Lübeck
Die Hanse – genauer: die Deutsche Hanse, den der Begriff "Hanse“ bzw. "Hänse“ wurde auch allgemeiner verwendet – war ein Zusammenschluss nordeuropäischer Kaufleute (ursprünglich Norddeutschland, aber später weitergehend), der sich der Sicherheit der Warentransporte auf dem Seeweg und der Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen gewidmet hatte. Hauptsitz der Hanse war Lübeck, und das Holstentor als Wahrzeichen der Hanse war lange Zeit jedem Deutschen bekannt – immerhin zierte es den Geldschein zu 50 DM.
Unter dem Namen Lübeck gibt es ein Spiel von DLP Games, einem kleinen Verlag aus Aachen (das selbst übrigen keine Hansestadt war). DLP ist vielleicht nicht so ein Begriff – es ist ein Verlag, der im Jahr 2009 errichtet wurde -, aber die volle Firmierung lässt dann doch aufmerken: mit vollem Namen heisst die Firma Reiner Stockhausen dlp – und Reiner Stockhausen wiederum hat schon Spiele erschaffen wie Freibeuter oder Die sieben Weisen.
In der Spielschachtel findet man folgende Teile:
- einen Spielplan
- 60 Spielkarten
- 15 Spielfiguren, in fünf Sätzen zu je drei gleichfarbigen Figuren
- 6 Koggen als Punchout
- 2 Kompassplättchen als Startspielermarker, ebenfalls in Form eines Punchouts
Die Koggen und Kompassplättchen findet man in einem dicken, plastifizierten Blatt als vorperforierte Teile. Leider sind sie ziemlich unbequem aus dem Blatt zu lösen: wenn man nicht aufpasst, beschädigt man die Koggen ziemlich leicht, sogar wenn man (was ich nch schlechter Eigenerfahrung dringend anraten würde) statt der Stanzung eine Schere verwendet. Die Spielkarten wirken einfach, sind aber überraschend stabil, die Spielfiguren sind standardisierte Mensch-ärgere-Dich-nicht-Pöppel. Das Spielbrett hingegen ist ziemlich dick und stabil, und anders als bei einigen Besprechungen war mein Exemplar auch sauber verarbeitet.
Angesichts der Tatsache, dass es um Geld und Handel geht, überrascht vielleicht ein wenig, dass kein Spielgeld mitgeliefert wird. Das ist aber auch nicht nötig: statt Geld gibt es eine Punktebahn um das Spielfeld herum, auf der die Einkünfte (und notfalls auch die Ausgaben) mit einem der drei Pöppel nachgehalten werden können.
Das Spiel unterteilt sich in eine Reihe Handelsrunden, die jeweils eingeleitet werden durch eine Auftragsrunde. Hierfür werden (Auftrags-)Karten in mehreren Päckchen offen ausgelegt, in jedem Päckchen befinden sich mindestens zwei Karten. Beginnend beim Startspieler wählt sich jeder Spieler ein Päckchen, zwei Päckchen bleiben offen liegen und werden in der nächsten Runde mit einer weiteren Auftragskarte 'fetter gemacht'. Zusammen mit den noch vorhandenen Handkarten ergibt sich daraus die Auftragslage für die einzelnen Händler.
Reihum kann dann jeder Spieler jeweils genau eine Sache tun: eine Handelsfahrt starten, eine Karte ausspielen, eine Karte abwerfen oder passen. Eine Handelsfahrt startet immer in Lübeck, hierfür muss eine der (Anzahl der Spieler plus 1) Koggen noch frei sein, oder eine Kogge noch in Lübeck stehen: man setzt ganz einfach eine eigene Figur auf die Kogge. Da man nur zwei verwendbare Figuren hat, ist diese Möglichkeit also schnell nicht mehr verfügbar. Passen darf man nur, wenn man maximal drei Handkarten übrig hat – wenn man mehr Handkarten hat, muss man erst ein, zwei Runden damit verbringen, nicht benötigte Karten abzuwerfen, weas außerdem noch Geld (Punkte) kostet. Allerdings ist man, wenn man einmal gepasst hat, aus der laufenden Runde endgültig 'raus.
Mit den Karten kann man verschiedene Dinge tun. Die meisten Karten sind Handelskarten – sie geben eine Stadt an und einen Warenwert. Wenn eine Kogge in der betreffenden Stadt steht, kann man die Ware löschen und den Wert als Punkte einstreichen, wenn die Kogge eine Stadt vor der angegebenen steht, kann man sie dorthin weiter ziehen und dann löschen. Da eine Kogge immer nur in einer Richtung unterwegs ist (weg von Lübeck), kann es daher geschehen, dass eine Kogge bereits an der gewünschten Zielstadt vorbei ist, wenn man an den Zug kommt.
