Piratenpoker

Dead Man’s Draw

Dead Man's DrawViele Phänomene der Geschichte werden heutzutage romantisch verklärt – und das, obwohl die moderne Geschichtswissenschaft versucht, hinter die manchmal sehr vorurteilsbehafteten zeitgenössischen Berichte zu blicken und die Wahrheit zu erkennen. Manchmal ist es dann so, dass das romantische Geschichtsbild genauso falsch ist wie die Berichte aus der Zeit selber – ein besonders gutes Beispiel hierfür ist die Piraterie. Einmal davon abgesehen, dass es auch heutzutage noch Hochseepiraten gibt – viele Piraten, die in der Geschichte mit Kaperbrief fuhren, wurden von verschiedenen Seiten völlig unterschiedlich gesehen. Für das Land, von dem der Kaperbrief stammte, waren sie legitime Söldner und Helden; für Länder, gegen die sich der Kaperbrief richtete, hingegen Schwerverbrecher. Allerdings hat das romantische Bild, das wir aus Filmen mit Errol Flynn oder auch mit Johnny Depp haben, genauso wenig mit der geschichtlichen Realität zu tun.

Das gleiche gilt auch für das Kartenspiel Dead Man’s Draw – es benutzt zwar Piratensymbolik, Spielkarten dürften aber auf einem Piratenschiff weniger gebräuchlich gewesen sein. Eine Frühversion des Spiels gab es bereits 2014 als App für iOS – wegen des Erfolges wurde die physische Version erst ins Auge gefasst. Finanziert wurde die erste englische Ausgabe dann über Kickstarter – man kann diese Ausgabe auch noch über diese Seite ordern, es gibt inzwischen aber auch eine deutschsprachige Ausgabe.

In der relativ kleinen Schachtel findet man

  • die Spielregel auf Deutsch
  • 62 Beutekarten
  • 18 Charakterkarten
  • 6 Spielvariantenkarten
  • 4 Übersichtskarten Symbole
  • 3 Übersichtskarten Fähigkeiten

Laut Spielregel sollen es nur 17 Charakterkarten sein – die 18. ist eine durch den Kickstarter hinzugekommene Karte, die in den Regeln und auf den Übersichtskarten Fertigkeiten nicht erklärt wird. Was diese Karte tut, kann man hier nachlesen.

Die Karten haben alle die gleiche Größe und haben eine feine Leinenstruktur. Die Zeichnungen sind schön. Allerdings sollte man sie nicht riffelmischen – der Stapel ist hierfür ein wenig zu dick, so dass die Karten Gefahr laufen zu knicken.

Die Beutekarten zeigen in zehn 'Symbolen' jeweils die Werte 2-7, plus die 8 und 9 von den Meerjungfrauen. Die Charakterkarten zeigen je einen Piraten und eine Fähigkeit in Form eines Edelsteinsymbols, die auf den Übersichtskarten Fähigkeiten erklärt werden. Genauso erklären die Übersichtskarten Symbole die Aauswirkungen de rienzelnen Symbole. Die Spelvariantenkarten werden schiließlich von fortgeschrittenen Espielrn verwendet, um ein wenig mehr Abwechslung in das Spiel zu bringen.

Zu Spielbeginn werden die Beutekarten gemischt – hierbei werden die Meerjungfrauen 8 und 9 weggelassen, wenn man mit Symboleffekten spielt; für die ersten ein, zwei Übungsspiele lässt man stattdessen die 2 und 3 der Meerjungfrauen weg und benutzt keine Symboleffekte. Von allen Symbolen kommt die Karte mit dem niedrigsten Wert in den (ebenfalls gemischten) Ablagestapel.

Das Spiel ist relativ einfach erklärt. Wer an der Reihe ist (es beginnt laut Startspieler-Witz der Pirat mit dem überzeugendsten "Arrr!“) zieht so lange Karten vom Beutestapel (in anderen Spieolen auch nachziehstapel genannt) und legt sie in die Tischauslage, bis man entweder 'versenkt wird' oder die Beute (die Tischauslage) einsammelt.

Versenkt wird man hierbei, wenn man eine Karte mit einem Symbol in die Tischauslage legen muss, das dort bereits vorhanden ist. Die Karten kommen dann in einen Ablagestapel und der nächste Spieler ist dran. Wenn man stattdessen die Beute einsammelt, sortiert man die eingesammelten Karten nach Symbolen und legt sie getrennt vor sich ab, jeder Symbolstapel nach Größe (kleinste unten). Das Nach-Größe-Sortieren erfolgt natürlich erst ab dem zweiten Beutemachen – beim ersten Mal hat man ja kein Symbol doppelt.

Wenn der Stapel verbraucht ist, wird abgerechnet – es gilt für jeden Stapel / jedes Symbol nur der Wert der größten (obersten) Karte. Wer hier die meisten Punkte hat, gewinnt, bei Gleichstand zählt, wer mehr Karten insgesamt gesammelt hat, als besser.

So weit ist das Spiel ein einfaches Spiel mit Can’t-Stop-Mechanismus. So richtig chaotisch wird es aber, wenn man die Symboleffekte nutzt. Hierbei hat jedes Sy,mbol einen eigenen Effekt, der normalerweise genau dann ausgelöst wird, wenn die Karte in die Tischauslage kommt – mit Ausnahme von Truhe und Schlüssel, die ihren Effekt erst beim Beutemachen haben.

So muss man bei einem Haken eine Karte aus der eigenen Auslage in die Tischauslage legen – auch dann, wenn man hierdurch die Beute versenkt. Außerdem hat die Karte, da sie in die Tischauslage kommt, ihren Effekt.

