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Panik im Supermarkt

Es gibt Spiele, die einem Käufer schon vom Titel her signalisieren, dass das Spiel ein wenig … politically incorrect sein könnte. Manchmal ist das Thema auch so kritisch, dass man bei der Veröffentlichung einer Rezension genau auf den Termin achten muss. Spermarket Psycho von Gottick Games ist ein solches Spiel.

Die Reklame des Spiels ist in sich bereits sehr deutlich. "Suddenly all the people in the supermarket look strange. And they stare and they scream and they push and they are everywhere. Will you crack? Will you make it out alive?“ Eine Situation, die wohl vielen schon am Samstagmittag im Supermarkt geschehen ist, wenn allem Anschein nach die gesamte Stadt sich in einem einzige Raum versammelt hat um den Wochenendeinkauf durchzustehen.

Das Spiel ist ein reines Kartenspiel – auch wenn ein Notizzettel zum Download verfügbar ist, mit dem man seine Züge ein wenig besser planen kann.

Grundsätzlich ist das Spiel recht einfach. Es besteht aus zwei Teilen: zunächst sind die Spieler im Supermarkt und versuchen einander aufzuregen, bis schließlkich einer durchdreht. Im zweiten Teil der Partie spielen dann alle übrigen Spieler gegen den einen, der durchgedreht ist.

Im ersten Teil legt man von seinen Handkarten eine bei einem Mitspieler offen aus, anschließend darf man eine der offenen Karten von einem Spieler zu einem anderen verschieben. Dies geht so lange gut, bis einer der Spieler unter den Karten vor sich vier Karten findet mit demselben 'Ärgersymbol' – diese Symbole kennzeichnen die verschiedenen Quellen der Verärgerung im Supermarkt, wie zum Beispiel Kinderwagen (die einem in die Hacken gefahren werden), Handys (deren Benutzer meist gar keines benötigen würden, so laut wie sie sprechen) etc.

Dieser Spieler mit vier gleichen Symbolen "dreht durch“: alle ausliegenden Karten werden mit auf die Kartenhand genommen. Anschließend versucht der durchdrehende Spieler, die anderen 'auszuschalten‘. Hierfür haben die Karten einen Kampfwert in einer von mehreren Kategorien, und der durchdrehende Spieler spielt je ein Duell mit jedem Mitspieler, bis entweder der Mitspieler oder er selber ausscheidet. Ausgespielte Karten werden dann nicht mehr wieder auf die Hand genommen, und es gewinnt der durchdrehende Spieler, wenn er alle anderen ausschalten kann, ansonsten gewinnen die überlebenden 'normalen' Mitspieler.

Es ist hierbei wichtig, zu sehen, welche Karten man selber und der 'Gegner' auf die Hand nimmt bzw. auf selbiger hat, um gegen die Angriffe entsprechend gewappnet zu sein. Hierfür kann es dann auch interessant sein, im ersten Teil ein Ärgernis von einem Mitspieler zu sich selbst hinüber zu holen. Die Planung für den 2. Teil ist im ersten Teil beinahe wichtiger als die Entscheidung, wer im 2. Teil alleine spielt. Andererseits kann man auch Karten mit 'Nicht ich‘- bzw. 'Geh weg‘-Karten verweigern, wenn sie einem nicht in den Kram passen, wobei nach einer 'Nicht ich‘-Karte als nächste Ablehnungskarte nur eine 'Geh weg‘-Karte gespielt werden darf und umgekehrt. Im Spiel geht das ganze einfacher und flüssiger von der Hand als es sich schreiben lässt.

Die Kartenillustrationen sind zum Thema passend: neben den kräftig-plakativen Ärgersymbolen sieht man vor allem ein schwarz-weißes Bild, das an Illustrationen zu Psycho-Horror-Filmen, Büchern etc. erinnert. Die verzerrten, grobkörnigen Bilder sind sehr stimmungsvoll und effektiv.

Vom Material her ist das Spiel Durchschnitt: die Karten sind weder besonders dünn noch besonders haltbar. Ein wenig stabiler wäre nett gewesen, aber für den Deutschen Preis ist das Material durchaus akzeptabel.

Wer mit dem Thema zurecht kommt (Amokläufe sind schließlich nicht jedermanns Sache), wird das Spiel als nettes Zwischendurchspiel erfahren.

Hersteller Gottick Games

Autor

Anders Fager & Konkarong

Spieler

4-5

Denken

6

Glück

7

Geschicklichkeit

0

Preis ca.

