer abgeschlossenen Serie von Aktionen – oder bei Ballverlust – wird der sog. "Totometer“ gewürfelt, und die Zeitleiste um 6, 9 oder 12 Minuten erhöht – bei 45 ist wie gewohnt Halbzeit, und dann geht’s nochmals los mit Ballbesitz für die Mannschaft, die diesen am Anfang nicht hatte. Bis zu zweimal darf man auswechseln, wenn man mag, oder vielleicht auch muss, wenn ein Spieler durch Tackling mal etwas zu viel Schaden abbekommen hat (ob so ein Manöver gelbe Karten mit sich zieht, hängt übrigens auch mit dem Würfelwurf zusammen, dafür muss nicht noch einmal geworfen werden).

Trotz der Würfelei, die natürlich einen Glücksfaktor darstellt, ist das Spiel doch eher taktisch zu sehen – immerhin kennt man ja die Werte seiner Pappenheimer, auch die des Gegners, und kann zumindest einigermaßen versuchen, vorauszuberechnen, was passiert, wenn. Und somit landet es durchaus in der Ecke mancher Pseudotabletops, was das Spielniveau und den Anspruch angeht. Vergleiche in dieser Beziehung mit Blood Bowl von GW liegen nicht zu unrecht nahe. Die hübsche Gestaltung und die liebevoll detaillierten Figuren sind ein weiterer gewaltiger Pluspunkt, ebenso auch wie die durchaus spaßigen Kommentare, die sich in der (gut formulierten) Spielanleitung finden – da kommentieren nämlich zwei Sportkommentatoren ein fiktives Spiel, inklusive Schwyzerdütsch bzw  Frankosuisse-Akzent. Man sieht, dass sich hier viel Mühe gegeben wurde, und damit ist das Spiel auch verständlicherweise in einer eher gehobenen Preiskategorie angesiedelt.

Wie schon angekündigt zum Thema "Helvetia“: der Verlag hat wohl vor, zu verschiedenen Teilen des Landes (diverse Kantone der realen Schweiz eben ein wenig verballhornt) immer ein andere Spiel herauszubringen. Dieses ist das erste, das zweite liegt auch schon vor, was als drittes kommt… nun, lassen wir uns überraschen. Allerdings werden es offenbar ganz verschiedene Spiele, denn außer dass sie schön gestaltet und qualitativ hochwertig sind,  und in Helvetia spielen, haben die ersten beiden nichts gemeinsam…

Hersteller Helvetia Games
Autor Frank Crittin, Grégoire Largey
Künstler Olivier Debons
Spieler 2
Denken 6
Glück 4
Geschicklichkeit 0
Preis ca. 69,90 €


Helvetia-Cup bei Spiele-Offensive.de

Ein Kommentar

  1. […] also ein eher klassisches Börsenspiel, könnte man meinen. Allerdings wieder mit mehreren Spielvarianten (wieder eine “Family” und eine “Geek”-Version, […]

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