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Schildkröten können fliegen

Anno Domini "Im Osten“

Es war einmal – so heißt zwar auch ein Spiel, aber um das geht es gerade nicht. Dennoch ist dieser Satz bei "Anno Domini“ nicht fehl am Platze, denn es geht um Ereignisse, die "einmal waren“ – das kann letztes Jahr gewesen sein, aber auch schon mehrere tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung.

Wer die Spieleserie "Anno Domini“ nicht kennt, dem sei kurz das Spielprinzip erläutert: Die Spieler erhalten Kärtchen, auf denen (meist sehr kuriose) geschichtliche Ereignisse vermerkt sind, allerdings steht die zugehörige Jahreszahl auf der Rückseite – und die wird zunächst nicht aufgedeckt. Wer an der Reihe ist, muß eines "seiner“ Ereignisse in die dadurch immer länger werdende Reihe einordnen, und der nächste Spieler muss dann immer entscheiden, ob er diese Reihe so "glaubt“, und wieder ein Ereignis dazupackt, oder ob er meint, dass da etwas nicht stimmt – dann werden die Karten umgedreht und kontrolliert. Wenn alles richtig war, bekommt der Zweifler Strafkarten, wenn aber irgendetwas nicht stimmt, gehen diese an den letzten Spieler, auch, wenn der den Fehler gar nicht eingebaut hatte. Er hätte ja selber zweifeln können. Dann wird eine neue Zeitlinie begonnen. Wer zuerst alle seine Karten "loswerden“ konnte, hat gewonnen – insofern ist natürlich etwas "kurioses“ Geschichtswissen praktisch, aber auch Chuzpe und dreistes Bluffen – wenn man dem Mitspieler überzeugend verkaufen kann, dass das ganz sicher vor- bzw nachher war (und der selber das erst recht nicht weiß), kann man vielleicht auch verhindern, dass ein solch dreister Bluff angezweifelt wird (und vielleicht liegt man ja sogar richtig).


Nun beschäftigt sich jede der bislang 23 (wenn ich richtig gezählt habe) Schachteln mit einem anderen "Oberthema“, und dieses ist reichlich weit gefasst – seien es Sex & Crime, Frauen oder Flopps der Weltgeschichte – und hier liegt uns das neueste Set vor, das "im Osten“ betitelt ist, und das als Serienzeichen einen kleinen Sumotori in der Ecke hat. Durch diese Symbole lassen sich die Karten leicht voneinander unterscheiden und können nach einem "gemischten“ Spiel wieder richtig eingeordnet werden. Ja, ihr habt richtig gelesen, man kann die Sets beliebig mischen, wenn man mehrere vor Ort hat, dann wird das Geschichtschaos noch größer.

Worum also geht es "im Osten“? Nun, um geschichtliche Ereignisse, die – von Mtteleuropa aus gesehen – im Osten geschehen sind, und damit ist sowohl der nahe wie auch der mittlere und ferne Osten gemeint – also definitiv nicht nur etwas für Otakus uns sonstige Japan-Freaks. Und Urs Hostettler hat wieder eine so irre Menge seltsamer, teilweise absurder und dann auch wieder einfach nur kurios umschriebener Ereignisse gefunden, daß einem die Ohren schlackern. Seit wann werden zB in Indien Zebus als Vieh domestiziert? Seit wann bitteschön können Schildkröten fliegen? (das ist kein Scherz, genau dieser Satz stand auf der Karte. Ich habe sie tatsächlich richtig eingeordnet, aber aus einem ganz anderen Grund als dem tatsächlichen: die Karte meint einen gleichnamigen iranischen Film; ich musste an eine entsprechende Manga/Animefigur einer fliegenden Schildkröte denken und habe mir überlegt, wann die wohl auftauchte…), oder wann überschritt die Bevölkerungszahl Bangladeshs die von Russland (ist übrigens noch gar nicht so lange her)? "Schlimmstenfalls“ steht auf einer Karte nur ein Wort – z.B. "Tofu“ – ja seit wann gibt’s denn sowas? Wer diese Frage zu beantworten weiß, kann es dann ja (hoffentlich) richtig einordnen…

Natürlich haben es Asien-interessierte stellenweise etwas leichter, hier richtig einzuschätzen, aber es ist ein solch buntes Sammelsurium, daß man oft einfach spekulieren muß. Ich kann ja vielleicht behaupten, dass ich mich ganz gut mit Japan auskenne und vielleicht noch mit der Antike im Zweistromland, aber dazwischen hörts irgendwann auf – ergo: dreist sein, und einfach mal behaupten, und hoffen, dass es keiner merkt…

Insgesamt eine gelungene Mischung, und auch wegen der "Mischbarkeit“ der Anno-Sets immer wieder anders – also hoher Wiederspielwert. Die Spieldauer ist auch reichlich variabel – wenn einer wirklich oft richtig liegt, kann es schon nach einer halben Stunde durch sein, es kann sich aber auch länger ziehen, wenn sich die Strafkarten bei allen häufen. Und wer weiß was als nächstes für ein Ereignis auftaucht?

