Schinderhannes
Vor gut 200 Jahren wurde der Räuber Johannes Bückler (Jean Buckler), besser bekannt unter dem Namen Schinderhannes, von den damaligen französischen Besatzern hingerichtet. Den Beinamen 'Schinderhannes' hatte allerdings nicht, weil er seine Opfer so geschunden hätte, sondern als Hinweis auf seine Lehre: wie viele andere Mitglieder seiner Familie hatte er bei einem 'Wasenmeister' eine Ausbildung zum Abdecker gemacht. (Da der 'Racker‘, wie der Beruf manchmal auch genannt wurde, nicht als 'ehrlicher' Beruf galt, gab es hier auch weder Meister noch formelle Lehren.)
Nach neuerem Forschungsstand kann man ihn allerdings weder als 'Räuberhauptmann' bezeichnen (es gab keine mehr oder weniger feste 'Bande‘, auch wenn er oftmals mit andere zusammen seine Überfälle, Diebstähle usw. ausübte), noch kann man ihm nach Aktenlage einen Mord nachweise, was auch immer wieder kolportert wird. Viele andere Taten – insbesondere Viehdiebstähle, Schutzgelderpressung und Raubüberfälle – hat er allerdings während der Vernehmung nach seiner letzten Verhaftung zugegeben, als er zunächst hoffte, mit einem Geständnis nicht an die Franzosen ausgeliefert zu werden bzw. später, ein milderes Urteil zu erhalten. Allerdings wurden bereits vor Eröffnung des Verfahrens Einladungen zur Hinrichtung am 21. November 1803 verschickt.
Genau wie die einfachen Leute jener Zeit wissen auch die Spieler nicht, welche Taten Schinderhannes genau begangen hat, und wo. Es gibt nur eine Menge Gerüchte, mit denen die Spieler auf einer Karte des betreffenden Gebietes Informationen abgleichen und Unmöglichkeiten ausschließen können. Durch die Verwendung von Karten kommt es auch, dass nicht alle Taten an derselben Stelle landen: bei Spielende gibt es einige Möglichkeiten, wie die Taten verteilt sind.
Das Spielmaterial in der großen Schachtel wirkt auf den ersten Augenblick wenig, mit viel Luft in der Schachtel. Alles in allem findet man in der Schachtel:
- eine Spielregel in Deutsch und Englisch
- ein großer Spielplan mit der Umgebung der Taten und einer Zählleiste runndum
- 80 Hinweismarker
- 16 Tatscheiben
- 4 Wertungsfiguren (mit der Form der Figuren aus einem Carcassonne-Spiel)
- 4 Karten "Marker entfernen“
- 76 Infokarten
.
Die Hinweismarker und Tatscheiben befinden sich in einer Stanzpappe,sind aber ganz gut auszupöppeln. Auch ansonsten zeigt sich das Spielmaterial von einer guten Qualität, die Marker sind deutlich markiert und die Karten auch gut zu lesen.
72 der 76 Karten werden in mehrere Gruppen aufgeteilt, nach Delikten und/oder Orten, an denen die Taten stattgefunden haben. Die letzten 4 sind für Solospiele gedacht. Dann erhält jeder Spieler 4 Karten von Stapeln seiner Wahl, und die Wertungsfigur des Spielers wird auf die Zählleiste gestellt, dann darf es losgehen.
Wer am Zug ist, kann eine Karte ausspielen, eine abwerfen, und so viele nachziehen, wie man gespielt bzw. abgelegt hat – oder 'passen‘: beliebig viele Handkarten abwerfen und eine Handkarte mehr neu aufnehmen. Ausgespielte und abgeworfene Karten werden aus dem Spiel genommen, sie kommen also nicht wieder zurück.
