DSA 5-Einsteigerbox „Das Geheimnis des Drachenritters“ – Erstverkaufstag


Mittlerweile gehört es ja für Rollenspiele zum guten Ton, für Einsteiger Einstiegshilfen zu geben – sei es einen Schnellstarter, sei es eine sogenannte „Einsteigerbox“. Der Unterschied besteht bei diesen in der Regel im Umfang und dem mitgelieferten Material – ein Schnellstarter ist üblicherweise nur ein dünnes gedrucktes Heft, während in einer Einsteigerbox meist mehrere Hefte zu finden sind und zusätzlich noch weiteres notwendiges oder auch nützliches Spielmaterial, wie beispielsweise Würfel, in manchen Fällen auch Stifte, Marker usw.
Mehrere Jahre nach der Markteinführung des Systems erscheint jetzt auch für DSA in der fünften Version eine solche Einsteigerbox. Da man ja auch einen sogenannten Schnellstarter direkt bei Ulisses herunterladen kann, stellt sich natürlich die Frage, ob sich die Anschaffung dieser Einsteigerbox lohnt – und für wen.
Vor gut einer Woche hat Ulisses diese Einsteigerbox im Video ausgepackt und vorgestellt. Als Erstverkaufstag wurde bei dieser Vorstellung der heutige 2. Mai genannt.
Da ich – völlig überraschend – von Ulisses die PDF dieser neuen Box zugesandt bekommen habe – die auch ab heute bei DriveThru erhältlich sein soll –, habe ich sie mir einmal näher angesehen. Ein wenig kam mir dabei zupass, dass die DraCon des Jahr in eine nicht barrierefreie Location ausweichen musste. So habe ich dann eine reguläre Brettspielrunde an den Tisch geschleift, von denen einige auch ausdrücklich keine Rollenspieler sind.
In der Schachtel befinden sich dann auch einige Dinge, zu deren Qualität ich nicht viel sagen kann, die man aber im oben verlinkten Video sehen kann. Im einzelnen findet man in der Box:
- eine Kurzanleitung mit der dringenden Aufforderung „Lies mich zuerst!“
- mehrere Beutel mit 41 sogenannten „Blibbs“ – Plexiglasmarker für verschiedenste Charaktere und Monster
- ein Stanzbogen mit Schicksalspunkten
- ein Heft mit Bodenplänen
- zwei Hefte mit Abenteuern: ein Einführungsabenteuer und ein auf diesem aufbauendes weitergehendes Abenteuer
- eine Landkarte in DIN A3 von Aventurien, auf der Rückseite ist ein Dorf und die Startbaronie für das Abenteuer abgebildet
- ein Karten-Handout
- ein „Regelheft“
- ein Heft „die Baronie Heldentrutz“
- acht Würfel, davon vier sechsseitige und vier 20-seitige.
- vier dünne Heftchen mit Soloabenteuern für vier verschiedene Charaktere
- vier dünne Heftchen mit den Charakterbögen für die genannten vier Charaktere
Das Material wirkte zumindest im Video ziemlich wertig, das entspricht auch dem, was man allgemein von Ulisses gewohnt ist. Die 6- und 20-Seiter sind rein weiß, was einige der Zuschauer des Videos enttäuschte. Auch fragten einige, wie die Würfel auf vier Spieler plus einen Spielleiter zu verteilen sein. Dabei hat Uisses sich gedacht: drei W20 und zwei W6 kommen auf den Tisch zur gemeinsamen Verwendung durch die Spieler, die übrigen Würfel sind für den Spielleiter. Da zu einer Probe im schwarzen Auge drei Würfe mit den W20 notwendig sind, und manche Waffenschäden mit 2W6 ausgewürfelt werden, haben die Spieler so die nötigen Würfel direkt zur Hand; der Spielleiter muss bei einer Probe gegebenenfalls mit seinem einen Würfel dreimal werfen. Der Stanzbogen für die Schicksalspunkte sah ziemlich schick aus. Diese dürften also auch haptisch ganz in Ordnung gehen. Wer es wirklich stilvoll will, kann aber auch im Fachhandel einen Spezialsatz mit 12 Schicksalpunkten, von denen je drei für einen der Charaktere ein besonderes Symbol tragen oder für jeden Charakter einen eigenen Würfelsatz mit einem farbigen und zwei schwarzen Zwanzigseitern sowie zwei sechsseitigen Würfeln erwerben. Bei den Sechsseitern ist übrigens in der Einsteigerbox auf der Sechserseite ein Auge abgebildet, in den Charaktersets tragen Sie an dieser Stelle ein Charaktersymbol. Ob und inwieweit die Eins auf den 20-Seitern ebenfalls mit einem Symbol versehen wird, ist mir leider nicht bekannt.
