Etwas mehr auf dem Kerbholz gefällig?

Mea Culpa

Dass sich 2017 die Reformation zum 500. Mal jährt, ist auch diversen Spieleverlagen aufgefallen dementsprechend gab es das ein oder andere Spiel zum Thema Luther, oder zumindest drumherum so auch dieses hier:

Der Zoch-Verlag nimmt die Missstände der damaligen Zeit, die Martin Luther damals anprangerte, ganz bewuss satirisch-sarkastisch aufs Korn. Bei Mea Culpa geht es darum, die eigene Seele vor der Hölle zu retten und das geht nun mal nur durch Ablaßbriefe, wie der brave Christenmensch ja weiß. Da es aber gar nicht so einfach (und schon gar nicht billig) ist, an diese zu gelangen, reicht es vielleicht ja auch, einfach weniger zu sündigen als all die anderen Sünder?

Schauen wir uns zunächst einmal das Spielmaterial an, das in der für Zoch typischen quadratischen Schachtel daherkommt:

  • 1 großformatiger Spielplan
  • 3 zweiteilige Dome (Holz)
  • 4 Bautrupps (Holz)
  • 3 Papststeine (Holz)
  • 4 Charakterkarten (Karton)
  • 1 Papstwürfel
  • 1 Warensäckchen (schwarzer Stoffbeutel)
  • 35 Warensteine (kleine Holzwürfel)
  • 6 Ablasssteine (kleine Holzwürfel)
  • 24 Freudenhauskarten
  • 1 Karte Separee 5
  • 51 Ablassbriefe (in 4 Farben, Karton)
  • 4 arme Seelen (Spielfiguren, Holz)
  • 4 Kerbhölzer (Karton, in den Spielerfarben)
  • 4 Sichtschirme
  • 4 Schatullen (in den Spielerfarben)
  • 28 Sündensteine (Holz, je 7 in den 4 Spielerfarben)
  • 65 Münzen in unterschiedlichen Werten (Karton)
  • Die Anleitung in Deutsch und Englisch

Die Kartonteile müssen vor dem ersten Spiel noch aus Stanzbögen gelöst werden, was aber problemlos geht. Die Schatullen müssen noch zusammengebaut werden was tatsächlich dank sehr patenter Faltung ohne Kleber geht. Insgesamt ist das Material wie von Zoch gewohnt sehr hochwertig.

Am Rand des Spielfeldes findet man eine Leiste, die in eine Richtung in die Hölle, in die andere in den Himmel reicht. Zu Beginn stehen die armen Seelen der Spieler auf der 0, aber selbst dort gibt es kein Unentschieden, dafür ist das Feld auch etwas größer. Der Grund ist simpel: Da es im Spiel nie ein Unentschieden darf, ist immer derjenige vorne, dessen arme Seele gerade der Hölle etwas näher steht. Und würde eine Seele auf dem Feld einer anderen zu stehen kommen nun, dann wird diese einfach übersprungen.

Was also kann man tun, um in den Himmel zu kommen? Die Kirche sagt kauft Ablassbriefe und diese sind im Spiel auch die einzige Möglichkeit, auf der Leiste nach oben zu kommen (am besten mit kompletten Farbsets), und das passiert erst am Spielende.

Vorher geht es nur – richtig! – bergab, und zwar mehr oder weniger schnell, je nachdem, wie geschickt man denn sündigt. Denn ohne Sünde ist nicht mal der Papst, wie man gerade bei diesem Spiel immer wieder merkt. Ansonsten gibt es auf dem Spielfeld noch drei Sündenpfühle (Habgier, kleine Sünden und Wollust), den Markt (wo es Brot, Wein, Tuch, Edelsteine und Ablassbriefe zu kaufen gibt), drei Bauplätze für Dome, sowie ein Freudenhaus mit 4 Zimmern und 2 Separees.

Zu Beginn jeder Runde bieten die Spieler um das Recht, sich zuerst eine der vier zur Verfügung stehenden Rollen auszusuchen Papst, Kaiser, Händler und kleiner Sünder. Dazu drehen sie (verdeckt) ihr Kerbholz auf einen Wert von eins bis sechs und legen optional noch Geld obendrauf. Wer die höchste Gesamtsumme bietet, wählt zuerst, allerdings darf der, dessen Kerbholz den höchsten Wert zeigt, sein Geld behalten. Schon hier ist es wichtig zu taktieren, denn man möchte sein Kerbholz nicht allzu hoch drehen, allerdings wollen vielleicht andere Spieler genau dieselbe Rolle, und Geld sollte man auch haben (auch wenn es am Ende des Spiels nichts bringt, aber während des Spiels ist es unabdingbar).

