Athlas – Duel for Divinity
Wolltet ihr schon mal Gott spielen? Und euch dann mit einem anderen (ähnlich größenwahnsinnigen) um die Vorherrschaft über eine Welt prügeln?
Das könnt ihr jetzt haben, dank Athlas. In diesem Spiel von Golden Egg übernehmen die beiden Spieler die Rollen von Gottheiten, die eben genau einen solchen Streit ausfechten. Dazu erschaffen sie Kreaturen, die für sie agieren, und schicken diese in den Kampf um die Relikte der Macht.
In der rechteckigen, gut gefüllten Spielschachtel befinden sich:
- 1 großer farbiger Spielplan
- 2 Sätze a 4 × 8 Spielfiguren in Gold und Silber (detailliert modellierter Kunststoff)
- 170 Karten (Genus, Ausrüstung, Fähigkeiten, Zauber, Göttliche Eingriffe – je 85 in Gold und in Silber, gute Spielkartenqualität)
- 3 Reliktmarker (stabiler Karton)
- 42 Terrainmarker (dito)
- 54 Lebenspunktmarker (etwas klein, aber stabil, ebenfalls Karton)
- 42 Beschwörungskostenmarker (Karton)
- 6 Beschwörungspunktemarker (Halbkugeln aus Kunststoff in Gold und Silber)
- 12 Zustandsmarker (bogenförmig, Karton)
- 30 Anwendungswürfel (kleine schwarze Holzwürfel)
- 2 Spielhilfen
- Das Regelbuch in Englisch (unsere Version, es gibt auch deutsche Regeln)
Was fängt man also mit diesem ganzen Zeug an? Nun, erst einmal macht man sich Gedanken über eine Strategie, wie man den Gegner denn bezwingen will. Hier hat Athlas durchaus Ähnlichkeit mit Tabletops – denn man generiert sich sogenannte "Alphas“, also Vorbilder der Truppen, die man gedenkt, einzusetzen, und das funktioniert nach einem Baukastensystem.
Zunächst braucht jeder Alpha einen Genus – also gewissermaßen eine Basis, was für eine Art Truppe da eigentlich entsteht – irgendeine markante Eigenschaft hat er damit schon mal (z.B.: Kann ein Unite fliegen, oder ist sie amphibisch?); auch wie viel ein Alpha grundsätzlich aushält, ob er schon über Magie verfügt oder über Schusswaffen wird dadurch geregelt.
Dann stattet man diesen Grundtyp so aus, wie man denkt – es gibt Fähigkeiten (sehr unterschiedlich sowohl von der Wirkung als auch von den Kosten), Ausrüstung (hier muss ggf. beachtet werden, dass das Wesen genug Hände hat – aber notfalls einfach ein paar mehr einbauen, wenn man will, gibt’s als Fähigkeit) und Zauber (begrenzt durch die Magiepunkte des Genus und solcher, die man ggf. durch Ausrüstung noch dazubekommt).
Was diese ganzen Eigenschaften kosten, steht jeweils unten in der Ecke der entsprechenden Karte – und somit hat man dann die Gesamtkosten, ein solches Wesen zu beschwören. Wie viele man in Laufe des Spieles beschwören kann, hängt von den Beschwörungspunkten ab, auf die man sich einigt – für ein einfaches Spiel werden 250 vorgeschlagen, aber man kann auch andere Punktgrößen spielen – ein vorgeschlagenes Limit ist allerdings 500.
Wenn jeder Spieler sich drei solcher Alphas zusammengestellt hat, platziert er diese Kartenpakete verdeckt vor sich (sie werden erst aufgedeckt, wenn das erste Wesen beschworen wird), wählt noch bis zu 4 "Göttliche Eingriffe“ (für maximal 8 Punkte), deren Reihenfolge er jetzt schon festlegen muss – also ist hier schon ein Plan gefragt, wie man vorgehen will – die Reihenfolge kann später nicht mehr geändert werden.
Nachdem Gelände und 3 Relikte auf dem Spielplan platziert worden sind (der übrigens aus Hexfeldern besteht), kann es auch schon losgehen – man beschwört Einheiten (in der ersten Runde entweder eine beliebige, oder mehrere, die maximal zusammen 60 Punkte kosten), und ab den nächsten Runden können diese dann Aktionen ausführen, und danach wieder eine neue Kreatur je Runde beschworen werden, solange man dafür noch Punkte zur Verfügung hat.
