Einzelkämpfer

Willkommen im Dungeon

Willkommen im DungeonManchmal stellt ein Spiel die bekannten Tropen komplett auf den Kopf – und funktioniert gerade deshalb. So ein Fall ist Willkommen im Dungeon von iello, dessen deutsche Ausgabe in Kooperation bei Heidelberger erschienen ist.

Man kennt von Dunegeonerforschungsspielen, dass eine Gruppe von Helden loszieht – hier ist es ein einzelner Charakter. Meist wollen alle Spieler, dass die Expedition Erfolg hat, Monster geplättet werden und Schätze gewonnen – hier will höchstens ein Spieler, dass der Dungeonforscher Erfolg hat, und auch das meist eher, weil der Spieler Pech hatte, oder seine Mitspieler falsch einschätzte. Meist versucht man, sich möglichst gut auszurüsten – hier versuchen die Spieler, den Abenteurer mit so wenig Ausrüstung wie möglich in den Dungeon zu schicken. Meist ist das Ziel, Schätze aus dem Dungeon zu holen – hier gibt es keine Schätze, sondern nur Monster. Wieso ist das Spiel dennoch so interessant?

Das Spiel kommt in einer kleinen Schachtel daher, die zwar teilweise glänzt wie eine Foil-Sammelkartenspielkarte, mit 15 cm × 10 cm × 4 cm aber etwas groß ist für die Westentasche, aber zu klein als "großes Spiel". In der Schachtel steckte:

  • eine deutsche Spielregel
  • 13 Monsterkarten
  • 4 Übersichtskarten
  • 4 Abenteurermarker
  • 24 Ausrüstungsmarker
  • 8 Erfolgskarten

Die Marker stecken in Stanzbögen, aus denen sie sich meist leicht herauslösen lasssen. Bei zwei, drei Markern hatten wir allerdings hinterher Nasen an den Markern, was allerdings nicht schlimm war, denn die Marker liegen immer offen und sind auch beidseitig identisch bedruckt. Bei den Abenteurermarkern wäre es vielleicht nett gewesen, sie nur einseitig zu bedrucken, damit man zufällig einen auswählen kann.

Die Karten haben normale Qualität. Nett gemacht: Die Übersichtskarten sind zwar auch beidseitig mit der gleichen Information bedruckt, aber eine Seite hat einen roten Hintergrund, die andere einen weißen. Da ein Spieler ausscheidet, der den Abenteurer zweimal nicht lebend aus dem Dungeon herausbringt, wird die Hintergrundfarbe genutzt, um den Status des Spielers zu kennzeichnen: Zunächst liegt die Karte mit dem weißen Hintergrund oben und wird beim ersten Fehlschlag auf die andere Seite gedreht. Bei den Erfolgskarten hätte es auch die Hälfte getan, denn bei maximal vier Spielern wird nicht mehr benötigt.

Noch eine nette Idee ist der Kartoneinsatz in der Schachtel: er wirkt erst einmal ziemlich sinnlos eingelegt, da die Stanzbögen mit den Markern darauf liegen – man stellt dann aber fest, dass man die Abenteurer und die jeweils dazu gehörigen Ausrüstungsmarker genau in die durch den Einsatz geformten Fächer legen kann. Wenn man dann noch die Karten darauf und dann die Stanzbögen darauf legt, kann auch beim Transport nichts mehr durcheinander geschüttelt werden.

