Glaubenssache

Faith – The Sci-Fi RPG

FaithAuf der Spiel geben sich bekanntlich nicht nur die Brettspielverlage ein Stelldichein – auch Tabletopper und Rollenspieler kommen dort auf ihre Kosten. Bei der Menge an Rollenspielmaterial muss man schon etwas Besonderes anbieten, wenn man ein neues Rollenspielsystem dort an den Mann bringen will. Das gilt doppelt, wenn man noch nicht als Rollenspielproduzent international bekannt ist.

Ein solcher Unbekannter ist Burning Games, ein englisch-spanischer Verlag, der auf der letzten Spiel das im vorigen Jahr erschienene Faith präsentierte. Finanziert wurde es voriges Jahr über Kickstarter, auf der Spiel waren die ersten Produktionsexemplare zu sehen, die eigentliche Auslieferung begann im November und Ende Dezember wurde die Lieferung in die USA in Angriff genommen – am 30. verließ das Schiff den Hafen und befindet sich zur Zeit westlich der Azoren. Da der Online-Store Bestellungen erst erfüllen wollte, wenn die amerikanischen Rewards verschickt sind, ist jetzt wohl der ideale Zeitpunkt für eine Rezension.

Dass Faith auf der Spiel ein wenig unterging, dürfte aber auch an einer anderen Tatsache liegen: auf den ersten Blick sieht der aufgebaute Spieltisch eher aus als würde dort ein Brettspiel gespielt – er erinnert eher an Spiele wie Talisman oder DungeonQuest. Auch kommt das Spiel in einer großem, quadratischen Schachtel (ca. 30 cm × 30 cm × 8 cm) daher, bei der man ebenfalls eher an ein Brettspiel denkt.

In der Schachtel findet man wiederum eine Menge Material, das an die o.g. Brettspiele erinnert:

  • 5 Charakterbretter
  • 18 Charakterillustrationen
  • 250 Marker verschiedenster Sorten
  • 4 Kartendecks für Spieler à 54 Karten
  • 54 MPC-Karten
  • 54 Ausrüstungskarten
  • das Regelbuch

Auch dies klingt wieder sehr wie ein Brettspiel. Die Charakterbretter, Illustrationen und Marker stecken in Stanzbögen (aus denen sie aber recht gut herausgedrückt werden können). Die Kartendecks steckten versteckt unter dem Einsatz, jedes Kartendeck hat eine eigene Kartonhülle. Die Charakterdecks sind effektiv Pokerdecks, mit je zwei Jokern; jede Karte ist vollflächig illustriert mit Szenen aus der Welt von Faith. Auch die NPC- und Gear-Decks sind sehr schön geworden, enthalten aber keine Poker-Markierungen sondern spieltechnische Werte.

Das Regelheft macht dann doch auf den ersten Blick deutlich, dass es ein Rollenspiel ist: ein Softcover mit 108 Seiten einschließlich Deckblättern, vollfarbig. Die Illustrationen wirken wie aus einem Guss, und passen auch gut zu den Illustrationen auf den Karten.

Das Regelwerk wie auch eine Beispielskampagne kann man auch von der Downloadseite des Spiels herunterladen, auch die zur Zeit des Kickstarters aktuelle Print-n-Play-Version ist über Dropbox zu finden. Von diesen Downloads ist auf jeden Fall die Beispiel-"Kampagne“ zu empfehlen, die es auch nur als Download gibt.

Bei einer Rollenspielrezension muss man ja sowohl die Welt als auch die Spielmechanik besprechen. Normalerweise bespreche ich erst die Welt und dann die Spielmechanik, hier möchte ich es andersherum tun.

Mit Hilfe der Charakterbretter und der Marker kann man die Charaktere zusammenstellen. Hierzu wird ein einfacheds Kaufsystem verwendet: man wählt eine Rasse, eine Affinität (mit welcher Umwelt man am besten zurecht kommt), einen Gott und weist den zwölf Fertigkeiten Werte aus einem Satz zu (5-4-3-3-2-2-1-1-1-0-0-0). Die Attribute (Agility, Constitution, Dexterity, Link, Mind und Faith) haben Startwerte von 1, man darf insgesamt zehn Punkte auf sie verteilen, mit einem Maximalwert von 3. Üblich dürften daher wohl vier Dreien und drei Zweien sein.

Das Spiel verwendet keine Würfel sondern die Charakter-Kartendecks, von denen jeder Spieler und der Spielleiter jeweils ein eigenes haben – die Joker der Spieler werden in das Deck des Spielleiters gemischt.

Zu Beginn jeder Szene erhält jeder Spieler eine Hand von sieben Karten (wenn er aus der vorigen Szene noch Karten übrig hat, wird nur aufgefüllt). Wenn ein Spieler etwas tun will, ist die Grundregel, dass das auch klappt – es sei denn, ein Mitspieler oder der Spielleiter tut etwas dagegen. In dem Fall benutzt man die Karten.

