Entwicklung, Plagen und göttliche Willkür

Uruk II

Uruk IIWenn man die handliche kleine Schachtel sieht, in der Uruk II daherkommt, mag man gar nicht glauben, dass sich dahinter ein voll ausgewachsenes Aufbauspiel verbirgt, dessen Mechanik zwar simpel erscheint, aber dennoch komplex zu nutzen ist. Hintergrund ist der Aufbau einer Hochkultur im Zweistromland – der Start liegt etwa 10.000 Jahre in der Vergangenheit, und dementsprechend versuchen die Spieler, aus sehr wenig sehr viel (an Fortschritt) zu machen.

In der wirklich vollgestopften Schachtel findet man dreierlei Spielmaterialien: Sehr viele Karten in sehr guter Qualität, stapelbare Siedlungssteine aus Holz und viererlei Sorten Ressourcen, ebenfalls aus Holz (Ziegel, Goldbarren, Wasser und Schweine – wie viele steht nicht in der Anleitung, aber es waren selbst in einer 5er Partie stets ausreichend vorhanden). Dazu findet man noch Übersichtskarten, die Anleitung und die Aufbauanleitung (und in unserem Fall noch die Promokarte „Plünderung“ mitsamt Anleitung dazu) – das ganze ist so kompakt, dass man nur aus Praktikabilität einen Ziplock für die Ressourcen braucht.

Neben einigen Götterkarten (dazu später mehr) und den sogenannten Epochenkarten, die in jedem Spiel anders sein können und somit die Bedingungen ein wenig ändern, zeigen die übrigen Arten jeweils irgendwelche Errungenschaften – es gibt vier Bereiche, aus denen diese stammen können (Rot = Bauwerke/Befestigungen, Gelb = Handel und Kulturelles, Blau = Alles, was mit Wasser zu tun hat, Rosa = Nahrungsquellen). Außerdem hat jede Errungenschaft eine Stufe von 1 bis 4, und zu Beginn hat jeder Spieler erst einmal nur eine zufällige Errungenschaft der Stufe 1 – beispielsweise Tauschhandel (Gelb). Zusätzlich hat man Handkarten, die aus 5 zufälligen Errungenschaften der Stufe 2 bestehen, und einen ersten Siedlungsstein, der vor der ersten Errungenschaft steht, und eine zugehörige Ressource. Weitere Errungenschaften gibt es aus dem Nachziehstapel – die ersten drei werden jeweils offen ausgelegt.

Wer an der Reihe ist, hat nun drei Aktionen – entweder eine Karte nehmen (eine offene oder die oberste vom Stapel), eine Karte ausspielen (jeder Spieler darf bis zu 5 Karten vor sich liegen haben) oder eine Karte aktivieren. Deren Reihenfolge und Anzahl ist beliebig kombinierbar, und einige Karten können auch ohne Aktion genutzt werden. Zusätzlich darf man – ebenfalls ohne Aktion – auch noch einen Siedlungsstein kaufen, wenn man die geforderten Kosten zahlen kann (in Form von Ressourcen, und sie werden nach und nach immer teurer). Bis zu 2 Siedlungssteine dürfen gestapelt werden (so wird aus einem Dorf eine Stadt), und diese dürfen vor die jeweiligen Errungenschaften platziert werden (und bleiben auch an dieser Stelle, wenn die Errungenschaft ausgetauscht wird).

Um eine neue Errungenschaft auszuspielen, muss man erstens eine ausliegende Errungenschaft haben, die höchstens eine Stufe unter der neuen liegt (von daher kann man zunächst nur Stufe 2 ausspielen), wobei die Farbe hier egal ist, und außerdem so viele Karten der zugehörigen Farbe „zahlen“ (sprich: ablegen), wie die neue Stufe ist (wobei die neue Karte allerdings mitzählt). Hat man zu wenige Karten der passenden Farbe, kann man auch farbfremde Karten nutzen, allerdings zu doppelten Kosten (geht also ins "Geld“, kann aber Sinn machen).

Ist kein freier Platz vorhanden, entfernt man eine ältere Errungenschaft – indem man sie wieder auf die Hand nimmt, also beherrscht man durchaus schon das Recycling. Außerdem darf man keine Errungenschaft doppelt auslegen – die hat man ja schließlich schon. Sobald die Karte dann erst mal ausliegt, kann sie auch genutzt werden – es gibt keine unnützen Karten, es gibt nur Karten, die in den eigenen Plan vielleicht nicht so gut hineinpassen, und selbst diese kann man ja verwenden, um andere Karten zu bauen.

Von daher merkt man schnell, dass 3 Aktionen doch sehr schnell verbraucht sind, aber da das Prinzip einfach ist, ist man auch schnell wieder an der Reihe – freilich hat sich dann unter Umständen einiges geändert, wie die Kartenauslage oder wenn man Pech hat der Preis der Siedlungssteine, weil jemand gerade eine Epoche beendet hat.

