Horse Fever
Pferderennbahnen sind berüchtigt – ob es da immer mit rechten Dingen zugeht, wird ja oftmals eifrig diskutiert. Der eine hält Pferderennen für einen genialen, absolut sauberen Sport, der andere (der gerade viel Geld auf einen 'sicheren Tipp' verloren hat) findet, dass Jockeys, Eigentümer, Buchmacher, Rennbahnpersonal und Pferde zusammenarbeiten, um möglichst viele Wetter von ihrem hart verdienten Geld zu trennen. Die Wahrheit dürfte wohl irgendwie dazwischen liegen.
Auf so einer Rennbahn spielt das Spiel Horse fever von Cranio Creations – in Deutschland im Vertrieb beim Heidelberger Spieleverlag. Bis zu sechs Spieler betätigen sich hier als Pferdestallbesitzer, Wetter und mehr. Laut Vorwort der Spielanleitung liegt die Rennbahn in Horseburg, ein Ort, von dem es interessanterweise nicht einmal einen Namensvetter zu geben scheint, nur eine schottische Adelsfamilie, die diesen Namen trägt, aber mit ziemlicher Sicherheit mit dem Spiel nichts zu tun hat.
Das Material wird gleich auf der ersten Seite der Spielregel in einer übersichtlichen Liste angegeben:
- 23 Bewegungskarten
- 22 Aktionskarten
- 13 Helferkarten
- 14 Aufgabenkarten
- 10 Pferdekarten
- 6 Stallbesitzerkarten
- 6 Darlehenskarten
- 12 Personenkarten
1 Startspielerkarte
- 75 Scheine zu 100 Danari
- 25 Scheine zu 500 Danari
- 25 Scheine zu 1000 Danari
- 6 Pferdefiguren
- 32 Siegpunktmarker
- 1 Sanduhrmarker
- 6 Stallmarker
2 Sprintwürfel
- Spielregeln in Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch
Die Marker sind einfache Pappmarker, die aber leicht aus ihren Stanzbögen gehen, fast schon zu leicht. Man sollte das Auspöppeln über einem große Tisch durchführen, und die Stanzbögen sowie die Dose in der Mitte desselben halten, da vor allem die runden Marker ansonsten herunterfallen und mit Pech bis unter Schränke oder Sofas rollen können.
Die Karten haben gute Durchschnittsqualität, die Geldscheine sind mir ein wenig dünn geraten. Die Sprintwürfel sind hölzerne Farbwürfel mit den Farben der Pferde. Die Pferdefiguren sind ebenfalls aus Holz, aber ziemlich abstrakt gehalten – "ist das ein Tapirrennen?“ war die erste Reaktion in einer Testrunde.
Mir hat übrigens die 'Multilingual Second Edition' vorgelegen, die ein ein wenig klassischeres Deckelbild hat als die erste Version, was aber meiner Meinung nach auch ganz gut passt.
Die Spielregel bietet zwei verschiedene Regelversionen an, eine für Anfänger (das 'Familienspiel‘) und eine für Leute, die noch mehr Intrigen haben wollen (das 'Kennerspiel‘).
Beim Familienspiel, bei dem wesentlich weniger an den Spielen manipuliert werden kann, wird nur ein Teil der Aktions-, Bewegungs-, Stallbesitzer- und Personenkarten verwendet. Jeder Spieler erhält eine Personenkarte und die entsprechenden Geldmittel und die entsprechende Stallbesitzerkarte. Die Wettchancen der Pferde werden zu Spielbeginn zufällig ermittelt. Abhängig von der Anzahl der Spieler werden Wettmarker bereitgelegt: einer weniger als Spieler teilnehmen, maximal 4.
Um den Startspieler der ersten Runde zu bestimmen, wird auf einer Tabelle gewürfelt, die sechs verschiedene witzige Möglichkeiten bietet, wer anfängt. Es wird eine bestimmte Anzahl Runden gespielt: so viele wie Spieler teilnehmen, es sei denn, es sind 2 oder drei Spieler, dann werden wieder 6 Runden gespielt. Hierdurch ist sichergestellt, dass innerhalb einer Partie alle Spieler gleich oft Startspieler sein können.
In einer Runde geschehen immer dieselben Dinge nacheinander. Zuerst erhält jeder Spieler zwei Aktionskarten, dann kommt die Wettphase. Hier muss ein Spieler mindestens so viel Danari einsetzen, wie sein augenblicklicher Siegpunktestand mal hundert ergibt. Man kann, wie üblich, auf Sieg wetten, oder darauf, dass ein bestimmtes Pferd einen der ersten drei Plätze belegt. Dabei zahlt eine Wette auf Platz immer 1:2 aus, eine Wette auf Sieg gibt je nach Pferd unterschiedliche Quoten.
