Müllsammler

Deponia: Das Rollenspiel

DeponiaAlles andere als einfach sind die drei Computerspiele der Deponia-Reihe, in denen man die Erlebnisse eines gewissen Rufus miterleben kann, dem es ursprüngliuch eigentlich nur darum geht, vom Müllplaneten Deponia zu entkommen. Bei diesen Versuchen stolpert er über eine Verschwörung, und… aber das sollte man selber im Computerspiel erleben.

Die Spiele haben nicht nur in Deutschland Kultstatus. Die Trilogie wurde auch ins Englische übersetzt und hatte in dieser Fassung ebenfalls großen Erfolg. Das lag aber nicht nur an den Abenteuern selber: die ganze Welt – oder das, was in den Abenteuern davon zu sehen war – ist recht liebevoll gezeichnet, und man merkt, dass eine Menge mehr dahinter steckt als im Spiel angesprochen werden kann. Kein Wunder, dass der Ruf aufkam, ein Rollenspiel zum Setting zu machen – und genau das ist beim Uhrwerk-Verlag erschienen.

Das Buch ist ein großformatiges Hardcover mit ca. 240 Seiten und einem Lesebändchen – das etwa 3 cm länger ist als die Seitendiagonale. Also genau das richtige Format um als Lesebändchen zu funktionieren. Ich erinnere mich noch an Rollenspielbücher, bei denen das Lesebändchen nicht ganz so lang war wie die genannte Diagonale…

Wenn man sich das Buch ansieht, bevor man es aufschlägt, fallen einem drei Dinge ins Auge: zum ersten ist das natürlich das Cover. Das passt hervorragend zum Stil der Deponia-Abenteuer, und – ich nehme es vorweg – auch die Illustrationen innen folgen dem Beispiel, ein paar von ihnen scheinen aber beim finalen Prepress nicht durch die entsprechenden HiRes-Illustrationen ersetzt worden zu sein und sind arg pixelig.

Das zweite, was von Außen auffällt, ist, dass etwa ein Viertel der Seiten im Anschnitt weiß erscheint, der Rest eher gelblich. (Das heißt, wenn man seitlich auf den Papierblock zwischen den Buchdeckeln blickt, wenn das Buch geschlossen ist.) Das ist kein Fehler, sondern sogar nützlich: der erste gelblich angeschnittene Teil ist ein Reiseführer, und im weißen Teil beginnt dann der eigentliche Regelteil.

Das dritte ist dann der unterschwellige Humor im Rückseitentext: "Falls ihr euch entscheidet, dieses Buch trotz all dieser fantastischen Features doch nicht zu kaufen, stellt es bitte wenigstens gut sichtbar ins Regal, am besten möglichst prominent vor ein anderes Rollenspielbuch.“

Zum Inhalt: wie gesagt, gibt es zunächst einen Reiseführer durch die Deponianischen Ländereien. Man muss die Computerspiele nicht gespielt haben, um den Reiseführer zu verstehen – wenn man sie allerdings noch spielen will, sollte man das tun, bevor man zu lesen beginnt: Es sind ein paar Spoiler zu finden, die man sich vielleicht ersparen will.

Dieser Reiseführer bietet zunächst einen geschichtlichen Überblick bis hin zum Beginn der Computerabenteuer – aber auch hier sind bereits ein paar Spoiler zu finden, zum Beispiel zum Thema Organon (einer der Gegenspieler in den Abenteuern). Im Endeffekt ist Deponia das, was aus der Erde wird, wenn sie weiterhin so zugemüllt wird: einige Länder verschwinden, andere entstehen. Ein paar Privilegierte wohnen in einer 'Raumstation‘, dem Elysium, und haben das Ziel, den Planeten zu verlassen und den nächsten bewohnbaren Planeten, Utopia, zu erreichen. Was Utopia von der Idee hält, ist allerdings nicht bekannt. Die weniger Privilegierten wohnen als Deponianer auf dem Planeten und schaffen sich mehr schlecht als recht ein Auskommen mit dem Müll. Der Organon schließlich gebärdet sich als Polizeimacht, Regierung über den Regierungen, Fiskus und Stellvertreter der Elysianer,

Anschließend wird erst einmal kurz auf den 'Warenkreislauf' auf Deponia eingegangen, einschließlich der Fragen (Trink?)Wasserversorgung und Nahrungsmittel., bevor die allgemeine Gesellschaft beschrieben wird: Völker (auch Nichtmenschen: Mutanten, Kakerlakenmenschen, Roboter…), Jobs und Wirtschaft, Politik (so weit diese nötig und möglich ist) etc.

Nachdem diese allgemeinen Betrachtungen zu Deponia abgeschlossen sind, geht es an die neuere Geschichte, sprich: an die Ereignisse der Computerspiele. Wer die Spiele selbst gespielt hat, wird sich zumindest bei der offiziellen Darstellung einige Male wundern, denn die isst natürlich ein ganz klein wenig anders als in den Computerspielen. Eine 'Richtigstellung' für Eingeweihte folgt allerdings auch noch.

