Gonzaga
Bevor die Habsburger, Fugger und Welser zu den wichtigsten Familien Europas avancierten, waren es vor allem Italienische, Französische und Spanische Familien, die die Geschicke der Zeit bestimmten. Nach einer dieser Familien, den Gonzaga aus Mantua, ist ein Brettspiel benannt, in dem es um Lehen in ganz Europa geht. Interessanterweise aber ganz ohne Kriege und Schlachtenlärm, aber sennoch mit jeder Menge Eroberungswillen.
In Italien darf der Herausgeber sich 'daVinci Editrice S.r.l.' nennen, aus markenrechtlichen Gründen ist die Deutsche Firmierung dV games – der Verlag aus Perugia ist auch international inzwischen bekannt. Mit Gonzaga beweist er, dass ein Spiel, dem der internationale Qualitätsbegriff 'German game' angehängt werden kann, nicht unbedingt auch tatsächlich aus Deutschland kommen muss.
Die Spielschachtel ist groß und schwer, und wenn man sie öffnet, entdeckt man zuerst überrascht eine ganze Menge Spielsteine, die aus leuchtend buntem, Plastik besteken, und die einen Gutteil der Schachtelfüllung ausmachen. Überhaupt ist nicht viel Luft in der Schachtel, obwohl sie ziemlich groß ist: beim Zusammenpacken muss man immer wieder prüfen, ob man die Schachtel überhaupt komplett geschlossen kriegt.
Das Material ist ziemlich umfangreich. Insgesamt findet man in der Schachtel:
- ein Spielbrett miet einer Europakarte
- 16 Szenario-Plättchen für verschiedene Spielerzahlen
- 6 Siegel um die verschiedenen Regionen Europas zu markieren
- 1 Bonusplättchen
- eine Karte 'Letzte Runde‘
- eine Übersichtskarte
- 16 Karten mit 'geheimen Aufgaben‘
- Spielmaterial in vier Farben, diese jeweils bestehend aus
- 12 Plastik-Spielsteinen 'Lehen' und 12 entsprechenden Lehen-Karten
- eine Ablagetafel
- 6 Plastik-Ringen
- einem Plastik-Wertungsstein
- 7 Regions- und 4 Aktionskarten
Die Plastiklehen bestehen jeweils aus drei oder vier Hexfeldern, von denen einige plastisch als 'Burgen' herausgearbeitet wurden. Obwohl sie aus Platik bestehen, machen sie keinen zerbrechlichen Eindruck, und sind angenehm anzufassen. Auch das übrige Spielmnaterial macht einen guten Eindruck. Die Szenarioplättchen, Siegel und das Gonzaga-Bonusplättchen lösen sich leicht aus den Pappträgern, die Karten machen auch einen guten Eindruck.
Zu Beginn eines Spiels wird aus den Szenario-Plättchen eines zufällig ausgewählt. Hierbei merkt man bereits, dass das Spiel gut durchdacht ist: die Auswahl der Szenarios ist abhängig von der Spielerzahl: bei zwei Spielern werden drei der Bereiche 'aktiv' bespielt, bei drei Spielern vier, bei vier Spielern fünf. Die übrigen Bereiche werden als 'passive Regionen' gekennzeichnet, was aber nicht heisst, dass sie für das Spiel unnütz wären.
In jedem Bereich gibt es vier Häfen und vier Städte, die markiert sind, wobei die Städte durch acht verschiedene Symbole in Gruppen verteilt werden, die Häfen werden entsprechend in Seegebiete zusammengefasst. Hierbei liegen die Häfen eines Seegebiets meist in ein, zwei Regionen, während die zusammengehörenden Städte bunt über das Spielfeld verteilt sind und keine zwei Städte derselben Region dasselbe Symbol tragen.
Jeder Spieler erhält neben dem Spielmaterial einer Farbe eine 'geheime Aufgabe‘, die Karte bezeichnet sechs Städte (zwei Symbole), die der Spieler als Lehen erhalten soll. Diese Aufgabe sollte er nicht den Mitspielern zeigen, auch wenn er selber sie jederzeit nachsehen kann. Jeder Spieler mischt seine Lehen-Karten, anschließend steckt einer der Spieler die Karte 'letzte Runde' genau in die Mitte seines Stapels.
