Spielleiters Helferlein

Elektronische Unterstützung für Spielleiter

WürfelAls Spielleiter hat man eine Menge zu erledigen. Man muss die Spielregeln im Kopf behalten, die Fähigkeiten und Schwächen der Spieler-Charaktere, die Aktionen der Gegenseite, die Gegend, in der die Spieler sich befinden… Je nachdem, wie man leitet, ist da vielleicht auch noch ein Soundtrack, Handouts und anderes, was beachtet werden muss. Man kann sich die Arbeit allerdings auch mit einigen Computertools einfacher machen.

Ich werde mich hierbei explizit auf Programme beschränken, die für viele bis alle Rollenspielsysteme funktionieren – Speziallösungen fur einzelne Systeme wie Characthulhu, Helden für DSA oder auch Savage Outfitter lasse ich hier bewusst „außen vor“. Diese sind mit einer relativ einfachen Internet-Suche zu finden und speziell genug, dass es nur wenige bis keine Alternativen gibt. Allgemeine Tools sind dahingegen eher selten, und oftmals sind es Programme, die eigentlich für ganz andere Zwecke entwickelt wurden.

Aber auch bei diesen Tools, die für alle Systeme geeignet sind, muss man noch einmal unterscheiden in Tools, die einem speziellen Zweck dienen, und Tools, die mehreren Zielen gleichzeitig dienen, sozusagen ‚Rundum-Wohlfühllösungen‘.

Ich gehe hier in erster Linie auf Windows-Tools ein, da ich mit Mac- und Linux-Tools keine Erfahrung habe. Wenn Programme allerdings plattformübergreifend erh#ltlich sind, erwähne ich das selbstverständlich.

Aufs Ohr

Ein klassisches Problem stellen in diesem Zusammenhang die Musikuntermalung und ggf. die Einbindung von Geräuscheffekten dar. Zwar gibt es eine ganze Reihe von Projekten, die genau das liefern wollen, aber oftmals ist das Ergebnis wenig berauschend.

Zwei klassische Programme, die genau das lieferten, waren Softrope und der RPG SoundMixer (ein deutsches Produkt, dessen Webseite inzwischen auch nicht mehr funktioniert). Leider haben beide Programme schon einige Jahre auf dem Buckel, und die neuesten Treibermodelle von Windows sind ihnen unbekannt. Wer noch Windows XP benutzt, hat mehr „Glück“, aber Windows XP wird ja nicht mehr von Microsoft unterstützt… Und auch Softrope wird schon lange nicht mehr unterstützt – das Forum der Webseite gibt es nicht mehr, und unter @softrope wurde zuletzt im Juli 2013 etwas getweetet.

Gar nicht zielführend sind die normalen Musik- und MP3-Abspielprogramme: sie können in der Regel immer nur einen Titel abspielen, und ein Wechsel zwischen mehreren Playlisten ist meist sehr umständlich. Und wenn man gerade im Kampf ist, wirkt eine Tavernenmusik doch eher störend…

Es gibt einige „neuere“ Projekte, die es sogar ermöglichen wollen, übers Internet auf einen Server zurückzugreifen. Hier gibt es zwei grundsätzliche Setups: Programme, bei denen man seinen eigenen Server nutzt, und Programme, die einen zentralen Server anbiete, und dann auch oftmals zusätzliche Soundtracks auf dem Server gegen Bezahlung zur Nutzung anbieten. Bei letzteren muss man dann schauen, ob man auch seine eigenen Tracks nutzen kann – oft ist das (auch aus Copyright-Gründen) nicht der Fall.

Leider auch seit November 2013 nicht mehr weiterentwickelt wurde das – damals noch im Aufbau befindliche – Smartsound-Projekt. Das Projekt sollte mit einer privaten Serverarchitektur funktionieren und auch übers Smartphone bedienbar sein – in der letzten Fassung funktionierte zumindest das notwendigste, wie Loopen, zufällige Playlisten, paralleles Abspielen mehrere Stücke und schnelle Playlistenwechsel bereits.

Zwei Programme, die gelegentlich genannt werden, die ich aber aus verschiedenen Gründen selber nicht verwende, sind RPG Ambience – das die Dateien auf Google Drive speichert – und Syrinscape. Letzteres hat ein Bezahlmodell – entweder man bezahlt für einzelne Soundsets, oder man nimmt ein Abonnement mit monatlichen Zahlungen. Beide Programme funktionieren über Webseiten, sind also auf allen möglichen Plattformen erreichbar.

Einigermaßen funktioniert SceneSound, allerdings ist das Interface ein wenig hakelig. Manche Effekte sind auch recht umständlich einzustellen.

Ein wenig enttäuscht war ich vom Ergebnis bei Battlebards, da auch dies webseitenbasierte Programm in erster Linie ein Bezahlmodell nutzt. Immerhin hat man hier auch 250 MB Speicherplatz für eigene Musikstücke und Soundeffekte, was für die meisten Spieleabende ausreichen sollte.

