Tag Archiv für Goldsieber

Auf der Suche nach Jonas Wagner

Pizza Paletti

Vor einigen Jahren – genauer gesagt: Anfang der 90er Jahre – gab es einen Werbespot, in dem ein Pizzabote eine 'Pizza für Jonas Wagner' abliefern sollte, und dabei … äh… verschiedene Etagen eines Forschungszentrums mit dem Aufzug besichtigt, bevor er in der 10. Etage, Weltraumforschung angekommen ist. Mit derartigen Problemen und der Schwerelosigkeit muss man sich natürlich nicht herumschlagen, wenn man Pizza Paletti spielt.

Das Spiel wurde unter der Marke Goldsieber herausgebracht, also von Noris. Schon die Aufmachung der Spieleschachtel zieht die Aufmerksamkeit auf sich die Schachtel sieht auf den ersten Blick aus wie eine Pizzaschachtel, die ein Pizzabote abliefern will. Allerdings wirklich nur auf den allerersten Blick, denn die Wellpappe, aus der eine 'normale' Lieferpizzaschachtel hergestellt wird, wurde denn doch durch etwas stabilere normale Pappe ersetzt.


In der Schachtel finden sich dann die folgende Teile:

  • 3 Würfeln
  • einer Spielregel in Deutsch
  • 12 Spielfiguren in insgesamt 4 Farben, die nämlich je Farbe ein Auto, einen Motorroller und einen Pizzaboten zu Fuß darstellen
  • 48 Zutatenkarten (jeweils 8 pro Sorte: Schinken, Käse, Pepperoni, Zwiebeln, Ananas und Thunfisch)
  • 14 Teigkarten
  • 18 Auftragskarten
  • 40 Spielgeldkarten in Werten ui 1, 2 und 5 Einheiten
  • Ein Stadtzentrumsfeld und 12 Stadtviertelfelder, 16 Hausnummern, 4 Ablagekärtchen, eine Straßensperre in Stanzbögen

Das Material ist in der Qualität unauffällig, das Auspöppeln geht gut von der Hand. Die Spielfiguren sind aus Holz. Allerdings rutschen – wahrscheinlich durch die für diese Aufbewahrungsform weniger günstige Form – die Karten leicht während des Transports aus dem Kartenfach, und mischen sich unter die Straßen- und Stadtteile. Aber auch das überstehen sie klaglos.

In der 'Normalversion' erhält jeder Spieler eine Ablage, einen Radfahrer und einen Würfel in seiner Farbe. Das große Stadtviertel – auf dem sich die Pizzeria befindet – wirdt ausgelegt, anschließßend werden die 12 kleineren Stadtviertel daran angelegt. Hierbei muss sich ausdrücklich nicht ein Quadrat ergeben – auch eine Straßendorf-artige Siedlung ergeben darf. Dann werden die Auftragskarten gemischt und drei offen neben dem Spielfeld ausgelegt, neben jede dieser Karten kommt eine – anfänglich verdeckte – Hausnummer. Mit Geldkarten im Wert von 12 starten dann alle Spieler.

Wer zieht, würfelt alle 3 Würfel, und weist dann zwei davon an das Auto und einen an den Motorroller zu. Die Augen geben an, wie weit der Roller bzw. das Auto ziehen dürfen, wobei Würfelpunkte übrig bleiben dürfen und verfallen. Wer in seinem Zug in ein Gebäude (Pizzeria, Geschäft, Lieferung) zieht, muss auch dieses Feld noch mit Würfelaugen bezahlen, und dann mit der Figur sofort stoppen. In den Geschäften können dann Zutaten zum Einheitspreis von 1 Einheit für 1 Zutat, 3 für 2 oder 6 für 3 Zutaten gekauft werden.

