Wenn Magier streiten

WizWarWiz-War

Manche totgeglaubten Klassiker strafen ihre Kritiker Lügen, indem sie unverhofft wieder aus der Versenkung auftauchen. Ein gutes Beispiel hierfür ist Wiz-War, das 1983 erschienen war, zu der Zeit, als die ersten Rollenspiele in Deutschland erschienen, das mehrere Editionen durchmachte und das Anfang der '90er Jahre in der sechsten Edition zuletzt gesichtet wurde. Bis im Jahre 2012 gleich mehrere Sprachversionen als 'achte Edition' erschienen, unter anderem eine französische bei Edge Entertainment oder eine englische bei Fantasy Flight Games. Letztere scheint die originale Version zu sein, und eine deutsche Lizenzausgabe des Spiels erschien beim Heidelberger Spieleverlag im August diesen Jahres.

In dem Spiel geht es um Duelle von Magiern untereinander. Laut Spielregel geht es bei den Fachdiskussionen zum die Frage, wer von den Teilnehmern neuer Gildenmeister werden wird, aber das ist natürlich Geschmackssache. In bester Dungeonkampf-Manier stehen die Teilnehmer sich in einem unterirdischen Labyrinth gegenüber und versuchen, einander entweder kampfunfähig zu machen oder Schätze zu stehlen. Wer als erster zwei Schätze gestohlen hat, zwei Gegner ausgeschaltet hat, oder einen Schatz gestohlen und einen Gegner ausgeschaltet hat, gewinnt (und wenn nur noch ein einziger Teilnehmer auf dem Brett steht, gewinnt der sowieso).

In einer Schachtel mit dem typischem Euro-Format, das einstmals von Kosmos mit den Siedlern von Catan populär gemacht wurde, findet man folgende Materialien:

  • ein Regelheft
  • 4 Spielplanteile
  • 4 Magierfiguren
  • 4 Plastikstandfüße für die Magierfiguren und ihre Verwandlungsformen
  • 5 Figuren für verwandelte Magier
  • 4 dreiteilige Lebensräder
  • ein Richtungskreuz
  • ein vierseitiger Würfel
  • 47 Objektmarker
  • 4 Portalmarker
  • 4 Standfüße für die Portale
  • 8 Schatzmarker
  • 20 Breschenmarker
  • 26 Energiemarker
  • 24 Hutmarker
  • 10 Betäubungsmarker
  • 168 Magierkarten

Die Spielregel ist zur Zeit nur auf Englisch zu downloaden, wenn die Webseite von Heidelberger wieder aktiv wird, wird da wahrscheinlich auch die deutsche Version zu finden sein – ich gehe davon aus, dass die bisherige Firmenpolitik beibehalten wird. Die Übersetzung ist brauchbar, allerdings scheint es eine allgemeine Unsitte zu sein, das englische "Stun“ mit "Betäubung“ zu übersetzen, statt mit "Benommenheit“: bei Betäubung stelle ich mir immer gleich Bewusstlosigkeit vor…

Die Marker stecken in Stanzbögen, aus denen sie sich gut herauslösen lassen. Die Lebensräder müssen zusammengesetzt werden (Tipp: erst den dicken Achsenteil von vorne durch den oberen Teil stecken, dann durch den Zahlenteil, und dann mit dem dünneren Achsenteil sichern). Die Figuren sind schön modelliert – das einzige, was da noch fehlt, ist ein wenig Farbe, aber die könnte von den Farben der Standfüße ablenken. Die Karten haben sehr schöne, stimmungsvolle Motive, und haben gute Qualität. Sehr schön: Die Karten, Spielsteine, aber auch die Spielbrett-Teile und die Stanzbögen stecken in Ziplocks – die deutschen Begriffe Kängurubeutel oder Schnellverschlussbeutel sind inzwischen weniger bekannt als eben Ziplock.

Zum Standard-Spielbeginn wird aus den weißen Zaubertricks und drei weiteren Magieschulen die Spruchkarten (jeweils 24 Karten pro Schule) ein Deck gemischt, mit dem die Runde gespielt wird – alle anderen Karten sind in dem Spiel nicht notwendig.

