Imperialism: Road to Domination
Spiele, die die Entwicklung eines Landes oder auch mehrerer Länder thematisieren, beschränken sich meist entweder auf wenige Jahre (wie beispielsweise Wir sind das Volk! oder auch Romolo o Remo? – Link führt jeweils zu unserer Rezension) oder aber über viele Jahrhunderte, wie bei der Brief History of the World. In letzterem Fall vertritt allerdings jeder Spieler in jeder Runde eine andere Nation.
Einen Zwischenweg geht Imperialism: Road to Domination von G3 aus Polen. Jeder Spieler vertritt eine 'Großmacht‘, der Zeitraum des Spiels geht vom 15. bis zum 19. Jahrhundert. Das ganze findet allerdings recht abstrakt statt, auch aggressive Länder werden keine Armeemarker auf einer Landkarte hin- und herschieben.
In der Schachtel steckt folgendes Material:
- 60 Marker (Holzwürfel, je 15 in vier Farben)
- 50 Münzen: 20 × 1, 20 × 5 und 10 × 10 Dukaten
- ein Spielbrett
- die Spielregeln in Englisch
- 128 Karten: 50 Vorhersehungskarten, 38 Gebietskarten, 10 Supermacht-Karten, 24 Errungenschaftskarten, 6 Religionskarten
Die Spielregeln kann man – auch in einer deutschen Version – bei Boardgamegeek herunterladen. Man sollte hier auch das Forum zum Spiel durchlesen, weil die Spielregel an ein paar Punkten undeutlich ist, was zum Teil der Tatsache geschuldet ist, dass das Spiel aus dem Polnischen Übersetzt wurde.
Die Holzwürfel sind klein, aber handlich, die Münzen lassen sich gut aus ihrem Stanzbogen herausdrücken. Sie hätten aber gerne unterschiedlich groß oder – besser noch – unterschiedlich gefärbt sein dürfen, denn zum einen liegen sie immer offen, zum anderen wären sie so leichter aus dem Vorrat herauszufischen. Die Karten haben gute Qualität.
Die Karten sind schön, die Symbole auf den Karten hätten für uns aber etwas deutlicher sein dürfen. Das Spielbrett zeigt interessanterweise keine Landkarte, sondern in erster Linie eine ganze Reihe von Fortschrittsbalken, auf denen man seine Produktion und Punktestände anzeigen kann: Nahrung, Tuche, Gewürze, Industrie, Landwaffen, Schiffswerften, Armee und Flottenwerte etc. So hat man ständig den Überblick, wer in welchem Bereich gut oder nicht so gut ist. Außerdem gibt es hier Ablageplätze für die verschiedenen Kartentypen. Auch sieht man hier, dass Prestige und Ruhm nicht das gleiche ist: Prestige ist eine 'Spielwährung‘, Ruhm sind Siegpunkte, um die es bei Spielende geht.
Zu Spielbeginn erhält jeder Spieler zufällig zwei der zehn Supermachtkarten, aus denen man sich dann eine aussuchen darf. Die Auswahl ist breit, wenn auch nicht ganz historisch: Preußen, Österreich, Ottomanen, Portugal, Spanien, Polen, Schweden, Frankreich, England und Russland. Lobend zu erwähnen ist Portugal, das leider oftmals übersehen wird (und auch historisch nicht die ganze bespielte Periode als Großmacht überdauerte), ein wenig fehlte meiner Runde allerdings die Niederlande – obwohl sie zugeben musste, dass diese erst später ihren Auftritt hatte und im 15. Jahrhundert noch zu Spanien gehörte.
Das Spiel besteht aus recht kurzen Runden, in denen jeweils ein Spieler am Zug ist, beginnen mit dem Spieler, der bei der Länderwahl die Nation mit der niedrigsten 'Ordnungszahl' gewählt hatte. Höhere Nummern gehen auch einher mit mehr Start-‚Kapital‘, was den Vorteil, als erster am Zug zu sein, wieder aufhebt.