Ressourcen erhält man zumeist über die Karten – wenn auch auf unterschiedliche Weise; manche Karten produzieren einfach eine Ressource, andere sogar zwei, wieder andere stocken den Vorrat auf, wo es fehlt, und noch andere erlauben es, Karten der Nachbarn zu nutzen; andere tauschen Ressourcen, oder auch die Lage der Siedlungssteine, oder verbilligen weitere Anschaffungen. So oder so möchte man im Endeffekt möglichst hochwertige Errungenschaften (also im besten Fall 4 4er und 1 3er) und davor möglichst Städte haben – aber so eine Maximalausbeute wäre schon extrem (und da haben die Mitspieler auch etwas dagegen). Auch geben einige Errungenschaften noch zusätzliche Siegpunkte.

Ansonsten gibt es natürlich noch diverse Ereignisse – jeweils am Ende einer Epoche kommt es zu irgendeiner Katastrophe, die die Spieler in der Regel dazu zwingt, Ressourcen abzugeben, oder andere unangenehme Konsequenzen zu haben. Allerdings weiß man, was einem blüht, und kann hier Vorsorge treffen – wenn das Unglück dann nicht doch zu schnell kommt. Und natürlich spielen noch die Götter ein wenig mit und in die Karten, wenn ihre jeweiligen Karten aufgedeckt werden (allerdings jeder Gott nur einmal) – meist bekommt ein Spieler die Möglichkeit, etwas zusätzliches zu bekommen, wenn er dafür Ressourcen gibt, oder die Spieler erhalten unterschiedlich viele Ressourcen.

Das Spiel endet, wenn von der vierten Epochenkarte der letzte Siedlungsstein gekauft wurde – dann wird die Runde noch beendet und jeder Spieler hat dann noch einen kompletten Zug. Da das unter Umständen sehr schnell gehen kann, sollte man schon im Auge behalten, was die Gegner so treiben, denn das einzige verdeckte sind die Handkarten, und wenn man aufpasst, kann man sogar in etwa wissen, was einer so auf der Hand hat. Allerdings – wirklich viel dagegen tun kann man nicht, höchstens jemandem den Siedlungsstein vor der Nase wegkaufen, oder versuchen, eine bestimmte Farbe zu hamstern, was aber maximal zur Verzögerungstaktik ausreicht (es sind von jeder Errungenschaft außer den 1ern 4 Exemplare vorhanden – von daher kann – außer im 5-Spieler-Spiel – theoretisch jeder jede Errungenschaft irgendwann bekommen, aber es ist nicht verboten, mehrere gleiche Karten auf der Hand zu behalten (ausspielen darf man ja sowieso keine Duplikate). So kommt man – ohne weitere Siegpunkte einiger spezifischer Errungenschaften – maximal auf 38 Siegpunkte (Errungenschaftsstufe mal 2, wenn eine Stadt davorsteht).

Insgesamt ein gutes, erfreulich un-glückslastiges Spiel (das einzige Glück ist, in welcher Reihenfolgen die Karten kommen, und eventuell, wann welcher Gott auftritt), von daher wieder etwas, was den Opportunisten anspricht. Der Weg zum Erfolg bei Uruk II ist es, die Situation richtig zu erfassen, und die Ressourcen die man hat am effektivsten zu nutzen. Wer unbedingt eine bestimmte Errungenschaft will, kann sich leicht vergaloppieren und verliert das Gesamtziel aus den Augen.

Die Spieldauer von 30-60 Minuten wirkt bei den ersten Partien sicher illusorisch, weil man doch vieles nachschlagen muss, aber wenn man es einmal kann, geht es erstaunlich flüssig. Das Material ist einfach, aber qualitativ sehr gut, die Ressourcenmarker sind zwar klein, aber nicht fimschig und vor allem gut zu unterscheiden. Insgesamt ein Spiel, das meinen Testern durch sie Bank gefallen hat, also durchaus auch für Gelegenheitsspieler, solange sie das Denken nicht abschalten wollen. Sicher hat der taktisch interessierte hier mehr Freude dran, aber man kann Uruk II durchaus auch mal mit der Familie spielen, Teenager haben keine Probleme mit der Spielmechanik. Noch ein Vorteil: Die Schachtel ist nicht so gigantisch, also passt es oft noch mit in Tasche oder Koffer, aber eine große Spielfläche sollte man haben, da sich Uruk II doch ganz schön ausbreitet. Mich begleitet es jedenfalls öfter auf Spieletage, und wurde auch öfter mal von Mitspielern gewünscht.

Hersteller Dausend Dode Drolle
Autor Wilfried Kuhn/td>
Künstler Katharina Kubisch
Spieler 2 – 5
Denken 7
Glück 2
Geschicklichkeit 0
Preis ca. 25 € (im Webshop des Herstellers)

Uruk II bei Milan Spiele

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