Wenn ein Spieler mit seinen Zutaten eine Pizza erstellen kann, die auf den Auftragskarten angefordert wird, wird sofort die Hausnummer neben der Auftragskarte umgedreht, und jeder Spieler, der eine Pizza mit den notwendigen Zutaten liefern kann, kann sie dort abliefern. Für die Lieferung gibt es Geld (wie viel, steht auf der Auftragskarte – es ist aber immer eine Geldeinheit mehr als Zutaten nötig waren), und damit kann der Spieler dann neue Zutaten kaufen. Einige Häuser haben rote Hausnummern: wer dort eine Pizza abliefert, erhält ein 'Trinkgeld' von 3 Einheiten.

Wer, wenn alle Pizzen ausgeliefert sind, die höchste Summe Bargeld und Auftragskarten hat, hat gewonnen.

Das Spiel stellt keine allzu hohen Anforderungen an taktische und strategische Fähigkeiten; der Glücksfaktor ist deutlich im Übergewicht. Außerdem gibt es ein paar Punkte, die den gewieften Taktiker eher enttäuschen. Zum einen ist dadurch, dass man insgesamt genau eine Einheit mehr Geld erhält als man im (günstigsten!) Fall ausgegeben hat, der Kauf von 2 oder gar 3 gleichen Zutaten in einem Durchgang schädlich: wenn man mehr als eine Zutat einer Pizza mit Mehrfacheinkäufen erworben hat, macht man garantiert keinen Gewinn mehr, bei drei Waren – oder bei zwei Waren, von denen eine in einer Dreiergruppe erworben wurde – sogar Verlust. Es sei natürlich, es ist eine Lieferung an eine rote Hausnummer – aber das weiss man wiederum erst, wenn jemand diese bereits beliefern kann, so dass man mit allergrößter Wahrscheinlichkeit zu spät kommen wird. Man kann zwar für 2 Geldeinheiten eine verdeckte Hausnummer ansehen, aber damit verliert man bereits wieder den größten Teil des Gewinns – wenn man denn das Glück hat, eine rote Nummer zu erwischen, weil man bei einer normalen Hausnummer bereits Minus macht. Und wer eine rote Hausnummer beliefert, ohne sie vorher angesehen zu haben, verdient gleich so viel mehr Geld, dass diese roten Hausnummern schnell spielentscheidend sein können: wer das Glück hat zufälligerweise gerade diese zu beliefern, hat schon so gut wie gewonnen.

Leider bringt es idR auch nichts, nachzuhalten, was die anderen Spieler bereits gekauft haben, denn wenn man eine Zutat nicht an die aktuelle Pizzalieferung los wird, wird das zumindest zu Spielbeginn irgenwann doch noch geschehen. Nur gegen Spielende lohnt es, wenn man weiss, welche Zutaten noch benötigt werden, damit man nicht unnötig eingekauft hat. Aber das ist als Siegstrategie deutlich dem Glücksfaktor 'man liefert an eine rote Hasunummer' nachrangig.

Wären die Gewinnspannen größer – und auch bei der gleichen Anzahl Zutaten nicht immer gleich -, während der Bonus der roten Hausnummern kleiner wäre, würde man mit taktischen Positionierungen, Vorratseinkäufen etc. einen wesentlich größeren Einfluss auf das Ergebnis ausüben können, statt wie jetzt effektiv rein vom Würfelglück abhängig zu sein.

Alles in allem ist Pizza Paletti also eher ein Spiel für ältere Kinder, oder als leichte Familienunterhaltung.

Hersteller Goldsieber
Autoren Udo Schotten
Sprache Deutsch
Spieler

2-4
Denken

3
Glück 8
Geschicklichkeit 0

Preis ca. 15 €

In der Tierklinik

Psychopet

Nicht nur Plüschis haben psychische Probleme, auch die wesentlich selbständigeren lebenden Haustiere haben manchmal einen Knacks weg und müssen zum Psychologen oder Psychiater. Damit ist nicht gemeint, dass Haustiere zur psychiatrischen Behandlung von gestörten Menschen verwendet werden, sondern dass sie tatsächlich selber psychiatrischer Behandlung bedürfen.