Hersteller Fata Morgana i.Z.m. Abacus Spiele
Autor Urs Hostettler
Spieler 2-8
Denken 9
Glück 2
Geschicklichkeit 0
Preis ca. 11 €

Politik à la Mittelalter

Gonzaga

Bevor die Habsburger, Fugger und Welser zu den wichtigsten Familien Europas avancierten, waren es vor allem Italienische, Französische und Spanische Familien, die die Geschicke der Zeit bestimmten. Nach einer dieser Familien, den Gonzaga aus Mantua, ist ein Brettspiel benannt, in dem es um Lehen in ganz Europa geht. Interessanterweise aber ganz ohne Kriege und Schlachtenlärm, aber sennoch mit jeder Menge Eroberungswillen.

In Italien darf der Herausgeber sich 'daVinci Editrice S.r.l.' nennen, aus markenrechtlichen Gründen ist die Deutsche Firmierung dV games – der Verlag aus Perugia ist auch international inzwischen bekannt. Mit Gonzaga beweist er, dass ein Spiel, dem der internationale Qualitätsbegriff 'German game' angehängt werden kann, nicht unbedingt auch tatsächlich aus Deutschland kommen muss.

Die Spielschachtel ist groß und schwer, und wenn man sie öffnet, entdeckt man zuerst überrascht eine ganze Menge Spielsteine, die aus leuchtend buntem, Plastik besteken, und die einen Gutteil der Schachtelfüllung ausmachen. Überhaupt ist nicht viel Luft in der Schachtel, obwohl sie ziemlich groß ist: beim Zusammenpacken muss man immer wieder prüfen, ob man die Schachtel überhaupt komplett geschlossen kriegt.

Das Material ist ziemlich umfangreich. Insgesamt findet man in der Schachtel:

  • ein Spielbrett miet einer Europakarte
  • 16 Szenario-Plättchen für verschiedene Spielerzahlen
  • 6 Siegel um die verschiedenen Regionen Europas zu markieren
  • 1 Bonusplättchen
  • eine Karte 'Letzte Runde‘
  • eine Übersichtskarte
  • 16 Karten mit 'geheimen Aufgaben‘
  • Spielmaterial in vier Farben, diese jeweils bestehend aus

    • 12 Plastik-Spielsteinen 'Lehen' und 12 entsprechenden Lehen-Karten
    • eine Ablagetafel
    • 6 Plastik-Ringen
    • einem Plastik-Wertungsstein
    • 7 Regions- und 4 Aktionskarten

Die Plastiklehen bestehen jeweils aus drei oder vier Hexfeldern, von denen einige plastisch als 'Burgen' herausgearbeitet wurden. Obwohl sie aus Platik bestehen, machen sie keinen zerbrechlichen Eindruck, und sind angenehm anzufassen. Auch das übrige Spielmnaterial macht einen guten Eindruck. Die Szenarioplättchen, Siegel und das Gonzaga-Bonusplättchen lösen sich leicht aus den Pappträgern, die Karten machen auch einen guten Eindruck.

Zu Beginn eines Spiels wird aus den Szenario-Plättchen eines zufällig ausgewählt. Hierbei merkt man bereits, dass das Spiel gut durchdacht ist: die Auswahl der Szenarios ist abhängig von der Spielerzahl: bei zwei Spielern werden drei der Bereiche 'aktiv' bespielt, bei drei Spielern vier, bei vier Spielern fünf. Die übrigen Bereiche werden als 'passive Regionen' gekennzeichnet, was aber nicht heisst, dass sie für das Spiel unnütz wären.

In jedem Bereich gibt es vier Häfen und vier Städte, die markiert sind, wobei die Städte durch acht verschiedene Symbole in Gruppen verteilt werden, die Häfen werden entsprechend in Seegebiete zusammengefasst. Hierbei liegen die Häfen eines Seegebiets meist in ein, zwei Regionen, während die zusammengehörenden Städte bunt über das Spielfeld verteilt sind und keine zwei Städte derselben Region dasselbe Symbol tragen.