Recht gut funktioniert das Aural RPG Experience System, kurz ARES. Auch hier sind ein paar Einstellungen nicht gerade intuitiv, ich komme selber aber besser damit zurecht als mit SceneSound. Man kann ARES auch auf einem PC in einer Zimmerecke laufen haben und ihn über Smartphone oder Tablet steuern.

Aufs Auge

Es gibt nur wenige Gründe, ein Bilder-Displayprogramm für ein Rollenspiel zu nutzen – und hier reichen normalerweise auch die üblichen Programme aus. Wer unbedingt eine Slideshow nutzen will, kann sich gut mit IrfanView behelfen. Nur, wer Landkarten anzeigen will, und dann womöglich noch unbekannte Gebiete ausblenden (ein sog. „Fog of War“), hat ein spezialisiertes Programm nötig.

Hier möchte ich InfinitasDM nennen, das allerdings noch in Entwicklung ist. Das Programm überschreitet bereits die Grenze zu einem Kampagnenverwaltungstool, hat aber als besonderen Clou die Möglichkeit, Karten mit Fog of War auf verbundene Smartphones / Tablets der Spieler zu senden, so dass diese nicht umständlich und zeitraubend Karten mitzeichnen müssen, und sich auch nicht verbiegen müssen, um diese erkennen zu können. Der Spielleiter kann sich auch im Tool Anmerkungen zu den Karten anlegen, die nur er sehen kann.

Aufs Hirn

Kommen wir zur wichtigsten Aufgabe für elektronische Helfer: die Verwaltung einer Kampagne.

Zum einen gibt es Tools für die Erstellung von Abenteuern und Kampagnen. Wo früher Notizblöcke und Ringbücher verwendet wurden, kann man heutzutage auch Textverarbeitungen, Tabellenkalkulationen etc. verwenden. Nützlich ist es dann, wenn man seine Dateien in der Cloud ablegen kann, denn man kann nicht immer sicher sein, die Dateien / den Rechner oder USBStick, auf dem sie sich befinden, am Mann zu haben. Hierfür kann man wahlweise einfach seine Dateien in einer Dropbox, einem OneDrive, auf GoogleDrive oder ähnlichen abspeichern – bei den genannten Angeboten ist beachtenswert, dass diese den Online-Speicher auf eine lokale Festplatte spiegeln, so dass sie auf den Computern auch verfügbar sind, wenn die internetverbindung wegfallen sollte. Google bietet mit den GoogleDocs sogar eine komplette Office-Suite gratis an, für OneDrive von Microsoft benötigt man ein Microsoft-Konto, das man aber auch für Windows 10 benötigt.

Online-Speicher kann man auch selbst anlegen, mit OwnCloud fällt das Risiko weg, dass sich beispielsweise das FBI die Inhalte ansieht, ohne dass man es selbst mitbekommt.

Noch besser aber wäre es doch, wenn man gleich das ganze Programm und nicht nur die Daten auf der Cloud hätte, damit man es von allen möglichen Plattformen aus gleichermaßen nutzen kann?

Auf Anhieb fallen mit da zwei Notiz-Verwaltungen ein, die man verwenden kann. Beide haben Punkte, die sie für manchen Nutzer unbrauchbar machen können, aber das sind meist eher philosophische Bedenken.

Da ist zum einen Evernote. Ein einfaches, webbasiertes Notizbuch, das es als App für alle möglichen Plattformen gibt. Allerdings sind die wirklich nützlichen Punkte (wie eine Volltextsuche) nur in bezahlten Versionen zu finden – für die Premium-Version, die eine Volltextsuche beinhaltet, muss man beispielsweise knapp 40 Euro im Jahr löhnen. Und auch für die Nutzung vom Smartphone aus ist eine Bezahlversion notwendig, die allerdings auch schon ab knapp 20 Euro erhältlich ist.

Die zweite Option, die es gibt, ist OneNote. Hier gibt es Apps für alle Plattformen, sogar Amazon Kindle Fire oder Linux. OneNote kann gratis unbeschränkt benutzt werden. Das Problem hier ist für manche allerdings, dass es ein Microsoft-Programm ist, das seine Daten standardmäßig auf einem OneDrive lagert, also ebenfalls bei Microsoft. Wer will, kann sie aber auch über ein Plug-in auf andere Plattformen auslagern, beispielsweise Dropbox oder auch das bereits genannte Evernote.

Für Spieler ist nicht die Planung interessant, sondern die Charaktere und die das, was bereits in der Kampagne geschehen ist. Hier gibt es wieder zwei Möglichkeiten: Dedizierte Programme, oder eine Eigenbau.