Im Spiel Psychopet von Goldsieber geht es um genau so eine Tierpsychiatrie, in der Haustiere von seelischen Schäden geheilt werden. Woher diese stammen, wird im Spiel nicht näher betrachtet.

Die Schachtel hat das aktuell bei Goldsieber beliebte Format, sie ist quadratisch und hat eine etwa genauso große Grundfläche wie ein Pizzakarton, ist aber etwa doppelt so hoch. Das führt zwar dazu, dass einiges an Luft in der Schachtel ist, aber es bleibt im Rahmen. Auf der Schachtel ist nicht nur ein offensichtlich therapiebedürftiges Huftier unbestimmter Art (ähnelt allerdings dem Schaf im Spiel) zu sehen, sondern auch ein großer Warn’aufkleber‘: Vorsicht lustiges Brettspiel'. So ein Vermerk lässt bei mit eigentlich immer die Warnglocken Sturm läuten. In der – angenehm stabilen – Schachtel findet man folgende Teile:

  • ein Spielbrett im selben Format wie die Schachtel
  • 6 Doktorfiguren (in jeder Spielerfarbe einen)
  • 30 Futternäpfe (in jeder Spielerfarbe 5)
  • 110 Spielkarten (35 Patienten, 24 Therapien, 51 Aktionskarten)
  • die Spielanleitung und ein Beiblatt mit den Regeln
  • Nicht im Heft vermerkt, aber trotzdem da: eine praktische Kartendose, damit diese beim Transport nicht ständig durch die Spieldose rutschen

Dass das Spielbrett dasselbe Format hat wie die Schachtel, hat als netten Effekt, dass es nicht gefaltet werden muss, was einen häufigen Verschleißpunkt ausräumt. Schade, dass dies nicht öfter angewandt wird.

Die Arztfiguren und Futternäpfe sind aus Kunststoff, der von der Haptik her schon richtig an Stein erinnert. Auch die Karten fühlen sich angenehm stabil an, was die Verarbeitungsqualität angeht, kann man bei diesem Spiel wirklich nicht meckern.

Die Patientenkarten (5 Tiere, 7 Werte) werden nach Werten getrennt gestapelt, diese Stapel zeigen an, welche Tiere zur Zeit geheilt werden können. Man benötigt allerdings so viele Therapiepunkte, wie auf der Karte angegeben wird (6 bis 15 Punkte), was recht teuer sein kann.

Jede Runde besteht aus zwei Phasen, in jeder Phase sind alle Spieler aktiv.

In Phase 1 werden mit den Therapiekarten Therapiepunkte gesammelt. Dafür decken die Spieler reihum Therapiekarten auf, und beschließen (jederzeit), dass sie für diese Runde genügend Therapiepunkte gesammelt haben, was sie deutlich machen, indem sie ihre Doktorfigur an die zuletzt aufgedeckte Karte stellen. Aber Achtung: wenn ein Motiv der Therapiekarten zum zweiten Male aufgedeckt wird, endet die Phase 1 sofort, und die Spieler können auch ihre Figuren nicht mehr los werden. Auch endet die Phase 1 natürlich, wenn alle Spieler ihre Figur aufgestellt haben.

In Phase 2 werden die Spieler in der Reihenfolge abgearbeitet, in der sie ihre Figuren platziert haben. Zunächst erhält ein Spieler Therapiepunkte: für jede aufgedeckte Karte bis er seine Figur aufstellte, zunächst einmal einen. Durch Futternäpfe in den Krankenzimmern und durch Aktionskarten kann man zusätzliche Therapiepunkte erhalten.

