Experiment: Über die Auslaufbahn bei Würfeltürmen
Bei meinen Rezensionen von Würfeltürmen habe ich bereits mehrfach erwähnt, dass es für die Vermeidung von „unehrlichen“ Würfeln – das sind Würfel, die eine gewisse Neigung haben, ein bestimmtes Ergebnis bevorzugt anzuzeigen – ein Auslaufbereich, der die Würfel auffängt nützlich ist. Oftmals sind es schließlich nicht bewusst gezinkte Würfel, sondern Würfel, die wegen eines Produktionsfehlers eventuell im Innern eine Luftblase haben, was man bei undurchsichtigen Würfeln natürlich nicht erkennen kann, und was auch bei manchen durchsichtigen Würfeln nicht unbedingt sofort zu erkennen ist.
Ich wurde von einem Hersteller von Würfeltürmen darauf angesprochen, ob es denn wirklich einen Unterschied mache, ob ein Würfelturm eine eingebaute Auslaufzone hat oder nicht. Vor allem wurde angezweifelt, dass die Begrenzung dieser Auslaufzone auf die Zufälligkeit des Ergebnisses – bzw. die mangelnde Zufälligkeit bei unehrlichen Würfeln – einen Einfluss haben könne. Was macht man also, wenn man sich der Sache sicher ist?
Ja, man schaut erst einmal bei Tante Google nach. Ich erinnerte mich, dass ich auf dem Internet einen wissenschaftlichen Artikel zu diesem Thema gesehen hatte, konnte ihn aber nicht wiederfinden. Also musste ich den zweitbesten Weg wählen: ein eigenes Experiment.
Zufälligerweise besitzt einer der Mitspieler meiner Testrunden so einen unehrlichen Würfel. Aus Erfahrung schätzten wir, dass dieser Würfel bei etwa einem Drittel bis zur Hälfte aller Würfelwürfe auf der Drei landete. Tatsächlich ausgezählt hatten wir das allerdings nicht. Für uns reichte es, diesen Würfel ganz einfach vom Spieltisch zu verbannen.
Als ich meinem Bekannten von dieser Diskussion erzählte (es war gerade Sonntagnachmittag), war er auch sofort Feuer und Flamme, dies selbst auszuprobieren – und da ein solcher Test relativ langweilig sein kann, hatte er auch gleich den passenden Freiwilligen parat, der für uns den eigentlichen Test durchführte: seine zwölfjährige Tochter. Diese verzog sich, nachdem wir sie instruiert hatten, mit zwei Würfeltürmen, einem Würfelbecher und dem fraglichen Würfel in ihr eigenes Zimmer, aus dem sie dann ein paar Stunden später mit einer Strichliste zurückkam.
Zunächst einmal: unsere Schätzung schien eher an der niedrigen Seite zu liegen, der Würfel schien tatsächlich bei jedem zweiten Ergebnis die Drei zeigen zu wollen.
Auch hatten wir gleich getestet (äh, testen lassen), ob die Länge der Auslaufzone einen Einfluss hat. Hier erst einmal die Tabelle mit den jeweiligen Ergebnissen:
Wurf | von Hand | Würfel |
Turm ohne Zone | Turm mit langer Zone | Turm mit kurzer Zone |
1 | 88 | 92 | 87 | 99 | 94 |
2 | 68 | 91 | 62 | 82 | 99 |
3 | 308 | 187 | 291 | 172 | 115 |
4 | 27 | 43 | 28 | 58 | 97 |
5 | 61 | 96 | 64 | 93 | 96 |
6 | 48 | 91 | 68 | 96 | 99 |
Summe | 600 | 600 | 600 | 600 | 600 |
Das Ergebnis scheint mir auch ohne umfangreiche statistische Analyse relativ deutlich zu sein: unser Würfel, der tatsächlich jeden zweiten Wurf eine Drei zeigen wollte – und der anscheinend überhaupt keine Lust hatte, eine Vier zu zeigen – zeigte auch mit Würfelbecher diese Tendenz (und das Ergebnis mit Würfelbecher entspricht in ungefähr unserem Gefühl – in unserer Testrunde wird meist mit Würfelbecher gearbeitet, wenn nicht gerade ein Würfelturm getestet werden soll).
Interessant fanden wir,dass unser Würfel, wenn er durch einen Würfelturm ohne Auslaufzone geschickt wird, fast das gleiche Ergebnis zeigt wie von Hand gewürfelt. Eine lange Auslaufzone erlaubte dem Würfel immer noch, seine Neigung ähnlich stark auszuleben wie im Würfelbecher, während er in der kurzen Auslaufzone anscheinend durch die Begrenzung der Zone gestoppt wurde, bevor das Ungleichgewicht des Würfels sich bemerkbar machen konnte.
Ich hätte, ehrlich gesagt, erwartet, dass ich mit dem Würfelbecher ein etwas besseres Ergebnis erhalten hätte, als mit dem Turm mit langer Zone. Dennoch scheint mir das Ergebnis unseres Tests relativ eindeutig:
Wenn es nur darum geht, einen unehrlichen Würfel zu bändigen, benötigt man am besten einen Würfelturm mit einer begrenzten Auslaufzone, in der der Würfel nicht komplett auslaufen kann, sondern vom Rand der Auslaufzone gestoppt wird.
Mir ist bekannt, dass auch manche „Experten“ von sich behaupten, einen Würfelturm zumindest insofern manipulieren zu können, dass sie einen sechsseitigen Würfel beispielsweise immer mit der gleichen Seite an eine Wand drücken, wodurch der Würfel dann auf dem Weg nach unten bevorzugt über die Achse rotiert, mit der er auf dieser Wand zeigt, sodass die beiden Seiten, durch die Achse durchgeht, nicht so wahrscheinlich gewürfelt werden. Allerdings muss ich zugeben, dass ich selber noch keinen solchen Experten kennengelernt habe.
Für den Test wurde übrigens zum einen der Meeple-Würfelturm verwendet, zum anderen ein brandneuer Roter Drache, der einen sehr langen Ausrollweg hat und meinem Bekannten gehört.. In diesen Hof wurde dann zur Verkürzung ganz einfach der Würfelbecher mit dem Boden zum Würfelturm hin gelegt.
(Anmerkung am Rande: seit diesem Wochenende vermisst mein Freund auch unseren Testwürfel – Katrin: Gib ihn wieder zurück! Und ich möchte auch meinen Würfelbecher wiederhaben…)
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