The Ravens of Thri Sahashri
Dass japanische Spiele anders sind, wissen wir seit einigen Jahren, daß gerade das sie interessant macht, ebenso. Mit Ravens of Thri Sahashri liegt ein sehr anspruchsvolles Zweispielerspiel vor, in dem die Spieler zusammen versuchen, gegen das Spiel – die Raben – zu gewinnen.
In der handlichen kleinen Schachtel findet man: aul>
Der Hintergrund des Spiels ist mal wieder typisch "Japanisches Anime“: Ein Mädchen, Ren, hat fürchterliches erlebt und leidet deshalb nun unter Amnesie. Feth, ein Junge, der ihr helfen will, versucht nun, ihre Erinnerungen zurückzubringen, aber die fünf Raben spuken in Rens Gedanken herum und drohen, auch noch die letzten Fetzen der Erinnerung zu verschlingen.
Schön pathetisch? Aber sicher. Schönes Material? Ebenfalls, die Karten zeigen jeweils Erinnerungsszenen im Mangastil, die aber teilweise verdeckt sind. Und wie geht nun das Spiel?
Ren muss ihre Erinnerungen über Gedichtstrophen wiedererlangen – dazu zieht sie in jeder der drei Runden, die je eine Strophe symbolisieren, vier Herzkarten, die sie nur selber einsehen darf (es sei denn, die Karten erlauben, dass Feth sie sich ansieht). In die übrigen Karten werden dann (leider) die gefräßigen Raben gemischt, und aus diesen Karten versucht Feth dann eine Art Puzzle aufzubauen, indem er einige Karten zieht und diese dann teilweise überlappend stapelt, wobei blanke und schraffierte Teile der Karten übereinander liegen müssen.
Außerdem versucht er, farbige Blocks mit dem Wert 7 zu bauen, denn wenn das gelingt, wird derjenige Rabe – sollte er bereits ausliegen – vertrieben (in der 3. Strophe sogar vernichtet), und Ren kann ihm eine Karte zeigen, wenn die passende Farbe in ihren Herzkarten vorkommt.
Karten, die nicht eingebaut werden können (weil sie nicht passen), werden abgelegt – sollte der zugehörige Rabe aber aktiv sein, verschlingt er diese, was den Kartenvorrat verringert und somit den Sieg schwieriger macht. Aufgedeckte Herzkarten und solche, die Ren in die Gedichtzeilen legt, erlauben hingegen die ein oder andere Sonderregel, was das Spiel wiederum erleichtern kann.
Nach einer solchen Runde ist Ren an der Reihe, und nimmt eine Karte aus dem Puzzle heraus um aus ihren Herzkarten Gedichtzeilen zu bauen. Wenn das Gedicht so fertig wird, ist eine Strophe geschafft, wenn das Puzzle auch nur die Farben zeigt, die in Rens Herz sind, ansonsten zieht Feth nun wieder Karten.
Hier den richtigen Weg zu wählen ist wirklich schwierig, zumal die Spieler darüber nicht sprechen dürfen. Lediglich durch die Wahl der Karten (und die bekannten Regeln zu Farben und Versmaß) kann Ren Feth gegenüber kommunizieren, was sie ggf. braucht, um das Gedicht abzuschließen, und ob er dazu immer die passenden Karten zur Verfügung hat, ist auch nicht gesagt – wenn die Raben sie verschlungen haben, sieht es übel aus. Die dritte Strophe wird noch eine Ecke schwerer dadurch, dass Ren in jeder Runde eine Zeile fertigstellen muss, auch wenn sie hierfür nun mehrere Karten nehmen darf, und das Puzzle am Ende auch farblich passen muss.
Wenn man es tatsächlich schafft, alle drei Strophen hinzubekommen, ohne dass alle Raben auftauchen (auch das wäre eine Niederlage), gewinnt man zumindest. Gelingt es auch noch, Raben zu vernichten, ist der Sieg mehr Punkte wert – und für die verschiedenen Ergebnisse gibt es auch "Storyenden“, die man auf der HP des Verlages nachlesen kann, was schön ins Flair des Spieles passt.
Insgesamt liegt hier ein wirklich komplexes, anspruchsvolles Zweispielerspiel vor, das erst auf den zweiten oder dritten Blick seine Komplexität offenbart. Die Altersangabe "ab 10 Jahre“ halte ich durchaus für gewagt – das mag in Japan schon eher angehen. Ich kann mir bei 10jährigen hierzulande durchaus vorstellen, dass sie die Geduld verlieren, denn das Spiel zu gewinnen ist wirklich schwierig, Rückschläge passieren nun einmal.
Dafür ist es aber insgesamt eine sehr schöne Spielidee, und ein oder zwei Partien am Abend sind garantiert interessanter als irgendwelches seichtes Fernsehprogramm – die angegebene Spieldauer von etwa einer Dreiviertelstunde ist realistisch, wenn man die Spielmechanik kennt.
Ein wenig Glück muss man haben, vor allem dahingehend, dass Ren nicht zu "einfarbig“ in ihren Herzkarten wird, aber vor allem muss man seinen Kopf anstrengen, um aus den mit den Karten gelegten Hinweisen das zu erkennen, was nicht gesagt werden darf, und gelegentlich gezielt Karten anzubieten, deren Funktion gerade hilfreich wäre.
Mir und meinen Testern hat es jedenfalls gut gefallen, und allein schon der Ehrgeiz, es (besser) hinzubekommen sorgt für den Wunsch, noch eine Partie zu spielen. Wer also eine Herausforderung für zwei sucht, ist hier richtig.
Die Verfügbarkeit ist bei japanischen Spielen ja oftmals etwas kritisch. Es könnte (wissen wir aber nicht sicher) auf der Spiel bei Japon Brand (Stand 3-S106) zu finden sein. Ansonsten kann man auch schon eine europäische Version (die im Mai 2015 bei Osprey aus Oxford erscheinen soll, bei Amazon vorbestellen
Hersteller | Manifest Destiny | |
Autor | Kuro | |
Künstler | Rapan, Romannu, Hambaagu | |
Spieler | 2 | |
Denken | 9 | |
Glück | 3 | |
Geschicklichkeit | 0 | |
Preis ca. | siehe Text |
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