Notiz am Rande: die Charaktere sind sowohl auf den Bögen als auch in den getrennt erhältlichen Schicksalspunkten und Würfelsets farbig codiert: die Elfe ist grün, die Kriegerin gelb, der Magier blau und der Zwerg rot.
Die ‚Blibbs‘, wie Ulisses die Marker zumindest im Dateinamen bezeichnet, sind 20mm bis 75 mm groß – in den Dateien sind sie quadratisch, im Video sahen sie rund aus.
Die Charaktere, die hier angeboten sind, sind wie gesagt ein Elf, ein Magier, ein Krieger und ein Zwerg – oder eben auch die weibliche Version davon. Zwei der Charaktere – Krieger und Elf – sind auf den Charakterbögen erst einmal als weiblich dargestellt, die beiden anderen männlich; aber auf der letzten Seite des Charakterheftes wird auch noch einmal ganz kurz beschrieben, wie man den Charakter ganz einfach einer Geschlechtsumwandlung unterziehen kann.
Zu jedem dieser vier Charaktere gibt es dann ein Soloabenteuer, das der betreffende Spieler durcharbeiten kann, während der designierte Spielleiter sich die ersten Seiten des erstren Abenteuerbandes, des Kurzabenteuers „Die Räuber vom Dunkeltann“ durchlesen kann.
Von diesen Kurz-Soloabenteuern darf man sich nicht allzu viel erwarten, sie sind in erster Linie dazu gedacht die Spieler schrittweise an verschiedene Mechanismen von Das Schwarze Auge heranzuführen: es beginnt mit Eigenschaftsproben, modifizierten Proben, dann kommt es zu einer Fertigkeitsprobe, ebenfalls zu Modifikationen und am Ende des Kurzabenteuers kommt es dann auch noch zu einem kurzen Kampf. Sollte man feststellen, dass man sich im Abenteuer übernommen hat (die Gegenseite in den Kämpfen ist teilweise ziemlich heftig), darf man sich dann auch noch vom Auftraggeber retten lassen…
Die Aufträge sind das, was im Tanelorn so schön als „hotzenplotzig“ bezeichnet wird: wie in der literarischen Vorlage geht es um „weltbewegende“ Ereignisse – ähnlich weltbewegend wie der Diebstahl einer Kaffeemühle ;) . Da ist ein Ziegenbock entlaufen und muss wieder eingefangen werden, Diebe haben eine Halskette gestohlen und müssen gesucht werden, in einem verlassenen Magierturm müsste noch ein Buch liegen, das man herausholen soll – und in einem alten, ebenfalls verlassenen Keller müsste noch eine alte Vase liegen, die es herauszuholen gilt. Ich spoilere einmal ganz unverschämt: die Vase wird natürlich den Endkampf nicht überleben, dazu ist sie einfach zu zerbrechlich. Aber ihren Auftrag, die Spieler behutsam an das Regelwerk zu gewöhnen, erfüllen diese Soloabenteuer trotzdem sehr gut.
Meine Testspieler hatten diese Dinger dann natürlich auch in wenigen Minuten beendet, obwohl sie teilweise noch gar keine Rollenspielerfahrung hatten. Die Zeit reicht dann für den designierten Spielleiter gerade einmal aus, die einleitenden Worte des ersten Gruppenabenteuers zu lesen. Was aber gar kein Problem ist, denn auch dieses erste Gruppenabenteuer geht zunächst einmal davon aus, dass alle Teilnehmer eventuell noch gar keine Ahnung haben – zum Beispiel, weil sie die Soloabenteuer bislang noch nicht gespielt haben. Es geht hier also auch wieder um die Einzelschritte Probe, modifizierte Probe, Kampf; hierbei wird der Spielleiter sehr detailliert an die Hand genommen, sodass er das Abenteuer auch ohne jegliche Vorbereitung direkt aus dem Buch leiten kann.
Angenehm aufgefallen ist mir dabei, dass das Abenteuer zwar ziemlich linear verläuft, so dass man „unterwegs“ auf jeden Fall einen Kampf erleben wird (wie gesagt, das Abenteuer soll im Endeffekt alle diese Detailregeln ebenfalls vorstellen), man aber am Ende des Abenteuers, ungewöhnlich für ein DSA-Abenteuer, als Spieler sogar relativ frei seinen Weg wählen kann: will man es phexisch-gerissen angehen oder lieber rondrianisch mit der Waffe in der Faust lösen?