Lange war ich ein Freund von Obsidian Portal. Die Freemium-Plattform bietet Kampagnen-Wikis, Kampagnenforen, dedizierte Charakterseiten, SL-Geheimnisse etc., hat aber seit einiger Zeit in der Qualität deutlich nachgelassen, auch was die Frage angeht, wie einfach die Webseite zu bedienen ist. Spätestens seit die Site an neue Eigentümer verkauft wurde, scheint der Abstieg sich noch beschleunigt zu haben.

Eine Alternative, die sich ein wenig wie das ‚alte‘ Opbsidian anfühlt, ist Tavern Keeper. Hier gibt es auch die Option, Online wie in einem Forum zu spielen, wobei hier dann auch alle anderen Materialien an einem Ort versammelt sind. Es gibt Play-by-Post-Optionen, Kampagnenwikis, Diskussionen, man kann Charakterbögen eingeben etc. Zur Zeit wird eine neue Version der Website entwickelt, und der Inhaber überlegt, wie er die Kosten der Seite ein wenig auf die Nutzer umlegen kann, aber die Grundfunktionalitäten und der Grundpreis (gratis) sollen beibehalten werden. Fürs Finanzielle denkt er zur Zeit über eine Patreon-Kampagne nach.

Auch wenn es in erster Linie für Online-Spiele à la Hangouts gemacht ist, ist Roll20 auch als Kampagnenverwaltung nutzbar. Das Freemium-Modell macht sie allerdings ein wenig schlechter nutzbar als das bereits genannte InfinitasDM.

Man kann aber genauso gut eine eigene Web-Lösung aufsetzen. Sei es, dass man ein Wiki aufbaut, sei es, dass man ein eigenes Forum nutzt. Beides hat seine Vor- und Nachteile, ist aber relativ leicht aufzusetzen. Viele Webhoster bieten automatisierte Skripte an, die das bereits für einen erledigen, so dass man sich nur noch um die Optik Gedanken machen muss.

Bei einem Wiki kann in der Regel jeder, auch ein nicht registrierter Nutzer, die Daten verändern. Hier ist es von immenser Bedeutung, dass man sich als Spielleiter über Veränderungen auf den Seiten unterrichten lassen kann und ggf. gleich Änderungen zurücknimmt. Der Vorteil bei einem Wiki ist, dass die Schwellenangst ein wenig niedriger ist als bei einem Forum.

Ein Forum erfordert ein wenig mehr Arbeit beim Aufbau. Neben rein optischen Fragen (Layout, Farben, Header) kommt auch die Frage nach einer Struktur auf. Eine ganz einfache Struktur ist Regeln – Charaktere – Sitzungen – Diskussionen: die Spieler wissen, wo sie ggf. benötigte Informationen schnell finden können, und die Kategorien laufen wahrscheinlich nicht so schnell voll, dass aktuelle Postings zu schnell von der ersten Seite verschwinden.

Je nach Spielsystem sollte man den Spielern ggf. auch die Möglichkeit einräumen, Bilder hochzuladen. Bei manchen Spielsystemen ist es viel einfacher, den kompletten Charakterbogen hochzuladen als alle Details abzutippen – ich denke hier an Systeme wie Contact, RoleMaster, Midgard. Andere Systeme mit eher wenig Daten auf dem Charakterbogen kann man besser als Texte eingeben – zum Beispiel bei Fate.

2 comments

  1. Interessante Auflistung, in der ich wieder einmal ein paar interessante Links finden konnte.

    Ein paar Ergänzungen hätte ich allerdings:

    Im Bereich Audio wäre durchaus auch noch https://tabletopaudio.com/ zu erwähnen. Neben „Endlosmusik“ ist auch ein Mixer in fortgeschrittenem Stadium in Arbeit. Alles kostenfrei, bzw. via Patreon unterstützbar und sogar in Roll20 integrierbar.

    Syrinscape kommt mit Apps/Software daher, kann also auch „offline“ genutzt werden.

    Die finanziellen „Hürden“ bei Roll20 sind überschaubar, denn für den Spiellleiter ist die 5€/Monat Version wirklich zu empfehlen, allerdings nicht zwingend erforderlich.

  2. The Roach sagt:

    Danke für den Kommentar. Ja, bei Roll20 klinge ich vielleicht ein wenig zu negatv – immerhin kann Roll20 auch eine Menge, was InfinitasDM nicht kann. Ich wollte nur anmerken, dass es eben ein Freemium-Model hat, was für beispielsweise einen Hartz-4-ler nicht so einfach ist, weil Kreditkarten ein Problem sein können.

    Eine wichtige Option für Soundboards ist für mich, dass ich meine eigene Musik nutzen kann, was leider auch in der Standalone-Version von Syrinscape wie auch bei Tabletopaudio zumindest nicht intuitiv machbar ist – ich weiß nicht ob überhaupt. Deshalb nutze ich selbst, wenn möglich, Soundscape (so weit es vom Rechner noch unterstützt wird) oder ARES.

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