Cthulhu Wars – Basisspiel
Cthulhu – und überhaupt Große Alte (und äußere Götter, und was nicht noch für Geschöpfe aus der Yog-Sothothery – so hatte Lovecraft selbst das Ganze nämlich mal bezeichnet – kennt man in der Regel entweder aus der Literatur Lovecrafts und seiner Mitschreiber, oder auch aus dem zugehörigen Rollenspiel. Möglicherweise hat man auch einmal in der Vergangenheit solches "Viehzeugs“ als Miniaturen gesehen – gab es früher mal bei Ral Partha und RAFM, aber das ist eine Weile her… und dann… steht da plötzlich eine verdammt große Kiste im Raum, und heraus kommen zwar grellbunte, aber sehr detailliert modellierte und vor allem alles andere als kleine Miniaturen, die offenbar die ganze Welt überrennen wollen…
Willkommen in der cthuloiden Endzeit. In Cthulhu Wars übernehmen die Spieler die Rolle einer der großen Fraktionen in der… nun, sagen wir mal Meinungsverschiedenheit der Großen Alten, verfolgen an sich alle dasselbe Ziel (den Weltuntergang), aber bitte nach dem eigenen Drehbuch. Sandy Petersen, wohl jedem Mythos-Fan ein Begriff, hat – Kickstarter sei Dank – hier eine Kiste gepackt, die ihresgleichen sucht, und deren Inhalt bei meinen Spieletests dazu geführt hat, dass das Testpublikum erst einmal staunend vor dem Spieltisch stand, die Figuren fasziniert in die Hand nahm und betrachtete… und dann prompt mitspielen wollte.
Was also ist es, was so faszinierend ist an dieser großen schwarzen Kiste? Schauen wir mal hinein… darin befindet sich – gut verpackt, für die Großfiguren sogar mit maßgeschneiderter Einlage – folgendes Material:
- einen zweiteiligen, beidseitigen Spielplan
- Weltuntergangszähler und drei Zähler für das Ritual der Auslöschung
- 20 Würfel (W6)
- 4 Fraktionskarten (Cthulhu, Nyarlathotep, Shub-Niggurath, Hastur)
- 4 Spielerübersichtskarten
- 24 Zauberbücher (je 6 pro Fraktion)
- 12 Entweihungsmarker
- 24 Tormarker
- 36 Marker "Älteres Zeichen“
- 1 Stoffbeutel
- Startspielertoken, Ritualmarker
- Spielanleitung (auf Englisch, und in Farbe)
- insgesamt 72 detaillierte Plastikminiaturen im 28 mm Maßstab
Die Marker, Chips und Zauberbücher bestehen aus stabilem Karton und müssen zunächst aus Stanzbögen herausgelöst werden, was aber problemlos geht. Die Miniaturen sind in der jeweiligen Farbe ihrer Fraktion gehalten (wer mag kann sie natürlich auch bemalen), und – wie mehrere Tester bemerkten – riechen nach Weichmacher – ja, tun sie, aber anders lässt sich so etwas nun einmal nicht bewerkstelligen, zumindest nicht annähernd für den Preis dieser Kiste, der mit 200 € zwar sicher nicht niedrig, aber für das, was man dafür bekommt auch nicht zu hoch ist (zumal es per Kickstarter durchaus Möglichkeiten gibt, die Box günstiger zu bekommen – gerade jetzt läuft der Kickstarter zum "nächsten Kapitel“, der schon locker gefunded ist, aber noch läuft und jeden Interessierten einlädt, sich seine ganz persönlichen Großen Alten nach Hause zu holen).
Wie also funktioniert das Grundspiel, was soll man da überhaupt tun – die Frage kam grundsätzlich erst einmal, wenn sich der Hype über die wirklich großen, aufwändigen Figuren gelegt hatte. Nun, zunächst einmal muss das für die Spielerzahl passende Spielfeld auf den Tisch gebracht werden – je nach Spieleranzahl werden nämlich die unterschiedlichen Seiten der Spielplanteile verwendet, so ist der Spielplan für 3-5 Spieler verwendbar (um zu fünft spielen zu können benötigt man aber eine der Erweiterungen, von denen es schon verschiedene gibt, und von denen noch mehr erscheinen).