Mit einem der fünf Futternäpfe wird auf einem Zählbalken markiert, wie viele Therapiepunkte ein Spieler gesammelt hat. Die anderen vier kann man gegen Therapiepunkte in Krankenzimmer stellen, wo sie dann in späteren Runden die Werte der Therapiekarten erhöhen können oder auch andere Vergünstigungen nutzen können. Je höher ein Napf eingesetzt wird, desto teurer ist das, desto mehr kann der Futternapf aber auch später einbringen.

Man kann für Therapiepunkte auch Aktionskarten kaufen (maximale Handgröße 3 Karten), mit denen man sich in späteren Runden ebenfalls Vorteile verschaffen kann, allerdings nur einmalig. Zuguterletzt kann man Therapiepunkte verwenden, um Patienten zu heilen: man gibt so viele Punkte aus wie auf der Karte stehen, und erhält die Karte als Zeichen der erfolgreichen Therapie. Allerdings stehen immer nur die obersten Karten der einzelnen Stapel zur Verfügung, und man darf nur einen Patienten pro Runde heilen (Ausnahmen sind über Krankenzimmer-Effekte und Aktionskarten möglich).

Am Ende der 2. Phase verfallen alle noch ungenutzten Therapiepunkte, man kann sie also nicht für spätere Runden aufsparen. Das führt dazu, dass man gezwungen ist, mit Hilfe der Futternäpfe zusätzliche Therapiepunkte zu verdienen, denn nur über die Therapiekarten kann man sicher nicht an die 'teuren' Patienten gelangen.

Das Spiel endet, wenn nur noch ein Patientenstapel übrig ist – die Runde wird allerdings noch zu Ende gespielt. Siegpunkte gibt es für die erfolgreiche Behandlung von gleichen Tieren – je mehr Patientenkarten mit demselben Tier ein Spieler gesammelt hat, desto mehr Punkte ist das wert -, für die Erfolgreiche Behandlung von fünf verschiedenen Tieren, sowie für bestimmte Aktionskarten. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt, bei Gleichstand gewinnt der Spieler, der das am schwierigsten zu behandelnde Schaf behandelt hat.

Wer sich jetzt nach der Besprechung fragt "war da nicht etwas mit Vorsicht lustig?“, braucht nicht überrascht zu sein. Auch wenn die Karten nett gezeichnet sind und auch nicht unbedingt als humorfrei bezeichnet werden können, stelle ich mir unter einem ausdrücklich 'lustigen' Spiel doch etwas anderes vor. Das will nicht heißen, dass das Spiel schlecht wäre, im Gegenteil. Das Managen der äußerst knappen Ressourcen ist schon anspruchsvoll, und die "Can’t Stop“-artige Zuteilung der Therapiepunkte hat auch ihren besonderen Reiz. Planung, ein wenig Chancenabschätzung bei der Verteilung der Therapiepunkte, Mitdenken, welche Tiere die Mitspieler behandelt haben – alles das macht aus Psychopet sogar ein anspruchsvolles Spiel, bei dem ein Vielspieler einem Gelegenheitsspieler deutlich überlegen ist. Spieleexperten unter sich werden dahingegen viel nachdenken und planen, so dass auch die angegebenen 30-45 Minuten bei Testrunden nicht eingehalten werden konnten: in Expertenrunden muss man schon mit einer guten Stunde rechnen. Gelegenheitsspieler, die ihre Züge zwar auch durchdenken, aber nicht ganz so anspruchsvoll sind, werden allerdings wohl mit der dreiviertel Stunde auskommen können.

Trotz des mE nach unzutreffenden Vermerks 'Lustiges Spiel' ist Psychopet dennoch ein empfehlenswertes Spiel, das für den Spieleabend in der Familie – oder auch als eines von zwei, drei Spielen beim Clubabend des Spieleclubs – hervorragend geeignet ist.

Hersteller Goldsieber

Autor

Christian Fiore und Knut Happel

Spieler

2-6

Denken

6

Glück

8

Geschicklichkeit

0

Preis ca.

€ 19,99