Nach diesem Überblick geht es dann ans 'Eingemachte‘: eine Übersicht über alle Länder Deponias, auch und vor allem der Länder, die man in den Spielen nicht kennen lernt. Die Seiten bieten eine ganze M;enge Wortwitz und satirischer Seitenhiebe – man sollte sie aber selber lesen.

Abgeschlossen wird der Reiseführer mit einem Artikel zu Elysium, einem Ausblick auf die mögliche Zukunft und einige Organisationen – so weit sich die Bewohner Deponias überhaupt organisieren lassen.

Diese 180 Seiten sind ohne weiteres auch für Fans der Computerspiele geeignet, die kein Interesse daran haben, die Welt selbst zu erkunden. Für alle andeen folgt aber nun das Regelwerk.

Als System wird eine Fate-Variante verwendet, die man Fate Trashj getauft hat. Das ist im Endeffekt eine Turbo-Fate-Variante, die speziell auf die Methodiken und Möglichkeiten eines Computer-Rollenspiels abgestellt wurde. Hierzu gehört eine 'Spiel abspeichern und neu laden‘-Mechanik und ein spezielles Inventarsystem.

Für das Inventar sind mehrere Bögen mit kleinen Inventarkärtchen zum Ausschneiden beigefügt, einer davon enthält Blanko-Kärtchen. Eigentlich soll zumindest ein Leerbogen auch zum Download bei Uhrwerk angeboten werden; diese Datei ist aber einen Monat nach Erscheinen des Buches noch nicht zu finden. Mit den Kärtchen kann man wie mit den Gegenständen im Computerspiel Kombinationen bilden, sie abgeben, umladen etc.

Der Speicher-Mechanismus ist ganz einfach dargestellt: einmal pro Sitzung kann die Gruppe sagen "Wirt speichern den Spielstand“, und dann später einen weniger erfolgreichen versuch aufgeben und an der gespeicherten Stelle noch einmal neu ansetzen. Dass man dann schon ein paar Irrwege und Möglichkeiten kennt und vermeiden kann (also 'Metagaming' betreiben kann), ist hier sogar ganz bewusst ins Spiel aufgenommen worden.

Ansonsten verwendet Deponia die gleichen Methoden, Aspekte, Stress, Konsequenzen, Stunts etc. wie Turbo-Fate (PDF-Download, ca. 3,5 MB) Man benötigt aber das hier verlinkte Regelbuch nicht, denn das ist alles im Regelteil des Deponia-Bandes noch einmal erklärt.

Anschließend kommen 13 Beispielcharaktere und 2 leere Charakterbögen zum Kopieren – die kann man sich aber auch von der Uhrwerk-Downloadseite herunterladen.

Es gibt dann auch den typischen Spielleiter-Teil: Monster, Waffenliste, Vehikelregeln, Flora un´d Fauna, Artefakte, zwei Abenteuer und eine Kampagne. Das erste, ein 'Soloabenteuer' mit 13 Abschnitten, erklärt eigentlich nur noch einmal, wie die Inventarregeln funktionieren. Das Gruppenabenteuer unter dem Titel Die Kinder des Organon hingegen ist ein nettes Abenteuer. Die SC erhalten den Auftrag, den Gerüchten nachzugehen, dass der Organon in den Nordquadranten Babies entführe. Hier gilt es, herauszufinden, was wirklich los ist – was im Endeffekt zu einem Dilemma führt, das wesentlich ernsthafter ist als alles, was Rufus in seinen Abenteuern erleben konnte.

Die 'Kampagne' dreht sich um Versuche, die Sprengtürme doch och einzusetzen, was ein Deponianer natürlich verhindern will. Diese Kampagne ist aber eher in Stichworten wiedergegeben. Auch fährt sowohl im Abenteuer als auch in der Kampagne das Minebike fröhlich auf den Plotschienen entlang. Das sollte aber zumindest für Computerspiel-sozialisierte Spieler weniger ein Problem darstellen…

Mit nur ein, zwei kleinen Zusätzen verwandeln sich hier die Turbo-Fate-Regeln in eine gute Umsetzung der Computertrilogie als Rollenspiel. Viel wichtiger dürfte allerdings der Settingsteil sein, der für Freunde von Deponia keine Wünsche offen lässt.

Hersteller Uhrwerk-Verlag
Autor Nikolas TsamourtzisNicolan Mhendrek, Jan Müller "Poki“ Michaelis, Mhaire Stritter
Künstler Jo Lott
Spieler RPG
Denken RPG
Glück RPG
Geschicklichkeit RPG
Preis 39,95 € (Papierversion), 19,99 € (PDF),

Deponia – Das Rollenspiel bei Amazon

Ein Kommentar

  1. […] hätte es mit denken können – nachdem ich vor kurzem das Deponia-Rollenspiel besprochen habe, kamen natürlich Fragen, was ich denn vom zugrundeliegenden Basissystem halte, und weshalb ich […]

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