Mit den Karten werden wie bei einem Logikrätsel Einschränklungen gemacht, welche Tat wo auf dem Spielbrett stattgefunden haben kann. Allerdings haben diese Karten unterschiedliche Effekte – und können auch je nach Situation nicht alle verwendet werden. Es gibt Deliktkarten, auf denen zu einem Delikt eine Gruppe von vier Orten angegeben wird, Gruppenkarten, bei denen eine Gruppe von acht Orten zu einem von vier möglichen Delikten zugeordnet werden kann, Bezirkskarten, bei denen bestimmte Delikte in benachbarten Ortschaften stattgefunden haben (oder nicht), oder in Ortschaften im selben Kartenviertel (oder nicht), und Ortschaftskarten, die eine Einschränkung geben, welche Delikte in einem Ort stattgefunden haben können.
Zu jedem Delikt gibt es 5 Hinweismarker, mit denen diese Informationen auf der Karte 'notiert' werden können. Karten dürfen allerdings nur ausgepielt werden, wenn die Information komplett auf der Karte verarbeitet werden kann, so dass man zu Spielbeginn wenig an Gruppenkarten hat (man kann mit 5 Markern nicht 8 Orte markieren), während Deliktkarten sofort gespielt werden können (einer von vier Orten ist richtig, der 5. Marker wird nicht gelegt). Wenn erst einmal die ersten Marker liegen, kann man auch mit den Gruppenkarten etwas anfangen und wieder Marker vom Spielrett entfernen bis nur noch ein einziger Marker einer Tat auf dem Spielbrett liegt – die dann durch die Tatscheibe ersetzt wird. Da in jedem Ort nur eine Tat stattgefunden hat, können so auch weiterführende Schlussfolgerungen gezogen werden.
Für jeden Marker, der vom Brett wieder entfernt wird (und auch für jeden, der gar nicht erst auf das Spielbrett gelegt wird – bei einer Deliktkarte werden ja nur 4 ausgelegt, der 5. Marker kommt dann nicht ins Spiel) erhält der Spieler einen Punkt, der auf der Zählleiste abgetragen wird. Wenn man allerdings bei einem Zug eine Schlußfolgerung übersieht, können die Mitspieler am Zugende sich einschalten und die nicht eingeforderten Punkte für sich selbst kassieren.
Irgendwann sind entweder alle Karten verbraucht oder alle Orte mit Tatscheiben bedeckt, dann gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten.
Wie gesagt gibt es mehr als eine mögliche Verteilung der Karten, aber im Test kam es auch schon einmal vor, dass nicht alle Tatscheiben ausgebracht werden konnte. Dennoch raucht einem der Kopf sowohl bei der Überlegung, welche Karte man ausspielen will oder auch, welche Schlussfolgerungen gezogen werden können. Durch diesen Denkanteil ist der Glücksfaktor (nützliche Karten erhalten) ziemlich klein, wenn auch nicht völlig ausgeschlossen. Das Glück spielt allerdings in der Regel nur bei ziemlich gleichstarken Spielern eine Rolle, eine unterschiedliche Spielstärke hat einen wesentlich größeren Effekt auf das Endergebnis.
Im Solospiel geht es natürlich nicht darum so viele Punkte wie möglich zu machen, sondern, unter Verwendung eines vorgegebenen Satzes Karten eine Komplettlösung zu finden. Die Marker und Tatscheiben sind auch hierbei sehr nützlich.
Die angegebenen 45 Minuten Spielzeit sind knapp bemessen: für die eigene Runde sollte man mit mindestens einer Stunde rechnen, wenn die Spieler das Spiel bereits kennen. Neulinge werden für ihre ersten Partien noch einige Zeit länger benötigen.
Das Spiel ist ein sehr schönes kompetitives Logikrätselspiel – etwas, was es leider viel zu selten gibt. Mir hat es jedenfalls sehr gut gefallen, allerdings dürfte es nicht für jeden Spieler geeignet sein. Wer beim Spiel nicht scharf nachdenken will, hat bei Schinderhannes schlechte Karten…
Sehr schön noch: als Anhang zur Spielregel ist ein kleiner geschichtlicher Überblick über Schinderhannes und seine Taten.
Hersteller |
Clicker Spiele |
Autor |
S. Riedel |
Sprache d. Spiels |
Deutsch / Englisch |
Spieler |
1-5 |
Denken |
10 |
Glück |
0-5 |
Geschicklichkeit |
0 |
Preis in € ca. |
25 |