New York 1901
Anfang des vorigen Jahrhunderts war das 'Geldviertel' New Yorks einer steten Bautätigkeit ausgesetzt. Im Bereich von Broadway, Wall Street etc. schossen die Wolkenkratzer wie Pilze in die Höhe, und oftmals wurden niedrigere Häuser abgerissen, um höheren Gebäuden Platz zu machen.
Genau um diese Zeit und die Bautätigkeit in der Zeit geht es in dem Spiel New York 1901 von Blue Orange Games. Das Spiel war auf der letzten SPIEL in Essen so etwas wie ein Geheimtipp, nicht zuletzt, weil Leute, die dort ein Exemplar kauften,. An einer Verlosung für eine Reise nach New York teilnahmen. Auch die Spielfiguren waren attraktiv – und nicht zuletzt wurde auch der Spielmechanismus in den höchsten Tönen gelobt. Andererseits gab es auch Stimmen, die sich enttäuscht zeigten, nachdem sie eine Testrunde gespielt hatten. Dies könnte aber auch daran gelegen haben, dass die Erklärer laut dieser Entschuldigung nicht ausreichend geschult worden waren. Deshalb haben wir uns das Spiel auch selber angesehen um die Frage zu beantworten: Welche Seite hat denn nun recht?
In der Schachtel fanden wir
- Regelhefte auf Deutsch, Englisch, Russisch, Portugiesisch, Italienisch, Spanisch, Niederländisch und natürlich Französisch
- Einführungsspiel-Blätter in den genannten Sprachen
- ein Spielbrett
- 5 Personen-Karten
- 5 Bonuskarten mit Straßen
- 5 Bonus-Aufgaben-Karten
- 65 Grundstückskarten
- 4 Wolkenkratzer-Wertungsmarker
- 16 Arbeiterfiguren (je 4 pro Spieler)
- 4 Besitzmarker
- 12 Aktionskarten (3 pro Spieler)
- 76 Wolkenkratzer-Plättchen
- 4 Plättchen "Legendäre Wolkenkratzer"
Die Wolkenkratzer-Plättchen sind bereits ausgeschnittene Papppöppel, das gleiche gilt für die Personenkarten. Die anderen Karten haben gute Qualität. Die Arbeiter sind schöne Plastikfiguren, die einen Bauarbeiter in der damaligen Kluft darstellen, der sich auf einen Stahlträger lehnt. Die Wertungsmarker sehen aus wie das Empire State Building, das zwar zeitlich nicht ganz in die angepeilte Zeitspanne gehört (Baubeginn: Januar 1930), aber als historische Landmarke unverkennbar ist.
Es empfiehlt sich, zunächst ein paar Mal das Einführungsspiel zu spielen, bevor man sich an die vollständigen Regeln wagt – 'wagen’' wird hier bewusst verwendet, denn ohne die Einführungsregeln verstanden zu haben, hat man beim 'großen' Spiel kaum eine Chance. Wir erklären hier dennoch die komplette Regelversion.
Ein wenig unglücklich ist die Wahl der Farben: zum einen sind rot und rosa nicht unter allen Lichtverhältnissen gut zu unterscheiden, zum anderen verwirrt, dass Bereiche New Yorks ebenfalls farbig eingeteilt sind, zum Teil in den gleichen Farben wie die Spielerfarben, aber völlig unabhängig von diesen – jeder Spieler darf in jedem Bereich New Yorks bauen.
Jeder Spieler erhält einen Satz Wolkenkratzer-Plättchen, einen Wertungsmarker, vier Arbeiter, drei Aktionskarten und einen Besitzmarker in der gleichen Farbe, sowie eine zufällig ausgewählte Personenkarte. Schließlich erhält er eine Grundstückskarte mit zwei Feldern, in der durch die Personenkarte vorgegebenen Farbe, und darf sein Startgebäude auf dem durch die Personenkarte vorgegebenen Feld aufbauen.
Von den Bonus-Karten werden drei Straßen- und eine Aufgabenkarte zufällig ausgewählt und offen ausgelegt. Die Grundstückskarten werden gemischt und vier als offener Markt ausgelegt, der Rest bleibt als "künftiger Markt" (sprich: Nachziehstapel) daneben verdeckt liegen.
Wer am Zug ist, darf eine von zwei Aktionen durchführen: Land Erwerben und/oder Bauen, oder Abreißen und Wiederaufbauen.
Wer sich für den Landerwerb entscheidet, wählt eine Karte vom offenen Markt und setzt auf einem entsprechenden Grundstück eine Arbeiterfigur ein, um den Besitz anzuzeigen. Wer keine Arbeiter mehr besitzt, kann immer noch auf einem leeren Grundstück, das ihm gehört (wo also ein Arbeiter steht) ein Hochhaus bauen. Wer will kann auch nur ein Grundstück erwerben, ohne dort sofort zu bauen.