Für eine Aktion darf ein Spieler maximal so viele Karten verwenden wie sein dazu gehöriges Attribut beträgt. Zum Wert dieser Karten wird noch der Wert der Fertigkeit addiert. Man kann ein wenig pokern – man darf reihum Karten legen, und ggf. auch nachlegen, bis niemand mehr eine Karte legen will. Nachzieghen darf man nur in sehr eingeschränkten Fällen – zum einen, wenn die gespielte Kartenfarbe der eigenen Affinität entspricht, zum anderen, wenn man eine Karte spielt, die niedriger ist als der eigene Fertigkeitswert (dies stellt dar, dass man sich nur minimal antrengt und daher nicht ermüdet…). Karten, die während einer Konfrontation gezogen werden, darf man aber erst ausspielen, wenn diese abgeschlossen ist.

Diese Methode der Proben könnte man als 'Glücksmanagement' bezeichnen – man kann als Spieler ein wenig wählen, wann man seine schlechten 'Würfe' hat, und ob man sie mit entsprechend guten anderen Würfen zu kompensieren versucht, aber irgendwann wird man auch schlechte Karten ausspielen müssen.

Ausrüstungskarten und körperliche Verbesserungen (durch Marker angezeigt) können die Anzahl der auszuspielenden Karten oder auch die Gesamtergebnisse noch weiter verändern.

Schaden aus Auseinandersetzungen verringert Fertigkeitswerte bis auf ein Minimum von 0. Schaden gibt es in zwei Arten, physischer und neuraler (geistiger), der Effekt auf die Fertigkeiten ist aber der gleiche. Neuraler Schaden wird jedoch viel schneller wieder abgebaut (ein Punkt in drei bis fünf Sekunden in der Spielwelt gegen ein Punkt pro Woche für physischen Schaden), so lange er nicht zu einem Trauma führt (dem Sopieler bleiben auf den neuralen Trackl keine Punkte mehr übrig) – in dem Fall wird zunächst einmal medizinische Hilfe notwendig.

In den Schnellstartregeln werden diese Regeln auf zwei Seiten zusammengefasst; im Buch sind die ausführlicher und nehmen 20 Seiten ein. Weitere 30 Seiten beinhaltren Rassenbeschreibungen, Spezialfähigkeiten, eine Beschreibung der Fertigkeiten und ähnliches.

Die Welt von Faith ist die einer dü´steren Zukunft. Wir sind wit in der Zukunft, die Menschheit hatte sich vor fast tausend Jahren beinahe selbst ausgerottet und wurde nur dadurch gerettet, dass die Corvo, eine von mehreren Alienrassen im Setting, sie versklavte und als Söldner verwendete. Lange Zeit waren die Corvo die unumstrittenen Herren, bis die Iz’kal auftauchten und nach einem langen Krieg ein Friedensvertrag geschlossen wurde. Jetzt herrscht zwischen den Corvo und den Iz’kal ein kalter Krieg, während die Menschheit einfach nur versucht zu überleben. Die aktuelle Situation erlaubt aber auch, dass 'gemischte' Gruppen Abenteuer erleben.

Neben diesen drei Rassen gibt es dann noch die eher primitiven Raag und die Ravager, die erst kürzlich entdeckt wurden, und die ihre Mitglieder genetisch wie in einem Baukasten zusammenbaut. Es ist daher möglich, dass zwei Ravager der gleichen Sippe absolut keine Gene gemein haben, weshalb Wissenschaftler hier auch von einer "Stief-Spezies“ sprechen.

Interstellare Reisen werden über Wurmlöcher ausgeführt, die das Universum labyrinthartig durchziehen. Die Technik ist hochentwickelt, und auch Körpermodifikationen sind gang und gäbe.

Über all diesem ist aber zu beachten, dass es insgesamt fünf Götter gibt, von denen jeder für sich die Vorherrschaft erringen will. Da die Götter aber in der physischen Welt kaum eigene Macht haben, müssen sie sich der Dienste der Sterblichen versichern, die durch ihre Aktionen die Prinzipien der Götter stärken.

Diese Götter sind Ergon, dem Selbstlosigkeit und Opferwille über alles geht, Kaliva, die Macht und den Willen, sich selbst zu verbessern schätzt, Vexal, der Selbständigkeit und Individualismus fördert, Hexia, die Wissen und den Einsatz für das Gemeinwhl liebt, und Ledger, dem Impulsivität und Eigenwilligkeit imponieren.

Jeder Charakter folgt einem dieser Götter und kann sich auch Verbesserungen von seinem Gott erbitten – genauso, wie man Cyberware oder biologische Vcerbesserungen im Laufe des Spiels erhalten kann. Es ist nur ungünstig, wenn man "seinem“ Gott dann untreu wird…

Ein Beispielabenteuer ist in der Schachtel leider nicht zu finden. Auf der oben verlinkten Downloadseite kann man aber fündig werden.