Die Rollen unterscheiden sich vor allem durch ihre jeweiligen Sonderfähigkeiten, wie auch ihr jeweiliges Vorspiel, und auch durch ihre Rangfolge, denn diese bestimmt auch, wer wann an der Reihe ist. Der Papst kann einen der Papststeine versetzen, dadurch möglicherweise Sündenpfühle leeren und Seelen zur Hölle schicken, zudem kann er versuchen inkognito das Freudenhaus zu besuchen; der Kaiser setzt einen Bautrupp ein und kann in der Aktionsphase mit einer Aktion zweimal spenden, der Händler darf sich am Ende seiner Aktion immer eine Ware vom Markt gratis nehmen, und der kleine Sünder nun, der darf sündigen, sprich ins Freudenhaus gehen, ohne sein Kerbholz weiterzudrehen.

Ansonsten dürfen alle in der Aktionsphase dasselbe Waren kaufen, Waren verkaufen, Spenden oder das Freudenhaus besuchen. Wer an der Reihe ist hat genau eine dieser Aktionen eine zusätzliche ist jeweils möglich, wenn man sein Kerbholz um eins raufdreht, und nicht genau dieselbe Aktion wiederholt, die man schon hatte. Waren (und Ablassbriefe) für das Marktangebot werden zu Beginn jeder neuen Runde gezogen sieben an der Zahl, und wenn der Markt leer ist, endet die Runde sofort. Kaufen wie auch Verkaufen geht zum Festpreis, wobei man per Habgier auch zwei Waren auf einmal kaufen kann, sofern denn zwei gleiche angeboten werden (dafür muss dann aber ein Sündensetin in die Habgier).

Spenden tut man, indem man Ware oder Geld in eines der beiden Schatullenfächer steckt in welches ist geheim, allerdings muss man bekanntgeben, was man spendet. Diese Spenden (für den Dombau) sind die Hauptquelle für Ablassbriefe. Im Freudenhaus schließlich gibt es alles mögliche, von Geld über Bautrupps bis zu Ablassbriefen, und man kann sogar die Mitspieler zur Hölle schicken, aber das kostet meist ein paar Kerben, und am Ende jeder Runde geht es für denjenigen, dessen Kerbholz den höchsten Wert aufweist, so viele Felder Richtung Hölle, wie die Differenz zum niedrigsten Kerbholzwert beträgt.

Je nach Kaufverhalten der Spieler kann eine Runde schnell vorbei sein oder auch nicht, und je nach Bauplan kann auch das Spiel sehr schnell vorbei sein: es gibt drei Bauplätze, auf denen Dome errichtet werden (und zwar je ein Teil sobald dort zwei Bautrupps stehen), und nach dem zweiten fertiggestellten Dom ist das Spiel zu Ende, wobei noch, wie auch nach dem ersten fertiggestellten Dom, die Spenden ausgewertet werden. Da in jedem Dom die Wertigkeit der verschiedenen Spenden eine andere ist, dürfte es die Spieler schon interessieren, welcher Dom denn nun gebaut wird, und auch wie schnell vielleicht kann man die Mitstreiter ja noch vorher ein wenig Richtung Hölle schubsen.

Das Spiel ist schwer einzuordnen, was es denn nun eigentlich ist bzw sein will und ebenso schwer ist es, die richtigen Spieler dafür zu finden. Mir persönlich gefällt es gut, aber bei meinen Testspielern waren so ziemlich alle Meinungen vertreten, von begeistert bis spiele ich nie wieder. Am eigentlichen Spiel, vor allem am wirklich schön gestalteten Material (Kompliment an den Illustrator) liegt das nicht, vielleicht aber daran, dass es eben in keine Kategorie so richtig passt. Es hat einen eher geringen Glücksfaktor (gezogene Waren und Karten im Freudenhaus), aber dafür jede Menge Optionen, deren schiere Menge den Gelegenheitsspieler überfordert, und dann kommt ja unter Umständen noch der Bluff/Pokerfaktor beim Bieten dazu, wie auch ein recht hoher Ärgerfaktor. Dem klassischen Vielspieler, der eher Spiele im Rahmen drei Stunden aufwärts sucht, geht es mit seiner Spieldauer von eher etwa einer Stunde zu schnell, und dann ist da noch die Thematik: Entweder empfindet man die als genial, oder geradezu als Blasphemie. die Zielgruppe scheinen diejenigen Vielspieler zu sein, die auch mal was kürzeres spielen, und auch mit dem Thema zumindest etwas anfangen können (so überrascht war ich nicht, dass es gerade in evangelischen Gemeindezentren gut ankam).

Von daher ich möchte Mea Culpa durchaus empfehlen, aber mit der Vorwarnung, dass man dafür die richtigen Spieler braucht. Das Material, das man hier für sein Geld bekommt, ist jedenfalls sehr gut, und die Spielidee hat was, nur kann man eben nicht einfach drauf losspielen; es ist mal wieder so ein Spiel wo man die Anleitung genau lesen muss, weil man alle Möglichkeiten, die man hat, kennen sollte.

Hersteller Zoch
Autoren Rüdiger Kopf, Klaus Zoch
Illustrationen Franz Vohwinkel
Spieler 2-4
Denken 7
Glück 3
Geschicklichkeit 0
Preis ca. 39,99 €

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