The Looney Bin
Klingt der Titel dieser Rezension wie ein Angriff auf 'political correctness'? Wenn ja, dann dürfte ich damit ein wenig den Tenor von The Kooney Bin getroffen haben, denn auch hier wird mit schwarzem Humor ein empfindliches Thema angesprochen. Heutzutage ist die Behandlung von geistigen "Abweichungen" deutlich weiter fortgeschritten als noch vor hundert Jahren, und auch in den letzten Jahren noch weiter entwickelt. Die Situation in der Anstalt des Spiels wirkt aber eher wie die im Arkham Asylum von DC zu Batman-Urzeiten, wo man wild experimentierte mit Elektroschocks, Hypnose, Drogen und anderen "Therapien", von denen einige heutzutage als diskreditiert gelten können.
Aber mit genau diesen Hilfsmitteln versucht man als Arzt, hier seine Patienten zu versorgen und zu heilen. Leider weiß man aber nicht, welcher Patient auf welche Therapie anspricht, und jeder Patient benötigt eine Kombination aus drei Therapien, bevor er als geheilt entlassen wird. Aber immerhin nehmen die Patienten Fehltherapien nicht übel, so dass man irgendwann doch auf die richtige Kombination kommen kann.
Der Herausgeber Numbskull Games ist für seine ungewöhnloiche Verpackung berüchtigt. So steckt The Loony Bin in einer weißen Kartonschachtel mit einem schwarzen Überstülp-Umschlag, der aus minimal festerem Papier besteht als Normalpapier es wäre. Risse in den Ecken und Dellen sind so schon beim ewrsten Auspacken vorprogrammiert. In der Verpackung steckt dann
- eine Spielregel auf Deutsch
- ein Plastikeinsatz mit acht Fächern im Stile einer Pillenbox
- sieben Bögen mit je 24 Therapiemarkern
- 35 Diagnosemarker
- 72 Patientenkarten
- 90 Aktionskarten
Auch die Patienten- und Aktionskarten waren in unserer Version (gut) eingedeutscht, wobei die manchmal schwer zu verstehenden Wortspiele der amerikanischen Ausgabe recht gut – wenn auch nicht immer – übertragen wurden. Beispiele für beides: die amerikanische Patient "Captain Kookie" wird hier zu "Störte-Becker", was gut zum Bild (mit Papier-Schiff-Mütze) passt. Die Aktionskarte "Sie kommen, um mich zu holen" heißt im Original allerdings "They’re coming to take me away" … und das ist ein direktes Zitat eines in den USA recht bekannten Liedes von Jerry Samuels/Nopoleon XIV. Leider geht hierdurch auch der Effekt der Patientenkarten 41, 43, 64 und 65 verloren, die Karikaturen der Familie des Numbskull-Eigentümers und Spieleautors Patrick Stevens und des Conquest-Designers Donald Benge zeigen – nur der Name Donald bleibt im Patientennamen erhalten, alle anderen Namen werden durch andere ersetzt.
Die Karten sind gut plastifiziert, und die Bilder zeigen recht düstere Karikaturen – ein wenig, als wäre das MAD-Magazin eine unheilige Ehe mit Brösel eingegangen (mit dem Magazin Heavy Metal als Geburtshelfer). Die Therapiemarker stecken in Stanzbögen – allerdings sind sie auch nicht dicker als die Spielkarten, wodurch sie nur schwer vernünftig aus den Bögen herausgedrückt werden können. Die Diagnosemarker schließlich sind ebenso dick, aber bereits getrennt, kleben aber aufeinander, denn der Shrinkwrap sorgte für gute Haftwirkung. Auf den Diagnosemarkern stehen jeweils drei der sieben Therapien, wobei keine Kombination doppelt vorkommt. Damit sind es auch maximal 35 Marker, die existieren können.
Zu Spielbeginn erhält jeder Spieler vier Patienten, sowie zu jedem Patienten verdeckt (auch der Spieler selber darf sie nicht ansehen) ein Diagnosemarker. Hinzu kommen drei (in der deutschen Regelversion, in anderen Sprachen wird hier von 5 gesprochen) Aktionskarten.
Wer an der Reihe ist, darf zwei Dinge tun: Therapien ausprobieren und Aktionskarten spielen. Hierbei darf man nicht mischen, aber aussuchen, ob man zuerst therapieren will oder erst Karten ausspielen.
