Assault on Doomrock
Im Juni/Juli letzten Jahres lief bei Indiegogo ein Projekt, mit dem das kooperative Fantasyspiel Assault on Doomrock finanziert wurde. Das polnische Projekt erreichte mehr als das Vierfache des ursprünglich genannten Finanzierungsziels, so dass das Spiel rechtzeitig zur SPIEL ausgeliefert werden konnte. Leider hat der Hersteller seine Webseite bis heute aber nicht über ein 'under construction' hinausgebracht.
Das Spiel ist recht umstritten, wie man auch bei den Diskussionen auf Boardgamegeek sehen kann – dem einen ist es zu schwierig, der andere findet es genau richtig. Anderen passen bestimmte Mechanismen nicht – die wieder andere besonders gelungen weil ungewöhnlich finden. Das Spiel ist auf jeden Fall so komplex, dass ich hier nur eine grobe Übersicht geben kann.
In der Verpackung ist folgendes Material zu finden:
- die Spielregel auf Englisch
- 246 kleine Karten
- 50 große Karten
- 44 große Marker
- 111 kleine Marker
- 25 Würfel
Die Regeln kann man hier herunterladen.
Die kleinen Marker teilen sich auf in Schild-/Heroismus-, Geheimnis-/Zeit-, Positions-, Geld-, Trefferpunkt- und Gefährdungs-Marker. Sie stecken, wie auch die großen Boss-, Diener- und Heldenmarker in Stanzbögen, aus denen sie sich gut herauslösen lassen. Die kleinen Karten (Start- und andere Fähigkeiten, KI, Ereignisse und Gegenstände) und die großen (Landkarten, Helden, Heldeneigenschaften, Settings und Begegnungen) haben gute Qualität. Allerdings dürften gerade die kleinen Karten gerne größer sein: der Text auf den Karten ist manchmal doch arg klein geraten. Aber auch den größeren Karten stünde ein wenig mehr Platz gut zu Gesicht. Die Würfel schließlich sind rote Plastikwürfel.
Die Karten sind schön geworden, vor allem auch, weil sie recht gutes Englisch bieten. Mir fielen nur wenige Tippfehler auf – mit einer Ausnahme. Man kann davon ausgehen, wenn man auf einer Karte 'loose' (lockern) liest, dass da 'lose' (verlieren) gemeint ist.
Im Spiel will eine Heldenrunde, bestehend aus 2-4 Charakteren, das große Böse in Doomrock besiegen. Hierfür zieht sie erst einmal durch die Lande. Wo sie sich ausrüsten kann und 'zum Aufwärmen' kleinere Bosse besiegt, bevor zum Spielende der große Endboss auftaucht und besiegt werden will.
Zu jedem der drei Bosse gehört ein zufällig ausgewähltes 'Setting‘, das bestimmte Effekte auf Begegnungen hat, beispielsweise hat jedes eine eigene Beutetabelle, aber manche unterdrücken oder verstärken auch Spieleffekte oder geben zusätzliche Optionen wie Händlerangebote. Zusätzlich hat jedes Setting einen Zeitwert, wenn die Gruppe die genannte Zeit verbraucht hat, muss sie den aktuellen Boss bekämpfen; danach gibt es ein neues Setting mit neuem Zeitkonto und einem neuen, härteren Boss.
Die Lande werden durch verschiedene Karten dargestellt, von denen zu Spielbeginn drei offen liegen sowie sechs verdeckt in einem Stapel liegen – unter dem Stapel liegt als letzte Gegend dann Doomrock. Jedes Gelände bietet verschiedene Optionen, die jeweils unterschiedliche Kosten haben. So kann man beispielsweise in der 'unerwarteten Wüste' für einen Zeitmarker in der 'delusionalen Oase' campen (man gewinnt HP, aber auch einen Gefährdungsmarker), für einen Geheimnis- und einen Schildmarker halb vergrabene Leichen looten (man würfelt auf der Beutetabelle und erhält einen Gefährdungsmarker) oder ohne Kosten über das Wegetor in eine offen liegende Stadt gehen. Letztere Option ist besonders wichtig, weil es normalerweise auch einen Zeitmarker kostet, auf eine andere Karte zu ziehen – wie es auch einen Zeitmarker kostet, eine neue Ortskarte zu ziehen (wofür dann auch eine Karte abgeworfen werden muss, so dass man immer nur drei Orte zur Auswahl hat).