Bei einer Kanone zielt man auf einen Stapel in der Auslage eines Gegners, die auf den Ablagestapel gelegt wird.

Bei einer Schatzkarte darf man sich aus dem gemischten Ablagestapel drei Karten ziehen und eine hiervon in die Tischauslage legen – auch hier kann man versenkt werden und muss den Effekt ausführen.

Das Orakel zeigt einem die oberste Karte des Beutestapels, bevor man sie zieht – man kann sich also vielleicht rechtzeitig entschließen, nicht weiter zu ziehen.

Mit dem Säbel kann man eine der obersten Karten aus der Auslage eines Gegners stehlen und in die Tischauslage legen. Hierbei muss man aber ein Symbol wählen, das man selber noch nicht in der eigenen Auslage hat – hierdurch kann man wieder gezwungen werden, sich selbst zu versenken.

Mit dem Kraken muss man sogar insgesamt noch zwei Karten in die Tischauslage nehmen, bevor man die Beute einstreichen kann.

Nützlich ist der Anker, der im Falle eines Falles alle Beutekarten links von ihm vor dem Versenken schützt, selber aber versenkt wird.

Ebenfalls nützlich ist die Meeerjungfrau, mit der man eine Karte der Tischauslage nach ganz rechts legen und noch einmal auslösen kann. Besonders nützlich, wenn man wegen des Kraken zwei Karten in die Tischauslage legen muss, weil auch diese verschobene Karte als 'in die Tischauslage gelegt' mitgezählt wird.

Schatzkiste und Schlüssel haben beim Auslegen keinen Effekt, wenn man Beute macht un beide Karten hat, darf man aus dem gemischten Ablagestapel genauso viele Karten zusätzlich nehmen, wie man an Beute aus der Tischauslage nimmt. Die Frage, was passiert, wenn man versenkt wird, aber Schlüssel und Truhe durch einen Anker geschützt doch erhält, wird hier bei Boardgamegeek beantwortet: man erhält so viele Karten hinzu, wie man geschützte Karten hatte.

Hiermit wird es deutlich schwieriger, Beute zu machen. Das Spiel wird chaotischer, macht aber noch mehr Laune.

Zusätzlich kann man noch die Charakterkarten verwenden. Hiermit erhält jeder Spieler eine besondere Fähigkeit, die sich auf die Beutekarten bezieht. So kann man mit dem Meisterschützen einem Mitspieler mit einer Kanone nicht nur eine Karte, sondern gleich einen ganzen Symbolstapel wegschießen, oder mit dem Schmuggler auch die Ankerkarte und die folgenden beiden Karten vor dem Versenken schützen. Oder als Monsterbändiger zwingt man Spieler, auf einen Kraken hin vier statt zwei weitere Karten in die Tischauslage zu legen…

Bei dieser Variante kann es wichtig sein, die Möglichkeiten der Mitspieler im Auge zu behalten – der Monsterbändiger beispielsweise macht den Kraken deutlich gefährlicher.

Schließlich kann man mit den Spielvariantenkarten einzelne Spielregeln ändern – so gibt es eine Variante, in der man nicht mehr als 60 Punkte haben darf, um zu gewinnen (jeder, der mehr hat, verliert), oder eine, in der man für jede Symbolart, die man nicht hat, Minuspunkte erhält, etc.

In allen diesen Varianten ist Dead Man’s Draw ein zwar chaotisches aber dennoch nicht rein glücksbetontes Spiel, das vor allem Gelegenheitsspielern gefallen dürfte. Ich würde es in die 'Beer-n-Pretzels‘-Spiele einordnen, die auch Vielspielern gefallen können. Es wird wohl eher nicht einen ganzen Spieleabend füllen, aber als Aufwärmspiel, Zwischendurchspiel oder auch Absacker dürfte es gut geeignet sein. Die Spieldauer von 10-15 Minuten laut Schachtelaufdruck dürfte auch gut die Realität treffen, was diese Einschätzung unterstreicht. Meine Testrunde hat sich Daed Man’s Draw auf jeden Fall vorgemerkt für die Zukunft, wenn wir den aktuellen Vorrat neuer Spiele abgearbeitet haben.

Wieso ist das Spiel nicht rein glücksbetont? Es ist dopch Zufall, was man zieht? Ja, aber die Fragen, wann man aufhört, ob man seine Charakterfähigkeiten einsetzt, ob und wie man ggf. welche Karten beim Gegner klaut und so weiter machen doch einen wesentlichen Bestandteil des Spiels aus. Auch ein Pirat muss gut planen, um die beste Beute abzugreifen.

Schön auch, dass das Spiel tatsächlich mit zwei, drei und vier Spielern gleich gut funktioniert. Angeblich soll man es auch mit 5-8 Spielern (und einem doppelten Satz Beutekarten) spielen können, das haben wir aber leider nicht getestet. Es würde auf jeden Fall länger dauern und auch größere Pausen zwischen den eigenen Zügen bedeuten, weshalb ich persönlich der kleineren Variante den Vorzug geben würde.

Wer das Spiel aof dem iPad oder Steam kennt: es gibt ein paar kleine Unterschiede- so sorgt der Computer an einigen Stellen dafür, dass man nicht untergehen kann, was beim Kartenspiel sehr wohl möglich ist.

Hersteller Heidelberger, Mayday Games, Stardock (Idee und App/PC-Programm)
Autor k. A.
Künstler Allison Litchfield
Spieler 2-4 (bis 8 bei zwei Spielen)
Denken 7
Glück 7
Geschicklichkeit 0
Preis ca. 11,95 €

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