SOS Titanic
Wie ich bereits schrieb, habe ich zur Zeit einen Job als Aushilfe im Weihnachtsgeschäft, mit Überstunden, Schichtarbeit und allem drum und dran. Und glücklicherweise eine Spieletestrunde zur Verfügung, die auch alleine ganz gut testet und mir vor allem auch brauchbare Kommentare liefert, wenn auch die Teilnehmer sich weigern, selber die Testberichte zu schreiben. Aus einem solchen Test stammt jetzt auch die Analyse des Kartenspiels S.O.S. Titanic von Ludonaute und Heidelberger (der französische Verlag Ludonaute als originärer Herausgeber, Heidelberger als Herausgeber der deutschen Version).
Die Präsentation des Spiels rief wohl auch in der Runde mehr Kommentare hervor als die meisten, so dass sogar einige zu mir durchgegeben wurden. So meinte ein Spieler, als er die Autoren sah: "He, den einen Namen habe ich schon einmal gehört. Dabei ist das doch kein Deutscher oder Ami. Und der andere – hat der nicht Romane geschrieben?“ Ja und nein – Bruno Cathala ist ein französischer Autor, der schon einiges veröffentlicht hat, unter anderem Kleopatra und die Baumeister, Mow und Jamaica, wobei viele seiner Spiele schon Preise eingestrichen haben. Wir haben von ihm beispielsweise bereits The Blue Lion, >Burdigala und Shadows over Camelot – das Kartenspiel besprochen. Der zweite Autor ist allerdings nicht Maurice Leblanc sondern Ludovic Maublanc, der u.a. auch für Ca$h 'n Gun$ verantwortlich zeichnet.
In der Schachtel – die mit ca 16 × 23 × 5 cm3 im Buchregalformat ankommt, findet man folgende Teile:
- ein Umklapp-Heft mit Ringbindung
- 20 Aktionskarten
- 10 Crewkarten
- 60 Passagierkarten
Wer jetzt stutzt: die Spielregel war in unserem Fall zwar nicht in der Schachtel, aber in der Plastikverpackung der Schachtel unter dem Plastik zu finden. Das war aber sicher nicht, um die Sortimentierung international zu machen – die Karten enthalten selber auch deutschen Text. Die Karten sind sehr stabil und haben Leinenstruktur, Die Seiten des Umklappheftes sind zwar auch dünnem karton, dürften aber gerne noch etwas stabiler sein: die Ecken zeigen schnell Eselsohren (abgerundete Ecken wären natürlich auch eine Option). Jede Umklappseite zeigt eine Phase des Unterganges der Titanic, wobei auch das Auseinanderbrechen (um 2:18 Uhr laut Spiel wie auch laut offiziellen Untersuchungsberichten) nicht vergessen wurde.
Wenn man die Spielregel verlegt (oder beim Auspacken mit der Verpackung zusammen entsorgt) haben sollte, kann man sie auch in verschiedenen Sprachversionen von der Webseite des Spiels herunterladen.
Worum geht es in dem Spiel? Wie zu erwarten, geht es um die Situation am 14. April 1912, als gegen 23:46 Uhr die Titanic den Eisberg rammte und anschließend unterging. Die Passagierkarten stellen Passagiere des Schiffes dar, die es zu retten gilt, und zwar zweimal 13 1.-Klasse-Passagiere und zweimal 17 2.-Klasse-Passagiere, je ein Satz mit einem Ankersymbol und ein Satz ohne.
Zu Spielbeginn erhält jeder Spieler eine Rollenkarte – diese ermöglicht ihm, besondere Aktionen durchzuführen – und eine Anzahl Aktionskarten, die auf der Crewkarte angegeben wird. Die übrigen Aktionskarten formen einen Aktions-(Nachzieh-)stapel. Die Passagierkarten werden gemischt – erst während der Rettung werden die Standesunterschiede wieder wichtig werden. Das Titanic-Buch wird auf die erste Doppelseite aufgedeckt – es ist 23:40 Uhr – und auf die untersten vier der sechs verfügbarem Decks werden Passagierstapel von 4, 6, 8 und 10 Passagieren verdeckt ausgelegt, die oberste Passagierkarte wird aufgedeckt. Die übrigen Passagierkarten kommen in einen Passagiere-(Nachzieh-)Stapel.