Nun müssen die Spieler mit ihren Aktionskarten das Rennen beeinflussen. Hierfür legen sie reihum jeweils eine Aktionskarte verdeckt hinter das Pferd, das sie entsprechend beeinflussen wollen. Diese Karten können Pferde auf bestimmten Positionen schneller / langsamer machen, den Siegpunktwert eines Pferdes beeinflussen und so weiter. Nachdem diese Karten ausliegen, folgt eine zweite Wettrunde, aber diese in umgekehrter Reihenfolge. Wenn man zweimal auf dasselbe Pferd wetten will, muss eine Wette auf Sieg und eine auf Platz sein. Allerdings ist diese zweite Wette nicht verpflichtend.
Jetzt erfolgt das Rennen, wobei die Rennkarten nicht die Pferde direkt kennzeichnen, sondern die Wettquote angeben, und über diese indirekt das Pferd. Hierdurch hat das Pferd mit der höchsten Quote auch in der Regel die schlechtesten Chancen, das Rennen zu gewinnen.Es wird immer erst eine Rennkarte umgedreht und ihre Angaben ausgeführt, dann folgt ein Wurf mit den zwei Farbwürfeln. Jedes Pferd, dessen Farbe fällt, darf ein Feld weiter ziehen (auch wenn die Farbe doppelt fällt, nur ein Feld). Wenn die Pferde die Ziellinie erreichen, wird der Zieleinlauf festgestellt. Man erhält Geld entsprechend der Quote des Pferdes, sowie Siegpunkte: drei für eine erfolgreiche Siegwette, einen für eine erfolgreiche Platzwette. Anschließend werden die Wettquoten angepasst, abhängig von der Leistung der Pferde im abgeschlossenen Rennen: erfolgreiche Pferde erhalten eine höhere Quotenposition (eine schlechtere Quote), erfolglose Pferde eine niedrigere Positioon (eine bessere Quote). Hierbe können auch mehrere Stallmarker auf einem Quotenfeld zusammenkommen.
Hiermit endet dann die Runde, und die nächste beginnt. Wer nach Ablauf aller Runden die meisten Siegpunkte hat, gewinnt – bei Gleichstand zählt das gewonnene und nicht wieder verzockte Geld.
Im 'Kennerspiel' werden keine Karten verteilt, es erhält allerdings jeder Spieler eine Personenkarte. Dafür beginnt die Runde mit einer doppelt durchgeführten Kaufphase, in der man entweder 400 D einstreichen kann und nichts tun, oder ein Aufgabenkarte oder zwei Aktionskarten oder eine Helferkarte oder eine Pferdekarte (jeweils für 400 D) kaufen kann, eine Stallbestizerkarte zu einem Preis der von der aktuellen Quote des Pferdes abhängt, ein Darlehen von der Bank oder der Mafia aufnehmen (beide zu exorbitanten Zinsen – die Banken nehmen denselben Zinssatz, verleihen aber weniger), einem Mistpieler eine Karte (zum doppelten Preis) abkaufen, oder Karten zum halben Preis verkaufen (wenn man merkt, dass man ansonsten die Mindestwette nicht mehr erfüllen kann).
Die folgenden Wettphasen, die dazwischen liegende Aktionsphase und das Rennen verlaufen genauso wie beim Familienspiel. Nach der Auszahlung der Gewinne müssen aber noch ggfs. Kosten aus den Pferde- und Helferkarten beglichen werden. Hierauf folgt eine Auktionsphase, in der die Bank erst einen Siegpunkt für ein möglichst niedriges Gebot kauft, und dann einen Siegpunkt für ein möglichst hohes Gebot verkauft.
Beim Spielende müssen zunächst noch die Darlehen und die Wucherzinsen zurückgezahlt werden, bevor die Siegpunkte gezählt werden. Hierbei spielen auch die Aufgabenkarten eine Rolle, denn für erfüllte Aufgaben gibt es auch Siegpunkte. Bei einem Gleichstand wird im Kennerspiel empfohlen, dass es auch mehrere Sieger gibt.
Der Unterschied zwischen den beiden Spieles ist auffallend, obwohl die Versionen sich in weiten Bereichen ähneln. Durch die Möglichkeit, Karten und Siegpunkte zu kaufen, ergibt sich jedoch ein reichhaltiges Feld an verschiedensten Möglichkeiten, die das Spiel für den Kenner sehr anspruchsvoll machen. Der Gelegenheitsspieler sollte sich an das Familienspiel halten, das selber bereits eine ganze Menge an Manipulationsoptionen bietet. Horse Fever ist daher ein Spiel, dass sich für alle Spieler eignet, und das mir auch gut gefällt. Allerdings macht das Spiel mehr Spaß, je mehr Spieler teilnehmen.