Dubbe
Manche Spielverlage würden wir gerne öfter sehen. So gibt es einige Verlage, die oftmals mehrere Jahre hintereinander nicht auf der SPIEL stehen, um dann völlig überraschend wieder aufzutauchen. (Und nein, ich meine damit nicht Prometheus Games, die trotz ihrer Ankündigung auch dieses Jahr nicht auf der SPIEL zu sehen waren – laut ihrer Stellungnahme habe der Veranstalter es nicht hinbekommen, Ihnen einen Stand zu reservieren. Mich hätte ja schon stutzig gemacht, wenn ich keine Rechnung und/oder keine Mahnung über den Betrag der Standgebühr erhalten hätte …) Ich rede in diesem Fall von dem kleinen Selbstverlag Palatia-Spiele, die 2013 erstmals auf der Spiel zu sehen waren um dort ihr Spiel „Ebbes“ vorzustellen – eine Besprechung dieses Spiels haben wir hier veröffentlicht. Seit 2013 hatte ich den Verlag dort nicht mehr bewusst gesehen … bis in diesem Jahr der Verlag wieder in Essen stand, diesmal mit einem neuen Spiel.
Auch dieses Spiel ist nicht nur vom Namen her echt „pälzisch“, der Name und einige Fachbegriffe stammen wie auch beim Vorgänger aus der pfälzischen Mundart. Damit erklärt sich auch eine gewisse Verwirrung, die in meiner Testrunde entstand, als ich das Spiel auf den Tisch legte. Dubbe hat nichts mit Betrügen zu tun (hier am Niederrhein auch „betuppen“ genannt), der Begriff bezeichnet vielmehr ganz einfach Punkte, so wie die runden Punkte auf dem typisch pfälzischen Weinschorle-Glas, die auch auf der Verpackung optisch angedeutet werden.
Die Verpackung sieht etwas ungewöhnlich aus: wie ein Weinschorle-Glas ist sie etwas konisch geformt, allerdings nicht rund sondern ein flaches Trapez, an den Längsseiten 22 cm lang die Schmalseiten sind zwölf respektive 14,5 Zentimeter lang, das ganze ist etwa 3 cm dick. Die Spielschachtel wird geöffnet, indem man eine Art Schublade aus der Schmalseite herauszieht – selbstverständlich ist diese Lade rechteckig, da sie sonst nicht durch die Öffnung passen würde. In dieser Verpackung finden wir dann:
- sechs farbige Würfel
- fünf farbige Holzscheiben
- zwei Punkte-Zählbretter
- ein „Starterfeld“
- fünf Kartonchips
- fünf Charakterkarten
- fünf Spielerkarten
- 75 Spielkarten, jeweils Karten von 1-15 in fünf Farben
- die Spielregel auf Deutsch und Englisch
Die Spielregel kann auch von der Webseite des Verlages hier heruntergeladen werden (PDF, 1,1 MB, nur der deutschsprachige Teil).
Die Würfel sind aus Holz, Punktewürfel und kommen in den Farben schwarz, rot, gelb, grün, blau und braun. In denselben Farben (außer schwarz) kommen die Spielkarten daher. Die Spiel_er_karten kommen wie auch die Holzscheiben und die Kartonchips in den Farben weiß, rosa, grau, orange und schwarz. Die Zählbretter zeigen eine Mineralwasserflasche (für Minuspunkte) und einer Weinflasche (für Pluspunkte. Die Charakterkarten schließlich sind aus dem gleichen, dicken und stabilen Karton wie die Kartonchips und das Startfeld, sie zeigen jeweils eine „typisch pfälzische“ Figur und haben in etwa die Größe eines Bierdeckels – oder eines Glasuntersetzers, schließlich geht es hier um einen Pfälzer Stammtisch. Sie zeigen relativ generische Karikaturen von Pfälzer Typen – mit Ausnahme des „Aagewwer“(Angeber), der zwar auch eine Person Pfälzer Abstammung zeigt, die uns allen aus einer anderen Quelle her jedoch eher bekannt ist: nicht als Marvel-Superheld (wobei der „Orange Oger“ sicher auch ein interessantes Konzept wäre), sondern als „Nummer 45“, eben der 45. Präsident der USA, Donald J. Trump.Diese Bierdeckel, Kartonchips und das Starterfeld steckten bei Auslieferung jeweils in Stanzkartons, aus denen sie sich allerdings leicht herauslösen ließen. Auch kann man die Kartonchips hinterher gut in dem Ziplock-Beutel verstauen, in dem bereits die Würfel und die Holzschwiben ausgeliefert wurden. Die Karten liegen angenehm in der Hand und haben brauchbare Qualität. Die Folien, in denen sie eingeschweisst sind, ließen sich sogar überraschend leicht ablösen.