Das Spielfeld wird aus den Bodenplatten zusammengesetzt, pro Spieler eine. Portale verbinden anscheinend nicht miteinander verbundene Bodenplatten. In der Mitte jeder Bodenplatte steht ein Magier, auf zwei markierten Feldern werden die Schätze des Magiers ausgelegt. Jeder Spieler erhält 15 Lebenspunkte (auf dem Rad einzustellen) und fünf Karten, dann beginnt das Spiel.

Grundsätzlich verläuft jeder Spielzug nach einem recht einfachen Schema:

1) Buchhaltung: Effekte des aktiven Spielers könnten in Kraft treten, der Spieler entfernt je einen Energiemarker von zaubern, die aufrecht gehalten werden können, man kann einen Betäubungsmarker entfernen.

2) Man kann ziehen, einmal angreifen und Magie wirken. Die Reihenfolge ist beliebig wählbar, man kann auch 'um die Ecke snipen‘: ein Feld ziehen, einen Angriffszauber sprechen, sich zurückziehen. Normalerweise hat man drei Bewegungspunkte zur Verfügung, in verwandelter Form aber auch ggf. mehr oder weniger.

3) Man darf beliebig viele Handkarten abwerfen und anschließend zwei Karten nachziehen, bis zu einem Handkartenmaximum von 7, wobei aus ausgerüstete Gegenstände und aufrechterhaltene Zauber mitgerechnet werden – ein Detail, das im Eifer des Gefechtes leicht vergessen wird.

Der große Detailreichtum des Spiels stammt aus den Möglichkeiten der Zauber. Man kann mit einem Zauber durch Türen gehen (sie entsperren und hindurchgehen – hinter einem verschließt sie sich automatisch wieder). Man kann sich in ein anderes Wesen verwandeln. Man kann Objekte erschaffen. Man kann Löcher in die Wände schießen oder neue erschaffen – denn diese stören die Sicht auf den Gegner enorm, bieten aber auch Deckung. Wenn die Magie nicht ausreicht, kann man seinem Gegner auch physisch zu Leibe rücken – dann wird aus der Fachdiskussion eben eine geschliffene Fachdiskussion. Wer gar nichts anderes kann, kann immer noch mit der Faust zuschlagen.

Wer einen Schatz findet, kann ihn aufheben – dies beendet die Bewegen-Magie-Kampf-Phase sofort. Andere Objekte kann man für einen Bewegungspunkt aufheben und dann mitnehmen, wobei auch diese Gegenstände zum Handkartenlimit gehören.

Für jeden im Kampf ausgeschalteten Magier erhält man einen Siegpunkt, ebenfalls für jeden gegnerischen Schatz, den man in die eigene Basis gebracht hat. Aber Vorsicht: Magier sind wie Elstern, und wenn ein anderer Magier einem den Schatz wieder klaut, ist auch der Siegpunkt wieder weg.

Neben den Variationsmöglichkeiten, die sich schon aus der Kombination von drei beliebigen aus sechs möglichen Zauberschulen ergeben, gibt es in den Regeln auch noch zusätzliche Varianten. Vom 'persönlichen Zauberbuch' über Spielverlängerung bei Festlegung auf 3 oder gar 4 notwendige Siegpunkte bis hin zu Regelvarianten, bei denen das Töten von Magiern keine Siegpunkte gibt (aber man natürlich immer noch bei Ausschalten aller Gegner gewinnt) ist eine breite Auswahl möglich.

Wiz-War gilt nicht zu unrecht als Klassiker, und es ist unverständlich, dass es einen so langen Dornröschenschlaf gemacht hat. Es ist kurzweilig, und die Partielänge ist auf der Schachtel mit 30 bis 60 Minuten auch recht gut getroffen. Unseren Testern hat das Spiel auf jeden Fall hervorragend gefallen. Es ist auch für Gelegenheitsspieler geeignet, wenn eine gewisse Neigung pro Fantasy gegeben ist, auch wenn das Hauptziel natürlich Vielspieler sind.

Hersteller Heidelberger
Autoren Tom Jolly, Kevin Wilson (Neuausgabe)
Künstler Will Springer, Dallas Mehlhff, Brian Schomburg, Peter Wocken, Christophe Madura, Ben zweifel, Philip Dickenson, Javier Guzman, Bill Hallier, Denis Medri, Bob Renzas, Gabe Rose
Spieler 2-4
Denken 8
Glück 5
Geschicklichkeit 0
Preis ca. 39,95 € (empf. VK)

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