Race to Berlin
Wir schreiben das Jahr 1945. In Europa liegt der Weltkrieg in den letzten Zügen. Das deutsche Reich hat seine Eroberungen schon wieder verloren, und die Alliierten und Sowjettruppen machen sich bereit für den letzten Vorstoß – ins märkische Land, zur Hauptstadt des Reiches. Die Frage ist nur: Welche Seite schafft den weiten Weg zuerst?
Genau dies ist die Situation im Brettspiel Race to Berlin – auch wenn sie nicht historisch ist. Es gab zwar ein Wettrennen, aber nach dem Vertrag von Jalta (und den Schwierigkeiten und Verzögerungen, die die Westfront am Rhein erlitten hatte) gingen die Westalliierten daran, den Süden Deutschlands (die heutigen Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern) endgültig zu säubern und die Osteroberung den Sowjettruppen zu überlassen. Dort aber entbrannte ein – von Stalin gefördertes – Rennen zwischen den Marshals (in etwa einem Fünf-Sterne-General bei den US-Truppen zu vergleichen) Georgy Konstantinovich Zhukov und Ivan Stepanovich Konev, wer als erster in Berlin sein würde und den Reichstag besetzen könnte. Ja, das ist eine sehr grobe Übersicht über die Ereignisse, immerhin wollten gerade die Briten sehr wohl versuchen, Berlin selbst zu erobern. In unserem Spiel geht es daher um ein Rennen zwischen West- und Ostalliierten.
In der großen Schachtel findet man – neben einer ziemlichen Menge Luft –
- Ein Regelheft in Polnisch und Englisch
- ein Heft ‚Historischer Hintergrund‘
- ein Spielbrett
- 2 x 25 Frontlinien-Marker in rot und blau
- 2 × 8 Logistik-Center in rot und blau
- 2 × 20 Aktionswürfel in rot und blau
- 40 Militäreinheiten-Marker
- 16 spezielle Aktionsmarker
- 16 Befestigungs-Marker
- 2 × 4 Siegpunktmarker für Schlüsselobjekte im Krieg (z.B. Essen, Breslau etc.)
- ein Bogen mit Aufklebern für die Logistik-Center
- vier Würfel
Die Spielregel ist zweispaltig gedruckt, eine Spalte Polnisch, die andere Englisch. Die Schrift ist recht klein geraten, der Hintergrund graues Gekriesel – das führt dazu, dass man sie nur schlecht lesen kann. Die bei Boardgamegeek herunterzuladende rein englische Version soll zwar einen weißen Hintergrund haben, aber auch hier ist der Hintergrund graumeliert.
Die Logistikcenter (quadratische Plättchen), Frontlinien-Marker (Stäbchen) und Aktionswürfel sind aus Holz, die übrigen Marker sind in Stanzbögen, aus denen sie sich leicht herausdrücken lassen. Die Aufkleber müssen vor dem Spiel auf die Logistikcenter geklebt werden, dürften aber ein wenig kleiner ausfallen, damit man sie leichter mittig auf die Holzplättchen kleben kann. Die Würfel sind einfach, weiße Plastik-Sechsseiter mit Punkten.
Wenn während des Spiels ein Spieler mehr Aktionswürfel, Frontlinienmarker etc. benötigen würde als vorhanden – Pech gehabt! Der vorhandene Vorrat ist abschließend.
Zu Spielbeginn werden die Armeen (alliierte und deutsche) auf dem Spielbrett aufgestellt. Deutsche Einheiten haben sozusagen "Lebenspunkte", die durch Drehen der Marker angezeigt werden – es gilt jeweils der Wert, der auf die dazugehörige Front zeigt. Ein Spieler spielt die Westalliierten und die deutschen Truppen der Ostfront, der andere die Sowjettruppen und die deutschen Westfronttruppen.
Ziel des Spiels ist es, in drei Runden (!) Berlin-Mitte zu erreichen, wobei die deutschen Truppen ein nicht zu unterschätzendes Hindernis darstellen.
Jede der drei Runden besteht wiederum aus drei Phasen: Logistik, Aktion und strategische Bewegung.
Für die Logistik werden die Logistikcenter (auch "LÖogistikblöcke") aufgebaut. Beide Seiten haben je 8 Logistikcenter mit Werten von 2, 3, 4 und 5, die entweder auf dem Brett hochkant stehen (so dass nur der Eigentümer sieht, wie stark sie sind) oder offen oder verdeckt liegen. Außerhalb des Brettes stehen sie immer hochkant.
Logistikblöcke sind außerdem entweder aktiv (haben noch Aktionen verfügbar) oder passiv (vom Brett genommen, beispielsweise, weil sie sich nicht zurückziehen konnten, oder umgedreht liegend, wenn sie ihre Aktionszahl erreicht haben).
Zu Phasenbeginn dürfen die Spieler reihum jeweils einen Logistiblock aufstellen, wobei jeder Block mit einer eigenen Einheit verbunden sein muss und in jedem Feld maximal ein Logistikblock stehen darf. In der ersten Runde beginnt der Sowjetspieler, in der zweiten der Spieler der Alliierten, in der dritten der Spieler, der mehr Siegpunkte gesammelt hat.