Jeder Spieler erhält neben dem Spielmaterial einer Farbe eine 'geheime Aufgabe‘, die Karte bezeichnet sechs Städte (zwei Symbole), die der Spieler als Lehen erhalten soll. Diese Aufgabe sollte er nicht den Mitspielern zeigen, auch wenn er selber sie jederzeit nachsehen kann. Jeder Spieler mischt seine Lehen-Karten, anschließend steckt einer der Spieler die Karte 'letzte Runde' genau in die Mitte seines Stapels.

Eine Runde besteht aus vier Schritten, die größtenteils von allen Spielern parallel durchgeführt werden:
1) Lehen nehmen: alle Spieler drehen die oberste Karte ihres Lehenstapels um und suchen das entsprechende Lehen aus dem Vorrat. Um sicher zu sein, dass man das richtige Lehen genommen hat, kann man die Kontrollnummer überprüfen, die auf dem Lehen-Stein und der Karte stehen – wobei die Steine Lehensnummern in Zehnerschritten haben (10, 20, 30…), während die dazugehörigen Karten anstelle der Null eine Ziffer von eins bis vier tragen. Diese Ziffer wird später bei der Bestimmung der Spielreihenfolge evtl. wichtig.
2) Zug planen: jeder Spieler wählt aus den Bereichskarten eine und aus den Aktionskarten eine aus und legt sie verdeckt vor sich ab. Hiermit gibt man an, in welchem Bereich man mit seinem Lehen welche Aktion durchführen will. Man kann auch die Karte 'Königliches Privileg' verwenden – dann wird die eigentlich geplante Aktion oben auf den Lehensstapel verdeckt gehalten, damit die Mitspieler nicht vorher bereits wissen, wenn jemand ein Privileg durchführen will.
3) Spielerreihenfolge bestimmen: jetzt werden die gewählten Karten aufgedeckt, und bestimmt, in welcher Reihenfolge die Aktionen durchgeführt werden. Es gibt drei verschiedene Aktionsmöglichkeiten, zunächst werden Aktionen A – Häfen durchgeführt, dann Aktionen B – Städte, zuletzt Aktionen C – Bündnisse (siehe unten). Diese Reihenfolge wird noch durch Königliche Privilegien durcheinandergebracht, für die man einen Ring bezahlt, die aber vor allen anderen Aktionen abgehandelt werden. Haben mehrere Spieler Privilegien gespielt, gilt hierzwischen wieder die ABC-Reihenfolge. Sollte auch hiernach noch undeutlich sein, welche Aktion erst kommt, wird innerhalb der Konfliktaktionen nach der Nummer auf der Karte entschieden. Deshalb auch die letzte Ziffer auf der Karte: hierdurch gibt es immer eine eindeutige Reihenfolge.
4) Lehen einsetzen: in der soeben bestimmten Reihenfolge werden die Lehen eingesetzt. Was und wie genau, ist abhängig von der Aktion:
A) Häfen – Das Lehen muss einen oder 2 Häfen bedecken, darf aber keine Stadt bedecken.
B) Städte – Das Lehen darf keinen Hafen bedecken, darf aber 1-3 Städte oder auch nur leere Felder bedecken.
C) Bündnis – Das Lehen muss gleichzeitig auf mindestens 1 Stadt und mindestens 1 Hafen sitzen, oder man schließt ein Hairatsbündnis: in diesem Fall werden an Stelle des Lehens ein oder zwei der Ringe (die man ja auch für Privilegien ausgeben kann) auf benachbarten Feldern abzulegen, die auch noch nicht mit Lehen bedeckt sein müssen. So kann auch ein Feld zu Lehen von zwei verschiedenen Spielern gehören.

Es kann (im fortgeschrittenen Spiel) vorkommen, dass man sein Lehen nicht mehr wie geplant einsetzen kann oder will. In diesem Fall kann man das Lehen auch der Kirche spenden, und hierfür Siegpunkte erhalten. Ansonsten gibt es nach jedem Einsetzen eines Lehens Siegpunkte für neu bedeckte Städte und Häfen, sowie zusätzliche Punkte, wenn man den dritten Hafen mit demselben Symbol besetzt (als 'Seebündnis‘). Es gibt mehr Punkte für Städte und Häfen in den aktiven Gebieten, aber auch in den nicht aktiven Gebieten gibt es Punkte.

Wenn der letzte Spieler seine Aktion ausgeführt hat, werden die aktuellen Planungskarten (also 2 bzw. 3 Stück mit königlichem Privileg) beiseitegelegt, und die Planungskarten, die in einer früheren Runde beiseitegelegt wurden, wieder in die Stapel zurückgenommen. Man kann also nicht zwei Runden hintereinander dieselbe Aktion durchführen, man kann nicht zwei Runden hintereinander ein königliches Privileg in Anspruch nehmen, und nicht zwei Runden hintereinander im selben Gebiet aktiv sein. Es ist also wichtig, vorausschauend zu planen, damit einem nicht zur Unzeit die spielentscheidende Aktion verwehrt ist.