Zu Spielbeginn wählt jeder der Spieler eine der fünf Farben und nimmt sich die entsprechende Farbkarte, den Holzchip und den Kartonchip. Der Holzchip kommt zu Spielbeginn auf das Starterfeld, das zwischen die beiden Punktezähl-Bretter gelegt wird.
Von den Spielkarten wird je nach Anzahl der Spieler nur ein Teil verwendet – es sind immer gleich viele Karten aller Farben dabei, und es sind insgesamt (Anzahl der Spieler) mal 15 Karten. Grundsätzlich ist Dubbe ein Stichspiel, es kommen also die Regeln, wie sie bei typischen Stichspielen (wie beispielsweise Skat, Doppelkopf, Bridge oder Tarock) auch Verwendung finden, zum Tragen: Farben müssen bedient werden, nur wer nicht bedienen kann, darf stechen, muss es aber nicht. Die höchste Karte der ersten angespielten Farbe bzw. der Trumpffarbe gewinnt den Stich, der Spieler, der den Stich gewonnen hat, spielt die erste Karte des neuen Stichs an.
Allerdings gibt es, wie zu erwarten, einige Besonderheiten. Das beginnt bei der Bestimmung der Trumpffarbe: der Spieler links vom Kartengeber bestimmt die Trumpffarbe und erhält dafür den Bierdeckel mit dem Aagewwer, auf diesen Bierdeckel Wert der Würfel in der Trumpffarbe der eins nach oben gelegt. Den ersten Stich spielt dann der Spieler an, der links von dem Spieler sitzt, der Trumpf bestimmt hat.
Welche Farben den anderen Charakteren zugeordnet werden, entscheidet sich dann später im Spiel.
Wenn die Trumpffarbe in einem Stich als erste Karte ausgespielt wurde, erhält der Spieler, der den Stich machte, anschließend den Aagewwer, während der Spieler, der die Charakterkarte losgeworden ist, für jede Stufe des Charakters einen Minuspunkt erhält, der sofort auf den Zählbrettern markiert wird. Außerdem steigt die Stufe des Aagewwers in diesem Fall um eins, was dadurch markiert wird, dass der Würfel auf die nächsthöhere Zahl gedreht wird. Dies passiert allerdings nur, wenn die Charakterkarte auch tatsächlich zu einem anderen Spieler wandert, wenn der Spieler, der den Trumpfstich macht, bereits den Aagewwer hat, wandert die Karte nicht, und es werden keine Punkte verteilt.allerdings steigt der Charakter dann auch eine Stufe auf und wird entsprechend mehr wert.
Und ja, das heisst, dass der Spieler, der Trumpf für eine Runde bestimmt, auf jeden Fall einen Minuspunkt erhalten wird – entweder, wenn er die Charakterkarte los wird, oder am Ende der Runde für den Aagewwer in der ersten Stufe, wenn in keinem einzigen Stich Trumpf angespielt wurde.
Wenn in einem Stich allerdings eine andere Farbe angespielt wird (also als erste Farbe gespielt), die noch keinem Charakter zugeordnet ist, wird der jeweils nächste Charakter in vorgegebener Reihenfolge dieser Farbe zugeordnet und der Spieler, der den Stich macht, erhält diese Charakterkarte (auch wenn der Stich durch Trumpf entschieden wurde). Wenn in späteren Stichen die gleiche Farbe noch einmal angespielt wird, gilt wieder das gleiche wie beim Aagewwer: die Karte wandert gegeben weiter, der Charakter „steigt eine Stufe auf“, und der Spieler, der sie bis dahin hatte, erhält – wenn sie wanderte – je nachdem Plus- oder Minuspunkte. Für die Charaktere und das Weiterwandern derselben auf dem Tisch ist also immer die Farbe zuständig, die in einem Stich als erste ausgespielt wird. Die weiteren Farben gehören zu:
- dem „Weschwieschmän“ – das ist jemand, der jeden Satz mit „weißt du wie ich es meine?“ abschließt. Dieser Charakter ist für jede Stufe einen Pluspunkt wert
- der „Jammerlabbe“ – der Jammerlappen klagt über alles und ist recht unbeliebt, sodass er, wenn er wandert, für jede Stufe einen Minuspunkt bringt
- als viertes den „Jo lossen“: ja, lass ihn doch, sagt man, wenn dieser Typ etwas macht; er hat nämlich keine Ahnung von nichts (Ähnlichkeiten mit lebenden Aagewwern sind natürlich rein zufällig). Wer diesen Charakter vor sich liegen hat, braucht normnalerweise nicht die angewspielte Farbe zu bedienen und kann sogar einen Farbstich trumpfen, wenn er bedienen könnte – aber er muss sehr wohl die dem Charakter zugewiesene Farbe bedienen (die ja durch den Würfel ausgedrückt wird). Für diesen Charakter wird der Würfel automatisch auf die drei gelegt statt auf die eins, wenn er ins Spiel kommt – und wenn er wandert, erhält der Spieler, von dem er weg wandert, immer drei Pluspunkte, er steigt also auch nicht in der Stufe auf.
