One Night Revolution
Auch wenn immer wieder Werwolf-artige über Kickstarter finanziert werden, scheinen in den USA vor allem zwei Verlage für ihre Versionen dieser Spiele mit verdeckten Rollen bekannt zu sein: Bézier Games mit Ultimate Werewolf und Indie Board & Game mit ihrem cyberpunkig angehauchtem The Resistance. Für Werwolf hat Akihisa Okui – in der erweiterten englische-deutschen Version zuammen mit Ted Alspach – mit Vollmondnacht eine Version gebaut, in der es nur eine einzige Nacht gibt und in der eine einzige Abstimmung über Sieger und Verlierer entscheidet.
Aus der Feder des japanischen Autors stammt ebenfalls One Night Revolution, eine Ein-Runden-Version des Spiels The Resistance / Der Widerstand geschrieben. Und wie Vollmondnacht bei Bezier Games erschien, erschien One Night Revolution im gleichen Verlag wie The Resistance, nämlich bei Indie Board and Game. Aber wie schlägt das Spiel sich im Wettstreit der Geheimdienst(spiel)e?
In der Schachtel fanden wir:
- die Spielregel auf Englisch
- 13 ID-Marker
- 22 (lt. Spielregel 16) Spezialistenkarten
- 22 (lt. Spielregel 16) Spezialisten-Marker
- 10 Referenzkarten für Spieler
- ein Controller-Marker
- ein Hauptquartier-Brett
Außerdem fanden wir noch eine Reihe Karten als Erweiterung zum englischen The Resistance.
Die Marker und das Hauptquartier bestehen aus sehr dickem Karton, die Karten haben gute Qualität.
Wie im Widerstand bestehen hier die beiden Seiten aus en Rebellen und den Informanten (regierungstreuen Bürgern). Wie bei Vollmondnacht ist es aber möglich, dass im Laufe der Nacht sich eine einmal gefundene Rolle noch verändert.
Zu Spielbeginn werden die Spieler erst einmal in Informanten und Rebellen geteilt. Hierzu werden die drei Informanten-Marker mit so vielen Rebellenmarkern gemischt wie Spieler teilnehmen. Jeder Spieler erhält einen Marker, den er sich verdeckt ansehen und wieder vor sich ablegen darf. Die übrigen drei Marker werden ins Hauptquartier gelegt.
Außerdem werden Spezialistenkarten und -Marker ausgewählt, und zwar so viele wie Spieler teilnehmen. Für die ersten Partien werden Verteilungen vorgeschlagen, aber man kann auch nicht vorgeschlagene Rollen einbauen.
Jeder Spieler erhält eine der (gemischten) Karten verdeckt, die Marker werden auf dem HQ bereitgelegt. Auch die Spezialistenrollen dürfen die Spieler sich natürlich ansehen. Ein Spieler wird zufällig zum Controller ernannt. Dann beginnt die Nacht.
Alle Spieler (auch der Controller) schließen die Augen. Dann öffnen – auf Zuruf des Controllers – die Informanten die Augen uns sehen sich gegenseitig an. Ja, es kann sein, dass niemand die Augen öffnet, wenn alle drei Informanten-Marker im HQ liegen. Nachdem ein paar Sekunden vergangen sind, werden die Augen dann auf Zuruf durch den Controller wieder geschlossen.
Anschließend beginnen die Spezialisten mit ihrer Arbeit. Hierbei beginnt der Controller, der seine Spezialistentätigkeit ausführt. Wenn er das getan hat – das kann auch Untätigkeit sein – sagte er "Aufgabe erfüllt", und der im Uhrzeigersinn nächste Spieler ist an der Reihe. Auch dieser sagt, nachdem er seine Tätigkeit ausgeführt hat, wieder "Aufgabe erfüllt" und so geht das einmal rund. Wenn der Spieler rechts vom Controller seine Aufgabe erfüllt hat, darf der Controller seinen ID-Marker noch einmal ansehen, und dann alle auffordern, ihre Augen wieder zu öffnen. Natürlich darf in der ganzen Zeit niemand einen ID-Marker ansehen, der nicht durch seine Spezialistenrolle dazu aufgefordert wurde, oder unaufgefordert Signale zu geben.
Es gibt insgesamt elf Rollen, jede kann maximal durch zwei Spieler ausgeübt werden. Der Analyst darf sich die Spezialistenrolle eines anderen Spielers ansehen. Der Confirmer darf sich die eigene ID ansehen – die sich ja bereits im Laufe der Nacht geändert haben kann. Der Investigator darf sich die ID eines anderen Spielers ansehen – sehr unergiebig, wenn man weit vorne in der Runde sitzt und selber Informant ist. Der Observer darf gar nichts tun, und nur den nächsten Spieler aufrufen. Der Revealer deckt die ID eines anderen Spielers auf – und wieder zu, wenn er einen Informanten entdeckt haben sollte. Die ID eines Rebellen bleibt offen liegen.
Die übrigen Rollen verhalten sich je nach Seite, zu der sie gehören, unterschiedlich. Ein Reassignor tauscht die Ids zweier Spieler aus, wenn er selber Rebell ist, wechselt eine (vermutete) Rebellen-ID gegen eine Informanten-ID aus dem HQ aus, wenn er selber Informant ist. Vermutet, weil sich die ID ja bereits geändert haben kann. Der Signaller tippt als Informant einem Informanten direkt zu seiner linken oder rechten auf die Schulter, oder niemandem, wenn er zwischen zwei Rebellen sitzt; als Rebell tippt er wahllos einem seiner Nachbarn auf die Schulter. Der Thief klaut einem Mitspieler dessen ID (tauscht sie gegen die eigene aus) und sieht sich seine neue ID an, wenn er Rebell ist; als Informant sieht er sie sich nur an. Der Deep Agent tut nichts, aber als Informant zeigt er das durch ein Handzeichen an, wenn die Informanten sich gegenseitig erkennen – er selbst sieht die anderen Agenten aber nicht. Der Defector tauscht als Rebell seine ID gegen eine Informaten-ID des HQ aus – oder sieht sich seine ID an, wenn er bereits Informant war. Der Rogue schließlich tauscht als Informant eine Rebellen-ID gegen die Informanten-ID eines anderen Spielers aus – als Rebell sieht er sich nur seine eigene ID an.