Das Spiel endet frühestens nach der 7. Runde: nach der 6. Runde wird ja die Karte 'Letzte Runde' aufgedeckt. Wenn dann maximal drei noch nicht besetzte Städte / Häfen in den aktiven Gebieten frei sind, ist die laufende Runde die letzte, ansonsten wandert die Karte eine Position nach unten. Die Karte dient also mehr zu Erinnerung, damit man im Eifer des Gefechts nicht vergisst nachzuzählen.

Zum Spielende werden dann noch Bonuspunkte vergeben: zum einen erhält der Spieler mit den meisten miteinander verbundenen Lehen das Gonzaga-Plättchen, das 15 Bonuspunkte wert ist. Hierbei ist zu beachten, dass bei Gleichstand jeder gleichstehende Spieler diese Punkte erhälkt – und dass die Ringe aus Heiratsbündnissen jeweils selbst auch als ein Lehen zählen. Außerdem gibt es Bonuspunkte für die eigene geheime Aufgabe, sprich wie viele Städte mit den beiden Symbolen der Aufgabe man erworben hat – hierbei steigt die Anzahl Extrapunkte leicht exponentiell an.

Dadurch, dass die Ringe sowohl als Lehen verwendet werden können wie auch zur Bezahlung eines königlichen Privilegs, ist die Benutzung dieser Ringe nicht gerade einfach. Benutzt man sie, um eine wichtige Stadt noch zu erobern, bevor der Mitspieler sie hat, oder lieber als Möglichkeit, in einer Runde zwei Lehen einsetzen zu können und so ggfs. die Punkte einer bereits besetzten Stadt oder auch die Gonzaga-Punkte zu erlangen? Eine Entscheidung, die nicht immer leicht fällt.

Es gibt zwar nur eine Übersichtskarte über die Zugreihenfolge, aber das stört nicht: die Mechanik ist so eingängig, dass man sie nicht wirklich benötigt. Trotz des einfachen Spielprinzips ist das Spiel alles andere als leicht zu durchschauen, und durch die vier bzw. sechs verschiedenen Szenarien (abhängig von der Spieleranzahl), die man erleben kann, hat das Spiel auch einen hohen Wiederspielwert. Schön auch, dass nahezu alles durch alle Spieler parallel getan werden kann – so bleibt man ständig im Spiel und muss nicht stundenlang warten, bis der vorherige Spieler seinen Zuge beendet hat.

Auf der Spielschachtel steht eine Spielzeit von 45 Minuten. Diese Zeit ist nicht nur bei Neulingen zu erwarten, fortgeschrittene Spieler sind auch nicht unbedingt schneller: man beginnt mehr und mehr zu planen und nachzudenken. Trotz der Lehenszuteilung mit zufälligen Karten ist der Zufallsfaktor erfreulich niedrig – besser gesagt: nahezu verschwunden.

Alles in allem ist Gonzaga ein Spiel, das ich nur empfehlen kann.

Hersteller dV Games, Vertrieb über Abacus Spiele
Autor Guglielmo Duccoli
Sprache d. Spiels Deutsch
Spieler 2-4
Denken 9
Glück 1
Geschicklichkeit 9
Preis in € ca. 39,99

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Contra Medici

Strozzi

Wenn man vom geschichtlichen Florenz spricht, vor allem in der Zeit vom 14. bis 16. Jahrhundert, gibt es zwei Familien, die politisch und wirtschaftlich große Macht erwarben. Die de’Medici sind wohl allgemein ziemlich bekannt. Im allgemeinen Bewußtsein weniger bekannt sind ihre größten Rivalen, die Strozzi, die diesem Spiel ihren Namen gegeben haben.

Die Verpackung macht bereits deutlich, dass es bei diesem Spiel um Italienische – genauer gesagt eben florentinische – Patrizier geht. Neben dem Namen Strozzi prangt aber noch ein anderer Name auf der Verpackung, der gemeinhin für Qualität sorgt: der Autor des Spiels ist Reiner Knizia, von dem auch das Zweipersonenspiel Medici vs. Strozzi stammt. Strozzi ist allerdings ein Spiel für 3 bis sechs Spieler, vor dem Hintergrund des einsetzenden Fernhandels.