Dann erhält jeder Spieler in der Startzone seiner Fraktion (für Cthulhu z.B. der Südpazifik, für Shub-Niggurath Afrika…) ein Tor und sechs Akolythen (von denen einer das Tor kontrolliert), und los geht’s.
Jeder Spieler hat sein eigenes Set an Fähigkeiten, und sucht zunächst, diese zu mehren, indem er seine Zauberbücher zusammenbekommt – um das Spiel zu gewinnen muss man so oder so alle sechs zusammenhaben, und jedes erlaubt wieder eine weitere spezielle Aktion oder Fähigkeit, die immer mit einer der eigenen Truppen zusammenhängt. Wie man diese erlangt ist für jeden unterschiedlich, und auch die Reihenfolge kann man auswählen – Cthulhu erhält sein erstes z.B. automatisch, sobald es zur ersten Doom Phase kommt, Hastur erhält Zauberbücher durch bestimmte Entweihungen, Nyarlathotep kann eines erhalten, indem er einen feindlichen Kultisten entführt, usw.
Pro Spielrunde hat man jeweils eine gewöhnliche oder spezielle Aktion, sowie so viele "unbegrenzte Aktionen“, wie die Machtpunkte zulassen – zu Beginn gibt es kaum unbegrenzte Aktionen, aber sobald man alle Zauberbücher zusammenhat, ist zumindest der Kampf eine solche (allerdings ist dann auch oft das Spiel bald zu Ende).
Man kann – sofern man über ein Tor und genügend Macht verfügt – ein Wesen beschwören (ggf. auch seinen Großen Alten, aber das ist teuer und meist komplizierter), solange man noch welche in seinem Vorrat hat; man kann – sofern man mindestens einen Kultisten auf einem Feld ohne Tor stehen hat – ein neues Tor öffnen, man kann auch schlicht Einheiten bewegen – ja, auch das ist eine Aktion (allerdings kann man so viele Einheiten von und nach beliebigen Zielen bewegen, wie die Machtpunkte ausreichen. Ach ja, Machtpunkte – die erhält man durch Kultisten und Tore (und ggf. noch fraktionsspezifische Sonderregeln), aber außer Macht generieren und Beschwören können die Kultisten nur böse gucken – wenn es mal zum Kampf kommt, stellen sie eher die Opferrolle dar (wobei zumindest Shub-Niggurath daran etwas ändern kann), aber deshalb ist es wichtig zu taktieren – eigentlich hätte man am liebsten alles auf einmal, aber selbst für Große Alte ist das Leben kein Wunschkonzert.
Was Kämpfe angeht – wenn sie denn mal passieren, denn so häufig wie man denkt ist das gar nicht – gehen diese recht schnell und einfach: Alle Einheiten haben eine bestimmte Anzahl an Würfeln, die sie in den Kampfpool beisteuern, diese werden gewürfelt und dann ausgewertet. Jede 6 schaltet eine gegnerische Einheit aus (wobei der Gegner aussuchen darf, welche), jede 4 oder 5 vertreibt eine Einheit (in ein angrenzendes Feld, in dem sich keine Einheiten der Fraktion befinden, die gerade vertreibt). Außerdem gibt es einige Sonderfertigkeiten (meist durch Zauberbücher), die vor, im oder nach einem Kampf wirken. Es gibt aber auch Möglichkeiten, ohne Kampf Einheiten (meist Kultisten) loszuwerden – auch diese kommen meist durch Zauberbücher zustande (Cthulhu kann z.B. einen feindlichen Kultisten durch Träume in einen eigenen verwandeln; Hastur kann ihn zu einem Untoten machen, solange er Untote im selben Feld hat, etc). Da man um zu kämpfen immer erst einmal ins selbe Feld gelangen muss wie der Feind, kann dieser oftmals – wenn ihm das zu gefährlich wird – einfach gehen, oder aber selber aufrüsten, und den Kampf somit wieder unattraktiv machen. Von daher kommt es meist erst spät im Spiel zu ernstzunehmenden Kämpfen.