Beim Therapieren wählt man einen Patienten und eine Therapie, zur Verfügung stehen die Therapien Drogen, Zwangsjacke, Lobotomie, Elektroschocks, Hypnose, Gruppentherapie und Gummizelle. Der jeweils links vom aktiven Spieler sitzende schaut dnn evrdeckt nach, ob die Therapie auf dem Diagnosemarker angegeben wird. Man legt den Therapiemarker mit der entsprechenden Seite (funktioniert / funktioniert nicht) nach oben auf dem Patienten ab. Wenn die Therapie wirkte, darf man weiter machen, wenn nicht, endet die Therapie-Phase.
Die Aktionskarten können nicht nur bei der Therapie helfen (beispielsweise, indem man eine zusätzliche Therapie ausführen darf), aber auch behindern (beispielsweise, indem ein Patient an einen anderen Arzt verwiesen wird…). Manj kann mitdiesen Karten auch einzelne 'Abteilungen' (also die Patienten vor einem besitmmten Spieler' für eine Runde schließen – inaktiv machen -, oder alle Spieler zweingen ihre Handkarten nach links weiterzugeben.
Was die Karten betrifft, fehlen leider wichtige Regeln in der deutschen Version der Spielregel, in der englischen (auf der Webseite des Spiels) ist es zu finden: Zum einen zieht jeder Spieler am Ende seines Zuges eine Aktionskarte (kein Handlimit), und wenn der Nachzugstapel verbraucht ist, werfen alle Spieler Handkarten ab, bis sie maximal drei haben; mit den abgeworfenen und vorher gebrauchten Karten wird (gemischt) ein neuer Nachzugstapel gebildet.
Ein erfolgreich geheilter Patient wird entlassen: die Karte wird als Beweis vor dem Spieler abgelegt, der Therapiemarker offen in die Mitte gelegt. Das ist wichtig, da wie gesagt jede Kombination von Therapien genau einmal vorkommt. So kann man, wenn man ein wenig aufpasst, im Laufe der Zeit bestimmte Kombinationen ausschließen, die ein Patient nicht haben kann.
Das Spiel endet, wenn ein Spieler seine Abteilung komplett geleert hat (sei es geheilt, sei es an andere Ärzte abgeschoben), oder wenn ein Spieler fünf Patienten geheilt entlassen hat. Der Spieler, der das erreicht hat, gewinnt.
Das Spiel ist eine seltsame Mischung aus Deduktionsspiel (welche Therapien brauchen meine Patienten?) und Ärgerspiel im Stile eines Fluxx oder Munchkin. Wenn man eine wirklich gute Übersicht gewonnen hat, welche Therapien die eigenen Patienten benötigen und sich evtl. sogar passende Handkarten aufgespart hat, kommen die lieben Mitspieler mit Aktionskarten an, die einem alle Pläne wieder über den Haufen werfen. Eine günstige Taktik scheint zu sein, seine Patineten erst einmal teilweise zu therapieren, und den letzten Schritt – vor allem, wenn man weiß, was es sein müsste – auszustellen, denn wenn die Abteilung noch voll liegt, wirkt man nicht so sehr wie eine Bedrohung. Wer seine Abteilung beinahe leer hat, zieht feindliche Aktionskarten nachgerade magnetisch an.
Das Thema könnte auch dem einen oder anderen unangenehm sein – wobei das Spiel deutlich satirisch entworfen wurde, und in meiner Testrunde wesentlich weniger Anstoß erregte als Bedpans and Broomsticks – obwohl das Thema einige Spielern genauso nahe geht.
Leider steht der Zufallsfaktor durch die Aktionskarten dem Logikfaktor durch die Therapiededuktion entgegen, wodurch das Spiel für Vielspieler leider weniger interessant wird. Gelegenheitsspieler hingegen dürfte die Qualität einiger Teile (Verpackung, Therapiemarker) weniger gefallen, während das Spiel gerade Spielern von Fluxx oder Munchkin gefallen dürfte.
Hersteller | Numbskull Games | |
Autor | Patrick Stevens | |
Künstler | Mike Neuman | |
Spieler | 3-7 | |
Denken | 7 | |
Glück | 7 | |
Geschicklichkeit | 0 | |
Preis ca. | 49,90 € |
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