Casting
Die Casting-Couch ist ja mehr oder minder ein Klischee, und um Klischees geht es bei Casting. Blue Cocker und In Ludo Veritas begeben sich hier auf das klischeebehaftete Terrain der Filmindustrie, und die Spieler übernehmen die Rolle einer Castingagentur (und wechselweise auch die des Regisseurs). Und was hat das nun mit Klischees zu tun?
Nun, wenn wir eine uns bisher unbekannte Person sehen, machen wir uns ganz automatisch Gedanken darüber, wer das ist und der oder die ist, der eine mehr, der andere weniger. Was hört die Person für Musik, hat sie Kinder, was für Produkte verwendet sie – das sind Fragen, die wir denjenigen wohl kaum stellen, aber eben uns selber in Bezug auf diese Leute, und darum dreht sich dieses Spiel.
Um das zu verstehen, muss man erst mal das Spielmaterial ansehen. In der quadratischen Schachtel befinden sich:
- 48 Kandidatenplättchen (beidseitig, aus stabilem Karton)
- 64 Vertragsplättchen in verschiedenen Werten
- 64 Wettplättchen von 0-7 in 8 Farben
- 8 Agentur-Sichtschirme
- 8 kleine Notizblöcke
- 8 Bleistifte
- 1 Casting-Rahmen
- 7 Eintrittskarten mit unterschiedlichen Buchstaben (Karton)
- 32 Regisseur-Karten (gute Kartenqualität)
- Die Spielanleitung (im Original Französisch – uns wurden auf der SPIEL auch die Englische und die Deutsche mitgegeben, wie auch die zugehörigen Regisseur-Karten in Deutsch und Englisch)
Schon an den Verträgen merkt man, dass es hier um Kohle geht – sie sind nur nach Millionen geordnet, und davon die meisten und lukrativsten zu bekommen, ist das erklärte Ziel der Spieler. Und wie kommt man an den schnöden Mammon?
Es werden erst mal 7 Kandidatinnen fürs Casting eingeladen – keine Angst, auf der Rückseite der Mädels finden sich auch Männer, und die sind danach dran, immer im Wechsel. Diese 7 Kandidatinnen werden in den Castingrahmen gelegt, so dass über jeder ein Buchstabe des Wortes "Casting“ steht.
Nun ziehen alle Spieler – außer dem Regisseur (was jeder genau einmal ist) verdeckt je eine Eintrittskarte und schauen sich den Buchstaben darauf an – dieser zeigt an, wen die eigene Agentur zum Casting geschickt hat. Und diese Person solltest du kennen, denn der Regisseur wird eine Frage stellen (aus den Regisseur-Karten, die je drei Fragen enthalten und von denen er eine aussucht). Die Antwort auf diese Frage soll nämlich den Regisseur dazu bringen, herauszufinden, wer gemeint ist. Das können ganz unterschiedliche Fragen sein – sei es nach dem Beruf, dem wichtigsten Charakterzug, aber auch nach den Namen der Kinder oder der liebsten Romanfigur des jeweiligen Kandidaten.
Und da kommen die Klischees ins Spiel – die Zeichnungen auf den Karten sind schon ein wenig markant überzeichnet, also, wer sieht hier aus, als ob sie ihren Namen tanzt, als ob sie sich sozial engagiert, als ob sie sich die Haare färbt, gerne wandert, etc…
Die Zettel erhält der Regisseur, und muss diese nun richtig zuordnen. Meint er, er habe alle richtig, geben nun die übrigen Spieler per Chip einen Tipp ab, wie viele denn nun wirklich richtig sind, und dann wird aufgedeckt. Für jeden Treffer erhält der Regisseur einen Vertrag über eine Million, und derjenige, dessen Kandidat das war, einen über zwei Millionen. Zusätzlich bekommen noch die Spieler, die mit der Anzahl Treffer richtig gelegen haben, Verträge von 1-3 Millionen, je nachdem, wie viele Spieler mitspielen. Danach ist der nächste Spieler Regisseur, und natürlich werden die Eintrittskarten neu vergeben, sonst wäre es ja auch zu einfach.
Gewissermaßen geht es hier um eine doppelte Einschätzung – nämlich einerseits darum, welche charakteristischen Klischees man mit welcher Figur verbindet, dann aber auch, wie man einschätzt, welche Klischees welcher Mitspieler bedient, denn man weiß zwar nicht, welcher Kandidat zu wem gehört, aber man weiß, wer welche Antwort aufgeschrieben hat (die Blocks sind jeweils passend zum Agenturlogo).
Manchmal kann man dann auch nach Ausschlussprinzip gehen – vor allem wenn man mit voller Besetzung spielt (tut man das nicht, gibt es auch Kandidaten von Fremdagenturen, die dann ohne Antwort dastehen werden, insofern mag es sogar mit insgesamt 8 Spielern etwas einfacher sein). Schwierig wird es, wenn Kandidaten auftauchen, die sich zumindest in irgendeiner Hinsicht ähneln, von daher sollte sich der Regisseur schon überlegen, welche der drei möglichen Fragen er stellt. Glück im Spiel ist hier nicht sonderlich relevant: Es geht um Einschätzen, und um die richtige Wahl der Fragen, von daher ist der Faktor Glück vernachlässigbar (dass man wirklich mit allen drei Fragen auf der Karte nichts anfangen kann sollte nicht passieren, und sonst – soll man doch die nächste ziehen, bei diesem Spiel geht es ohnehin mehr um Spaß als um "Hauptsache Gewinnen“).
Insgesamt eine hübsche Spielidee, eine Partie dauert etwa eine halbe Stunde, und sorgt wahrscheinlich für eine Menge Lacher (wie weist man darauf hin, welchen Kandidaten man meint, wenn man ihn mit der Antwort nicht beschreiben darf?). Sicherlich nichts für Leute, die zum Lachen in den Keller gehen, dafür umso eher was für eine lustige Runde, und eines der wenigen Spiele, das auch mit einer größeren Gruppe vernünftig spielbar ist, ohne Teams zu bilden.
Die überzeichneten Charaktere und die ganze Aufmachung geben immer wieder Vorlagen für lustige Kommentare. Casting kann sowohl als Opener, Rausschmeißer oder auch Lückenfüller gespielt werden, ist schnell auf- und auch wieder abgebaut und braucht auch nicht ewig viel Platz – die Schachtel ist zwar gut voll, aber passt dafür auch gut mit ins Gepäck.
Hersteller | Blue Cocker und In Ludo Veritas | |
Autor | Romaric Galonnier | |
Künstler | Olivier Fagnère | |
Spieler | 4-8 | |
Denken | 6 | |
Glück | 0 | |
Geschicklichkeit | 0 | |
Preis ca. | 25 € (Webshop des Herstellers) |
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