Eine Runde besteht aus vier Schritten, die größtenteils von allen Spielern parallel durchgeführt werden:
1) Lehen nehmen: alle Spieler drehen die oberste Karte ihres Lehenstapels um und suchen das entsprechende Lehen aus dem Vorrat. Um sicher zu sein, dass man das richtige Lehen genommen hat, kann man die Kontrollnummer überprüfen, die auf dem Lehen-Stein und der Karte stehen – wobei die Steine Lehensnummern in Zehnerschritten haben (10, 20, 30…), während die dazugehörigen Karten anstelle der Null eine Ziffer von eins bis vier tragen. Diese Ziffer wird später bei der Bestimmung der Spielreihenfolge evtl. wichtig.
2) Zug planen: jeder Spieler wählt aus den Bereichskarten eine und aus den Aktionskarten eine aus und legt sie verdeckt vor sich ab. Hiermit gibt man an, in welchem Bereich man mit seinem Lehen welche Aktion durchführen will. Man kann auch die Karte 'Königliches Privileg' verwenden – dann wird die eigentlich geplante Aktion oben auf den Lehensstapel verdeckt gehalten, damit die Mitspieler nicht vorher bereits wissen, wenn jemand ein Privileg durchführen will.
3) Spielerreihenfolge bestimmen: jetzt werden die gewählten Karten aufgedeckt, und bestimmt, in welcher Reihenfolge die Aktionen durchgeführt werden. Es gibt drei verschiedene Aktionsmöglichkeiten, zunächst werden Aktionen A – Häfen durchgeführt, dann Aktionen B – Städte, zuletzt Aktionen C – Bündnisse (siehe unten). Diese Reihenfolge wird noch durch Königliche Privilegien durcheinandergebracht, für die man einen Ring bezahlt, die aber vor allen anderen Aktionen abgehandelt werden. Haben mehrere Spieler Privilegien gespielt, gilt hierzwischen wieder die ABC-Reihenfolge. Sollte auch hiernach noch undeutlich sein, welche Aktion erst kommt, wird innerhalb der Konfliktaktionen nach der Nummer auf der Karte entschieden. Deshalb auch die letzte Ziffer auf der Karte: hierdurch gibt es immer eine eindeutige Reihenfolge.
4) Lehen einsetzen: in der soeben bestimmten Reihenfolge werden die Lehen eingesetzt. Was und wie genau, ist abhängig von der Aktion:
A) Häfen – Das Lehen muss einen oder 2 Häfen bedecken, darf aber keine Stadt bedecken.
B) Städte – Das Lehen darf keinen Hafen bedecken, darf aber 1-3 Städte oder auch nur leere Felder bedecken.
C) Bündnis – Das Lehen muss gleichzeitig auf mindestens 1 Stadt und mindestens 1 Hafen sitzen, oder man schließt ein Hairatsbündnis: in diesem Fall werden an Stelle des Lehens ein oder zwei der Ringe (die man ja auch für Privilegien ausgeben kann) auf benachbarten Feldern abzulegen, die auch noch nicht mit Lehen bedeckt sein müssen. So kann auch ein Feld zu Lehen von zwei verschiedenen Spielern gehören.
Es kann (im fortgeschrittenen Spiel) vorkommen, dass man sein Lehen nicht mehr wie geplant einsetzen kann oder will. In diesem Fall kann man das Lehen auch der Kirche spenden, und hierfür Siegpunkte erhalten. Ansonsten gibt es nach jedem Einsetzen eines Lehens Siegpunkte für neu bedeckte Städte und Häfen, sowie zusätzliche Punkte, wenn man den dritten Hafen mit demselben Symbol besetzt (als 'Seebündnis‘). Es gibt mehr Punkte für Städte und Häfen in den aktiven Gebieten, aber auch in den nicht aktiven Gebieten gibt es Punkte.