Wer am Zug ist, tut zwei Dinge. Zunächst werden die Handkarten angepasst: man darf bis zu drei Handkarten abwerfen (es dürfen auch null sein), und füllt seine Hand dann wieder (mit Vorhersehungs- und Länderkarten) auf das Handkartenlimit von fünf auf. Danach hat man die Wahl, eine von fünf Aktionen auszuführen: Entwicklung, Intrige, Eroberung, Krieg oder Steuern. Dabei wird die Aktion auf dem Spielbrett mit einem Markerstein des Spielers besetzt, und der Spieler muss beim nächsten Mal eine andere der Aktionen ausführen, wodurch der Marker dann dorthin bewegt wird.
Bei der Entwicklung wählt der Spieler eine der 8 Waren, in denen das Spiel handelt, um auf der Basis hiervon bestimmte Vorteile zu haben: Vor allem erhält er auf jeden Fall Gold. Wenn der Spieler in dem genannten Gut alleine an erster Stelle steht, erhält er noch zusätzliche Boni, beispielsweise einen extra Prestigepunkt oder zusätzliches Gold.
Wählt man Intrigen, darf man ein oder zwei Vorhersehungskarten ausspielen, mit denen man beispielsweise einen schlechten Anführer auf ein feindliches Land spielt, einen guten eigenen Anführer spielt, anderen Geld stiehlt, die eigene Mittelschicht verbessert etc. Als eine der beiden Karten darf ein zu Spielbeginn katholisches Land (alle außer Russland und den Ottomanen) einmal während des Spiels die Religion ändern und lutheranisch, calvinistisch oder konterreformatorisch werden. Dies bietet gewisse Vor- und Nachteile, so dass man sich das gut überlegen sollte – ein Zurück gibt es nicht.
Beim Erobern darf man eine Länderkarte ausspielen, mit denen man dass eigene Reich vergrößert. Das kostet beim Ausspielen evtl. Gold, auch muss man meist bestimmte Bedingungen erfüllen; dafür gibt einem das Land aber auch Boni, wie verbesserte Produktion oder Ruhmpunkte.
Beim Krieg setzt man seine Armee oder Flotte gegen einen Mitspieler ein, hierfür muss man auch eine entsprechende Karte auf der Hand haben. Der Kampf entscheidet sich aber nicht nur über den reinen Wert der Armee, sondern kann auf beiden Seiten noch mit Karten beeinflusst werden. Wenn der Krieg entschieden ist, kann der Verlierer entscheiden, was er durch den Friedensvertrag verliert: Geld, ein Land oder Prestige. Hinterher können dann alle, auch nicht beteiligte Spieler, mit bestimmten Handkarten noch vom Krieg profitieren – was auch zu Pyrrhussiegen führen kann, wenn ein Spieler mehr Gold verliert als er durch den direkten Krieg gewonnen hat.
Bei der Steuererhebung schließlich nimmt van von den beherrschten Ländern Gold ein, und zwar je eine Dukate pro Land.
Einen wichtigen Punkt im Spiel nehmen die Errungenschaften ein, von denen immer ein paar wenige offen liegen. Wenn ein Spieler es kann, muss er im Laufe seines Zuges eine der Errungenschaften nehmen – diese haben bestimmte Voraussetzungen, so dass es möglich ist, dass man hin und wieder keine nehmen kann. Man kann aber (obwohl das aus der Spielregel nicht so hervorgeht) das Nehmen der Errungenschaft auf einen späteren Zeitpunkt im eigenen Zug verschieben in der Hoffnung, bis dahin eine bessere Karte nehmen zu dürfen.
Die Errungenschaften gibt es in vier Stufen, wobei sie so sortiert sind, dass erst die erste Stufe ins Spiel kommt, dann die zweite etc. Errungenschaften geben einem Spieler Ruhmpunkte in Höhe ihrer Stufe, sie werden also im Laufe der Zeit immer mächtiger – aber haben entsprechend auch steigende Anforderungen. So muss man für die Entdeckung der neuen Welt (gibt einen Ruhm- und einen Prestigepunkt) auch nur eine Kolonie haben, während man für die Entwicklung von Städten (gibt vier Ruhmpunkte und einen Punkt auf dem Tuch-Balken) 80 Dukaten und 10 Prestigepunkte haben muss.