Das System hat einen Nachteil: Wenn man mit mehreren Spielern spielt, benötigt man für jeden ein eigenes Spielerdeck – und in der Spieleschachtel sind nur Decks für drei Spieler und den Spielleiter zu finden. Man kann zwei Dinge tun. Entweder man benutzt für zusätzliche Spieler normale Spielkarten; dann sollte man aber alle Decks in Kartenhüllen packen, denn die Joker werden, wie gesagt, in das Deck des Spielleiters gemischt, wo sie sich während des Spiels gegen die Spieler wendet: wenn ein Joker gegen einen Spieler ausgespielt wird, wird der Wert seiner letzten gespielten Karte auf 0 gesetzt – sowohl der Joker als auch die genullte Karte zählen aber weiterhin in die Maximalzahl zu spielender Karten hinein. Damit man nicht vorher bereits sieht, ob und wie viele Joker der Spielleiter auf der Hand hat, sind die Kartenhüllen daher notwendig.

Alternativ kann man auch zusätzliche Charakter- und andere Decks im Webshop des Herstellers bestellen; ein Deck kostet allerdings fast 15 Euro. Dafür kann man eine Menge normaler Pokerdecks eintüten…

Die Methode, mit den Spielerkartons und Markern die Charakterwerte zu notieren, wirkt zwar auf den ersten Blick schlau, unsere Testrunde ging aber bereits ind er Mitte der ersten Sitzung dazu über, alles auf Papier zu übertragen. Man verschob die Marker viel zu schnell, Getränkegläser und Chipstüten sorgten für weiteres Chaos auf dem Tisch… Magnetische oder anders auf den Charakterbrettern haftende Marker wären eine brauchbare Alternative, aber das hätte den Preis des Spiels noch weiter in die Höhe getrieben.

Die Kampagne, die es, wie oben bereits gesagt, nur als Download gibt, ist ein guter Einstieg in die Welt von Faith. Sie setzt ein wenig früher ein als das Regelbuch, denn eine Entdeckung der Kampagne wird im Regelbuch bereits als bekannt vorausgesetzt.

Es beginnt damit, dass eine Gruppe von "Reisenden“ (die aus Gründen der Sozialverträglichkeit unterwegs ist – wo sie waren, waren sie jedenfalls nicht mehr willkommen…) im Labyrinth der Wurmlöcher einen Notruf eines Frachters der Corvo auffangen.

Über das Abenteuer

Wenn sie dem Ruf folgen, entdecken sie, dass der Frachter angegriffen worden war. Aber die Angreifer gehören zu einer Rasse, die allgemein für ein Märchen oder eine "Urban Legend“ gehalten wurde – den Ravagern!

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Es gibt vier Fertigcharaktere – einen Menschen, einen Corvo und zwei Iz’kal. Diese Charaktere sind laut Hintergrundgeschichte schon etwas länger zusammen, so dass sie auch ohne allzu große Schwierigkeiten kooperieren sollten.

Über die Charaktergruppe und das Abenteuer

Die vorgegebenen Charaktere verhindern hier auch, dass ein Spieler auf die Idee kommt, ein Mitglied der Ravager zu spielen, bevor ihre Existenz bekannt wird.

Ein wenig enttäuschend ist es schon, wenn man aus der Bezeichnung "Einsteigerkampagne“ schließt, dass es sich hierbei wirklich um eine Kampagne handele – es ist nur ein Abenteuer, in dem man sich das Raumschiff ansieht und mit ein paar Begegnungen fertig werden muss. Eine Kampagne – also eine Reihe verschiedener Abenteuer, die in einem Zusammenhang stehen – ist etwas anderes.

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Das physisch vorhandene Material ist gut übersetzt und redigiert – die Download-Kampagne leider weniger. Sie ist immer noch gut zu lesen, aber zahlreiche tipp- und Sinnfehler fallen doch auf. Beispiele: "The campaign is set around scenes in which the players (…)and some times (sic!) fight for their lives“ "ask yourself what it is that confrontation going to add to the story“ oder "just bare in mind“.

Das System und die Welt an sich sind interessant und gut zusammengebaut. Zum Start in die Welt ist es auf jeden Fall ausreichend – für mehr Vergnügen hat der Verlag im letzten Update der Kickstarter-Kampagne bereits angekündigt, dass eine ausgewachsene Abenteuerkampagne in der ersten Hälfte dieses Jahres finanziert werden soll.

Hersteller Burning Games
Autor Carlos Gómez Quintana, Mauricio G´ómez Alonso
Künstler diverse
Spieler RPG
Denken RPG
Glück RPG
Geschicklichkeit RPG
Preis 69,95 € im eigenen Webshop

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