In der Dose findet man umfangreiches Spielmaterial in recht gutrer Qualität. Neben der Spielregel, die in meinem Exemplar in Englisch und zweimal in Deutsch zu finden war, fand ich

  • 24 Zählsteine (je vier in sechs Farben),
  • 29 Schiffskarten,
  • 18 Anspruchsmarken mit Flaggen (je 3 in den sechs Farben, je Farbe ein +1-, ein Waren- und ein Piratenmarker)
  • 60 Münzen (18 x 5, 30 x 10, 12 x 50)
  • 26 Mäzen-Marker (je 12 für Architektur, Wissenschaft und Kunst)
  • ein Spielplan, der Italien und vier Wertungstabellen zeigt.

Die Anspruchsmarken, Münzen und Mäzenmarker saßen in Kartonblättern und mussten noch ausgepöppelt werden, was leider bei einigen zu Ausreißern führte – hier hätte man sich etwas sorgfältigeres Vorstanzen gewünscht. Ansonsten ist das Material aber angenehm und stabil.

Der Spielablauf ist recht simpel: von den Schiffskarten wird ein Teil (zufällig und geheim) beiseite gelegt, so dass drei Schiffe pro Spieler plus drei zusätzliche Schiffe in den Stapel kommen. Die übrig gebliebenen Schiffe werden gemischt und als Stapel verwendet. Jeder Spieler erhält die Markierungssteine und Anspruchsmarker einer Farbe, von den gemischten Mäzen-Plättchen werden drei offen ausgelegt.

Wer am Zug ist, deckt jeweils die oberste Schiffskarte auf, auf der Abbildung steht u.a. eine Zahl, die den Rang des Schiffes wiedergibt (höher ist besser), und ggfs. Warenzeichen, Schriftrollen und/oder Mäzen-Zeichen. Der Spieler, der an der Reihe ist, kann wählen, ob er einen Anspruch auf das Schiff anmelden will (hierfür legt er einen seiner drie Anspruchsmarken auf die Karte) oder nicht. Anschließend erhalten die Spieler in Sitzreihenfolge die Gelegenheit, das Schiff zu übernehmen: wenn bereits ein Anspruchsmarker +1 oder Ware liegt, kann das Schiff mit dem Piratenmarker übernommen werden (der andere Anspruchsmarker wird zurückgegeben); der Piratenmarker kann nicht weiter geschlagen werden. Der Spieler, der das Schiff (sei es mit einm normalen Marker, oder mit dem Piratenmarker) erhält, legt es in einem der drei Häfen des Spielplans (Venedig, Rom, Neapel) aus, wobei er nur einen Hafen wählen darf, in dem er noch kein Schiff liegen hat. Die vierte Stadt des Spielplans (Florenz) ist keine Hafenstadt.

Die Schiffe werden in den Häfen nach Rangnummer sortiert, bei gleichen Rangnummern steht das früher eingetroffene Schiff höher (der Marker "+1″ erhöht den Rang des Schiffes um 1). Auf jeden Fall gibt es für jede Übereinstimmung der Warenzeichen mit dem Hafen, in dem das Schiff landet, einen Punkt auf dem Zählbrett dieses Hafens, sowie einen weiteren Punkt, wenn der Marker "Waren“ verwendet wurde. Wenn auf der Schiffskarte auch noch Schriftrollen abgebildet sind, wird der Zählstein in Florenz entsprechend höher bewegt, wenn ein Mäzen-Plättchen abgebildet ist, darf der Spieler sich eines der drei offenen Plättchen aussuchen und nehmen, es wird dann sofort ein neues Plättchen ausgelegt. Die Mäzen-Plättchen zählen entweder in der Endabrechnung für zwei Punkte im Gebiet des Mäzens, oder sie geben dann einen Punkt und sofort eine Ware, die im entsprechenden Hafen ins Zählbrett übernommen wird. Anders als bei den landenden Schiffen ist hierbei der Hafen egal.

Nachdem der Spieler, der ein Schiff erhalten hat, alle Schiffsaktionen beendet hat, ist sein linker Nachbar am Zug – das heisst oft, dass die Reihenfolge bunt durcheinander geht. Insgesamt kann man aber in einer Runde nur maximal drei Schiffe 'erwerben' – je eines mit jedem Marker – und wenn sich vorher für mehr als drei Schiffe keine Abnehmer finden, kommen sogar Spieler noch kürzer aus.

