Bedpans & Broomsticks
Mayfair ist ein ziemlich alter Spieleverlag in den USA, dort vor allem bekannt für seine Eisenbahnspiele und als Hersteller der amerikanischen Lizenzausgaben von vielen anderen Spielen, u.a. den Siedlern von Catan. Eine Zeitlang produzierte Mayfair auch unter dem Label 'Role Aids' Material für Rollenspieler, der Arm des Unternehmens wurde dann später von TSR gekauft.
Aber Mayfair produziert auch einige eigene Spiele, wie Nuns on the Run, das wir vor etwa zwei Jahren besprochen haben. Der Autor Fredrick Moyersoen scheint ein Faible zu haben für Schleich- und Rennspiele, zumindest ist auch das aktuelle Bedpans & Broomsticks ein solches. Es handelt sich also nicht, wie man bei dem Namen vielleicht vermuten könnte, um eine Persiflage auf D&D, sondern um ein Brettspiel.
In eine Schachtel gehören:
- 16 Bewohner-Marker, je vier in vier Farben
- 48 'Stuff‘-Marker (also Zeugs)
- 4 Seniorenkarten
- eine Menge Statusmarker
- 8 Türmarker
- 6 'Staff‘-Figuren (Personal)
- 21 Zimmer-Spielbretter
- 3 Würfel (W6 mit je 2× 1,2,3, zwei in weiß, einer in rot)
- Standfüße für das Personal
- die Spielregel auf Englisch
(In unserem Exemplar fehlten die vier Seniorenkarten, die uns aber auf Nachfrage schnellstens zugeschickt wurden.)
Leider sind die Regeln nirgendwo online zu finden, was gerade bei diesem Spiel ein wenig unglücklich ist, vom Standpunkt meiner Rezension aus…
Die meisten dieser Teile stecken in Stanzkartons, und sitzen relativ fest. Glücklicherweise ließen sie sich dennoch alle ohne Spuren herausdrücken, denn jeder Spieler, der einen Insassen spielt, hat zwei Marker, von denen einer echt und der andere eine Ablenkung ist – und die beiden unterscheiden sich nur durch einen Punkt auf der Unterseite.
Ein wenig aufpassen muss man auch bei den Füßen der Personal-„Figuren“, denn die Kartons, aus denen die 'Körper' bestehen, sind etwas zu dick um einfach in die Füße zu passen. Man kann die Klemmen mit einem Schraubendreher o.ä. ein wenig auseinanderdrücken, und dann die Figuren einsetzen, aber wenn man es nicht tut, wird man garantiert die Figuren leicht beschädigen. Und man sollte sie hinterher auch in den Füßen belassen. Die Bewohner-Marker kommen in doppelter Ausführung: einen Satz, mit dem man sie als Plattpöppel verwenden kann, und einen, den man in Füße stecken kann – dann muss man aber je eine der beiden gleichfarbigen Figuren mit einem Stift markieren – ein Punkt unter einem der beiden Füße.
Die Regeln sind ziemlich unübersichtlich geschrieben: Zusammengehörende Punkte stehen teilweise über das ganze Heft verteilt, und einige Tippfehler machen das ganze auch nicht unbedingt lesbarer. Besonders unangenehm werden die Tippfehler, wenn man jedes Mal, wenn in den Regeln von "Staff“/“Stuff“ (Personal / Gegenstände – eigentlich 'Zeugs‘) die Rede ist, überlegt, ob jetzt wirklich das gedruckte Wort gemeint ist, oder doch das andere.
Das Thema wird sicher nicht bei jedem Spieler auf Gegenliebe stoßen. Laut Spielregel stellen die Spieler (bis auf einen) Insassen (? Bewohner? Patienten? – ich weiß, der 'korrekte' Begriff wäre Bewohner, hier werden die huten Leute allerdings schon eher wie entfangene Sträflinge gejagt, so dass sich mir der Begriff 'Insassen' einfach aufdrängt…) eines Altersheims dar, die gegen den Willen des Personals einen Ausflug machen wollen – leider aber sind sie so senil (oder einfach alt?), dass sie das Layout des Heims nicht mehr kennen und den Ausgang suchen müssen. Ein Spieler übernimmt die Rolle des Personals, dessen Ziel es ist, die lieben Alten daran zu hindern, in die für sie gefährliche Umwelt zu entkommen.
Wie gesagt, das Thema wird sicher nicht jedem schmecken. Besonders, wenn jemand Angehörige hat, die an Demenz / Alzheimer leiden, könnte das Spiel ungewünschte Saiten berühren. Vielleicht wäre es besser gewesen, ein anderes Thema aufzusetzen – zum Beispiel 'Man ist von Aliens entführt worden, und will den sicherlich unangenehmen und möglicherweise tödlichen Experimenten entkommen, die die Aliens mit einem planen' oder einfach nur den bereits genannten Gefangenenausbruch im Gefängnis…
Wie soeben gesagt, übernimmt einer der Spieler die Rolle des Personals, die Spielfiguren dieses Spielers stehen auf dem Brett und sind immer bekannt. Die anderen Spieler sind 'Alte' (mir fällt einfach kein politisch korrekteres Synonym als Übersetzung von 'Elder' ein), und jeder Spieler hat zwei Marker, die gleich aussehen. Nur einer der beiden trägt auf der Rückseite aber einen schwarzen Punkt – das ist die echte Figur, der andere stellt einen Mitbewohner dar, der sich freundlicherweise bereit erklärt hat, sich genauso zu kleiden und als Ablenkung zu dienen.
