Sherlock
Frankreich ist als Spieleproduzent ähnlich umtriebig – gerechnet an der Größe des jeweiligen Landes – wie Deutschland, Japan, Finnland und Korea. Bemerkenswert ist vielleicht eher, dass Frankreich in der Regel absieht von Spielmaterial aus Plastik (was besonders Korea auszeichnet), und dass den Spielen oftmals Spielregeln in vielen Sprachen beilegen, was sogar in Deutschland nicht unbedingt selbstverständlich ist.
Nun hat Frankreich sicher auch eigene Quellen, aus denen man Spielhintergründe schöpfen kann, für das Spiel Sherlock allerdings wird auf den klassischen "beratenden Detektiv" Sherlock Holmes zurückgegriffen, der aus Großbritannien stammt. Dabei ist es nicht einmal so, dass Frankreich keine eigenen literarischen Detektive hätte: eine klassische Figur war ja Arsène Lupin, der in seinem Romanen häufiger Kriminalfälle lösen musste, statt seinem Normalberuf – dem des Gentleman-Einbrechers – zu folgen. Zu der Geschichte, die hinter der Aufgabe in diesem Spiel steht, hätte jedoch ein anderer Kriminalbeamter noch besser gepasst: Maigret. In diesem Spiel geht es nämlich darum, durch befragen verschiedener Zeugen einen Täter zu finden.
In der quadratischen Schachtel findet man folgende Bestandteile:
- die Regeln auf Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch und Niederländisch/li>
- 30 Ermittlungsplättchen
- ein Fluchtheft
- fünf Aufgabenplättchen
Und die Aufgabenplättchen stecken Stanzbögen, aus denen sie sich gut herauslösen lassen. Die Ermittlungsplättchen sind hierbei doppelseitig bedruckt: auf der einen Seite sieht man immer einen von fünf Verdächtigen zusammen mit einem der sechs Zeugen des Verbrechens, auf der Rückseite sieht man nur den Zeugen. Jede Kombination Verdächtiger/Zeuge kommt natürlich nur einmal vor.
Das Heftchen, das die Flucht darstellt, hat insgesamt zehn Seiten, die die Geschichte der Flucht darstellen, begonnen mit dem Diebstahl einer Perlenkette, über eine Flucht mit Auto, Boot, und Fahrrad und schließlich dem Flugzeug, bis auf Seite zehn die Flucht gelungen ist. Das Heftchen hat eine Spiralbindung, so das es während des Spiels auch offen liegen kann, ohne dass die Bindung hierdurch kaputt geht.
Man kann das Spiel sowohl kooperativ als auch kompetitiv spielen. Wie man es auch spielt, zu Spielbeginn werden die Ermittlungsplättchen gemischt und so ausgelegt, dass nur die Seite mit dem Zeugen sichtbar ist.
Im kooperativen Spiel wird das Fluchtheft bereit gelegt, aber noch nicht geöffnet.
Reihum dreht jetzt ein Spieler in seinem Zug erst einmal zwei Plättchen um, sodass man die Verdächtigensseite sieht. Wenn beide Plättchen den gleichen Verdächtigen zeigen, darf der aktive Spieler gleich noch ein drittes Plättchen umdrehen, in der Hoffnung, den Verdächtigen noch einmal zu finden. Gelingt dies, werden alle drei Plättchen zusammen beiseite gelegt, wenn nicht, werden die Plättchen wieder zurückgedreht und das Fluchtheft eine Seite weiter geblättert. Dass das Heft nur bei Misserfolg weiter geblättert wird, wird leicht übersehen – und das macht das Spiel wesentlich schwieriger. Immerhin muss man zum Erfolg 9 Dreiersets gefunden haben, bevor die letzte Seite des Heftes (also Seite 11) aufgeschlagen wird. Ansonsten hat der Dieb gewonnen.