Wenn man dieses erste Abenteuer hinter sich gebracht hat, steht der Weg frei in den zweiten Abenteuerband „Das Geheimnis des Drachenritters“. Hier wird man beauftragt, zunächst einmal den Drahtzieher der Entführung aufzuspüren – wofür man dann tatsächlich in einem Dorf mit den Einwohnern sprechen muss, und zwar mehr und freier als während des ersten Abenteuers. Aber auch in diesem Teil des Abenteuers wird der Spielleiter sehr gut angeleitet, wie er mit derartigen Szenen umgehen muss. Und auch das erste Szenario dieses Bandes ist noch sehr weit ausgearbeitet, auch wenn man als Spielleiter bereits bemerkt, dass die Autoren einen langsam und sanft abnabeln.
Von dort aus geht es dann sanft und gleichmäßig in eine größere Geschichte – man könnte sagen: eine Kleinkampagne – hinein. Man hat ja bereits in den ersten Teilabenteuern bemerkt, dass etwas in der Baronie nicht ganz in Ordnung ist, und ein rechter Held wird sich dann natürlich um die Sache kümmern, oder nicht? Die Ausarbeitung der Teilabenteuer wird auch langsam geringer, sodass man als Spielleiter ziemlich schmerzlos an das etwas freiere Arbeiten und Improvisieren wie auch das erarbeiten eigener Abenteuer herangeführt wird.
Wenn ich das mit meinen eigenen Erfahrungen vergleiche: in den achtziger Jahren musste man sich das alles – einschließlich der eigenen Abenteuer – selbst erarbeiten. Ich war geschätzt nach etwa drei Jahren dann wohl in dem Status, den der Spielleiter am Ende der Kurzkampagne erreicht hat. Auch wird in dem Abenteuer aufgezeigt, wie man eine Gruppe gegebenenfalls für Begegnungen vorbereiten kann, für die sie eigentlich noch nicht gewachsen ist. Meine Spieler hatten mich auf jeden Fall gefragt, ob der Drache auf dem Titelbild tatsächlich als ihr Gegner vorgesehen wäre (und zwischenzeitlich eher aufgeatmet, als dieser sich „nur“ als einfacher Tatzelwurm zu entpuppen schien). Weniger begeistert war man dann, als man feststellte, dass es den abgebildeten Drachen tatsächlich gab (und dieser auch nicht als Verbündeter der Helden vorgesehen war).
Wenn man das Abenteuer, das für ein DSA-Abenteuer wieder einmal gefühlt recht offen für Ideen der Spieler präsentiert wird, durchgearbeitet hat, können die Charaktere sich überlegen, ob sie in der heimatlichen Heldentrutz bleiben wollen. Für diesen Fall gibt es das Heft mit der Regionalbeschreibung (das mit einer Übersicht über Aventurien, Götter und Gesellschaft beginnt, sich aber relativ schnell auf die Nordweidensche Gegend beschränkt). Grundsätzlich ist dieses Heft für Spieler und Spielleiter zugänglich – dennoch fand ich die beschriebene Gegend nach der Kurzkampagne relativ langweilig, was nicht zuletzt daran lag, dass manche möglichen Abenteueraufhänger im Text gleich wieder abgeschmettert wurden. Bei einem Berg, auf dem früher einmal Harpyien hausten, hätte ich eine Option, in der die Helden selber nachsehen können ob es diese Viecher noch gibt, besser gefunden als das relativ feste „diese leben hier aber nicht mehr“, das in diesem Buch gesetzt wird.
Der letzte Band in der Box schließlich ist das sogenannte Regelheft, dass nur die Regeln enthält, die für die Abenteuer notwendig sind – einschließlich von ein paar Erweiterungen, wie zusätzlichen Zaubersprüchen. Vor allem wird in diesem Heft nicht beschrieben, wie man neue Charaktere selbst erstellen kann; stattdessen werden für die vier vorgegebenen Charaktere jeweils recht gute und sinnvolle Vorschläge gemacht, wie man sie im Laufe der Abenteuer weiterentwickeln kann. Wer die DSA 5-Regeln bereits kennt, wird unter anderem die Zustände vermissen, wie beispielsweise Furcht oder Schmerz mit mehreren Stufen oder auch den Status oder gar die Qualitätsstufen. Wenn ein Spieler dann später auf das eigentliche DSA 5 überwechselt, wird er sich umgewöhnen müssen. Auch würde beispielsweise der Spieler eines Zauberers sich über die eventuell veränderten Regeln seiner Zauber wundern. Mit dem Regelwerk, wie es hier präsentiert wird, kann man aber sehr gut spielen.