Das Altenheim besteht aus einer Reihe von Bodenplatten, die im Laufe des Spiels erforscht werden müssen. Wenn eine Figur eines Bewohner-Spielers eine Öffnung am Rande eines Spielfeldes sehen kann, wo noch kein Gebäudeteil liegt, muss der Personal-Spieler dort ein neues Gebäudeteil auslegen. Außer den gibt es Türen/Durchgängen gibt es auch noch eine Treppe und einen Aufzug, die die Bewohner (die sich zu Beginn im Obergeschoss befinden) nehmen müssen, um im Erdgeschoss dann den Ausgang finden zu können.
In einer Runde ziehen immer zunächst alle Bewohner-Spieler, und am Ende der Runde der Personal-Spieler.
Ein Zug eines Bewohners verläuft wie folgt. Zunächst darf man die Ablenkung auf das Feld des 'echten' Alten legen, oder auch auf ein beliebiges Bett der gleichen Farbe. Dann darf man Gegenstände ausspielen, die einem Vorteile geben, hiernach dürfen auch alle anderen Gegenstände nutzen. Jetzt würfelt man zweimal mit allen drei Würfeln und zieht einmal mit dem Alten, einmal mit der Ablenkung, und zwar jeweils die Summe der beiden kleinsten Würfel, wobei mach jedem einzelnen Feld notwendig werdende neue Gebäudeteile auszulegen sind. Wenn man will, können jetzt noch einmal Gegenstände ausgespielt werden.
Auch der Personal-Spieler würfelt für jeden seiner Pfleger und den Arzt getrennt, allerdings erhält der erste gezogene Pfleger die Summe der beiden größten Würfel, und der Arzt die Summe des roten Würfels und des kleineren weißen.
Gegenstände liegen auf dem Spielbrett aus und können aufgenommen werden, indem man auf das gleiche Feld zieht. Wer einen zweiten Gegenstand aufnehmen will, muss hierfür einen Bewegungspunkt aufwenden. Ein Zug endet automatisch, wenn man ein Feld betritt, wo sich bereits jemand befindet.
Man darf nicht mehr als drei Gegenstände mit sich führen. Da einige Gegenstände nur für Personal und einige nur für Alte nützlich sind, kann es also auch interessant sein, Gegenstände mitzunehmen, die man selbst gar nicht verwenden kann – damit die Gegenseite sie nicht finden kann. Wenn man mehr Gegenstände hat als man haben darf, muss man übrige Gegenstände abwerfen (sie kommen nicht aufs Spielfeld…)
Auch ist die Lage der Gegenstände eventuell ein Grund, die Ablenkung eine Runde lang nicht zum eigenen Altern zu legen, sondern auf ein Bett der gleichen Farbe: Zwar weiß der Personal-Spieler dann (zeitweise), welche Figur echt ist, aber die Ablenkung kann Gegenstände einsammeln, die dann dem Alten selbst zur Verfügung stehen.
Ein einzelner Pfleger/Arzt kann einen Alten nicht neutralisieren, es sind hierfür zwei Personal notwendig. Wenn das gelingt, und die neutralisierte Figur tatsächlich ein Alter ist, erhält der Personal-Spieler einen Punkt. Die fangenden Pfleger kommen auf die nächsten Startpunkte für Pfleger. Der Alte verliert alle Gegenstände, erhält einen neuen Gegenstand und beginnt den nächsten Zug in einem beliebigen Bett seiner eigenen Farbe.
Das Spiel endet entweder, wenn ein Alter die Türe gefunden hat und durch diese entkommt, oder wenn der Personal-Spieler so viele Punkte gemacht (Alte gefangen) hat, wie Alten-Spieler mitspielen, wobei er auch einen Alten mehrfach fangen kann, jedes Fangen zählt. Der betreffende Spieler hat dann gewonnen.
Im Anhang der Regeln werden noch einige alternative Optionen angeboten: zum Beispiel, dass Gegenstände statt abgeworfen zu werden doch aufs Spielfeld kommen, eine Option für einen kooperativen Sieg der/einiger Alten, etc. Ein wenig ungleich gewichtet ist eine Option, nach der jede der vier Alten-Personen eine besondere Fähigkeit haben: zwei der Personen haben eine Fähigkeit, die nur in Zusammenarbeit mit einem zweiten Alten-Spieler funktioniert. Diese ist dadurch schwächer als die Optionen der beiden anderen Spieler…
Abgesehen von den Problemen, die man mit dem Thema haben darf, ist das Spiel eine eher einfachere Version eines 'Entkommen‘-Spiels à la Zombies!!, allerdings wird die Gegenseite ebenfalls durch einen Spieler geführt. Rein von der Schwierigkeit und Spieltiefe her ist es eher ein Familienspiel für Gelegenheitsspieler, aber Vielspieler werden es auch nicht verschmähen. Es kann zwar auch zu zweit gespielt werden, aber je mehr Spieler teilnehmen, desto besser wird es.
Wäre da nur nicht das Thema…
Hersteller | Mayfair Games | |
Autor | Fréderic Moyerson | |
Künstler | Jacob Chabot, Jared Blando | |
Spieler | 2-5 | |
Denken | 5 | |
Glück | 5 | |
Geschicklichkeit | 0 | |
Preis ca. | 35 € |
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