Dass ich des 'Nachzieh-' jeweils in Klammern gesetzt habe, liegt daran, dass die Stapel in den regeln einfach als Passagierstapel bzw. Aktionsstapel bezeichnet werden, andererseits aber auch ein Passagier-Ablagestapel und ein Aktions-Ablagestapel existiert.
Wer am Zug ist, darf zunächst einmal Passagiere bewegen. Dabei darf ein Passagier nur auf einen anderen Stapel bewegt werden, wenn er auf dem Zielstapel auf einem Passagier derselben Klasse landet, dessen Nummer genau eins höher ist; in Patience-Sprache: es wird absteigend farbrein angelegt. Umlegen darf man sowohl Einzelkarten wie auch größere Gruppen wie beim Spider-Solitär, das viele wahrscheinlich aus Windows kennen. Auf leere Plätze darf allerdings nur die Maximalwert – also die 13 der 1. oder die 17 der 2. Klasse gelegt werden.
Passagiere mit der 1 – die Karte zeigt ein Rettungsboot – eröffnen jeweils ein Rettungsboot und können als Bootstapel neben die Titanic gelegt werden. Auch auf diese dürfen Karten gelegt werden, allerdings hier nur farbrein aufsteigend. Und was einmal im Rettungsboot sitzt, darf nicht mehr umgelegt werden, auch nicht in ein anderes Rettungsboot.
Wenn ein Stapel so weit abgearbeitet wird, dass die oberste Karte verdeckt ist, muss diese sofort aufgedeckt werden. auch diese Karte kann anschließend sofort bewegt werden oder als Bewegungsziel dienen.
Wenn man keine Passagiere mehr umschichten will oder kann, muss man 'aktiv werden‘, das heißt, man muss entweder eine Aktions-Karte spielen oder die 'Rettung der Passagiere vorbereiten'.
Die Aktions-Karten bieten einem viele ziemlich mächtige Optionen. So kann man je nach Karte den Passagier-Ablagestapel in den Passagierstapel mischen ohne dass Zeit vergeht, eine Karte aus dem Passagierstapel heraussuchen und sofort spielen, eine zusätzliche Zwischenablage einrichten, die zur Rettung der Passagiere aber auch wieder abgebaut werden muss, und so weiter. Diese Möglichkeiten wirken teilweise schwach, sind aber ausnahmslos in bestimmten Situationen sehr mächtig.
Alternativ darf jedes Crewmitglied auch die Rettung vorbereiten. Hierfür zieht er eine bestimmte Anzahl Karten vom Passagierstapel – wie viele, steht als Zahlenbereich (z.B. 1-4) auf der Crewkarte, und man muss vorher ansagen, wie viele Karten man genau ziehen will. Von diesen Karten sollte man mindestens eine Karte nach den normalen Bewegungsregeln spielen können. Wenn das geht, darf man nur eine dieser Karten auch tatsächlich verwenden, die anderen Passagierkarten kommen auf den Ablagestapel. Wenn aber keine der gezogenen Karten passt, vergeht Zeit: das Heft wird eine Seite umgeblättert, und die Titanic läuft weiter voll. In der Regel erhält man dann aber zum Ausgleich eine neue Aktionskarte. Allerdings läuft die Titanic auch voll, wenn man einmal durch den Passagierstapel durchgegangen ist und der Passagier-Ablagestapel zum neuen Passagierstapel wird (wobei der Stapel gemischt wird – also genau im Gegensatz zur vielleicht bekanntesten Patience Klondike).