9,98 € (beim Deutschen Importeur Udo Grebe Gamedesign)

Stalinismus


Comrade Koba

In diesen Tagen gedenkt man des ′großen Terrors′, wie die Zeit der Stalinherrschaft in Rußland allgemein genannt wird. Es war eine Zeit, in der die Führung der Sovietunion sehr häufig wechselte, weil immer neue ′Vertraute′ Stalins unter Verdacht gerieten, gegen ihn zu sein und exekutiert wurden. Diese ″große Säuberung″ hielt mehrere Jahre an, fand aber wohl Ende Oktober 1937 einen Höhepunkt.

Und auch heute wird dieser Zeit in den verschiedensten Formen gedacht. Eine dieser Formen ist das satirische Kartenspiel Comraede Koba des Schwedischen Verlages Gottick Games.

Der Name klingt manchen vielleicht unbekannt in den Ohren, war zu jener Zeit aber gefürchtet: ′Koba′ war einer der Spitznamen von Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili (georgisch იოსებ ბესარიონის ძე ჯუღაშვილი; russisch Иосиф Виссарионович Джугашвили /Iossif Wissarionowitsch Dschugaschwili, oder auch Stalin – ein weiterer seiner Spitznamen. Das Spiel kommt in einer einfachen Schachtel, mit einem gezeichneten Portrait Stalins nach bekannter Vorlage, und besteht aus 36 Karten und einer Spielregel. Zusätzlich benötigt man noch zwei normale Würfel, sowie einen Stift und für jeden Spieler ein Blatt Papier.

Jeder Spieler sucht sich aus 18 Genossen, die in dem Spiel auf Portraitkarten wiedergegeben werden, seine drei Favoriten aus und schreibt sich diese auf. Wer am Ende des Spieles die bestplazierte Auswahl aufweisen kann, hat gewonnen. Aber so einfach ist es nicht.

Die Genossen werden gemischt und in einer Reihe neben die Karte Stalins gelegt, wobei näher bedeutet, dass sie mehr Einfluss haben, aber auch dem Verdacht Stalins stärker ausgesetzt sind.

Zusätzlich gibt es noch 17 Ereigniskarten, die aber erst im Laufe des Spiels hinzu kommen.

Wer an der Reihe ist, bewegt zunächst einen der Genossen bis zu vier Positionen näher an Stalin oder weiter von Stalin weg. Anschließend befolgt er die Anweisungen auf den ersten drei Genossenkarten neben Stalin, die beispielsweise andere Genossen unter Verdacht stellen können (deren karte wird quer gelegt), den verdacht aufheben können (die Karte wird wieder aufgerichtet), einen Genossen, der unter Verdacht steht, exekutieren, zusätzliche Bewegungen von Genossen auslösen, und so weiter. Anschließend erfolgt der ′Koba-Wurf′: ein Wurf mit dem Würfel auf eine Tabelle auf der Stalin-Karte, und anschließendes Würfeln, welche Genossen unter Verdacht gestellt, exekutiert, ent-verdächtigt werden können. Wenn bei diesem Koba-Wurf eine sechs fällt, erhält der Spieler zusätzlich eine Ererigniskarte aus den restlichen 17 Karten, mit denen er das Spiel weiter beeinflussen kann. Das Spiel endet, wenn bei einem Koba-Wurf eine Position erwürfelt wird, an der sich kein Genosse mehr befindet – z.B.wenn nur noch vier Genossen übrig sind, bei einem Wurf von fünf oder sechs.

Die Portraits wurden von Patrik Hultén anhand historischer Fotos gezeichnet und erinnern mich an historische russische Portraits. Die Spielregeln sind nüchtern gehalten, von einzelnen kleinen Witzen abgesehen (″Wer das beeindruckendste Zitat aus den Werken von Marx oder Lenin vortragen kann, beginnt″).

Der Spielmechanismus erlaubt begrenzt Einfluss auf da Schicksal der favorisierten Genossen, da ist es ganz günstig, dass man während des Spiels seine Auswahl noch erweitern kann. Eine Runde ist schnell ausgespielt, so dass man auch gerne mehrere Runden spielt. Mehr als vier Spieler sind tatsächlich nicht anzuraten, da dann die Möglichkeit für den Spieler, den Ausgang zu beeinflussen, zu sehr abnimmt.

Alles in allem ist das Spiel ein nettes Zwischendurchspiel, das auch und gerade historisch interessierten Spielern gefallen dürfte.

Hersteller

Gottick Games

Autor

Anders Fager

Deutscher Vertrieb

Udo Grebe Gamedesign

Spieler

2-4

Denken

4

Glück

8

Geschicklichkeit

0

Preis ca.

12 €