Wenn alle Spieler alle Marker verwendet haben bzw. keine Schiffe mehr verfügbar sind, endet die Runde, und es gibt Punkte. Für das höchste Schiff in jedem Hafen gibt es 15, für das 2. 10 und für das 3. Schiff 5 Punkte, niedrigere Schiffe gehen leer aus. Für die Positionen der Wahrenzähler in den einzelnen Häfen und in Florenz gibt es ebenfalls 15/10/5 Punkte. Anschließend werden die Schiffe und Anspruchsmarker zurückgegeben, die Warenzähler bleiben allerdings liegen. Dann beginnt die nächste Runde wieder, indem der gesamter Schiffsstapel gemischt und einige aussortiert werden, wie zu Spielbeginn. Der einzige UNterschied in der 2. und 3. Runde ist der, dass die Warenzählsteine nicht zurückgesetzt werden.

Nach der dritte Runde gibt es dann noch jeweils 30/20/10 Punkte für die Werte der Mäzenplättchen in den drei Bereichen. Wer dann am ende die meisten Punkte hat, gewinnt.

Bei diesem Spiel ist der Glücksfaktor höher, als es auf den ersten Blick scheint. Da man nur sehr grob abschätzen kann, welche Schiffswerte möglicherweise noch im Stapel liegen und welche Waren noch verfügbar werden können, und da man häufig ein angebotenes Schiff doch nicht erhalten kann – sei es, weil vor einem bereits der Piratenmarker gelegt wurde, sei es, weil man selber den Piratenmarker bereits verbraucht hat – muss man hoffen, dass man die richtigen Schiffe zum richtigen Zeitpunkt angeboten kriegt. Häufig hat man am Ende der Runde entweder keine Marker mehr, mit denen man Schiffe übernehmen kann, oder es kommen nur noch schwache Schiffe. Viel Planung ist auf diesem Weg leider nicht möglich.

Hersteller Abacusspiele und Rio Grande Games

Autor

Rainer Knizia

Spieler

3-6

Denken

5

Glück

8

Geschicklichkeit

0

Preis ca.

29,99 € (empf. VK)

Anzeige
Strozzi ist zum Beispiel erhältlich über den Pegasus-Webshop

Wann war das?

Anno Domini

In relativ unscheinbaren Kartondosen kommt ein Spiel von Fata Morgana und Abacus Spiele daher, das es in sich hat. Anno Domini ist ein Spiel, in dem es darauf ankommt, historische Ereignisse (einigermaßen) richtig einzuschätzen.

Es gibt inzwischen 19 verschiedene Themensets mit jeweils 336 Karten zu einem Thema. Wobei die Themen weit gefasst sein können: Unter "V.I.P.“, "Kirche und Staat“ und "Erfindungen“ kann man sich leicht noch etwas vorstellen, aber dass es bei "Spiel des Jahres“ um mehr geht als nur darum, wann ein bestimmtes Spiel erschienen ist, mag noch einleuchten – 336 Karten wären sonst schon etwas viel. Aber dass zum Beispiel die erste Windhunderennbahn mit einem künstlichen Rasen (zum Spiel Greyhounds, aiuf der Auswahlliste 1986) auftaucht, überrascht dann doch.

Die Aufmachung ist schlicht. In eine nicht sonderlich stabile Kartonschachtel passen gerade eben die 336 Karten und die Spielregel (etwas höher und etwas schmaler als DIN A 4, ein Blatt, zweiseitig bedruckt. Wenn man alles wieder in die Schachtel zurück stecken will, wird der Raum schon etwas knapp. Auf den Karten steht auf einer Seite in schwarz ein Ereignis (Beispiel: Mike Tyson wird im Hollywood Was Museum umgestellt – in die Horror-Abteilung, neben Hannibal Lector), auf der anderen in der Farbe des Themensets die Jahreszahl (hier: 1997 Nach seinem Ohrbiss im Schwergewichts-WM-Boxkampf gegen Evander Holyfield). Einzige Ausnahme ist die Kartenserie 'Münzen‘, die aus 65 Text-Ereignissen und 280 Bildern von Münzen besteht, wobei es dann um das Prägejahr geht.Außerdem ist auf beiden Seiten noch ein Symbol, das den Themensatz andeutet.

Dieses Symbol dient dazu, ggfs die Kartensets nach dem Spiel wieder zu trennen. Es ist nämlich ohne weiteres möglich, mehrere Kartensets für ein Spiel zusammenzulegen.

Wer jetzt denkt, dass es unmöglich ist zu wissen, in welchen Jahren solche, zum Teil sehr abstruse, Ereignisse geschehen sind, hat recht. Es geht in diesem Spiel aber auch nicht um das sture Abfragen von Wissen.