- der „Gliggsridder“ – für den Glücksritter gibt es schließlich wieder Pluspunkte in der normalen Form
.
Das Spiel endet nach einer bestimmten Anzahl Runden, es gewinnt, wer am Ende die meisten Punkte hat. Sollte der aktuelle Punktestand über die Zählleisten hinausgehen, kann mit den Kartonchips ein +10 bzw. -10 angezeigt werden. Mehr als einen solchen Chip haben wir allerdings auch nie gebraucht
Ein wenig muss man während des Spiels darauf achten, dass tatsächlich immer nur der Charakter der Farbe ausgewertet werden kann, die als erste in einen Stich gespielt wurde – auch wenn der anspielende Spieler den Charakter hinterher nicht erhalten sollte oder gar wenn der Stich durch Trumpf entschieden wurde. Auch wird leicht vergessen, dass der Charakter für jeden Stich seiner Farbe eine Stufe aufsteigt – auch, wenn er nicht wandert. Alles in allem sind die Regeln aber nicht komplizierter als beispielsweise bei Skat oder Schafkopf. Man könnte das Spiel also auch ohne weiteres beispielsweise am Stammtisch spielen.
Für den Spieler, der Trumpf ansagen muss, ist es natürlich wichtig, dass er im Laufe des Spiels den Angeber verlieren will – der wird wahrscheinlich bei Spielende mehr als nur einen Minuspunkt wert sein –, andererseits kann er natürlich Trumpf nutzen, um andere Charaktere zu sich zu sammeln, für die es Pluspunkte gibt und will daher auch nicht unbedingt in Trumpf allzu schlecht dastehen. Besonders unangenehm ist es natürlich gegen Spielende, wenn man als einziger nur noch Karten der Trumpffarbe auf der Hand hat und daher auch anspielen muss – und sich selbst damit womöglich mehr Minuspunkte verschafft.
Dadurch, dass erst während des Spiels festgelegt wird, welche Farbe welche Punkte bringt, ähnelt das Spiel in gewisser Weise schon dem oben erwähnten Ebbes. Allerdings muss man doch einige andere Sachen bedenken als beim Vorgänger: man kann nicht dafür sorgen, dass bereits eingesammelte Karten plötzlich (Minus-)Punkte wert sind, sondern sammelt Punkte mehr oder weniger von Stich zu Stich – und da jedes Mal, wenn ein Charakter wandert, Punkte vergeben werden, muss man relativ weit im Voraus bereits planen, ob und wenn ja welche Farbe man gegebenenfalls für einen bestimmten Charakter verwenden will.
Es gibt in den Regeln auch eine Zweipersonen-Version, in der der dritte Spieler durch einen Dummy ersetzt wird. In dieser Version ist der Glücksfaktor natürlich deutlich höher, das Spiel macht aber dennoch immer noch sehr viel Laune.
Auch Dubbe ist ein Spiel, das immer wieder gespielt werden kann (man könnte es sich sogar als Turnierspiel vorstellen wie bei einem Skatturnier). Auch als Weihnachtsgeschenk oder als Spiel für den Silvestertisch macht es eine gute Figur – und man könnte hiermit eventuell sogar Leute locken, die bei Skat und ähnlichen eher abwinken.
Als ich vor fünf Jahren Ebbes besprach, war es damals nur beim Verlag erhältlich – inzwischen sind die Spiele von Palatia auf jeden Fall auch bei der Spieler-Offensive zu finden.Und wer lieber beim großen Fluss angelt, kann nach aktuellem Stand das ältere der beiden Spiele auch bei Amazon finden. (Es dürfte also nur eine Frage der Zeit sein, bis das andere auch dort zu finden ist, vermute ich einfach mal).
Hersteller | Palatia Spiele |
Autoren | Klaus Geis |
Künstler | Ronja Hähnlein, Achim Bauer |
Spieler | 2-5 |
Denken | 9 |
Glück | 6 |
Geschicklichkeit | 0 |
Preis ca. | 17,50 € |
Ebbes bei
www.Spiele-Offensive.de
Dubbe bei
www.Spiele-Offensive.de
Schreibe einen Kommentar