Sobald eine neue Kreatur ins Spiel kommt, wird das entsprechende Alpha-Set aufgedeckt und dem Gegner ausgehändigt, damit er weiß, was diese Kreatur nun kann. Danach ordnet man ihr die Figur zu, die am besten passt, und legt Lebenspunktmarker auf die Alphakarte (interessante Mechanik – sämtliche Kreaturen desselben Alphas haben einen "gemeinsamen“ Lebenspool, der immer leerer wird, wenn irgendeine entsprechende Kreatur Schaden nimmt. Erreicht er Null, wird eine (gerade verwundete) Kreatur entfernt, und der Pool wieder aufgefüllt).
Ach ja – verwunden. Dass es in einem Spiel, wo es um Vorherrschaft unter Göttern geht, nicht allzu friedlich zugeht, war ja zu erwarten. Dementsprechend können sich die Kreaturen natürlich auch auf die unterschiedlichste Art und Weise angreifen – ob direkt in Nah- oder Fernkampf, mit Magie, oder indem sie das Terrain für sich arbeiten lassen (Gegner in ein Loch fallen zu lassen oder zu ertränken ist zwar nicht gerade fein, aber durchaus effektiv), da gibt es ganz unterschiedliche Möglichkeiten.
Was eher ungewohnt ist: Es wird nichts ausgewürfelt. Angriffswerte, Reichweiten, etc. sind bekannte Werte, man kann sich also jeweils ausrechnen, was passieren wird. Glück? Hier irrelevant, höchstens das "Glück“, dass der Gegner Kreaturen gebaut hat, die nicht allzu effektiv gegen den eigenen Plan (und die zugehörigen Kreaturen) sind, aber das weiß man eben nicht.
Reichweiten sind übrigens nicht immer von 1-x, sondern manchmal auch ganz exakte Abstände – ja, man kann bzw. muss sich passend positionieren, um zu treffen.
Grundsätzlich hat eine Kreatur eine Bewegung und eine Aktion je Zug, die auch genutzt werden müssen, bevor die nächste Kreatur an der Reihe ist.
Manche Eigenschaften haben Aktivierungskosten – durch die Anwendungswürfel dargestellt, die nach Aktivierung entfernt werden (allerdings kommt durch jede beschworene Kreatur gleichen Typs wieder ein Würfel hinzu, den wieder jede Kreatur des Typs nutzen kann – hier sind interessante Synergien möglich).
Gewonnen hat, wer als erster zwei der drei Relikte kontrolliert – da diese eher mittig liegen, und beide dasselbe vorhaben, verwundert es wenig, dass es in deren unmittelbarer Nähe eher ungemütlich wird. Eine sorgfältige Planung ist sicherlich ebenso wenig falsch wie auch der ein oder andere erfolgreiche Bluff – und natürlich das Ausprobieren immer neuer Strategien, denn durch das Baukastensystem ist jede Partie wieder anders.
Man kann sich immer wieder neue Einheiten designen, um neue Taktiken auszuprobieren, auch in Hinblick auf die Göttlichen Eingriffe.
Insgesamt ein sehr schönes Bastelpaket für Strategen, vor allem solche, die keine Lust haben, auf Würfelglück zu vertrauen. Das Material ist schön gestaltet und hochwertig, von daher ist Athlas empfehlenswert, wenn jemand ein entsprechendes Spiel für zwei sucht. Gute Zielgruppe: Leute, die Tabletop eigentlich interessant finden, aber kein so gutes Augenmaß haben, oder sich vor dem Modellbauaspekt scheuen.
Auf jeden Fall weit abwechslungsreicher als Schach, sogar als Shogi – weil unberechenbarer. Die angegebene Spielzeit von ca. 1 Stunde ist durchaus realistisch, wenn man die Spielmechanik kennt und einen Plan hat – hat man den noch nicht, muss man noch "Kartenstöbern und daraus einen Plan basteln“ dazurechnen. Mir hat es jedenfalls Spaß gemacht, potentielle Gegner habe ich auch, also kommt es sicher mal wieder auf den Spieltisch.
Hersteller | Golden Egg Games | |
Autor | Tzvika Harpaz | |
Künstler | Antonis Papantoniou, Giota Vorgia | |
Spieler | 2 | |
Denken | 9 | |
Glück | 0 | |
Geschicklichkeit | 0 | |
Preis ca. | 48,90 US-$ (Gratisversand aus dem Hersteller-Webshop) |
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