Wenn ein ganzes Deck vollgelaufen ist – dies geschieht zu Beginn nach dreimaligem Umblättern, später aber dann schneller -, können sich dort natürlich keine Passagiere mehr aufhalten. Noch auf diesem Deck befindliche Passagiere flüchten in Panik und bringen das nächsthöhere Deck (den dortigen Kartenstapel) in Unordnung: Die Passagierkarten des gefluteten und des Zieldecks werden gemischt und als neuer Stapel verdeckt – nur die oberste Karte offen – wieder auf das neue unterste Deck gelegt. Wenn ein Deck flutet, auf dem sich kein Passagier mehr befindet, flüchtet auch niemand mehr und das nächste Deck kann natürlich nicht in Unordnung geraten.
Das Spiel endet, wenn entweder alle Passagiere gerettet sind oder um 2:30 Uhr am 15. April die Ttitanic endgültig untergeht. Nun wird abgerechnet, um zu sehen, wie gut man gespielt hat.
Für jeden geretteten Passagier (also für jeden Passagier in einem Stapel, der mit einem Rettungsboot beginnt) gibt es einen Punkt, außerdem gibt es Punkte für die Zeit, die man benötigt hat. Je schneller es ging und je weniger man umgeblättert hat, desto mehr Punkte gibt es. Zusätzlich können die Passagiere mit Anker-Symbol noch Bonuspunkte liefern, aber nur, wenn alle Passagiere gerettet wurden. Dann gibt es für jede Klasse so viele Punkte wie die größte ununterbrochene Folge Karten dieser Klasse mit Ankersymbol lang ist. Maximal sind so 100 Punkte möglich, wobei wohl Ergebnisse über 30 bereits als gut, ab 50 als hervorragend betrachtet werden dürfen. Laut Spielregel wäre die geschichtliche Leistung der Crew bei 19 Punkten gelandet – es gibt also viel Platz nach oben.
Interessanterweise ist das kooperative Spiel – mehrere Spieler, die gemeinsam versuchen, die Passagiere zu retten – etwas leichter zu gewinnen, weil die verschiedenen Spezialfähigkeiten der Crewmitglieder hier größere Handlungsmöglichkeiten bieten. Dafür ist man dann allerdings noch schneller durch die Passagierstapel hin, so dass der Zeitdruck minimal größer ist – immerhin hat man noch immer genauso viele Bewegungsphasen, aber immer andere Sonderfähigkeiten zur Auswahl. Viel wichtiger ist die Frage, wie vioele Karten man am Ende des Zugs zieht – da man vor dem Ziehen festlegen muss, wie viele Karten man zieht, ist hier eine gewisse Unsicherheit gegeben. Entweder man wählt wenige Karten, hat aber dann auch eine größere Chance, dass Zeit vergeht und das Schiff voll läuft – oder man wählt viele Karten, und die Titanic läuft voll, weil man durch den Passagierstapel durchgegangen ist. Das will wohl überlegt sein.
Ein wichtiger Tipp dürfte wohl sein, zu versuchen, das unterste Deck komplett leer zu spielen, wenn es vollzulaufen droht: Die Panik, die die flüchtenden Passagiere auf dem nächsten Deck verursachen, kann die besten Pläne zunichte machen. Man kann sich davon erholen – immerhin weiß man ja bereits zu einem guten Teil, was sich alles in dem Stapel versteckt –, aber das wird alles andere als leicht.
Ob das Spiel anzuraten ist, ist leicht zu bestimmen: Wer Patiencen mag, wird SOS Titanic ebenfalls mögen. Es macht hierbei keinen Unterschied, ob man Patiencen nur alleine spielt, oder auch kooperative Versionen spielt. Meiner Testrunde hat es jedenfalls sehr gut gefallen (und von zweien weiß ich auch, dass sie es als Weihnachtsgeschenk in der Verwandtschaft weiterverschenken wollen).
Hersteller | Ludonaute und Heidelberger |
Autoren | Bruno Cathala, Ludovic Maublanc |
Künstler | Sandra Fesquet |
Spieler | 1-5 |
Denken | 9 |
Glück | 5 |
Geschicklichkeit | 0 |
Preis ca. | 19,95 € |
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