Wofür sind die ganzen Marker eigentlich da? Die Schildmarker braucht man nicht nur, um bestimmte Aktionen durchzuführen, sondern auch, um im (Boss-)Kampf Schaden zu vermeiden: Jeder Schildmarker verhindert einen Schadenspunkt. Geheimnismarker liegen auf den Orten und kennzeichnen, wie geheimnisvoll sie sind – einige Ortsaktionen können nur durchgeführt werden, indem man von der Karte Geheimnismarker entfernt. Heroismus-Marker erhält man für heroische Taten und gibt sie aus, wenn man etwas weniger heroisches tun will, wie beispielsweise auf eine 'triviale Queste' zu gehen oder auch einen Laden auszurauben (der einem danach auch nichts mehr verkaufen wird). Gefährdungsmarker sammelt man (oder auch Monster) verdeckt; wenn man Schaden nimmt, werden sie aufgedeckt und der Schaden erhöht sich entsprechend, oder man wird zurückgestoßen, oder… Silber benötigt man, um Dinge zu kaufen und um seinen Charakter zu verbessern. Grundsätzlich will man aber so wenig wie möglich davon haben. Und mit Silber kann man Waren kaufen oder auch seine Charaktere verbessern.
Jaja, die Charaktere. Zu Spielbeginn werden diese zufällig den Spielern zugeteilt, es gibt insgesamt sechs verschiedene: Hexe, Krieger, Dieb, Ranger, Paladin und Magier, jeder mit eigenen Fähigkeiten. Außerdem wird jedem Charakter zufällig eine Eigenschaft gegeben (ungeduldig, lächerlich überrüstet, oder auch sadistisch), durch die beiden Karten wird eine Gruppe von vier Fertigkeiten bestimmt, mit denen der Charakter anfängt. Fähigkeiten kann man auch im Laufe des Spiels erwerben – zum einen als 'Level-up' gegen teures Silber oder auch auf manchen Ortskarten. Allerdings müssen die Helden immer gleichmäßig gesteigert werden.
Man zieht also durch die Lande, gewinnt und verliert Eigenschaften und Ausrüstung, und irgendwann ist die Zeit vorbei. Dann darf man nur noch Sachen tun, die keine Zeit kosten – oder sich dem (Zwischen-)Boss stellen. Der ist in der ersten Stufe noch einigermaßen einfach zu besiegen, in der zweiten schon deutlich schwieriger und in der dritten Stufe… Sagen wir es so: Man könnte den Ikosaeder in einem Magic 8-Ball durch einen Zehnseiter ersetzen, der nur die Ergebnisse, die in dem Link mit den Ergebnissen 11-20 aufgelistet werden, anzeigt, und würde es sehr gut treffen. 'Outlook not so good' indeed.
Wie funktioniert dieser Bosskampf? Aus drei Möglichkeiten erhält man zufällig einen Gegner, in der ersten Stufe könnte das eine Zombiehorde sein, die Biester des Verderbens, oder auch explodierende Tomaten. Für jeden Gegner gibt es einen kleinen Stapel mit Taktiken, die als künstliche Intelligenz dienen und dafür sorgen, dass die verschiedenen Gegner sich auch tatsächlich verschieden verhalten. Entsprechend muss man auch verschiedene Taktiken anwenden, um die Gegner zu besiegen.
Die Spieler hingegen haben ihre Fähigkeiten, die sie einsetzen können. Aber welche Fähigkeiten sie einsetzen können, ist nicht jede Kampfrunde gleich. Zu Beginn einer Runde erhält jeder Spieler eine Anzahl von Würfeln, mit denen er würfeln darf. Man darf bis zu zweimal Würfel neu werfen. Um eine Fähigkeit zu nutzen, muss man eine bestimmte Würfelzahl haben und einsetzen, man sollte also darauf achten, seine Fähigkeiten über verschiedene Zahlen zu verstreuen. Auch bringen die 1 und die 6 besondere Aktionen, die man mit ihnen automatisch durchführen kann, ohne eine entsprechende Karte zu haben.
