Potion Explosion
Einer alten Schulweisheit zufolge, die ich hier auch schon ein paar Mal erwähnt habe, gilt: "Chemie, wenn es knallt und stinkt – Physik ist, wenn es nicht gelingt." Zumindest das erste Drittel dieser
BauernSchülerregel wird genauestens befolgt im Spiel Potion Explosion, auch wenn es hier weniger die Chemie, sondern mehr die Alchemie ist, die es knallen lässt.
Eine Alchimistenschule bringt in diesem Spiel ihren Schülern das Brauen von Tränken bei, wobei die erwähnten Explosionen nicht etwa unerwünschte Nebenerscheinungen sind, sondern im Gegenteil sogar sehr nützlich. Wer diese Explosionen am besten ausnutzen kann, kann die besten Tränke brauen – und mit diesen Tränken kann man anschließend weitere Vorteile erlangen. Aber für die Schule ist nur interessant, wer welche Tränke gebraut hat – und wer die meisten und besten braut , erhält die besten Noten.
In der Schachtel fanden wir:
- die Spielregel auf Deutsch
- 80 Zutatenmurmeln (je 20 in vier Farben)
- 64 Trankfläschchen (je 8 in 8 Arten)
- 15 Zauberkunstorden
- 21 Marker "kleine Hilfe"
- ein Startspielermarker
- vier Arbeitstische
Mit Ausnahme der Murmeln und der Spielregel steckt alles in Stanzbögen, wobei der Murmelspender noch einmal aus 15 Einzelteilen zusammengesetzt werden muss. Alles lässt sich gut aus den Stanzbögen herauslösen, und die Murmeln haben auch normale (Glas-)Spielmurmel-Qualität. Zur Aufbewahrung stecken die Murmeln in einem Netz, das wiederverschließbar ist. Außerdem gab es noch Ersatzmurmeln für beim Transport eventuell kaputt gegangene (2 je Farbe), sowie Ziplock-Beutel für die Orden und Marker.
Den Murmelspender zusammenzusetzen ist trotz der grundsätzlich guten Beschreibung in der Spielregel nicht trivial: Obwohl alles genau zusammenpasste – was gegenüber der ersten Auflage eine Verbesserung darstellte -, hatten wir ein wenig Probleme, die einzelnen Teile beieinander zu halten, bis der Spender zusammengesetzt war. Für Leute, die die erste Auflage in Essen gekauft haben und Probleme mit dem Zusammenbau hatten, bietet Horrible Games leut diesem Thread auf Boardgamegeek einen Gratisersatz an.
Ein kleiner Tipp: Vor allem das Fußstück des Spenders wurde durch die Murmelbahnen etwas blockiert und ließ sich nicht einfach zusammensetzen.. Der Zusammenbau funktionierte besser, als wir den Außenrahmen komplett gesteckt hatten und erst anschließend die Bahnen hinein-"zwängten". Diese sollte man dann von außen nach innen einfügen.
Sehr schlau ist der Tiefzieh-Einsatz gestaltet: auch, nachdem man den Kugelspender zusammengebaut hat, passt alles in die Schachtel, ohne dass man den Spender wieder auseinandernehmen muss. So spart man sich, wenn er erst einmal zusammengebaut ist, weitere Baumaßnahmen – und die Nasen, mit denen die Kartonteile zusammengehalten werden, leiden nicht so sehr. Wie man die Bestandteile sinnvoll in die Schachtel packt, steht sogar auf einer Seite der Spielregel beschrieben – Chapeau!
Auch die Spielregel ist sehr nett gestaltet, wie das ganze Material. Immer wieder gibt es Einwürfe von der Seitenlinie, von Herrn Airbugs Schurmpelohr, dem Schulleiter. Teilweise sind sie recht nützlich, teilweise auch nur launig.
Die Zutatenmurmeln stellen, je nach Farbe, verschiedene alchimistische Zutaten dar, wie Einhorntränen oder Feenhaarschuppen. Auch hier sprüht das Spiel mit humorvollen Bemerkungen, wie beispielsweise, dass man beim Kämmen der Fee (um an ihre Schuppen zu kommen) tunlichst fröhliche Gedanken vermeiden sollte.
Das Spiel verläuft recht simpel. Zu Spielbeginn erhält jeder Spieler zwei der Trankfläschchen und einen Alchimistentisch, die Murmeln werden in den Zutatenspender eingeworfen. Zwei der Trankfläschchen-Sorten werden in einer Partie nicht verwendet, welche das sind, soll jeweils zufällig oder nach Absprache bestimmt werden. Außerdem erhält der Startspieler (Startspieler-Witz: Wer als letzter etwas zusammengemischt hat) den Startspieler-Marker. Die übrigen Fläschchen werden gemischt und in fünf Stapeln bereit gelegt. Abhängig von der Spieleranzahl wird eine bestimmte Anzahl Zauberkunstorden (Anzahl der Spieler plus zwei) als "Countdown"-Stapel bereit gelegt – hierüber wird die Spieldauer bestimmt.
Wer an Zug ist, muss auf jeden Fall einmal eine Kugel aus dem Spender nehmen, außerdem darf man einmal pro Zug den Professor um eine kleine Hilfe bitten und zu beliebigen Zeitpunkten innerhalb des Zuges seine gebrauten Tränke einnehmen. Diese Kugeln muss man anschließend auch benutzen.