Das Spiel endet, wenn ein Spieler auf dem Ruhm-Balken, der als Kramerleiste außen auf dem Spielfeld angebracht ist – was recht übersichtlich die besondere Rolle der Ruhmpunkte in Erinnerung ruft -, einen bestimmten Wert erreicht, der abhängig von der Anzahl der Spieler ist. Danach gibt es noch je zwei Ruhmpunkte für die Führenden auf den verschiedenen Waren-, Prestige- und Militär-Balken etc., für die Spieler mit den meisten Kolonien und Ländern, und eventuell Punkte, wenn man seine Religion während des Spiels nicht geändert hat (Russen und Ottomanen, die das gar nicht erst dürfen, erhalten für ihre Zurückhaltung auch keine Punkte). Wer am Ende die meisten Ruhmpunkte hat, gewinnt.
Gleichstand kann es sowohl auf den einzelnen Balken geben wie auch bei den Ruhmpunkten bei Spielende. Auf den Balken gilt ein Gleichstand im Laufe des Spiels nicht als Führung, wenn es um Boni für den Führenden auf einem Balken geht. Bei Spielende erhalten bei geteilter Führung auf den Balken (und bei den Ländern und Kolonien) alle Führenden jeweils nur einen Ruhmpunkt, geteilte 2. Plätze bringen gar nichts mehr. Eine Regel für einen Gleichstand in Ruhmpunkten bei Spielende habe ich nicht finden können – das geschieht aber auch selten genug.
Bei der Wahl der Aktionen oszilliert man meist zwischen Entwicklung, Intrigen und Erobern, sollte aber auch Möglichkeit des Krieges nicht vergessen – vor allem auch, weil man in so einen auch geraten kann, wenn man selbst der absolute Pazifist ist. Steuern sind eher eine Notlösung, wenn man mit den anderen Optionen ausnahmsweise wirklich gar nichts anzufangen weiß.
Man kann auch, wenn man einen schlechten Start erwischt hat, immer noch ein gutes Ergebnis erreichen – eine wichtige Taktik dürfte es sein, contrazyklisch zu arbeiten: wenn die anderen versuchen, ihre Streitkräfte aufzubauen, kann s sinnvoll sein, stattdessen auf Landeroberung zu setzen, wenn die anderen dias Militär vernachlässigen, lohnt es eher, ins MiIlitär zu investieren und den anderen ihre Einnahmen etc. wieder abzunehmen, etc.
Vor allem muss man die Boni im Auge behalten, die man als Produktionsführer gewinnen kann – und sei es nur, um dafür zu sorgen, dass die anderen sie nicht absahnen können.
Das Spiel spielt sich zu zweit, dritt oder auch viert gleich gut, wobei man zu zweit eher die Konfrontation sucht, zu viert versucht, nicht zum Ziel für die anderen zu werden. Auch spielt es sich ziemlich schnell – da ein Spieler immer nur eine Aktion ausführt, ist die Wartezeit meist auch recht gering. Spieler mit Analyseparalyse können das Spiel aber etwas zäher machen.
Alles in allem ist Imperialism: Road to Domination ein Spiel für Vielspieler, nicht zuletzt, weil es so viele verschiedene Strategien gibt, mit denen man versuchen kann, das Spiel zu gewinnen. Gelegenheitsspieler haben das Problem, dass man erst nach ein paar Spielen herausbekommt, wie man die verschiedenen Optionen am besten kombinieren kann.
Unserer Testrunde hat es gut gefallen, vor allem auch zu dem preis ist es ein Anrater.
Hersteller | G3 | |
Autor | Konrad Perzyna | |
Künstler | Fic Book Studio Katarzyna Fic | |
Spieler | 2-4 | |
Denken | 8 | |
Glück | 6 | |
Geschicklichkeit | 0 | |
Preis ca. | 29 € |
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