Jeder Mitspieler erhält neun Karten mit Ereignissen. Die schwarze Seite gehört nach oben, die farbige Seite sollte auch kein Mitspieler sehen. Eine weitere Karte wird auf den Tisch gelegt, dann loegt jeder Spieler der Reihe nach ein Kärtchen in die Reihe, wobei er auf die richtige zeitliche Abfolge achtet. Wenn also zum Beispiel Karten zu den Jahren 1312 und 2001 ausliegen, und ich habe eine Karte zum Mittelalter, kann ich ziemlich sicher sein, dass sie zwischen die beiden ausliegenden karten gehört. Aber Achtung: manche Karte beschreibt etwas anderes als man zunächst denken könnte. Die "erste nachgewiesene atomare Kettenreaktion“ fand zum Beispiel bereits vor mehreren Millionen Jahren statt – die Sonnen lassen grüßen.

Wer an der Reihe ist, eine Karte in eine Zeitreihe einzusorteren, von der er/sie sicher ist, dass die Reihe falsch ist, darf diese Reihe anzweifeln. Dann werden die Karten umgedreht, und man prüft die zeitliche Reihenfolge. Wie bei Mäxchen gibt es hier zwei Möglichkeiten:

  • Wenn die Reihenfolge stimmt, nimmt der Zweifler sich zwei neue Karten, die ausliegendaen Karten werden weggelegt, und eine Karte vom Stapel kommt in die Mitte. Der nächste Spieler nach dem Zweifler ist an der Reihe
  • Wenn die Reihenfolge nicht stimmt, erhält der letzte Spieler vor dem Zweifler drei Karten, die ausliegendaen Karten werden weggelegt, und eine Karte vom Stapel kommt in die Mitte. Dann darf der Zweifler eine Karte auslegen.

So geht das so lange weiter, bis jemand alle Karten losgeworden ist. Der nächste Spieler kann die Auslage noch anzweifeln (und wäre dumm, wenn er es nicht täte), aber wenn die Reihenfolge sich als korrekt erweist, hat der Spieler gewonnen, der seine Karten losgeworden ist.

Wichtig ist hierbei, dass man sich die bereits vorliegende Reihe zu eigen macht, wenn man eine neue Karte anlegt. Fehler, die jemand anderes eingebaut hat, können einem auf diesem Wege auch zum Problem werden.

Manchmal steht auf der Jahreszahl-Seite auch noch eine zusätzliche Erklärung, die aber nicht zum Spiel direkt beiträgt. Es gilt auch iommer nur die Jahreszahl, zwei Ereignisse aus 1989 sind gleichwertig, auch wenn das eine im Januar und das andere im September geschehen sein sollte. Steht statt der Jahreszahl eine Zeitspanne (1903-1907, 4. Jh. oder so) gilt die Karte für den ganzen Zeitbereich. Die 1903-1907-Karte dürfte also vor oder nach einer 1904-Karte liegen. Falsch wäre dennoch eine Reihe 1906 / 1903-1907 / 1905. 'um' bezeichnet hierbei eine Zeitspanne von +/- 5 Jahren um das genannte Jahr herum.

Man muss die Jahreszahlen also nicht auswendig wissen, wenn man die Ereignisse nur einigermaßen gut einschätzen kann. Dass ein Römischer Kaiser gelebt hat bevor Adenauer Bundeskanzler wurde, sollte beispielsweise auch ohne die Jahreszahlen eindeutig sein.

Das Spiel ist recht kurzweilig, und kann auch leicht (durch Wahl von mehr / weniger Karten) verlängert oder verkürzt werden.

Natürlich steht und fällt das Spiel mit der Richtigkeit der Jahreszahlen. Es ist daher lobensert, dass hier Errata und Anmerkungen zu den einzelnen Serien zu finden sind.

Die rund 13 Euro eVK für das Spiel (je Kartensatz, aber man braucht nur einen, wenn auch mehrere schöner sind mir selber gehören nur mit VIP und Sex&Crime zwei, nehme aber Geschenke gerne entgegen ;-), immerhin habe ich schon eine ganze Reihe Kartensets spielen können) sind gut angelegt, das Spiel lohnt auch als Abendfüller.

Hersteller

Fata Morgana Spiele

Vertrieb / Produktion

Abacusspiele

Sprache d. Spiels

Deutsch

Autor

Urs Hostettler

Spieler

2-10 (ideal: 5-8)

Denken

10

Glück

3

Geschicklichkeit

0

Preis ca.

13 € empf. Verk., im Handel (z.B. Amazon) teilw. schon unter 10 € erhältlich.

Schulgeschichten

Easy School

Eines der Spiele, die auf den Internationalen Spieltagen dieses Jahr als Neuheiten vorgestellt wurden, war Easy School von dem Italienischen Verlag Red Glove.