Das Nehmen einer Kugel ist genau das: eine Kugel wird aus dem Zutatenspender genommen. Sollten hierdurch zwei Kugeln der gleichen Farbe zusammenstoßen (also Kugeln von über und unter der weggenommenen Kugel in der Bahn), darf man die Gruppe gleichfarbiger Kugeln ebenfalls an sich nehmen. Hierdurch kann es zu einem neuen Zusammenstoß kommen – aber immer nur von Kugeln, die vor dem Wegnehmen der ersten Kugel nicht schon nebeneinander lagen.
Um eine interessante Explosion vorzubereiten, kann man einmal pro Zug den Professor um Hilfe bitten: man darf sich dann eine einzelne Kugel aus dem Spender nehmen, ohne eine Explosion auszulösen, und muss sich außerdem einen Hilfe-Marker nehmen, der bei Spielende Minuspunkte gibt.
Schließlich hat man ja eventuell aus früheren Zügen noch fertig gebraute Tränke im Vorrat, die man jederzeit während seines Zuges nutzen kann. Ihre Effekte reichen von minimal bis hin zu recht mächtigen Gebräuen, So gibt es einen Trank, mit dem man wie bei einer Hilfe eine einzelne Zutat aus dem Spender nehmen darf ohne eine Explosion auszulösen, ein Trank, mit dem man ungenutzte Zutaten aus dem Vorratsbehälter (eine Retorte) eines Gegners stehlen darf, ein Trank, mit dem man die Kugeln in der eigenen Retorte als beliebige Zutaten nutzen darf etc. Auch getrunkene Tränke zählen noch in die Siegpunkte: Die Schule bewertet die Arbeit, nicht die Tränke.
Die erworbenen Zutaten und die aus der Retorte darf man auf entsprechende Felder in den Fläschchen setzen – wenn alle Felder eines Fläschchens voll sind, ist der Trank fertig gebraut und wird vom Tisch genommen. Die Zutatenkugeln kommen in den Spender zurück. Der Platz auf dem Tisch wird aber nicht sofort aufgefüllt. Auch ein frisch gebrauter Trank kann sofort wieder genutzt werden.
Bis zu drei Zutaten dürfen von der Hand in die Retorte gegeben werden, während seines Zuges darf man auch beliebig zwischen Hand und Retorte austauschen, wenn nötig.
Wenn man nicht mehr weiterbrauen will oder kann, muss man alle noch in der Hand befindlichen Zutaten in den Spender zurückwerfen. Danach darf man leere Plätze auf dem eigenen Tisch mit neuen Flaschen besetzen – man hat hierbei die Wahl aus den obersten Flaschen der fünf Nachziehstapel. Anschließend wird geprüft, ob man einen Zauberkunstorden gewonnen hat (drei Tränke der gleichen oder Tränke von fünf verschiedenen Sorten gebraut, für jede Farbe gibt es maximal einen Orden, und maximal ein Orden für eine Gruppe aus verschiedenen Tränken). Diese Orden werden, so lange vorhanden, vom Countdown-Stapel genommen, ansonsten werden sie aus dem allgemeinen Vorrat genommen. Wenn der letzte Zauberkunst-Orden genommen wird, wird die laufende Runde noch zu Ende gespielt (also bis zum letzten Spieler vor dem Startspieler), und dann abgerechnet. Sollte wider Erwarten die Trankfläschchen ausgehen, bevor die Zauberkunst-Orden verteilt wurden, löst es das Spielende aus, wenn kein Trankfläschchen mehr nachgezogen werden kann, aber eines geogen werden soll.
Jetzt gibt es Punkte für die gebrauten Tränke je nach Set und für die Zauberkunst-Orden, sowie Minuspunkte für die "Kleine Hilfe"-Marker. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt.
Der Nachrutsch-Mechanismus mit dem Entfernen von zusammenstoßenden Murmeln erinnert unwillkürlich an Spiele wie Bejeweled und ähnliche Match-3-Spiele, auch wenn es meist nur wenige Gelegenheiten gibt, Explosionen auszulösen, auch mit der kleinen Hilfe des Professors. Wenn man zusätzlich noch Tränke verwenden kann, wird es deutlich einfacher, Explosionen vorzubereiten.
Durch die recht weiten Möglichkeiten (man hat in der Regel schon einmal die Wahl aus ca. 40 Kugeln, plus ggf. eine ganze Reihe Tränke und noch einmal 40 Kugeln mit kleiner Hilfe) ist das Spiel für Analyseparalytiker leider recht anfällig. Ohne diese ist es aber einfach zu verstehen und erfordert auch nicht allzu große Denkarbeit während des Spiels, wodurch es als Familienspiel gut geeignet ist. Durch den ungewöhnlichen Mechanismus kann es auch als Gateway-Spiel, das Nichtspieler ans Spielen bringt, eingesetzt werden. Aber auch Vielspieler können durch den Mechanismus dem Spiel einen gewissen Reiz abgewinnen.
Eine Partie dauerte bei uns (Analyseparalytiker einmal herausgerechnet) eine gute halbe Stunde, was es auch als Familen- und als Gateway-Spiel qualifiziert. Meiner Runde hat es gefallen, auch wenn es sicher kein abendfüllendes Spiel sein kann – als Aperitif oder auch als Häppchen Zwischendurch wusste es aber zu gefallen.
Hersteller | Heidelberger und Horrible Games | |
Autor | Lorenzo Silva, Andrea Crespi und Stefano Castelli | |
Künstler | Giulia Ghigini | |
Spieler | 2-4 | |
Denken | 7 | |
Glück | 2 | |
Geschicklichkeit | 3 (Zusammenbau des Spenders) | |
Preis ca. | 34,95 € |
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