Die Bilder sind sehr stimmungsvoll geraten und machen Lust zum Spielen. Es wäre aber sinnvoll gewesen, auf den Monsterkarten auch schriftlich anzugeben, welches Monster eine Karte darstellen soll, da manche Ausrüstung ein bestimmtes, benanntes Monster besiegt (beispielsweise der Kriegshammer des Barbaren den Golem…)

Es werden in einer Partie mehrere Expeditionen in den Dungeon gespielt, die jeweils gleich verlaufen. Zunächst wird zufällig oder über gemeinsamen Entscheid ein Held ausgewählt, der in den Dungeon geht – das kann ein Krieger sein, ein Barbar, ein Schurke oder ein Magier, entsprechend den Rollen bei vielen Fantasy-Rollenspielen. Jeder der vier hat einen persönlichen Satz Ausrüstung aus sechs Artikeln, der Schurke beispielsweise einen scharfen Dolch, den Ring der Macht, einen Heiltrank, einen Rundschild, eine Mithrilrüstung und einen Tarnmantel. Jeder Ausrüstungsgegenstand kann entweder im Dungeon verwendet werden, um Monster zu bekämpfen, um sich zu heilen oder gibt dem Abenteurer Lebenspunkte hinzu, wenn er in den Dungeon zieht – vorausgesetzt, er hat den Gegenstand dann noch zur Verfügung. Das ist aber meist eher fraglich.

Die Monsterkarten werden gemischt und als verdeckter Stapel ausgelegt. Danach beginnt der Startspieler (Startspieler-Witz: Wer als letztes in einer Höhle war) mit dem Spiel in der Vorbereitungsphase. In dieser wird der Dungeon mit Monstern befüllt und der Abenteurer verliert einen Teil seiner Ausrüstung.

Wer am Zug ist, muss sich zunächst einmal entscheiden, zu passen (und damit aus der laufenden Expedition auszuscheiden) oder verdeckt eine Monsterkarte vom Nachzugstapel zu ziehen. Passen sollte man auf jeden Fall, wenn man befürchtet, dass der Abenteurer die Monster im Dungeon mit der aktuellen Ausrüstung nicht mehr besiegen kann.

Wenn man eine Monsterkarte zieht, darf man sie sich geheim ansehen und dann entscheiden, entweder das Monster in den Dungeon zu schicken (verdeckt auf einen Dungeonstapel zu legen) oder das Monster vor sich abzulegen und dafür dem Abenteurer einen Gegenstand wegzunehmen (den man auf die Monsterkarte legt, um dies anzuzeigen.

Das geht so lange reihum, bis nur noch ein Spieler der Dumme übrig ist. Der letzte Spieler braucht kein Monster mehr zu ziehen, sondern muss den Abenteurer mit der ihm verbliebenen Ausrüstung in den Dungeon schicken – auch, wenn die Spieler vorher sieht, dass der Abenteurer das nicht schaffen wird: Es beginnt die Dungeonphase.

Zunächst wird die Lebensenergie des Abenteurers berechnet: zu einer Basis, die der Abenteurer auf jeden Fall hat (Magier: 2 Punkte, Barbar: 4 Punkte, die beiden anderen je 3) kommen ggf. noch Punkte aus den Ausrüstungsgegenständen hinzu. Nun wird Karte für Karte der Abenteurer mit den Monstern, die die Spieler im Dungeon platziert haben, konfrontiert.

Manche Monster kann der Abenteurer direkt mit seiner Ausrüstung besiegen. Das steht dann auf der Ausrüstungskarten, Um dies etwas übersichtlicher zu machen, tragen die Monsterkarten kleine Zeichen, die mit den Ausrüstungskarten korrespondieren, die das Monster direkt besiegen. Diese Monster darf man gleich weglegen. Alle nicht so einfach zu besiegenden Monster fügen aber dem Abenteurer Schaden in Höhe ihrer Stärke zu.

(Eine kleine Fehlerquelle hat sich hierbei allerdings eingeschlichen: Man könnte geneigt sein, das Flammensymbol auch für die 'Wand aus Feuer' zu nutzen – diese ist aber ein reiner Lebenspunkte-Lieferant. Die Symbole auf den Karten sollen nur die schriftlich auf den Ausrüstungsmarkern vorgegebenen Spielwerte verdeutlichen.)