Wenn der letzte Spieler seine Aktion ausgeführt hat, werden die aktuellen Planungskarten (also 2 bzw. 3 Stück mit königlichem Privileg) beiseitegelegt, und die Planungskarten, die in einer früheren Runde beiseitegelegt wurden, wieder in die Stapel zurückgenommen. Man kann also nicht zwei Runden hintereinander dieselbe Aktion durchführen, man kann nicht zwei Runden hintereinander ein königliches Privileg in Anspruch nehmen, und nicht zwei Runden hintereinander im selben Gebiet aktiv sein. Es ist also wichtig, vorausschauend zu planen, damit einem nicht zur Unzeit die spielentscheidende Aktion verwehrt ist.
Das Spiel endet frühestens nach der 7. Runde: nach der 6. Runde wird ja die Karte 'Letzte Runde' aufgedeckt. Wenn dann maximal drei noch nicht besetzte Städte / Häfen in den aktiven Gebieten frei sind, ist die laufende Runde die letzte, ansonsten wandert die Karte eine Position nach unten. Die Karte dient also mehr zu Erinnerung, damit man im Eifer des Gefechts nicht vergisst nachzuzählen.
Zum Spielende werden dann noch Bonuspunkte vergeben: zum einen erhält der Spieler mit den meisten miteinander verbundenen Lehen das Gonzaga-Plättchen, das 15 Bonuspunkte wert ist. Hierbei ist zu beachten, dass bei Gleichstand jeder gleichstehende Spieler diese Punkte erhälkt – und dass die Ringe aus Heiratsbündnissen jeweils selbst auch als ein Lehen zählen. Außerdem gibt es Bonuspunkte für die eigene geheime Aufgabe, sprich wie viele Städte mit den beiden Symbolen der Aufgabe man erworben hat – hierbei steigt die Anzahl Extrapunkte leicht exponentiell an.
Dadurch, dass die Ringe sowohl als Lehen verwendet werden können wie auch zur Bezahlung eines königlichen Privilegs, ist die Benutzung dieser Ringe nicht gerade einfach. Benutzt man sie, um eine wichtige Stadt noch zu erobern, bevor der Mitspieler sie hat, oder lieber als Möglichkeit, in einer Runde zwei Lehen einsetzen zu können und so ggfs. die Punkte einer bereits besetzten Stadt oder auch die Gonzaga-Punkte zu erlangen? Eine Entscheidung, die nicht immer leicht fällt.
Es gibt zwar nur eine Übersichtskarte über die Zugreihenfolge, aber das stört nicht: die Mechanik ist so eingängig, dass man sie nicht wirklich benötigt. Trotz des einfachen Spielprinzips ist das Spiel alles andere als leicht zu durchschauen, und durch die vier bzw. sechs verschiedenen Szenarien (abhängig von der Spieleranzahl), die man erleben kann, hat das Spiel auch einen hohen Wiederspielwert. Schön auch, dass nahezu alles durch alle Spieler parallel getan werden kann – so bleibt man ständig im Spiel und muss nicht stundenlang warten, bis der vorherige Spieler seinen Zuge beendet hat.
Auf der Spielschachtel steht eine Spielzeit von 45 Minuten. Diese Zeit ist nicht nur bei Neulingen zu erwarten, fortgeschrittene Spieler sind auch nicht unbedingt schneller: man beginnt mehr und mehr zu planen und nachzudenken. Trotz der Lehenszuteilung mit zufälligen Karten ist der Zufallsfaktor erfreulich niedrig – besser gesagt: nahezu verschwunden.
Alles in allem ist Gonzaga ein Spiel, das ich nur empfehlen kann.
Hersteller |
dV Games, Vertrieb über Abacus Spiele |
Autor |
Guglielmo Duccoli |
Sprache d. Spiels |
Deutsch |
Spieler |
2-4 |
Denken |
9 |
Glück |
1 |
Geschicklichkeit |
9 |
Preis in € ca. |
39,99 |
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