Schön ist, dass sich jede Fraktion vollkommen anders spielt, das Spiel aber dennoch ausgewogen ist. Das heißt, zum Spielende sind die Doommarker oft nahe beieinander. Schon deshalb ist es wünschenswert, sich möglichst früh viele ältere Zeichen zu hamstern (diese haben einen zufälligen Wert von 1 bis 3 und werden im Zweifelsfall zum Doom Score hinzugezählt – dieser entscheidet, wer das Spiel nun gewinnt (allerdings braucht man nach wie vor alle Zauberbücher – man kann durchaus gewinnen, indem man einen Konkurrenten auf der Doomleiste "vorschickt“, von dem man sichergeht, dass er diese Bücher nicht zusammenbekommt, dann kann man auch mit einem niedrigeren Wert gewinnen (vorausgesetzt man hat selbst alle Bücher). Wem welche Spielweise mehr liegt ist natürlich Geschmackssache – so spielt sich beispielsweise Cthulhu direkter als Nyarlathotep oder Hastur, aber jede Fraktion hat ihre Eigenheiten, Stärken und Schwächen, mit denen man eben lernen muss umzugehen.
Insgesamt weiß Cthulhu Wars auf ganzer Linie zu beeindrucken – das führt dazu, dass es schon oft zu "Nochmal“-Wünschen direkt nach einer Partie kommt, die mit meist knapp 2 Stunden Spielzeit ja nicht gerade superkurz ausfällt, aber ein gewisser Suchtfaktor lässt sich nicht leugnen.
Das wirklich hochwertige Spielmaterial tut sein übriges – die Spielfiguren sind sehr detailliert und griffig, Weichmacher hin oder her, dafür brechen sie wenigstens nicht (da sie stellenweise recht filigran sind, wäre das bei manch anderem Material schon riskanter). Das Artwork und auch die gesamte Aufmachung passt gut ins Bild, und man hat wirklich das Gefühl, hier eine Schatztruhe voller verbotenem Wissen zu haben, mit der man nun eben ein wenig Weltuntergang spielt. Ja, Schatztruhe trifft es – auch die Box selbst hat schon monströse Ausmaße (und auch ein ordentliches Gewicht), und sie kostet auch nicht gerade wenig – was allerdings angesichts des Inhalts durchaus vertretbar ist (und derzeit kann man sie Kickstarter sei dank auch etwas günstiger bekommen…).
Das Spiel hat einen hohen Wiederspielwert, aufgrund der Vielzahl an Erweiterungen (und es kommen ja noch mehr) kann es nur noch abwechslungsreicher werden (außerdem gibt es auch eine Karte für 6-8 Spieler, was sicherlich für noch mehr Chaos sorgt).
Strategie und Taktik stehen hier definitiv im Vordergrund – natürlich braucht man stellenweise ein wenig Glück, aber das beschränkt sich auf die Werte der älteren Zeichen und der Würfel, die im Kampf geworfen werden – es spielt also eine weit weniger dominante Rolle wie in vergleichbaren Spielen (Merke: Nicht alles, was eine Weltkarte zeigt, ist ein Risiko-Klon). Die Aufforderungen diverser Testspieler, es doch wieder zum Spieletreff mitzubringen, sprechen für sich. Und das tu ich ja auch gerne (aber es wird auch noch anderes gespielt, und das wisst ihr!!!). Gespannt darf man sicherlich auf die neuen Erweiterungen aus dem aktuellen Kickstarter sein – die Bilder sprechen für sich. Wer also mal ein wenig mehr Geld in ein Spiel investieren will, und Spaß an Strategie und dem Mythos hat, ist hier sicherlich richtig.
Hersteller | Petersen Games | |
Autor | Sandy Petersen | |
Künstler | Richard Luong | |
Spieler | 3-4 | |
Denken | 9 | |
Glück | 3 | |
Geschicklichkeit | 0 | |
Preis ca. | 200 € |
Hier noch einmal der Link: Cthulhu Wars bei Kickstarter. Das Projekt ist EUF, wenn man nicht für den ersten Druck (150 US-$ plus Porto und MWSt.) pledgt, die Portokosten sind allerdings auch dann noch deutlich spürbar…
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