011
Was kommt heraus, wenn sich eine exzentrische Band, ein Autor und ein Spieledesigner zusammentun und das Thema Weltuntergang thematisieren? Schmeißt man noch eine gute Portion Dampfzeitalter und Mystizismus dazu, bekommt man ein Komplettpaket, in Form von 011 – einerseits ist das die Telefonvorwahl von Turin, andererseits auch das fiktive Jahr, in dem das Ganze spielen soll. Und entsprechend sieht das auch aus: Der Spielplan zeigt ein viktorianisch/steamiges Turin, und hat unter anderem eine Uhr und ein Getriebe eingebaut. Erstere zeigt an, was die Stunde geschlagen hat (und wie viel Zeit noch bleibt, das Spiel zu gewinnen), das Getriebe gibt an, womit sich wie bewegt werden kann, denn es gibt hier unterschiedliche Transportmittel
Ach ja, Zeit… gegen die spielt man so oder so, und nach 11 Stunden (sprich: Spielzügen) ist Schluss. Bis dahin sollte man die kosmische Harmonie komponiert und die Orgel der Ewigkeit gefunden haben – alles irgendwo in Turin; außerdem sollte man wissen, wer der 8 Protagonisten denn nun der "Auserwählte“ ist, der die Welt retten kann, indem er diese Melodie auf eben diesem Instrument spielt, und diesen rechtzeitig zur Orgel bringen… dummerweise wird ab der Mitte des Spiels ein Beteiligter merken, dass ihm das gar nicht so recht ist – denn er ist eigentlich Fenris in Menschengestalt und möchte genau dieses Orgelspiel verhindern.
Klingt bizarr? Ja. Wenn man nun noch weiß, dass die beteiligte Band Therion ist, sollte das weniger verwundern. Und das soll funktionieren? Ja, tut es, und gar nicht schlecht; irgendwie fühlt sich das Spiel wie eine recht ungewohnte Mischung aus Pandemie, Cats und Cluedo an. Denn wenn auch jeder Spieler eine Personenkarte erhält, so spielt er deshalb nicht nur mit dieser Spielfigur; vielmehr kann er so ausschließen, dass diese Figur der Auserwählte ist (denn das ist eine der Karten, die niemand auf der Hand hält). Durch Ermittlertätigkeiten lassen sich nach und nach die 15 nötigen Teile der Harmonie zusammensammeln, und man kann den Ort, an dem sich die Orgel befindet, immer weiter eingrenzen. Wenn man dann noch verhindert, dass Fenris den Auserwählten erwischt, sondern dieser an die Orgel kommt (und alle nötigen Noten hat), gelingt ein Sieg. Aber dazu muss man etwas vorausberechnen, seine – limitierten – Kräfte richtig einsetzen, ebenso die Spezialfähigkeiten der einzelnen Figuren, und auch genügend Zeit haben – denn wer seine 45 Zeiteinheiten komplett verbraucht hat, ist raus…
Mit Zeiteinheiten wird hier sogar um Positionen der Zugreihenfolge geboten – und man braucht sie auch, um das Getriebe zu drehen, also erfordert es eine Mischung aus Ressourenmanagement, Vorausberechnung und Kombinationsvermögen. Wenn die Kartenhände kleiner werden (Machtkarten sind im ganzen Spiel je einmal einsetzbar, also gut planen), ist es einfacher, herauszufinden, wer nicht der Auserwählte ist. Und wie gut sich der Fenrisspieler ggf. verstellen kann, ist ja nun auch noch so eine Sache für sich, dem sollte man ja nicht gerade verraten wer denn nun der Auserwählte ist…
So verwirrend wie das erst einmal klingt ist es gar nicht, allerdings muss man durch die Anleitung erst mal durchsteigen. Die ist gar nicht schlecht übersetzt (liegt übrigens neben italienisch in Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch und Portugiesisch bei), aber man muss sie erst mal durchschauen. Es ist alles richtig erklärt, aber die eigentliche Anleitung beginnt erst nach vielen Erklärungen, was denn nun eigentlich was ist, darf, soll etc. – ungewohnt, aber das ist das Spiel sowieso. Nichtsdestotrotz spaßig, vor allem für Leute, die solche Kombinationsgeschichten mögen, und die auch das Flair anspricht; ein deutliches Lob geht an das Material – die Artwork ist sehr ansprechend, die Hinweismarken sind stabil, die Spielfiguren sind sehr detailliert gestaltet (So mancher Tabletopper fühlt sich versucht, sie einfach mal anzumalen), das in den Spielplan integrierte Getriebe ist originell, die Karten fühlen sich gut an, also alles Gründe, den doch höheren Preis zu rechtfertigen.
Wer noch mehr dazu erfahren will – auch um das Drumherum, die Geschichte, die Musik – der wird auf dieser Webseite fündig. Ansonsten vielleicht auch auf der diesjährigen SPIEL… auf der letzten war 011 meiner Meinung nach eines der Juwelen, wenn es auch mal ein wenig anders sein darf.
Hersteller | Scribabs, deutscher Vertrieb über Heidelberger |
Autor | Marco Valtriani |
Art Director | Paolo Vallerga |
Spieler | 3-6 |
Denken | 8 |
Glück | 3 |
Geschicklichkeit | 0 |
Preis ca. | € 45,- |
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