Ein paar wenige dieser Fähigkeiten werden ausgeführt, bevor die Monster aktiv werden. Jeder Spieler aktiviert bis zu zwei einzelne Monster, indem eine KI-Karte gezogen und ausgeführt wird. Danach dann kommen die Helden mit ihren noch nicht genutzten Fähigkeiten an die Reihe.
Das relativ abstrakte Kampfsystem hat neben der KI und der Würfelaktivierung auch noch andere Überraschungen für die Spieler: die Kämpfer werden in Gruppen zusammengefasst, und bestimte Kampfeffekte und Fähigkeiten können dafür sorgen, dass Kampfteilnehmer aus einer Gruppe in eine andere (oder auch in eine 'leere‘) Gruppe verschoben werden, ansonsten muss man eben sehen, welche Monster da vor einem stehen und wie man sie ausschalten kann.
Wenn alle Gegner besiegt sind und mindestens ein Spieler noch mindestens einen Trefferpunkt übrig hat, werden alle besiegten Helden wieder auf einen Punkt gebracht, ein neues Setting wird ausgelegt, und es geht weiter. Wenn die Gegner aber alle Helden besiegen (ihre Trefferpunkte auf Null bringen) haben die Helden verloren.
Gerade der Endboss ist besonders hart – zwei der drei Möglichkeiten haben auch noch einen Erststufenmob als Unterstützung, der dritte hat den Gegenwert eines solchen. Wenn man ihn denn überhaupt zu sehen bekommt: Man muss, bevor die Zeit für den Endkampf gekommen ist (alle Zeitmarker des letzten Settings verbraucht sind) alle Ortskarten aufgedeckt haben, denn die allerletzte ist Doomrock; ohne diese Karte kann man nicht gewinnen.
Auch wenn die vielen Karten und Würfel den Eindruck machen: Assault on Doomrock ist alles andere als glücksbetont. Glück ist sicher nötig, aber bei weitem nicht so wichtig wie gute Planung. Gute Planung kann eine Menge Karten- und Würfelpech ausgleichen, aber nicht andersherum. Das, zusammen mit einem sehr hohen Schwierigkeitsgrad (was die Planung angeht, die Regeln selber sind recht gut verständlich) führt dazu, dass der Frustfaktor gerade zu Beginn recht hoch ist.
Wenn man es aber häufiger gespielt hat und die notwendigen Taktiken erkannt hat, ist es aber machbar – leicht darf man es dennoch nicht nennen. Es ist eindeutig ein Spiel für Vielspieler, besonders für Tüftler und Koop-Experten.
Das Spiel ist sicher nicht für jedermann, aber Freunde des fantastischen kooperativen Spiels werden hier ihre Freude haben. Man hat es etwas einfacher, wenn man zu viert spielt; da die Bosse aber bei mehr Charakteren auch stärker werden, ist das Gleichgewicht einigermaßen gewahrt. Und man kann es auch alleine spielen, indem man einfach zwei Helden gemeinsam führt.
Hersteller | Beautiful Disaster Games | |
Autor | Tom Stasiak | |
Künstler | Tomasz Florkiewicz, Przemyslaw Geremek, Michal Grochalak, Adam Kabalak, Bartosz Plawecki, Marcin Rubinkowski, Tom Stasiak | |
Spieler | 1-4 | |
Denken | 9* | |
Glück | 6 | |
Geschicklichkeit | 0 | |
Preis ca. | 55 €* |
Assault on Doomrock ist zur Zeit herstellerseitig ausverkauft, es soll aber im März ein neues Projekt gestartet werden für eine erste Erweiterung. Es steht zu erwarten, dass damit dann auch eine zweite Auflage des Grundspiels verfügbar werden wird.
Schreibe einen Kommentar