All diese Aktionen gehen natürlich von der Rolle zu Beginn der Nacht aus – der zuletzt genannte Rogue sieht sich die IDs nicht mehr an, die er dann austauscht: Mit ein wenig Pech haben andere Spieler vor ihm bereits die IDs verändert, was er dann nicht weiß.
Zu Tagesbeginn nimmt sich jetzt jeder Spieler einen der Spezialistenmarker, womit er behauptet, in der Nacht die Aufgabe dieses Spezialisten ausgeführt zu haben. Hierbei darf man bereits lügen – oder muss es sogar, wenn der eigene Marler bereits von jemandem weggenommen wurde.
Jetzt dürfen die Spieler diskutieren, was sie in der Nacht getan haben und ggf. gesehen, wobei wieder nach Herzenslust gelogen werden darf. Vor allem dürften Erkenntnisse hoch im Kurs stehen, die die Spezialisten in ihren Rollen erworben haben. Natürlich dürfen die ID-Marker und Spezialisten-Karten in dieser Phase nicht angesehen werden.
Wenn die Diskussionen abgeschlossen sind (es wird mindestens eine Minute pro Spieler empfohlen, und bis zu zehn Minuten auch bei kleineren Gruppen), wird abgestimmt. Auf Kommando zeigt jeder Spieler auf einen anderen und beschuldigt ihn so, ein Informant zu sein. Natürlich sollten die Informanten hierbei versuchen, einen Nicht-Informanten zu belasten.
Jeder Spieler, auf den die Mehrheit der Finger zeigt (aber mindestens zwei Stück), wird liquidiert – das kann auch mehrere Spieler treffen. Wenn auf jeden Spieler ein einziger Finger zeigt, sprechen die Spieler sich gegenseitig das Vertrauen aus, dass niemand liquidiert wird.
Wenn mindestens einer der liquidierten Spieler ein Informant war, gewinnen die Rebellen. Wenn kein Spieler liquidiert wird, müssen die drei Informanten-Marker im HQ liegen, damit die Rebellen gewinnen. Wenn kein einziger Informant liquidiert wurde, aber mindestens einer in der Runde saß, gewinnen die Rebellen.
Das Spiel unterscheidet sich in ein paar Punkten von der Vollmondnacht. Auch hier kann es passieren, dass man im Laufe der Nacht die Seite wechselt, ohne es zu wissen. Allerdings weiß die Gruppe, was die anderen Spieler behaupten zu sein, und können sich bei den Diskussionen auch beliebig darauf berufen. Sätze wie „Ich bin der Analyst, und habe gesehen, dass Anton gar nicht Observer ist, sondern Reassignor“ sind ohne weiteres zulässig. Vor allem der Deep Agent und der Defector werden sich wohl eher als etwas anderes ausgeben wollen – sei es, indem sie einfach den Marker nehmen, sei es, dass sie sagen „Jemand hat mir meinen Observer-Marker weggenommen, bevor ich dran war.“ Wobei mir die Strategie „Ja, ich bin Defector, aber konnte im HQ keinen Informanten-Marker finden, als ich an der Reihe war, es sind drei andere Spieler in der Runde Informanten“ beinahe noch besser gefiel…
Der zweite Unterschied liegt darin, dass die Rollen nicht in einer bestimmten Reihenfolge durchgeführt werden, sondern in der Sitzreihenfolge, was manche Veränderungen überraschend eintreten lassen kann. Dennoch kann man aus den Behauptungen der anderen Spieler oftmals einigermaßen erkennen, welche Spieler auf welche Seite gehören – oder zumindest genug Informationen sammeln, dass man einen Spieler zur Liquidation vorschlagen kann, mit der die eigene Seite gewinnt.
Natürlich ist dadurch, dass die IDs im Laufe der Runde sich ändern können, dem Zufall eine gewisse Rolle zuzuweisen, aber im Falle von One Night Revolution ist das Ergebnis daher eher, dass man versucht, einen Spieler herauszufinden, der zu Beginn der Nacht bereits Informant war und seine Rolle nicht noch verloren hat – oder herauszufinden, an wen er die Rolle durch den Dieb oder ähnliches verloren hat. Er reicht ja, wenn ein Informant ausgeschaltet wird…
Gefühlt war der Zufall hier nicht so mächtig wie bei Vollmondnacht, rein mathematisch hingegen ergibt sich kaum ein Unterschied. Die Vorteile der Vollmondnacht (keine 'frühen Ausscheider', schnelle Rundendauer) werden auch hier voll realisiert.
Meiner Testrunde hat One Night Revolution ebenfalls gut gefallen. Sie konnte sich auch nicht entscheiden, welche der beiden Versionen ihr besser gefiel.
Hersteller | Indie Boards and Cards | |
Autor | Ted Alspach nach einer Idee von Akihisa Okui | |
Künstler | Luis Francisco, Stephanie Gustafsson, Jarek Nocoń | |
Spieler | 3-10 | |
Denken | 8 | |
Glück | 4 | |
Geschicklichkeit | 0 | |
Preis ca. | 29 € |
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