Wenn der Abenteurer den Ansturm der Monster mit mindestens einem Rest-Lebenspunkt überlebt, hatte er Erfolg, und der Spieler, der ihn in der Dungeonphase führte, erhält eine Erfolgskarte. Verliert der Abenteurer aber auch den letzten Lebenspunkt, muss der Spieler, der ihn gerade führte, seine Übersichtskarte umdrehen (wenn sie mit dem weißen Hintergrund nach oben liegt), wenn sie bereits mit dem roten Hintergrund nach oben liegt, scheidet der Spieler aus.

Anschließend beginnt eine neue Expedition, wenn nicht ein Spieler soeben gewonnen hat.

Es gewinnt der Spieler, der als erster zwei Erfolgskarten hält, wobei Erfolge und Fehlschläge nicht gegeneinander verrechnet werden können. Ersatzweise gewinnt ein Spieler auch, wenn er der letzte verbliebene Spieler im Spiel ist.

Das Spiel wird in einigen Rezensionen beschrieben als reines Can’t-Stop-Spiel, ist aber mehr. Man muss sich strategisch überlegen, ob man den Abenteurer schwächen will, den Dungeon stärken, oder sich zurückziehen – denn man kann genauso gut versuchen, mit entsprechenden Aktionen die anderen zu verschrecken, dass sie zu früh passen und man den Abenteurer durch den Dungeon durchbringt. Bluff, Abschätzen, welche Monster man wohl im Dungeon antreffen wird (denn die, die man selbst eingebracht hat, sind ja in der Regel nicht die einzigen, die sich dort finden werden) und ein gutes Maß Pokern sind ebenso wichtig. Nichts ist ärgerlicher, als wenn man gerade den Abenteurer "vergiftet" hat, indem man ihm den Gegenstand weggenommen hat, der die von einem selbst eingebrachten Monster besiegt… und dann passen alle Mitspieler.

Da es nur 13 Monster im Stapel sind, muss man auch aufpassen – man hat bei vier Spielern immerhin nur drei Durchgänge, bevor die Monsterkarten weg sind -, dass man nicht zu lange dabei bleibt. Übersichtliche und damit strategischer wird das ganze natürlich, wenn nur drei oder gar zwei Spieler übrig sind.

Manch einem Spieler wird der Eliminations-Mechanismus unangenehm sein – es gibt Spieler, die ein derartiges Spiel bewusst vermeiden. Allerdings waren unsere Partien Willkommen im Dungeon in der Regel nach spätestens 20, 25 Minuten vorbei – und damit brauchten ausscheidende Spieler meist nicht mehr als zwei, drei Expeditionen zu warten, was in der Regel weniger als zehn Minuten dauerte. Und sitzen blieben sie, um anschließend sofort Revanche zu fordern.

Auf lange Sicht kann es sein, dass die Charaktere – die sich deutlich unterschiedlich spielen – bekannt werden und damit das Spiel etwas vorhersehbarer. Allerdings gibt es vom Original Welcome to the Dungeon – das selbst schon eine Erweiterung und englische Ausgabe des japanischen Dungeon of Mandom ist (in dem es nur den Kämpfer als Abenteurer gab) – inzwischen eine Erweiterung, in der vier neue Helden und ein neuer Satz Monster angeboten werden, die man auch zusammen verwenden kann.

Das Spiel eignet sich ebenso für Gelegenheits- wie für Vielspieler, und auch gemischte Runden funktionieren gut. Durch die kurze Spieldauer ist es auch hervorragend als Aufwärmspiel oder Absacker für einen Spieleabend geeignet.

Meiner Testrunde hat das Spiel sehr gut gefallen. Es gab allgemein 'Daumen hoch'.

Hersteller Heidelberger und Iello
Autor Masato Uesugi
Künstler Paul Mafayon
Spieler 2-4
Denken 7
Glück 6
Geschicklichkeit 0
Preis ca. 12,95 €

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