Da die Hochhäuser in der Regel nicht auf ein einzelnes Grundstück passen, muss man entsprechend zusehen, dass man passende aneindergrenzende Grundstücke erwirbt, auf denen man anschließend baut.
An Ende des Zuges wird dann der offene Markt aus dem künftigen aufgefüllt. Das sit wichtig, weil es eine Sonderaktion gibt, mit der man zwei Grundstücke erwerben kann – dies erfolgt vor dem Auffüllen.
Als zweite Option kann man bestehende Hochhäuser abreißen und durch neuere ersetzen. Hierfür sind die Hochhäuser in Technologiestufen eingeteilt: einfache (bronzene), silberne und goldene. Ein abgerissenes Hochhaus muss eine höhere Technologiestufe haben als das abgerissene, aber man darf an Stelle eines einfachen auch direkt ein goldenes Hochhaus bauen, ohne ein silbernes zwischendurch zu bauen. Goldene Hochhäuser dürfen nicht abgerissen werden – höhere Technologie ist nicht verfügbar. Auch darf jeder Spieler während des Spiels eines der legendären Hochhäuser bauen – diese gelten ebenfalls als goldene Hochhäuser.
Wenn hierbei ein Grundstück wieder komplett leer wird, muss man den Besitz wie gehabt mit einem Arbeiter markieren – wenn man keinen mehr frei hat, darf man die Aktion nicht durchführen.
Für den Bau eines Hochhauses gibt es Siegpunkte, die einem auch nicht verloren gehen, wenn man sie wieder abreißt, um ein neueres zu bauen.
Man kann je einmal im Spiel seine drei Aktionskarten verwenden – einmal zusätzlich bauen, einmal den offenen Markt komplett austauschen und einmal ein zweites Grundstück erwerben.
Das Spiel endet, wenn entweder einer der Spieler nur noch vier ungebaute Wolkenkratzer-Plättchen besitzt, oder der offene Markt nicht mehr aufgefüllt werden kann. Danach sind alle Spieler außer dem, der das Spielende einläutete, noch einmal an der Reihe. Schließlich gibt es noch eine Reihe Bonuspunkte.
Für die drei zu Spielbeginn festgelegten Straßen erhält jeweils der Spieler, der die meisten Hochhäuser an ihnen besitzt, jeweils 5 Punkte – bei Gleichstand gibt es nichts. Außerdem wurde eine Aufgabe zufällig gewählt, für deren Erfüllung (Gebiete mit zwei oder mehr goldenen Wolkenkratzern, x irreguläre Wolkenkratzer, die meisten Hochhäuser einer Technologiestufe etc.) es ebenfalls noch Punkte gibt.
Wer am Spielende dann die meisten Siegpunkte hat, gewinnt.
Das klingt, wenn man es durchliest, nicht sonderlich kompliziert oder gar komplex, und bei den ersten zwei, drei Spielen wirkt es auch so auf die Spieler. Aber dann merkt man erst, wie tief das Spiel eigentlich geht – man will ja zum einen Hochhäuser bauen, muss andererseits aber auch darauf achten, dass man diese an bestimmten Straßen ansiedelt, um den Bonus bei Spielende abgreifen zu können. Der Streit um die besten Bauplätze – und eventuell um die Boni aus den Aufgaben – fügt dem Spiel eine Perspektive hinzu, die es überraschend komplex macht.
Eine Warnung noch: in der Spielregel gibt es noch eine Version "für Fortgeschrittene". Dies ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen: Mit den (minimalen) Veränderungen wird das Spiel nicht nur deutlich schweiriger – es gibt auch Möglichkeiten, mit denen ein Spieler sich selbst 'aus dem Spiel investieren' kann. Nur, wer das Spiel bereits gut kennt, sollte diese Version spielen.
Hierdurch wird das Spiel das, was man auf Neudeutsch ein "Gateway Game" nennt – ein Spiel, das für den fortgeschrittenen Gelegenheitsspieler ebenso interessant ist wie für den Vielspieler, der einmal nicht ganz so intensiv nachdenken will. In der vorliegenden Form kann es auch als Familienspiel verwendet werden.
Um auf die Frage vom Anfang zurückzukommen: Unserer Meinung nach haben die Leute, die das Spiel auf der SPIEL zum (Geheim-)Tipp erhoben haben, vollkommen Recht gehabt.
Hersteller | Blue Orange Games | |
Autor | Chenier La Salle | |
Künstler | Vincent Dutrait | |
Spieler | 2-4 | |
Denken | 8 | |
Glück | 5 | |
Geschicklichkeit | 0 | |
Preis ca. | 39,90 € |
New York 1901 bei www.Spiele-Offensive.de
New York 1901 bei Milan Spiele
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