Außerdem gibt es ein paar Sonderkarten. Mit einigen der Karten kann man eine Kogge in Danzig, Helsingborg, Riga, Stettin oder Visby starten lassen (die Reiserichtung ändert sich hierdurch allerdings nicht) – oder auch eine eigene Figur auf eine Kogge am angegebenen Ort einsetzen. Für dieselben Städte gibt es Sonderkarten 'Verdopplung'. Auch mit ihnen kann man eine Kogge zum genannten Ort (maximal eine Stadt weit) bewegen, lohnen tut die Karte aber nur, wenn die Kogge im nächsten Durchgang noch dort steht – dann erhält man für Warenlieferungen hierhin den doppelten Erlös. Leider ziehen die lieben Mitspieler die Koggen in so einem Fall schnell weiter, und die Verdopplungs-Karte wirkt nur in der aktuellen Runde, wird also beim nächsten Verteilen der Auftragskarten wieder weggenommen. Piraten beenden eine Handelsfahrt ziemlich abrupt – die Spielfiguren gehen zurück an die Spieler, die Kogge geht zurück in den Vorrat ungenutzter Koggen. Die Karte 'Schiffswechsel' schließlich erlaubt es, eine eigene Spielfigur von einer Kogge auf eine beliebige andere zu teleportieren.
Wenn alle Spieler ihre Kartenhände auf 3 Karten oder weniger verkleinert haben und passen, endet die Runde. Koggen im Endhafen (Reval, London, Brügge) werden 'recyclet‘, die Figuren gehen an die Spieler zurück. Außerdem darf jeder Spieler Figuren, die noch unterwegs sind, zurücknehmen, er kann sie aber auch stehen lassen. Dann werden neue Päckchen gebildet, der Startspieler wechselt, und es geht weiter.
Das Spiel geht so lange, bis die Karten zweimal aufgebraucht sind. Am Ende zählen dann alle Karten, die ein Spieler noch auf der Hand hat, genauso viele Minuspunkte wie beim Abwerfen. Wer danach die meisten Punkte hat, hat gewonnen.
Wichtig bei diesem Spiel ist es, ständig genau im Gedächtnis zu behalten, welche Karten die Mitspieler aufgenommen haben – wenn ich weiss, dass niemand eine Kogge wegbewegen kann, für die ich eine Verdopplung ausspielen kann, ist das natürlich ganz gut – außerdem kann man planen, mit wessen Pöppel man auf derselben Kogge auf Reise gehen will. Da eine Kogge nicht umdrehen kann, und man (außer mit den Karten Piraten und Schiffswechsel) eine einmal begonnene Reise auch nur am Ende einer Runde vor Erreichen des Zielhafens abbrechen kann, sitzt man sonst evtl. auf einer Kreuzfahrt durchs Baltikum fest, während man eigentlich nach London wollte.
Hierfür ist es auch sehr wichtig, die Startkarten (man erhält drei verdeckt zu Spielbeginn) taktisch klug einzusetzen – dies sind immerhin die einzigen Karten, von denen die Mitspieler nicht wissen, was man hat. Man sollte sich daher hüten, eine dieser Karten vorschnell einzusetzen, um einen Mitspieler zu ärgern: vor allem zu Spielbeginn sind die späteren Einsatzmöglichkeiten oftmals viel effektiver als der kurzfristige Ätsch-Effekt.
Ansonsten ist das ganze Spiel eher geradlinig – auch ein Gelegenheitsspieler wird hier nicht unter einer Flut von Optionen untergehen. Oftmals hat man nur eine oder zwei Möglichkeiten, was man gerade tun kann. Die Angabe 'ab 8 Jahren' ist mE eine ganz brauchbare Einschätzung. Nach idR einer guten halben Stunde ist das Spiel beendet – meist zugunsten des Spielers, der am besten wusste, welche Mitspieler welche Warenkarten genommen und noch nicht wieder ausgespielt hatten.
Hersteller | Reiner Stockhausen dlp |
Autor | Reiner Stockhausen |
Spieler | 3-5 |
Denken | 5 |
Glück | 5 |
Geschicklichkeit | 0 |
Preis ca. | 15 € |