Bei diesem Spiel wird man in die Zeit der Schule zurückversetzt und versucht, so viele Prüfungen wie möglich zu bestehen, um am Ende die meisten Punkte erreicht zu haben. Klingt langweilig und fade? Muss es eigentlich gar nicht, denn die Prüfungsvorbereitungen bestehen zum großen Teil darin, alle möglichen, äh, erfolgsverbessernden Maßnahmen (böse Lehrer nennen es „Betrugsversuch“) zu üben und anzuwenden.

Das Spiel besteht aus einem Kartendeck mit 110 Karten, sowie einer Spielregel in Italienisch, Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch. Verpackt wird das ganze in einer kleinen, aber sehr stabilen Dose – und stabil ist sie wirklich. Sie ist auf jeden Fall stabiler als die meisten anderen Spielkartons, die auch größere Spiele beherbergen. Die Karten, die schön gezeichnete Motive zeigen, unterteilen sich in

  • 76 Mogelkarten in fünf verschiedenen Farben (14- bzw. 16-mal vorhanden)

  • 10 ″Joker″

  • 22 Stresskarten

  • 2 Karten ″Halbjahresende″

Diese Karten tragen nur Bilder und Symbole (Glühlampen, Bücher, Tornado), keine weiteren Texte.

Die Karten werden gemischt, dann darf jeder der Spieler, wenn er an der Reihe ist, so lange Karten vom Stapel ziehen, bis er entweder nicht mehr will oder die 2. Stresskarte erhält. Bei der ersten Karte muss er eine Mogelkarte ablegen, bei der 2. Stresskarte noch einmal 2 Mogelkarten zusätzlich. Außerdem behält er den Stress und muss sich erst wieder entspannen, bevor er sich wieder in den Prüfungsstress stürzen darf.

Die abgelegten Karten darf ein Spieler sich, wenn er an der reihe ist, auch ansehen und, statt eine oder mehrere Karten vom Stapel umzudrehen, auch eine einzelne Karte aus der Ablage nehmen. Mogelkarten, Joker und Stresskarten werden offen auf dem Tisch für jeden Spieler ausgelegt.

Statt sich auf Prüfungen vorzubereiten, darf der Spieler auch versuchen eine Prüfung zu bestehen. Hierfür legt er drei, vier oder fünf verschiedene Mogelkarten (incl. ggfs. eines Jokers) in einen (verdeckten) Punktestapel ab. Wenn er nur drei Karten ablegt, muss er außerdem die oberste Karte des Stapels umdrehen: ist dies eine Stresskarte, besteht er die Prüfung nicht. Bei vier Karten gibt es keine Chance zu versagen, und bei fünf Karten darf er noch eine Extrakarte in den Punktestapel legen. Gleichzeitig dürfen die anderen Spieler bei einer erfolgreichen Prüfung selber auch eine einzelne Karte in den Punktestapel legen, dies muss aber eine Mogelkarte einer Farbe sein, die auch der Spieler verwendete, der die Prüfung bestanden hat. Und natürlich darf der Spieler zu diesem Zeitpunkt nicht gestresst sein.

Stresskarten wird man wieder los, indem man sie anderen Spielern aufs Auge drückt. Der solchermaßen beglückte Spieler muss eine Karte aus der eigenen Ablage weglegen, die Stresskarte wird dann aus dem Spiel entfernt.

Bei der ersten Karte Halbjahresende dürfen alle Spieler einmal eine Prüfung ablegen bzw. üben (wenn sie nicht gestresst sind), auch werden die Ablagen zurückgesetzt. Bei der zweiten Halbjahreskarte endet das Spiel, alle dürfen noch einmal eine Prüfung machen bzw. üben (wiederum nur, wenn kein Stress vorliegt).

Zu guter letzt werden die Punkte gewertet: je mehr Karten man in einer Farbe im Punktestapel hat, desto mehr Punkte gibt es für diese Farbe. Wer die meisten Punkte hat, hat gewonnen.

Easy School ist also ein einfaches, leicht zu erklärendes Spiel. Es lebt vom einfachen ′nicht aufhören können′-Mechanismus, der auch beispielsweise Can′t Stop erfolgreich gemacht hat. Durch den Mechanismus, dass man für mehrere Karten derselben Farbe mehr Punkte erhält als wenn die Karten von verschiedenen Farben wären – aber andererseits für maximal sechs Karten – kommt noch ein kleines taktisches Element hinzu. Dennoch ist es ein kurzes Zwischendurchspiel ohne viel Tiefgang, das aber als solches viel Spaß macht.

Hersteller

Red Glove

Autor

Michele Mura

Deutscher Vertrieb

Abacus Spiele

Spieler

3-5

Denken

4

Glück

8

Geschicklichkeit

0

Preis

8 €