Im Spiel jeder gegen jeden gibt es kein Zeitlimit, dass Fluchtheft wird nicht benötigt. Die Einzelrunde verläuft ähnlich wie im kooperativen Spiel. Allerdings wird nach dem Aufdecken der ersten zwei Verdächtigen ein Zwischenschritt eingefügt: jeder der anderen Spieler, beginnend mit dem Spieler rechts vom aktiven Spieler und gegen den Uhrzeigersinn folgend, zeigt auf ein Plättchen des Rasters. Dann darf der aktive Spieler wählen, ob er eines der angezeigten Plättchen umdreht oder eines, auf das eben keiner der anderen Spieler gezeigt hat. Wenn dieses umgedrehte Plättchen jetzt den gleichen Verdächtigen zeigt, werden die drei aufgedeckten Plättchen aus dem Raster genommen. Die ersten zwei Plättchen gehen als Siegpunkte an den Spieler, der sie umgedreht hat, das dritte geht an den Spieler, der auf das Plättchen gezeigt hatte – wenn der aktive Spieler ein Plättchen gewählt hatte, auf das niemand zeigte, erhält er dieses dritte Plättchen auch.
Das Spiel endet wieder, wenn nur noch drei Ermittlungsplättchen ausliegen – diese müssen notgedrungen den gleichen Verdächtigen zeigen. Diese Plättchen erhält allerdings keiner der Spieler mehr.
Wie man sich denken kann, gewinnt jetzt, wer die meisten Ermittlungsplättchen besitzt.
In zwei Varianten erhält jeder Spieler eines der fünf Aufgabenplättchen. In der ersten Version erhält der Spieler, dessen Aufgabenplättchen den Verdächtigen zeigt, der am Ende noch auslegt, drei Bonuspunkte. In der zweiten Version gibt es Bonuspunkte für alle die Spieler, die den noch ausliegenden Verdächtigen nicht erhalten hatten, und zwar genau zwei an der Zahl.
Die kooperative Version ist reines Memory, allerdings eben mit einem recht knapp gehaltenen Zeitlimit, was die Anzahl der Züge betrifft. Die andere Version hingegen erfordert mehr: will man als aktiver Spieler dem Tipp eines Mitspielers folgen (und so ihm einen Teil der verdienten Punkte überlassen) oder wählt man ein Ermittlungsplättchen, dass niemand gewählt hat, in der Hoffnung bzw. Gewissheit, die vollen drei Punkte abräumen zu können? Man kann hierbei auch taktieren und bewusst auf ein falsches Plättchen zeigen, in der Hoffnung, später den gleichen Dreiersatz aufdecken zu können. Diese Taktik wird natürlich bei den beiden Varianten noch interessanter, eben weil man hiermit versuchen kann, einen bestimmten Verdächtigen als letzten übrig zu behalten.
Auch darf man nicht vergessen, dass jeder Verdächtige bei jedem Zeugen nur einmal zu finden ist. Hierdurch fallen, wenn der Verdächtige bei den ersten beiden Ermittlungsplättchen übereinstimmt, bereits einige Ermittlungsplättchen heraus, auf denen der Verdächtige sich nicht auch befinden kann (da sie den gleichen Zeugen zeigen).
Eine Partie dauert auch laut Schachtelaufdruck maximal eine Viertelstunde, meist ist sie deutlich schneller zu Ende. Als kleines Zwischendurchspiel/Absacker ist es daher zu empfehlen. Einen kompletten Spieleabend wird man hiermit wohl eher weniger verbringen wollen, aber eine erfrischende und interessante Alternative ist das Spiel dennoch. Meinen Testspielern und mir hat es jedenfalls sehr gut gefallen.
Hersteller | Autor | Arnaud Urbon | |
Künstler | David Boniffacy | ||
Spieler | 2-4 | ||
Denken | 9 | ||
Glück | 4 | ||
Geschicklichkeit | 0 | ||
Preis ca. | 17,50 € (nur in Frankreich gefunden) |
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