Alles in allem sind die Bücher recht gut produziert, Korrektorat und Lektorat haben gute Arbeit geleistet. Mir sind nur an zwei Stellen fehlende Leerzeichen aufgefallen, einmal entdeckte ich auch inne52rhalb eines Wortes einzelne Ziffern, ähnlich wie ich es soeben auch gemacht habe. Alles in allem gab es textlich nichts Wesentliches zu bemängeln.
Beim Layout ist mir allerdings ein etwas heftiger Schnitzer aufgefallen: im Regelheft werden am Ende die Gegner, denen man im Rahmen der Kampagne begegnen kann, vorgestellt. Unter anderem findet sich dabei ein Oger. Zu jeder derartigen Beschreibung gehört auch ein Zierkasten mit den nötigen Spielwerten. Und bei diesem Oger ist der Zierkasten etwas zu klein geraten, sodass die letzten Worte des Textes unter dem unteren Rand verschwinden. In der PDF konnte ich den verdeckten Text über „markieren – kopieren – in eine andere Datei einfügen“ noch sichtbar machen. Wie gut der Text in der Druckversion zu entziffern sein mag, kann ich leider nicht sagen.
Über die elektronischen Versionen gesprochen: es wäre schön gewesen, wenn in den einzelnen Solos die Verweise zu anderen Abschnitten verlinkt gewesen wären. Zwar sind es aufgrund der Kürze diese Abenteuer nicht allzu viele Seiten, durch die man sich hin und her blättern muss, dennoch würden die Abenteuer ein wenig besser laufen, wenn man den neuen Abschnitt einfach durch Anklicken erreichen könnte. In der Papierversion fällt diese Beschwerde natürlich flach.
Außerdem führte eine Illustration zu Lachern: der bereits erwähnte entlaufene Ziegenbock wird im Text wie folgt beschrieben: „mit fast zum Halbkreis gedrehten Hörnern und einem in Brauntönen gescheckten Fell“. Wenn man ihm dann schließlich begegnet, könnte das Bild irritieren: abgebildet wird eine Ziege, rein weiß, mit langem geradem Horn, das nur am Ende leicht gekrümmt ist – und, wie um die Verwirrung voll zu machen, hat diese Ziege einen Euter. Anscheinend sind nicht nur die Spielercharaktere hierzulande genderfluid, auch hier scheint die Jobbeschreibung „Ziegenbock (M/F/D)“ gelautet zu haben …
Wenn ich jetzt alles zusammen betrachte, muss ich sagen, dass die Einsteigerbox nicht nur einen besseren, weil verständlicheren Einstieg in Das Schwarze Auge bietet als die Schnellstarter, grundsätzlich fand ich auch, dass der Preis nicht übertrieben war.
Ab dem heutigen Tag soll diese Box auch im Spieleladen des Vertrauens zu finden sein – als Box gibt es ja sogar die Chance, dass sie wieder in den regulären Spielwarenhandel kommt, und sei es im Kielwasser von „So nicht, Schurke“. Die PDF-Dateien soll man, wie ich oben bereits sagte, bei DrioveThru erwerben können, muss sich dann allerdings noch ein paar 20-seitige Würfel zulegen (sechsseitige Würfel wird wohl jeder zu Hause haben) und sich eventuell etwas als Ersatz für die Schicksalspunkte ausdenken.
Hersteller | Ulisses-Spiele | |
Autor | Zoe Adamietz, Serina Hänichen, Nikolai Hoch, Johannes Kaub, Thorsten Most, Alex Spohr, Sebastian Thurau, Josch K. Zahradnik, mit Beiträgen von Markus Plötz und Jens Ullrich | |
Künstler | Anna Steinbauer, Nadine Hoffmann, Thomas Michalski, Nadine Schäkel | |
Spieler | RPG | |
Denken | RPG | |
Glück | RPG | |
Geschicklichkeit | RPG | |
Preis ca. | 39,95 € (Box) / 9,99 € (PDF) |
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Zubehör
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Einsteiger-Würfelset Magier bei Amazon
Einsteiger-Würfelset Krieger bei Amazon
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