In der Aktionsphase darf man dann seine Einheiten bewegen und angreifen. Außerdem darf man Logistikblöcke vom Brett entfernen.
Zum einen darf man eine oder mehrere Einheiten und/oder einen Logistikblock von einem Feld auf ein benachbartes verschieben. Das Ziel muss ein Feld sein, das im eigenen Einflussbereich liegt.
Für einen Angriff muss man den zur Einheit gehörenden Logistikmarker mit einem Aktionswürfel versehen (wenn die Anzahl der Aktionswürfel gleich dem Wert des Markers wird, ist er erschöpft und muss umgedreht werden, dann kann man auch keine Aktionswürfel mehr hinzufügen). Man kann auch zwei Aktionswürfel einsetzen, um die Kampfkraft zu verdoppeln.
Die Kampfkraft des Angreifers ist die des Logistikzentrums (ggf. verdoppelt). Die Kampfkraft des Verteidigers ist ebenfalls die seines Logistikzentrums (für die ebenfalls ein Aktionswürfel ausgegeben werden muss – erschöpfte Logistikzentren werden vom Brett genommen); wenn kein Logistikzentrum im angegriffenen Feld steht, kann ein benachbartes Logistikzentrum einspringen, sowie Gelände- und Befestigungseffekte. Stehende Logistikblöcke werden jetzt aufgedeckt.
Abschließend würfeln beide Seiten mit zwei Würfeln und addieren die Differenz zwischen beiden Würfel (also ein Wert von 0 bis 5) auf ihre jeweilige Kampfkraft. Um zu gewinnen, muss der Angreifer die Kampfkraft des Verteidigers übertreffen, ein Gleichstand bedeutet einen Sieg des Verteidigers.
Deutsche Einheiten, die verteidigen, verlieren einen Lebenspunkt. Verteidigende Einheiten, die verlieren, müssen sich in ein befreundetes Gebiet zurückziehen. Sollte das nicht möglich sein (zum Beispiel, weil die Einheit abgeschnitten ist, oder in allen möglichen Gebieten die Maximalzahl von drei Einheiten erreicht ist), werden sie vernichtet.
Zusätzlich hat jeder Spieler acht Spezialaktionen pro Runde zur Verfügung, die beispielsweise einen Angriff verstärken können oder einen Würfelwurf wiederholen lassen.
Als letzte Aktionsoption kann man auch ein Logistikzentrum vom Brett nehmen, womit auch die dem Logistikzentrum zugeordneten Aktionswürfel wieder in den Vorrat des Spielers kommen und erneut eingesetzt werden können. Das sollte man bevorzugt mit erschöpften Logistikzentren tun, bei denen man keinen Angriff mehr zu befürchten hat. Manchmal hat man aber keine Wahl, und muss sich eine Blöße geben…
In den ersten zwei Runden erfolgt jetzt eine Phase der strategischen Bewegung – man darf eine Einheit der eigenen Alliierten und eine der eigenen deutschen Front durch beliebig viele befreundete Gebiete ziehen, aber nicht angreifen oder ein leeres Feld erobern.
Schließlich wird noch überprüft, ob alle Einheiten auch versorgt werden – bei den Alliierten heißt das, dass sie eine ununterbrochene Linie eigener Felder zum eigenen Spielfeldrand haben, bei den deutschen Einheiten müssen sie eine ununterbrochene Linie zu einem Versorgungszentrum aufweisen. Nicht versorgte Einheiten werden vernichtet.
Wenn innerhalb der drei Runden einer der beiden Spieler Berlin-Mitte erobert, gewinnt dieser Spieler das Spiel. Wenn am Ende der dritten Runde beide Spieler Berlin noch nicht erreicht haben, gewinnt der Spieler, der mehr deutsche Versorgungszentren erobert hat.
Das Spiel ist ein waschechtes CoSim, das CoSim-Experten sicherlich auch gut gefallen wird. Wer keinen Draht zu CoSims hat, wird auch hier eher abwinken.
Aus ein paar wenigen Tests bei uns haben wir den Eindruck, dass die Sowjettruppen eine bessere Chance haben, das Ziel zu erreichen als die westlichen Alliierten – wenn aber keiner Berlin erobert (und drei Runden sind schon ziemlich knapp berechnet), liegt der Vorteil eher bei den westlichen Truppen, für die die Versorgungszentren ein klein wenig günstiger liegen. Alles in allem ist es aber ein ausgeglichenes Spiel.
Für CoSim-Freunde ist Race to Berlin auf jeden Fall ein Anrater, schon weil das Ziel und die Begrenzung auf drei Runden recht ungewöhnlich sind. Auch ist der Aktionspunkte-/Versorgungszentren-Mechanismus gewöhnungsbedürftig, aber den CoSim-Experten dürfte das eher reizen. Von daher: zwar ein Nischenspiel (CoSim), aber als solches sehr empfehlenswert.
Hersteller | Leonardo Games | |
Autor | Krzysztof Dytczak | |
Künstler | Damian Korczewski | |
Spieler | 2 | |
Denken | 9 | |
Glück | 4 | |
Geschicklichkeit | 0 | |
Preis ca. | 25 € (Preis in Essen auf der Spiel) |
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